Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Unterlauterbach
in waldiger Gegend, an einem nordwärts zur Trieb gehenden Bache 11/4 Stunde von Falkenstein, 11/8 Stunde von Treuen, 31/4 Stunde östlich von Plauen gelegen.
Das hiesige Rittergut gehörte einst zu dem grossen Gütercomplex des Reichslehns Treuen, als welches es im Jahre 1329 Heinrich Voigt zu Plauen vom König Ludwig annahm. Erst im 16. Jahrhundert kam Treuen und somit auch Unterlauterbach an die Ritter von Feilitzsch, welche aus dem Bayreuther Lande stammten und diese Güter von den Herren von Herrmannsgrün acquirirten.
Jobst von Feilitzsch besass Unterlauterbach zuerst, dem sein Sohn Moritz, Reichsritter, der hinter dem Kurfürsten Moritz bei der Kurbelehnung stand, folgte.
Seines Sohnes Jobst Caspars Söhne theilten sich in die Güter, so dass Urban die Untertreuensche Linie stiftete und Moritz Rüdiger die Obertreuensche. Urban verkaufte Unterlauterbach an Urban Caspar von Feilitzsch auf Marienei, welcher 1689 mit Tode abging, dem sein Sohn Haus Adam folgte.
Nach den Herren von Feilitzsch gelangte Unterlauterbach an die Familie Adler, welche es dermalen noch besitzt. Der derzeitige Besitzer ist Herr Anton W. Adler.
Das Schloss von Unterlauterbach ist neueren Ursprungs; aber in einem recht netten Styl erbaut. Das alte Schloss war von Wall und Graben umgeben und ein im früheren Geschmacke erbautes Gebäu.
Im Nordwesten steht die Schäferei, im Westen oberhalb des Teiches die Mühle, welche zum Gute gehört.
Felder und Wiesen sind bedeutend und gehören der mittleren Bodenclasse an, am bedeutendsten sind die Waldungen, welche zum Gute gehören, so dass die Holznutzungen jährlich einen grossen Gewinn bringen.
Die Jagd war früher hier eine der grössten des Voigtlandes und in der frühesten Zeit hausten hier Bären und Wölfe, da die Verbindung mit den Oberlauterbacher und Falkensteiner grossen Waldungen diesen Unthieren sicheren Schutz und dichtes Obdach verlieh.
Die Menge Sagen, die auf Erlegung dieser Thiere, auf die Bravour der früheren Ritter dieser Gegend sich beziehen, alle hier aufzuführen, würde zu weit führen.
Eine Masse Punkte werden heutigen Tages noch nach dem Aufenthalte dieser wilden Thiere hier benannt und muss diese Gegend so recht früher geeignet gewesen sein, dem Jagdvergnügen, dem Hange nach Abenteuern sich so recht mit ganzer Seele hinzugeben.
Der Schutzpatron der ganzen Kirchfahrt war vor der Reformation deshalb der heilige Bartholomäus, dem man besonders Schutz gegen Wölfe und Bären zuschrieb; seine Statue soll noch zu sehen sein und an seinem Jahrestage wird der Kirchweihjahrmarkt in Treuen, wohin Unterlauterbach mit Wetzelsgrün, Hartmannsgrün, Weisensand mit Wolfspfütz, Eich, Reimtengrün, Schreiersgrün, Altmannsgrün, Perles, Buch, Mahnbrück und die Weitenhäuser gepfarrt sind, gehalten, davon die Kirche das Stättegeld bezieht. Unterlauterbach beherbergt, wie Treuen, viele Weber, sowie auch hier schon der Klöppelsack des Erzgebirges zu finden ist.
Die Einwohner sind fleissige, arbeitsame Leute und betreiben neben ihren Professionen auch die Feldwirthschaft, namentlich wird auf den Kartoffelbau viel Fleiss und Mühe verwandt. Der sandige, nicht fette Boden erzeugt Kartoffeln von bestem Geschmacke. Ueberhaupt ist hier schon die Kartoffel wie im Erzgebirge, das Hauptnahrungsmittel. welches [178] die Bewohner hiesiger Gegend drei Vierteljahre hindurch erhalten muss und sein Schmausessen ist der Götze. Diese Speisen, das harte Wasser und die häufigen Wechsel der – besonders oft nebligen – Witterung gelten für die Ursachen des hier, wie im erzgebirgischen Kreise überhaupt so häufigen Magenkrampfes oder der sogenannten Herzenskrankheit, bei welchem Namen man freilich in grossen Städten nicht an die Kartoffeln denken würde.
Die Sprache ähnelt hier schon dem Erzgebirger und dieselbe ist bereits mehr singend. Die Bevölkerung selbst ist schon sehr stark und vermehrt sich von Jahr zu Jahr mehr, wozu frugale Lebensart, nicht ungesundes Klima und die immer grössere Verbreitung des Fabrikwesens das Ihrige beigetragen haben.
Unterlauterbach heisst der Ort zur Unterscheidung von dem ziemlich damit zusammenhängenden Dorfe Oberlauterbach, welches von jeher zur grossen Herrschaft Falkenstein gehörte, wie wir dies schon weiter und näher bei der Beschreibung dieses Ortes erwähnt haben.
Unterlauterbach, wie Oberlauterbach, sind wohl zu unterscheiden von den beiden Rittergütern Lauterbach obern Theils und Lauterbach untern Theils, welche eine Viertelstunde von Oelsnitz liegen. Den Namen haben wohl alle diese Orte von einem klaren und lautern Bache, der in ihrer Nähe fliesst; denn sonst wäre der Name nicht zu erklären, da eine Familie von Lauterbach nicht existirte und also auch dem Orte nicht den Namen gegeben haben kann.
Unterlauterbach hatte bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation seine eigenen Gerichte und irren viele Topographen, welche diesen Ort früher den Voigtsberger Amtsdörfern zugetheilt haben. Man könnte annehmen, dass dies eine Verwechslung bezüglich des Rittergutes von Unterlauterbach selbst sein könnte und man damit weiter nichts sagen wollte, als dass das Rittergut als neu schriftsässiges Gut dem Amte Voigtsberg untergeordnet gewesen sei. Aber auch dieses wäre nicht richtig, da Unterlauterbach als Gut zum früheren Justizamte Plauen gehörte.
Wenn man einen schönen Anblick von diesem Rittergute geniessen will, so muss man bei einer Wanderung auf der alten Strasse von Plauen nach Falkenstein über der Trieber Höhe hin, bald bei dem Ausgange des Holzes vor Falkenstein, Halt machen und der Wanderer wird bei seiner Umschau nach der linken Seite hin durch dichte Waldung das schöne Schloss von Unterlauterbach in seiner ganzen Grösse erblicken und man kann sich denken, wie versteckt dasselbe in den frühesten Zeiten in Waldesdunkel gelegen haben muss. Bedenkt man noch die früheren unwirthbaren Wege, die frühzeitigen harten Winter, so muss man sich wundern, wie auch hieher der menschliche Fuss gelangte und eine Stätte sich baute.
Noch viel mehr aber muss man menschlichen Fleiss und menschlichen Muth anstauen, welcher alle Hindernisse zu überwinden wusste und die grösste Wildniss in freundliche Wohnungen umwandelte, Wälder ausrodete und Land urbar machte, um für sich und die Seinigen Nahrung zu finden und das Leben sich angenehm zu machen.
Bis an Falkenstein heran zogen sich die dichten Waldungen und die grossen Sümpfe, und auf stundenlangen Wegen war kein Haus, kein Obdach zu sehen. Der Wanderer fand weiter keine menschliche Seele in diesen Waldungen, als höchstens ein Mal einen Stockmacher, der sich bei seinem Feuer seine Nahrungsmittel bereitete.
Wie ganz anders jetzt. Die schönsten Wege führen überall durch diese Waldungen, überall Leben und Betriebsamkeit, überall dazwischen üppige Wiesen und schöne fruchtbare Felder.
Zu allen diesen vortheilhaften Verwandlungen haben die Gerichtsherrschaften von Unterlauterbach redlich das Ihrige beigetragen. Namentlich hat die Familie Adler die Oeconomie des Gutes bedeutend gehoben und vorzüglich die Viehwirthschaft in den Stand gesetzt, dass in dieser Beziehung das Gut den grössten Gütern des Voigtlands an die Seite gesetzt werden kann.
Die Schicksale des Orts anlangend, so kann etwas besonders Merkwürdiges darüber nicht erwähnt werden, als dass es in dem 30jährigen Kriege mit den Orten hiesiger Gegend Gleiches zu dulden und zu ertragen hatte.
Somit hätten wir blos noch zu erwähnen, dass Unterlauterbach keine eigne Schule hat, sondern seine schulpflichtigen Kinder nach Oberlauterbach schickt.
Der Ort selbst, welcher in 30 Gebäuden 180 Einwohner hat, gehört zum Gerichtsamte Treuen.