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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Voigtsberg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Voigtsberg
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 61–62
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Voigtsberg.


Wie bereits mehrfach erwähnt wurde gelang es dem Kaiser Heinrich dem Vogelsteller das zahlreiche, durch Gastlichkeit, Mässigkeit und Betriebsamkeit ausgezeichnete Volk der Sorben, von dem ein gleichzeitiger Schriftsteller sagt „dass man es seiner Sitten wegen hoch ehren müsste wenn es nur an Jesum Christum glaubte“ zu unterjochen. Das Land erhielt eine ganz andere Verfassung, und seine Bewohner wurden den deutschen Kriegern welche sie besiegt hatten, als Eigne oder Hörige unterworfen. Während des schon im siebenten Jahrhundert begonnenen und drei Jahrhunderte währenden Kampfes legten die Deutschen zur Sicherung der gewonnenen Länderstrecken ausser den von den Sorben erbauten Burgen noch andere feste Schlösser an, auf welchen die von dem Kaiser ernannten Voigte (Advocati) ihren Sitz nahmen. Eine dieser Festungen war das nahe bei der Sorbischen Stadt Oelsnitz erbaute Schloss Voigtsberg auf welchem der Voigt von Plauen, welche Stadt damals erst im Entstehen begriffen war, sich niederliess. Solcher Voigtsburgen werden zu jener Zeit fünf, nämlich Gera, Greiz, Weida, Hof und Voigtsberg genannt.

Aber die Macht der Voigte wuchs dergestalt, dass sie sich immer mehr Besitzungen aneigneten und namentlich gelang es Heinrich dem Reichen die Voigtei Planen, wozu auch Voigtsberg mit Oelsnitz und Adorf gehörte unter seine Botmässigkeit zu bringen. Obschon die Voigte eigentlich nur Beamte des Kaisers waren und bei dem Reiche zur Lehn gingen, wussten sie sich doch im Laufe der Zeit zu selbstständigen Herren zu erheben, und namentlich erscheint als mächtiger Dynast Heinrich, genannt der Oberhofrichter, welcher um das Jahr 1298 die beiden Linien Plauen, die burggräfliche oder ältere und die Reuss-Plauensche oder jüngere, durch seine Söhne Heinrich den Klugen und Heinrich Reuss gründete. Heinrich der Kluge, welcher 1303 die Burg Voigtsberg nebst Oelsnitz, Plauen und den Ebersteinschen Gütern besass, sah übrigens bald, dass die Markgrafen von Meissen bedenklich auf die wachsende Macht der Reusse blickten und unterwarf seine Güter mit Ausnahme Voigtsbergs und der Stadt Oelsnitz der Krone Böhmen, als Reichsafterlehn, doch blieben die Voigte trotz dieses Schrittes hinsichtlich ihrer Personen reichsunmittelbar und übten auf ihrem Gebiete alle landesherrlichen Rechte aus. Im Jahre 1349 unterwarf Heinrichs Sohn, den die Geschichte Heinrich den Verletzten nennt, auch Voigtsberg und Oelsnitz dem Könige von Böhmen, als aber Heinrich mit mehreren Städten und Dynasten eine Fehde gegen Kaiser Karl IV. und die Sächsischen Fürsten begann und besiegt wurde, musste er nebst anderen Besitzungen auch Voigtsberg und Oelsnitz an die Merkgrafen überlassen, doch blieben sie Böhmisches Lehn. Die Voigte aber legten zu dieser Zeit den Voigtstitel ab und nannten sich seitdem nur Herren von Plauen, Greiz, Ronneburg, Gera und Weida.

Das Sächsische Fürstenhaus hatte in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts das Voigtland allmälig in seinen völligen Besitz gebracht, und war durch die wachsende Macht der Familie, namentlich Erwerbung der Chur, in den Stand gesetzt alle Ansprüche der Reusse an das ihnen entzogene Gebiet zurückzuweisen. Dennoch zeigte sich den Reussen noch einmal günstige Gelegenheit den alten Glanz ihrer Familie wieder herzustellen, indem nach der Niederlage Churfürst Johann Friedrichs bei Mühlberg Kaiser Karl V. dem Burggrafen von Meissen, Heinrich Reuss V. welcher im kaiserlichen Heere diente, mit dem von ihm beanspruchten Landestheile belehnte. Als derselbe 1554 mit Tode abging erbten des Vaters Gebiet zwei Söhne, Heinrich VI. und Heinrich VII., die aber durch unmässigen Aufwand eine so bedeutende Schuldenlast auf sich häuften, dass sie genöthigt waren eine ihrer Besitzungen nach der anderen zu verpfänden oder zu verkaufen. Churfürst August von Sachsen lieh dem Burggrafen Heinrich VI. auf das Amt Voigtsberg 60,000 Gulden mit der Bedingung des Vorkaufs, der innerhalb dreier Jahre geschehen müsse, und als nach dieser Frist die Summe nicht zurückgezahlt wurde trat der Churfürst in Besitz des Bezirks und zahlte dem jüngeren Burggrafen noch 27,142 Gulden heraus, Heinrich VI. aber verliess das Schloss Voigtsberg und wendete sich nach Böhmen, wo er 1568 kinderlos starb. Gedrängt durch die Verhältnisse konnte Heinrich VII. nicht verhindern, dass auch die letzten väterlichen Besitzungen verloren gingen und so blieb ihm nichts als der Titel eines Herrn von Plauen. Tiefgebeugt durch seine bedrängten Umstände starb der kinderlose Heinrich VII. am 22. Januar 1572, wodurch alle Rechte eines Burggrafen von Meissen an den Churfürsten August gelangten. Durch das Testament des Churfürsten Johann Georg I. von 1652 gelangte das Voigtland an dessen jüngste Sohn, Moritz, den Gründer der Herzoglich Sachsen-Zeitzer Linie, welcher sich am 3. August 1657 in Plauen huldigen liess und am 4. December 1681 starb, worauf sein Sohn, Moritz Wilhelm, das väterliche Erbe antrat, der auf Zureden seines [62] Bruders, des Cardinals Christian August 1715, zum Katholicismus übertrat. Da das Domkapitel zu Naumburg die Administratorwürde des Herzogs Moritz hierdurch für erledigt erklärte wurde die Verwaltung des Stifts vom König August übernommen und Herzog Wilhelm der zu Weida lebte, empfing jährlich 35,000 Gülden. Mit des Herzogs Tode erlosch (1718) die Linie Sachsen-Zeitz, deren Besitzungen, wobei auch das Voigtland, fielen an das Churhaus zurück und mit Ausnahme des Neustädter Kreises der 1815 an Weimar und der Stadt Gefell, die an Preussen abgetreten wurde, sind alle diese Gebietstheile bis jetzt dabei geblieben.

Das Schloss Voigtsberg liegt auf einem Berge, eine Viertelstunde von Oelsnitz entfernt, und muss einst eine äusserst starke Veste gewesen sein, denn es war mit einer gewaltigen Mauer umgeben, hatte Wälle und Gräben und konnte nur durch die Gewalt des Pulvers gefährdet werden. Noch sind die schweren Rollen sichtbar, welche zum Aufheben und Niederlassen der Zugbrücke dienten, und der hohe dicke Wartthurm, der wol schon fast ein Jahrtausend die weite Umgegend überschaut, sicherte das Schloss vor jähem Ueberfall. Die Burg war in den frühesten Zeiten der Sitz eines Voigtes, später aber finden wir auf Voigtsberg auch adlige Untervoigte, wie 1317 den Ritter Otto von Bergaw, und im siebzehnten Jahrhundert hielt sich Churfürst Johann Georg I. wegen der Jagd und einiger Zusammenkünfte mit dem Markgrafen von Baireuth bisweilen hier auf, woher der grosse Saal des Schlosses der Fürstensaal genannt wurde, doch hat man denselben neuerdings in Wohnzimmer umgestaltet. Von 1569 an verwalteten das Amt Voigtsberg churfürstliche Schösser, die auf der Burg ihren Wohnsitz hatten. Im linken Flügel des Schlosses befindet sich die Expedition des königlichen Justizamtes und im Vorhofe steht ein 1821 errichtetes Rentamtsgebäude, welches ebenfalls einigen Beamten zur Wohnung dient. Im Schlosse befand sich vor Zeiten eine dem heiligen Georg gewidmete Kapelle, worin der Kaplan, der Baccalaureus und der Organist aus Oelsnitz den Gottesdienst besorgen mussten.

Die Erbauung des jetzigen Schlosses Voigtsberg fällt mit Ausnahme des weit älteren Wartthurmes in die Zeit von 1390 bis 1405, doch mag noch später, und namentlich im sechszehnten Jahrhundert viel daran gebaut worden sein. Als die Hussiten 1430 das Voigtland mit Mord und Brand erfüllten, versuchten sie auch das Schloss Voigtsberg in ihre Gewalt zu bringen, aber vergeblich, deshalb liessen sie ihre Wuth den umliegenden Dörfern fühlen und stürmten die Stadt Oelsnitz, welche gänzlich eingeäschert wurde. Im dreissigjährigen Kriege, als der General Holk mit seinem Gesindel das unglückliche Voigtland heimsuchte, öffnete ihm das Schloss Voigtsberg ohne Widerstand die Thore, worauf die Croaten dasselbe gänzlich ausplünderten, in Brand steckten, und dadurch namentlich alle älteren Urkunden vernichteten. Ein trauriges Schicksal traf auch das nahe Oelsnitz, indem die Holkischen hier auf das Unmenschlichste wütheten und müde von Mord und Plünderung endlich die Stadt an allen vier Ecken anzündeten, so dass von sämmtlichen Gebäuden nur die Mädchenschule stehen blieb. Im Jahre 1638 brach im Schlosse Voigtsberg abermals eine Feuersbrunst aus, die namentlich an Wohnzimmern und Dächern grosse Zerstörungen anrichtete.

Am Fusse des Schlossberges liegt das Dorf Voigtsberg, bestehend aus achtundsiebzig Häusern mit etwa sechshundert Einwohnern. Unter den Häusern befinden sich drei sogenannte Burggüter, aber keine eigentlichen Bauergüter, und die Bewohnerschaft nährt sich grösstentheils von Zeug-, Leinen- und Baumwollenweberei. Eines der drei Burggüter zu Voigtsberg besass im sechszehnten Jahrhundert der Rath zu Oelsnitz, der es später durch Bedrängnisse veranlasst an Joseph Engelschall verkaufte. Im Jahre 1542 standen die Einwohner und Güter des Ortes unmittelbar unter der Botmässigkeit des Schlosses Voigtsberg, zu dem damals auch ein Vorwerk gehörte das in genanntem Jahre dreissig Scheffel Korn, einundzwanzig Scheffel Gerste und dreissig Scheffel Hafer zur Aussaat bedurfte und fünfundfunfzig Fuder Heu und Grummet gewann. Nahe beim Dorfe befinden sich eine Ziegelei und ein Forsthaus, die nahe Waldung aber, der Hain genannt, war vor länger als einem Jahrtausend ein heiliger Wald, wo Sorbische Priester dem Swantewith geheimnissvolle Opfer brachten. In Voigtsberg befindet sich ein neuerbautes Schulhaus, eingepfarrt sind Schloss und Dorf in die St. Jacobskirche zu Oelsnitz.

O. M.