Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wachau
mit einem der schönsten Schlösser Sachsens liegt 4 Stunden nordöstlich von Dresden, 1½ Stunde von Pulsnitz und von Radeberg, in nördlicher Richtung und fast halbstündiger Länge an demjenigen Bache hinab, der ¼ Stunde südöstlich von hier entspringt und vor Ottendorf einen der Hauptteiche des Landes bildet.
Das Rittergut hat seine Gebäude in der Mitte des Ortes, wo die Strasse nach Dresden hinausführt, also nächst unter der Kirche an einem Hügelabhange.
Das schöne herrliche Schloss, worinnen sich vorzüglich der durch 2 Stockwerke gehende Saal auszeichnet, ist vor 110 Jahren von einem Grafen von Schönfeld mit einem Kostenaufwand von 70000 Rthlr. erbaut worden.
Ueber den Erbauer des früheren alten Schlosses existiren keine bestimmten Nachrichten.
Die ersten Besitzer sollen die Herren von Wachau gewesen sein, deren Familiengeschichte nicht bis auf unsere Zeiten gekommen ist.
Als die ersten bekannten Besitzer werden uns die Herren von Schönfeld genannt, welche am Ende des 14. Jahrhunderts hier vorkommen. [135] Der erste, den man unter ihnen kennt, ist der sogenannte lange Seyffart oder Siegfried von Schönfeld, der auch Naunhof besass und Lomnitz als Vorwerk zu Wachau inne hatte. Mit Hedwig von Meckau aus Limbach hat derselbe John, Seyfried und Ernst erzeugt. Letzterer folgte seinem Vater im Besitze, welcher, mit einer Barbara von Schönfeld vermählt, von derselben mit 7 Fräuleins und einem Sohn, Melchior beglückt wurde. Herr Melchior von Schönfeld überkam nach des Vaters im Jahre 1504 erfolgten Ableben Wachau mit Lomnitz und verheirathete sich in seinem 70. Jahre mit der erst 18 Jahre alten Ursula von Hirschfeld aus Otterwisch. Bei ihrer Schwangerschaft mit dem 10. Kinde kam in dem Herrenhof zu Wachau, welcher auf dem Walle über dem Wassergraben gestanden, am Sanct-Andreas-Tag 1527 Feuer heraus, welches von einem Knechte, dem sogenannten Kleinhanss, böswilliger Weise und in der Absicht angelegt worden war, dass alle, so darinnen waren, verbrennen sollten. Das Feuer war bei der Zugbrücke aufgegangen und mit vieler Anstrengung konnte der bejahrte Besitzer mit Weib und Kindern das nackte Leben retten, an ein Herausschaffen von Mobiliar war nicht zu denken.
Der Brandstifter war flüchtig und erst nach 3 Jahren eingefangen, nach seiner Verurtheilung aber derselbe in Dresden lebendig verbrannt worden.
In einem halben Jahre darauf ist die Frau von Schönfeld mit einer Tochter entbunden, bald darnach aber gestorben und in der Kirche zu Wachau im Jahre 1528 beigesetzt worden. Herr Melchior von Schönfeld hat noch 7 Jahre gelebt und ein Alter von beinahe 100 Jahren erreicht.
Ihm folgte sein Sohn Jonas von Schönfeld, kurfürstl. Sächsischer, auch landgräflich Hessischer Rath, Kammer- und Hofjunker, dessen Gemahlin Margarethe von Haugwitz aus Hirschstein verw. gewesene Staupitz auf Zehist war, hat mit ihrem Gemahl 8 Kinder erzeugt, von denen nur 2, Moritz und Jonas, die Aeltern überlebten. Unter diesen beiden Brüdern erfolgte eine Erbtheilung auf folgende Weise: Moritz als der jüngere, dessen erste Gemahlin Margaretha von Schönberg aus Pulsnitz, die andere aber Christina von Bärenstein aus Polenz war, hat das Gut Wachau in Lehn genommen; Der ältere Bruder Jonas bekam Lomnitz als selbstständiges Gut. Dieses geschah im Jahre 1571.
Dann übernahm Magnus von Schönfeld Wachau und von ihm über kam es dessen Sohn Nicol von Schönfeld, der ein Fräulein von Metzsch aus Reichenbach zur Gemahlin hatte.
Dann folgte Johann Adam von Schönfeld, mit einer Brigitte Theler vermählt. Nach ihm übernahm dessen Sohn Johann Siegfried das Gut, welcher in den Grafenstand erhoben wurde und eine verw. Gräfin von Lynar zur Gemahlin hatte. Ihm succedirte Johann George Graf von Schönfeld, welcher mit einer Sabina von Pflug auf Strehla verheirathet war. Von den Herren von Schönfeld acquirirte Wachau die Oppelsche Familie, bei welcher es bis auf die neuesten Zeiten geblieben ist. Johann George von Oppel hatte schon früher Lomnitz acquirirt und Bernhard von Oppel Lomnitz und Wachau zugleich übernommen.
Im Jahre 1825 besass Wachau Herr Hauptmann und Kammerjunker Hans Adolph von Oppel das Gut, von welchem es an den dermaligen Besitzer gekommen ist.
Die nächste Umgebung von Wachau ist zwar nicht besonders reizend, aber das herrliche Seifersdorfer Thal, sowie südlich das Augustus-Bad in der Nähe macht die Lage interessant. Die Strasse von Radeberg nach Königsbrück führt hindurch, die nach Grossenhain aber unweit des Oberdorfs vorbei. Nordöstlich erhebt sich der Schmalzberg und scheidet das Wachauer Thal von dem der kleinen Röder.
Wachau wird wegen seiner zwei Jahrmärkte, die Mittwochs nach Pfingsten und den 17. September abgehalten werden, als Marktflecken betrachtet und ist ein lebhafter Ort. Zugleich ist ein freier Hauptplatz für die starke Flachsspinnerei hiesiger Gegend, weshalb man auch viel Lein säet, das Produkt selbst aber nur zum Theil hier verwebt. Die meiste Leinwand geht durch ein dasiges Handelshaus nach Hamburg.
Die Garn- und Leinenbleiche, die hier existirt, ist vortrefflich zu nennen. Man webt besonders derbe, wohlfeilere Leinwand, wohl auch mittelfeine, so wie etwas Zwillich und Linnenband.
Das Heidekorn, welchem der hiesige, schon zum Theil sandige Boden zusagt, wird meist zu Grütze benutzt. Jetzt baut man auch viel Staudenkorn.
Ausser 2 Bachmühlen (der Obermühle und Grundmühle, nebst einer Bretmühle) ist auch eine Windmühle hier; ferner ein Gasthof, eine Schule und eine uralte Pfarrkirche, früher zum Radeberger Zirkel der [136] Dresdner Diöces gezählt. Seit 1820 steht dieselbe unter der Radeberger Inspection. Vor der Reformation soll die Kirche das Filial von Radeberg gewesen sein, dessen Probst manchmal durch seinen Kapellan hier habe Messe lesen lassen, daher auch der Name Frühmesse, den einige Felder führen.
Die Herren von Schönfeld liegen nach der Reihe, wie sie auf einander gefolgt sind, in hiesiger Kirche begraben.
Eingepfarrt ist das Oertchen Klein-Liegau, welches am Röderflusse liegt. Während der Badezeit im Augustusbade wohnen hier einzelne Personen und Familien und wandern früh in 8–10 Minuten durch den romantischen Tannengrund dem Bade zu, zu dessen Entdeckung die Feuersbrunst in Radeberg im Jahre 1714 die nächste Veranlassung gab. Der damalige Bürgermeister Seidel wollte zum Wiederaufbau der Stadt Kalkstein suchen und entdeckte dabei einen alten Stollen, wodurch die in den Rezessbüchern des Bergamts Glashütte sich findende Nachricht, dass von 1548–82 in hiesiger Gegend eine Vitriol- und Schwefelhütte gewesen, einigermassen bestätigt wurde. Ein hier hervorquellendes mineralisches Wasser wurde seit 1709 zum Baden benutzt und der aufgefundene Stollen, welchen man den Namen des „Sonnenglanzes“ beilegte, mit zwei Sälen überbaut. Anfangs wärmte man das Wasser unter der Erde und der Zudrang zu dem Bade war so gross, dass man sich aus Mangel an Vorrichtungen hölzerner Kasten bedienen musste. Die künstliche Wärme war von Vielen für eine natürliche gehalten worden. Nach der Kenntnissnahme von deren Erzeugung beschuldigte man Seideln einer Täuschung und war geneigt, auch an der mineralischen Beschaffenheit des Wassers zu zweifeln, bis der wirkliche Gehalt desselben durch Sachverständige erörtert wurde.
Das Bad kam besonders durch die Aufmerksamkeit, welche König August II. demselben schenkte, in grossen Ruf und der dankbare Unternehmer gab darum der Quelle den Namen des „Augustusbrunnen.“ Nach und nach hat man 6 Quellen von verschiedener Stärke entdeckt.
Am wirksamsten zeigt sich der Gebrauch dieses Bades gegen Krämpfe, Schwindel, reizbare Nervenschwäche, Bleichsucht, widernatürliche Schleimausflüsse, Schwäche der Blutgefässe und Krankheiten des Uterinsystems.
Hier im nahen Liegau wohnte mehre Jahre hindurch einzelne Monate lang der berüchtigte, später nach Amerika ausgewanderte Pastor Stephan aus Dresden und hierher folgten ihm seine Anhänger zu Anstellung nächtlicher Wanderungen und gemeinschaftlicher Mahlzeiten. Auch wohnte hier Dr. Marbach und von Beiden wurde hier gemeinschaftlich der Plan zur Auswanderung geschmiedet. Glücklicherweise sind Bewohner von Liegau dem Verführer nicht nachgefolgt.
Unterhalb Klein-Liegau beginnt bald das allbekannte sehr besuchte und interessante Seifersdorfer Thal mit seinen Mühlen, Pavillons, Strohhütten, Denkmälern, Brücken, anmuthigen, sehr schattigen Spaziergängen bald am rechten, bald am linken Ufer der Röder.
Man lebt hier in einer wahren Idyllenwelt und wird mit Freude an einen Besuch dieses Thales in den späteren Jahren zurückdenken, wo das Herz vor Freude und Wonne theils höher gehoben, theils zu frommer Andacht und guten Entschlüssen gestimmt worden ist.
Das jetzige Rittergut Lomnitz war früher und zwar bis zum Jahre 1632 ein Vorwerk von Wachau. Unter den nachfolgenden Besitzern von Wachau, den Herren von Oppel, wurde Lomnitz ein selbstständiges Rittergut. Die Kirche und die Schule von Lomnitz stehen unter der Inspection Dresden’s und der Collatur des Ritterguts.
Wachau und Lomnitz gehören jetzt zum Gerichtsamt Radeberg, zum Bezirksgericht – zur Amtshauptmannschaft – zum Regierungsbezirk Dresden.
Wachau hat 129 bewohnte Gebäude, 172 Familienhaushaltungen und 803 Einwohner. Die darunter befindlichen Hüfner, an Zahl 41, besitzen eine bedeutende Flur von mittelmässiger Güte.