Oberhofrichter und Obersteuereinnehmer Statz Hilmar von Fullen erbte und 1751 starb; seine Tochter und Erbin aber, Erdmuthe Dorothea Magdalene, vermählte sich das erste Mal mit dem Kammerherrn und Oberschenken Grafen Heinrich Rudolf von Schönfeld († 1751), das zweite Mal mit dem Generalleutnant der Cavallerie und Gouverneur der Stadt Leipzig Johann Friedrich Grafen von Vitzthum-Eckstädt († 1786). Die Gräfin starb 1787 und Störmthal wurde Eigenthum des Grafen Johann Hilmar Adolf von Schönfeld, ihres Sohnes erster Ehe, churfürstl. Sächsischen Ministers am Oesterreichischen Hofe, Kammerherrn, Obersteuereinnehmers und Geheimerathes, der 1820 mit Tode abging. Ludwig Moritz Adolf Graf von Schönfeld, des Vorigen Sohn, verkaufte das Rittergut im Jahre 1824 an den jetzigen Besitzer Herrn Rudolf Friedrich Theodor von Watzdorf, königl. Sächsischen Kammerherrn.
Das Rittergut Störmthal hatte bis zum Jahre 1677 über die Dörfer Dreysskau, Kleinpetzschau, Dahlitzsch, Gölzschen, Rödchen und das, lange zu Störmthal gehörige, Städtchen Liebertwolkwitz die Untergerichte, in diesem Jahre aber wurde ihm die völlige Gerichtsbarkeit überwiesen, welche hinsichtlich letzteren Ortes 1842 an den Staat abgetreten ist.
Das Dorf Störmthal besteht ausser der Pfarre und Schule aus achtundzwanzig Gütern, vier Gemeindehäusern mit Nachbarrecht und fünf Häusern ohne solches, ferner aus neunundzwanzig herrschaftlichen Häusern, welche Erbzins an das Rittergut entrichten müssen, und einer Windmühle. Die Einwohnerzahl beträgt etwas mehr als vierhundert Köpfe. – Der Ort hat mannigfache Schicksale erlitten. In dem Kriege Friedrichs des Gebissenen mit dem Kaiser Adolf und im Hussitenkriege wurde die Gegend von Wolkwitz durch Streifzüge hart mitgenommen und mehrere Dorfschaften in Brand gesteckt. Bei der Belagerung Leipzigs durch Johann Friedrich den Grossmüthigen (1547) stand die Hauptfahne der churfürstlichen Reiterei in Störmthal und während des dreissigjährigen Krieges erlitt der Ort die heftigsten Drangsale durch kaiserliche und schwedische Truppen, so dass die Besitzer des Rittergutes, die Plätzer, oftmals durch Flucht ihr Leben retten mussten. Der nordische Krieg brachte neues Unheil, denn während König Carls XII. Aufenthalte in Altranstädt quartirte sich Major Piper mit einem zahlreichen Gefolge auf dem Schlosse Störmthal ein und erzwang von den Einwohnern Geld, Fourage und Vieh, zog aber nach einigen Wochen wieder ab. Der siebenjährige Krieg und der Baierische Erbfolgekrieg brachten häufig feindliche Einquartirungen hierher, am meisten gefährdet aber war Störmthal im Jahre 1813, wo schon zu Ostern Russische Truppen unter dem Befehle des Obersten von Wittgenstein einrückten; im October aber nahm hier Französische Infanterie Quartier. Am 16. October, wo die Schlacht zwischen Wachau, Liebertwolkwitz und Güldengossa engagirt wurde, marschirten Russen und Preussen ein und rückten von hier in die Schlachtlinie. Von dieser Zeit an war der Ort unaufhörlich mit Truppen angefüllt, die Alles ausplünderten, Leute misshandelten und sich überhaupt mit soldatischer Ungenirtheit betrugen. Vom 16. bis zum 18. October fand der grösste Theil der Störmthaler einen Zufluchtsort im Pfarrhause, vor welchem eine Russische Salvegarde stand, als diese aber abgezogen war wurde auch hier Alles ausgeplündert, die Kirche beraubt und aus dem auf dem Rittergute verwahrten Gotteskasten eine Summe von mehreren Tausend Thalern mitgenommen.
Die Kirche zu Störmthal ist ein altes Gebäude, das durch spätere häufige Reparaturen seine jetzige Gestalt erhielt. Der Baustyl nähert sich dem Spitzbogenstyl, gothische Fenster, Strebepfeiler, hohes Satteldach und ein achteckiger Thurm. Das Innere der Kirche ist freundlich und enthält eine Orgel von Silbermanns Schüler, Hildebrand, die Sebastian Bach 1723 übernahm, eine reichverzierte Kanzel, ein Erbbegräbniss der Rittergutsbesitzer und das Portrait Hans Friedrichs von Fullen in einem schöngeschnitzten Rahmen.
Bis 1690 war die Kirche zu Störmthal Filial von Magdeborn, in welchem Jahre auf Anordnung Churfürst Johann Georgs III. Störmthal in Folge eines Ansuchens des Kriegsraths Statz Friedrich von Fullen von dem Pfarrlehn Magdeborn getrennt, und zwei andere Filiale desselben Dreysskau und Kleinpetzschau mit Dahlitzsch mit der Kirche zu Störmthal, als Mutterkirche vereinigt wurden. – Dreysskau liegt dreiviertel Stunden von Störmthal, besteht aus sechsundzwanzig Gütern und zwölf Häusern und zählt zweihundert Einwohner. Die Kirche ist 1740 neu erbaut und besitzt ein ziemliches Vermögen. Kleinpetzschau mit Dahlitzsch liegen eine Stunde südöstlich von Störmthal und bilden eine Gemeinde. Kleinpetzschau, nur durch den Göselbach von Dahlitzsch getrennt, zählt zwölf Güter und zwei Häuser mit hundert Einwohnern; Dahlitzsch hingegen vierzehn Güter, zwölf Häuser und hundertfunfzig Einwohner. Die Kirche ist uralt, hat keinen eigentlichen Thurm, sondern nur ein erhöhtes Glockenhaus, und beträchtliches Vermögen. Sehenswerth ist der hier befindliche alte Flügelaltar mit trefflichen Holzschnitzereien und einem guten Oelgemälde.
Noch gehört zu Störmthal das Städtchen Liebertwolkwitz, welches in einen Rügenbuche von 1588 Liebwolkwitz genannt wird und früher blos Wolkwitz hies. Die Sage erzählt als Churfürst Johann Friedrich 1547 bei der Belagerung Leipzigs auf dem Thonberge bei Leipzig sein Mittagsmahl verzehrt, sei eine feindliche Kugel auf die Tafel gefallen, worauf der Churfürst ausgerufen: „Hier ist übel Essen wir wollen lieber nach Wolkwitz“ wohin er auch sein Hauptquartier verlegt habe. Liebertwolkwitz theilt sich in die grosse und kleine Gemeinde und die herrschaftlichen Häuser und zählt über vierzehnhundert Einwohner. Der Umstand, dass Liebertwolkwitz seit zweihundert Jahren mit Störmthal verbunden war, trägt Schuld, dass das hiesige Rittergut schon viele Jahre lang unbewohnt ist und kein herrschaftliches Ansehn hat, doch wurde es historisch merkwürdig dadurch, dass 1706 der kaiserlich Oestereichische Minister Graf Wratislav die mit Carl XII. zu Altranstädt abgeschlossenen Traktaten, nach welchen der Kaiser den Schlesischen Protestanten freie Religionsübung gestattete, auf hiesigem Rittergut unterzeichnete, auch König Carl XII. bei seinem (1707) erfolgten Abmarsche zwei Tage lang (1 und 2 September) hier sein Hauptquartier aufschlug. Im Jahre 1431 wurde Wolkwitz von den Husitten durch Mord und Brand dergestalt verheert, dass der damalige Besitzer desselben, Götz von Ende, seinen armen Bürgern zur Unterstützung das Bischofsholz schenkte, und 1637 beschossen die Schweden das Städtlein vom nahen Kolmberge aus; 1813 aber begann hier die grosse Völkerschlacht bei Leipzig. Am 14. October schon erfuhr Liebertwolkwitz ein schweres Unglück, indem bei einer Recognition der Französischen
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/107&oldid=- (Version vom 16.9.2022)