Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Sachsgrün
Eine halbe Stunde seitwärts der Strasse, welche von Oelsnitz nach Hof führt, kaum eine Viertelstunde von der Bairischen Grenze entfernt, liegt in einem flachen Thale das Rittergut Sachsgrün mit dem Dorfe gleichen Namens, durch welches in nordwestlicher Richtung der bei Rosenthal in die Elster mündende Feilebach fliesst. Das Dorf Sachsgrün bildet mit Loddenreuth und Hofenreuth eine Gesammtgemeinde, deren Grundbesitz in zwei Dreiviertelhöfe, sechs halbe Höfe, sechs Viertelhöfe, sieben Dreisechszehntheilhöfe, einen Dreizweiunddreissigtheilhof, vier Zwölftheilhöfe und einen Sechszehntheilhof zerfällt; ausserdem zählen zur Gemeinde noch dreissig Häusler. Von sämmtlichem Areal gehören zum Rittergute Sachsgrün 419 Acker 90 □ Ruthen, zum Dorfe Sachsgrün 330 Acker 40 □ Ruthen, zur Hasenreuth 16 Acker 252 □ Ruthen und zu Loddenreuth 228 Acker 90 □ Ruthen. Die Einwohnerschaft beträgt ungefähr vierhundertdreissig Köpfe, von den dreihundertzwanzig auf Sachsgrün, neunzig auf Loddenreuth und etwa zwanzig auf Hasenreuth kommen.
Sachsgrün ist deutschen Ursprungs und ohne Zweifel das Stammhaus der alten Voigtländischen Familie von Sack, die im Jahre 1591 mit Hans Balthasar von Sack auf Mühldorf ausstarb, worauf dessen Güter an die Krone fielen. Dass die Herren von Sack das hiesige Rittergut im dreizehnten Jahrhundert besassen, beweist eine Urkunde von 1283, in welcher Eitel von Sack einen Hof zu Sachsgrün an den von Voigtsberg verpfändet. Sachsgrün entstand im neunten Jahrhundert als Glied jener Kette von Burgen welche die Militärgrenze gegen die Sorben bildeten, und der Erbauer des Schlosses war ein Ritter von Sack, den der Kaiser mit einem Striche des eroberten Landes belehnte, worauf unter dem Schutze der Burg auch bald das Dorf entstand. Noch jetzt bezeichnet der Landmann die Stätte, auf der die ersten zwei Häuser des Dorfes Sachsgrün erbaut wurden, die, obgleich ausserhalb der beiden inneren Wallgräben des Schlosses gelegen und nur von dem dritten, das ganze Dorf umfassenden Graben beschützt, Wirthschaftsgebäude und Hirtenwohnung der Burg gewesen sein sollen.
Das Dorf Sachsgrün mit dem früher nur aus einem Bauerhofe bestehenden Hasenreuth gehörte immer zu dem sogenannten Sächsischen Voigtlande und stand unter der Hoheit der Voigte von Plauen, bei denen das Gut zur Lehn ging. Die Herren der Burg Sachsgrün hatten Macht über Hals und Hand ihrer Unterthanen (die Obergerichtsbarkeit) und dass dieselbe ausgeübt wurde beweist der Name des nahen Galgenberges, auf dessen Gipfel vormals das Hochgericht erbaut war, unter welchem man noch 1706 den Körper eines Selbmörders verscharrte. – Die altehrwürdige Burg hat sich durch viele Jahrhunderte bis auf unsere Zeit, wo dergleichen Denkmäler einer fernen Vergangenheit so selten geworden sind, sehr gut erhalten, und ihre kleinen unregelmässig angebrachten Fenster, die sorgfältige Befestigung, der graue Wächter der Burg, der Wartthurm, welcher das massive Viereck überragt, und dreifache Wassergräben erinnern an jene Tage, wo nur das Recht des Stärkeren galt. Im Laufe der Zeit mag das Schloss Sachsgrün um ein Stockwerk erhöht worden sein, jedoch ist diese Aenderung schon vor Jahrhunderten geschehen, denn die im oberen Theile der Burg befindliche Kapelle enthält Wandgemälde mit Mönchsschrift, die dem funfzehnten Jahrhundert angehören, und in dem früher sogenannten Fürstensaale sind eine Anzahl Wappenschilder vorhanden, die ebenfalls aus jener Zeit herrühren.
Von den Herren von Sack kam Sachsgrün 1296 an den Ritter Berthold von Streitberg, und von diesem an den Ritter Vassmann, der 1353 der hiesigen Kaplanei eine Wiese überliess. Später findet sich als Besitzer des Gutes Orhard von Zedtwitz, der Burg und Dorf Sachsgrün 1441 an Philipp von Failtzsch (Feilitzsch) verkaufte. Ritter Heinrich von Feilitzsch, Philipps Sohn, besass das Rittergut 1487 und zwar gemeinschaftlich mit seinen Brüdern Sigismund und Fabian, 1508 aber gehörte es Heinrichs Sohne, Philipp von Feilitzsch, allein, von dem es 1524 dessen zwei Söhne Hans Heinrich und Sigismund von Feilitzsch erbten. Ihnen folgte 1544 im Besitze des Gutes Hans Heinrich von Feilitzsch und 1562 dessen Sohn Friedrich, von dem es an Christoph Heinrich von Feilitzsch gelangte, den letzten Herrn auf Sachsgrün aus dem Geschlecht der Feilitzsche, indem er das Rittergut 1594 an Julius von Seckendorf auf Uhlstadt verkaufte. Der Herr von Seckendorf war aber nicht im Stande Sachsgrün zu behaupten, und verpfändete es deshalb 1615 an den Junker Wilhelm von Streitberg auf Ahorn und Kaulsdorf, Hofrichter und Scholarcha primarius zu Coburg, der das Pfand 1619 als Eigenthum erhielt. Junker Wilhelm von Streitberg war für Sachsgrün ein sehr wohlthätiger Herr, von dem gesagt wird, dass „er dem armen Gotteshause und sonderlich bei erbauung des Neuen Gottesacker, vnd Pharrhausses viel gethan“ und deshalb erregte sein 1631 stattgefundener Tod bei der Gemeinde grosse [58] Betrübniss. Nach ihm gehörte das Rittergut Sachsgrün wiederum einem Wilhelm von Streitberg, der 1635 starb und das Gut seinem Bruder Carl von Streitberg vererbte, der 1649 als fürstlich Brandenburgischer Lehngerichtsassessor und Obristwachtmeister mit Tode abging. Sein Nachfolger Christoph Siegmund von Streitberg starb 1670 und das Gut wurde Eigenthum Hans Wilhelms von Streitberg, Herrn auf Burggrub, Strassendorf, Veilbrunn, Greifenstein, Heiligenstadt, Ober- und Untergattendorf, Ober- und Untertaschendorf, Ebmath und Hartmannsreuth, nach dessen am 14. August 1690 erfolgtem Ableben Sachsgrün als erledigtes Mannlehn an die Krone zurückfiel. Hans Wilhelm von Streitberg war der Letzte seiner alten Familie. Dieselbe hätte sich von der Stammburg Streitberg, zwischen Erlangen und Baireuth gelegen, nach dem Voigtlande gewendet und besass daselbst schon im dreizehnten Jahrhundert bedeutende Güter, darunter Gattendorf und Sachsgrün mit Ebmath und Volkmarsreuth, Laitenhof, Stohrenhof und Hartmannsreuth. Die Streitberge waren ein angesehenes weitverbreitetes Dynastengeschlecht, das bei seiner nicht unbeträchtlichen Macht mit den Nachbarn in vielfachen Fehden lebte und sogar den Kampf mit Reichsfürsten nicht fürchtete, wie denn Ruprecht, Hans und Wilhelm von Streitberg sich erdreisteten, gegen den Bischof von Würzburg zu ziehen, und die Ritter Eberhard und Raimar von Streitberg 1390 sogar die Markgrafen von Meissen befehdeten. Der letzte Streitberg ruht in der Kirche zu Sachsgrün.
Das abgestorbene Lehnsgut Sachsgrün wurde nunmehr durch churfürstliche Bewilligung Eigenthum des Oberküchenmeisters und nachmaligen Hofmarschalls Philipp Ferdinand von Reibold, Herrn auf Naundorf und Strassberg, der sich durch seine Mildthätigkeit gegen die Kirche auszeichnete und namentlich einen bedeutenden Beitrag zur Anschaffung einer Orgel hergab. Seine Gemahlin, eine geborene Gräfin von Stubenberg, schenkte der Kirche 1715 die noch jetzt vorhandenenen silbernen Abendmahlsgefässe und ihre Schwester, Comtesse Amalie von Stubenberg „verehrte aus sonderlicher Liebe und Andacht gegen das hiesige arme Gotteshaus nicht nur einen neuen Kirchenornat, sondern auch ein schönes Geschenk an Geld“. Der Hofmarschall von Reibold besass Sachsgrün bis 1716, wo das Gut an seine Tochter Erdmuthe Christiane gelangte, die zuerst mit einem Herrn von Brandenstein auf Oppurg und Positz, und nach dessen Tode mit einem Herrn von Fletscher vermählt, zur Zeit des Ablebens ihres Vaters aber des Letzteren Wittwe war. Deren Sohn, Heinrich August von Brandenstein, trat in Besitz der Güter Sachsgrün, Ebmath und Bösenbrunn im Jahre 1723, und als derselbe 1756 mit Tode abging, erbte die beiden ersteren sein jüngster Sohn Ernst Casimir von Brandenstein, der 1802 von Allen die ihn kannten, tief betrauert aus dem Leben schied, denn er war ein Mann von dem trefflichsten Charakter und väterlich besorgt für das Wohl seiner Unterthanen. Sein Erbe war der einzige damals noch lebende Sohn Wilhelm Ernst von Brandenstein, Domherr des Stifts Merseburg, unter dessen Herrschaft die Kirche zu Sachsgrün neu erbaut wurde, während welcher Zeit der Gottesdienst in der Kapelle des Schlosses stattfand. Nach des Domherrn von Brandenstein Tode fiel das Rittergut an die drei nachgelassenen Söhne Ernst August Gustav, Wilhelm Friedrich Julius, und Ernst Friedrich Carl von Brandenstein als Gesammtlehn.
Was die Schicksale Sachsgrüns anbetrifft, so wurde im Hussitenkriege (1430) der Ort Sachsgrün hart mitgenommen und angezündet, bei welcher Gelegenheit auch das Schloss bedeutend litt und wahrscheinlich bald darauf die schon erwähnte obere Etage erhielt. Von einem hiesigen katholischen Kaplane wird erzählt, die Hussiten hätten denselben auf Eis gesetzt und festgebunden, über seine nackten Füsse Wasser gegossen und ihn so festfrieren lassen. Aber noch traurigere Tage brachte über Sachsgrün der dreissigjährige Krieg. Im Jahre 1625 herrschte hier und in Loddenreuth eine schreckliche Seuche die den dritten Theil der Einwohnerschaft (in einem Hause sämmtliche Bewohner, neun an der Zahl) hinraffte und 1629 eine gefährliche Ruhr. Die grössten Drangsale betrafen den Ort in den Jahren 1632 und 1633. Bei dem Einfalle der Kaiserlichen unter dem scheusslichen Holk wurde Sachsgrün von den viehischen Croaten heimgesucht, die durch Mord, Misshandlungen und Raub sich ein schreckliches Andenken sicherten. Aber ein zweites noch entsetzlicheres Elend harrte der unglücklichen Landleute, denn durch das viehische Leben der Croaten brach unter ihnen ein Faulfieber aus, das bald in Pest überging und die wilden Krieger schaarenweise in das Grab stürzte. Die unglücklichen Landleute, welche die Croaten im Quartiere hatten, fühlten bald das tödtliche Fieber in sich selbst und starben einen schmerzlichen Tod. Auch im nächsten Jahre begann das Faulfieber wiederum sein tödtliches Werk und raffte eine grosse Anzahl Soldaten und Gemeindeglieder hin. Noch manche Stunde der Angst und Noth brachte jener fluchvolle Religionskrieg, doch war es 1647 in Sachsgrün, wo die Leute aus Posseck, Mentschau, Gassenreuth, Trogenau, Gattendorf, Hartmannsreuth und andern nahen Dörfern sammt ihrer beweglichen Habe eine Zufluchtsstätte vor den rohen Soldaten suchten und fanden. – Von dem siebenjährigen Kriege schreibt der Pfarrer Clarner in dem Sachsgrüner Kirchenbuche: „in diesem siebenthalbjährigen Kriege habe ich Armer genug ausstehen müssen, zumal das erste Jahr mit Einquartirung der Reichsvölker, wovon ich zwei Oberoffiziere acht Wochen lang im Quartier hatte und defragiren musste, ohne einige Zahlung, und das 1761. Jahr [59] war das fatalste für mich und meine Bauern. Mir nahmen die Preussen bei ihrer Fouragirung zwei starke Zugochsen, im April dergleichen meinen Wagen, allen Hafer, alle Säcke, und musste zur Erhaltung meiner Kost noch Geld geben, sie zu lösen. Alsdann kam im Herbst 1762 die Viehseuche, welche mir alle mein Vieh auf einmal raubete. Ich kann mit Wahrheit sagen, dass mir der Krieg und die Viehseuche zusammen mehr als fünfhundert Thaler gekostet, wodurch ich also auf einmal arm wurde. Bei dem letzten Französischen Kriege ist als merkwürdig hervorzuheben, dass beim ersten Einmarsche der Franzosen (1806) kein einziger derselben nach Sachsgrün und Loddenreuth kam, während man in jener ersten Nacht des Einmarsches auf dem nahen Galgenberge das Getümmel der tobenden Feinde und das Jammern der Einwohner aus der ganzen Umgegend hören konnte.
Zu Sachsgrün gehört auch das Dorf Loddenreuth. Dasselbe liegt ebenfalls am Feilebache, in dem Thale, welches von Sachsgrün gegen Troschenreuth hinläuft, zwischem dem Asseberge und dem Fuchsbühl. Jenseits des Baches befindet sich ein Teich und nahe bei diesem soll ein Rittergutsvorwerk gestanden haben, dessen urkundlich oft gedacht wird. Nach aller Wahrscheinlichkeit sind die daselbst noch vorhandenen Spuren eines Gebäudes wol die Ueberbleibsel eines im funfzehnten Jahrhundert zerstörten Bauerhofes und das Vorwerk stand vermuthlich auf der Stätte des jetzigen Schallerschen Wohnhauses. Ursprünglich gehörte Loddenreuth (in Urkunden Lodenreuth, Lotenreuth und Lottenreuth geschrieben) nicht zu dem Rittergute Sachsgrün, sondern ging mit seinen verschiedenen Höfen bei mehreren Edelleuten zur Lehn. Wilhelm von Wildenstein und Neidhard von Wildenstein verkauften in den Jahren 1425 und 1426 ihre vier Höfe zu Loddenreuth an Heinrich von Feilitzsch, und als Philipp von Feilitzsch das Rittergut Sachsgrün erkaufte, wurde Loddenreuth mit diesem vereinigt, wenigstens besagt ein Lehnsbrief von 1477 dass Heinrich von Feilitzsch damals von den Markgrafen Friedrich und Sigismund von Brandenburg mit Loddenreuth, und dessen Gerichten über Hand und Hals belehnt worden sei. Seit jener Zeit blieb Loddenreuth mit Sachsgrün stets vereinigt, obgleich es durch den bekannten Tauschvertrag von 1524 aus einem markgräflich Brandenburgischen ein Sächsisches Dorf wurde. Beide Ortschaften standen übrigens immer im Pfarrverbande. Im Jahre 1670 brannte in Loddenreuth ein Bauergut ab, wobei der Besitzer desselben in den Flammen seinen Tod fand. Dieses Gut blieb bei der Familie bis auf die neueste Zeit wo es (11. Mai. 1839) abermals durch einen Brand vernichtet wurde der auch zwei Nachbarhäuser zerstörte. – – Erwähnenswerth sind zwei auf Loddenreuther Flur am Assenberge gelegene mit Wall und Graben umzogene viereckige Verschanzungen, die vermuthlich aus dem Hussitenkriege oder vielleicht auch aus dem dreissigjährigen Kriege, herrühren. Von dem am Assenberge gelegenen Schlosshübel berichtet die Volkssage, dass in grauer Vorzeit hier eine Burg gestanden habe die in die Erde versunken sei. – – Hasenreuth, das ebenfalls zu Sachsgrün gehört, liegt eine halbe Stunde entfernt, nahe bei dem Bairischen Orte Trogenau am Saume eines Waldes und hat seinen Namen vermuthlich von einem Cunz Hasse, der im Jahre 1400 einen Hof in Gassenreuth verkaufte. Das Oertchen besteht nur aus drei Hausnummern, während früher hier blos ein Bauerhof vorhanden war. Die einsame Lage Hasenreuths am Walde veranlasste im Jahre 1713 eine Räuberbande zum Einbruch, die Schnapphähne wurden jedoch von den Trogenauern, die zur Hülfe herbeieilten, nach wilder Gegenwehr zurückgeschlagen und einer der Räuber durch mehrere Stiche verwundet und gefangen.
Die Kirche zu Sachsgrün war ursprünglich eine Kapelle, die in späterer Zeit durch verschiedene Um- und Anbaue zu einer angemessenen Grösse gebracht wurde. Als man im Jahre 1823 die alte Kirche abtrug fand sich im Altare die Jahreszahl 1409 vor und in der Mauer standen verschiedene Töpfe mit Kohlen und eine kleine Dose, welche einige seidene Läppchen enthielt. In der alten Kirche, welche schon 1353 erwähnt wird, befand sich auch die Gruft der edlen Geschlechter, welche auf dem Schlosse hausten, und es ist zu bedauern, dass bei dem Neubau die alten Denksteine der Ritter und Edelfrauen als Baumaterial verwendet worden sind. Es war übrigens ein Glück, dass das uralte Gotteshaus abgebrochen wurde, denn beim Abtragen fand sich, dass die Decke desselben nur von der Breterverschalung dreier vollständig verwitterten Tragbalken gehalten wurde und somit jeden Augenblick zusammenstürzen konnte. Am 8. April 1823 legte man den Grundstein zu der neuen Kirche und am 29. November desselben Jahres war der Bau unter Leitung des Maurermeisters Vogel aus Schwand soweit gediehen, dass der Superintendent Satlow deren Einweihung vornehmen konnte. Im Jahre 1829 stand die Kirche mit ihrem Thurme vollendet da, eine neue Uhr hatte sie 1825 und eine neue Orgel 1827 erhalten. Der ganze Bau kostete 4186 Thaler 19 Groschen 6 Pfennige.
Die Pfarre zu Sachsgrün gehört zu den sogenannten Streitpfarren, welche abwechselnd von Sr. Majestät dem Könige von Bayern als Markgrafen von Culmbach und Sr. Majestät dem Könige von Sachsen besetzt werden. In den frühesten Zeiten war für alle älteren Pfarrereien des Regnitzlandes die Kirche zu Hof Mutterkirche, so auch für Sachsgrün. Alle kirchlichen Handlungen der Filiale besorgten Hofer Kaplane, die rauhe Witterung aber und mancherlei religiöse Bedenken bestimmten den Archipresbyter [60] oder Pleban zu Hof die Kaplane in den Dörfern, wo Kapellen standen, als Ortsgeistliche anzustellen. Viele dieser Kapellen wurden noch vor der Reformation in selbstständige[WS 1] Mutterkirchen verwandelt doch traf dieses Schicksal nicht die Kirche in Sachsgrün, welche noch 1502 im Hofer Landbuche als Filial von Hof erwähnt wird. Es heisst darin: „Die pfar zum Hofe hat sieben Filiale uffen Landte, die alle leith der Pfarrer zum Hofe, Cunersreuth, Zobern, Sachsgrün, Widerspergk, Eichich, Gattendorf, Trogen.“ Enge und dauernd blieb trotz der oftmaligen grösseren Entfernung der Verband der Pfarrereien Zöbern, Widersberg, Sachsgrün, Eichicht, Kotzau und Konradsreuth, sie besassen als Kapellen schon eigene Taufsteine und Friedhöfe, und ausser der Lehnschaft übte der Pfarrer zu Hof auch fortwährend das Recht die Kapläne willkührlich einzusetzen und zu entlassen, sie standen nur unter ihm und nicht wie andere Pfarrer unter dem Bischof, hatten dafür aber auch von Jenem ihr Einkommen zu fordern und mussten jährlich fünfmal in der Hofer Hauptkirche Levitendienste leisten, wofür sie vom Pfarrer eine Mahlzeit erhielten. Verlangte der Bischof eine allgemeine Steuer, so lieferten diese Geistlichen ihre Beiträge an den Pfarrherrn zu Hof ab. Diese Verhältnisse bestanden bis der letzte katholische Pfarrer zu Hof, der Dompropst Friedrich von Brandenburg, seinem protestantisch gesinnten Bruder dem Markgrafen Georg dem Frommen die Pfarre zu Hof gegen die Propstei zu Würzburg abtrat, worauf (1531) die Kirche zu Sachsgrün und die übrigen sich in Mutterkirchen verwandelten. Das Collaturrecht über die Pfarreien hatte Dompropst Friedrich an den Markgrafen abgetreten und dasselbe blieb bei den Markgrafen des Fürstenthums Bayreuth (Brandenburg-Culmbach) welches Fürstenthum später dem König von Bayern zufiel. Erst in neuerer Zeit ist zwischen Bayern und Sachsen eine Uebereinkunft wegen Besetzung der Streitpfarren getroffen worden. Eingepfarrt nach Sachsgrün sind Loddenreuth, Hasenreuth, das Bayrische Dorf Oberhartmannsreuth, Hölle, Neuenreuth und Hohenreuth.
Das Kirchenbuch zu Sachsgrün erzählt einen seltsamen Hader zwischen dem Pfarrer Wolfrum und dem Gerichtsverwalter. Der Pfarrer war 1643 in das Amt getreten und hatte wahrscheinlich der Herrschsucht des jähzornigen und rohen Verwalters nicht genug nachgegeben, daher kam es zwischen Beiden zu offenen Feindseligkeiten. Der Gerichtsverwalter, Kretzschmar hiess er, belegte den Pastor mit einem förmlichen Interdikt, indem er den Leuten im Dorfe untersagte für Wolfrum zu arbeiten und ihm irgend eine Handreichung zu leisten. Als am 18. October der Pfarrer, um Korn zu säen, mit drei Pflügen im Felde war, und eben vor dem Sacke kniete um das Sätuch mit Samen zu füllen, kam Kretzschmar hinterwärts auf ihn zugeritten und fiel den Pastor mit ungestümen rohen Worten an, wobei er die Hand stets an der Pistolenholfter liegen hatte. Die Wuth des Verwalters gegen den armen Geistlichen ging jedoch noch weiter, denn wie eigenhändige Briefe Kretzschmars an den Herrn von Streitberg auf Sachsgrün beweisen musste der Pfarrer aus Furcht vor des Verwalters Rache landflüchtig werden. –
Von dem bereits genannten Assenberge hat man eine reizende Fernsicht auf die Höhen des Fichtelgebirges und die hinter dem Städtchen Schöneck gelegenen Ausläufer des Erzgebirges. Nordöstlich zeigen sich die Höhen hinter Reichenbach. Gleich überraschende Aussicht gewährt der nahe Galgenberg, von dem man einen Ueberblick des Dörfchens Sachsgrün mit seinen freundlichen Häusern und Obstpflanzungen geniesst, aus denen die altersgraue Burg mit ihrer Warte hervorragt, ein Bild der alten unsichern Fehdezeit inmitten segensreicher Betriebsamkeit eines heitern glücklichen Völkchens.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: selbsstständige