konnten: ja manchen verliehen die Kaiser selbst ausgedehnte Privilegien und Freiheiten, um sich ihrer Hilfe und Unterstützung gegen geistliche und weltliche Fürsten zu versichern. Bald entledigte man sich in den Städten der kaiserlichen Vögte und Beamten ganz. Als dann in der Folge die Kaiser bemerkten, daß die bischöfliche Macht sich gegen sie selbst wende, verliehen sie auch den größeren bischöflichen Städten solche Freiheitsbriefe. Weiter benutzten nach dem Erlöschen des schwäbischen Herzogsgeschlechts viele schwäbische Städte, darunter selbst ganz unbedeutende, die gute Gelegenheit, sich die Freiheit zu erwerben. Uebrigens erlangten alle diese Städte ihre Unabhängigkeit nicht auf einmal, sondern eine nach der anderen, je nachdem sie von den Kaisern besonders begünstigt wurden. Daher haben auch nicht alle dieselben Rechte, und viele sind noch heute nicht im Besitz aller Regalien. Manche erwarben auch von den Kaisern, Herzogen und Bischöfen die Regierungsrechte durch Kauf, Tausch oder unter irgend einem anderen Rechtstitel; andere endlich schüttelten ihr Joch mit Gewalt ab und machten später diesen Schritt durch Vertrag zu einem rechtlichen. Denn viele Fürsten mußten ihrer Ohnmacht oder ihrer Geldverlegenheiten halber zu dem letzten Mittel greifen, ihren Unterthanen die Freiheit zu verkaufen, oder hielten es wohl gar noch für Gewinn, wenn sie einen mäßigen Preis für die Rechte erhielten, welche sich die Städte angemaßt hatten, und die man ihnen mit Gewalt doch nicht wieder hätte entreißen können.
Samuel von Pufendorf: Ueber die Verfassung des deutschen Reiches. Berlin: L. Heimann, 1870, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Verfassung_des_deutschen_Reiches.djvu/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)