Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Brotenfeld
nur 11/4 Stunde von Oelsnitz und 11/2 Stunde von Schöneck über einem Bache, der südlich von hier die sogenannte Holzmühle treibt und nach meilenlangem Laufe, durch den Werdaerbach verstärkt, bei Oelsnitz die Elster erreicht, entfernt gelegen.
Neben der Entstehung des Ortes oder vielmehr des Schlosses existirt folgende Sage: Ritter Eckbert von J oder T (die übrigen Buchstaben der alten Urkunde sind unleserlich) galt in dem oberen Theile des Voigtlandes als einer der mächtigsten und einflussreichsten Herren der Voigtländischen Ritterschaft. Zu Ehren seiner einzigen Tochter veranstaltete derselbe zu ihrem 16. Geburtstage eine grosse Jagd in Voigtlands undurchdringlichen Forsten. Auch Agnes nahm Theil daran. Unversehens war sie bei dem Verfolgen eines Hirsches von dem Gefolge abgekommen. Nach langem Umherirren stieg sie ermüdet von dem schnaubenden Rosse und lagerte sich neben Heidelbeersträuchern. Plötzlich brach durch die Zweige ein gewaltiger Eber und sprang auf das Ritterfräulein zu. Entsetzt rief sie um Hülfe, noch einen Augenblick, und der Hauer des Thieres hatte Agnes Kleider erfasst – da traf ein Jagdspeer von starker Hand die wilde Bestie und niederstürzte sie zu des Fräuleins Füssen. Ein Knappe, mit Namen Brotenfeld war es, welcher das Leben des Fräuleins gerettet hatte. Noch lag sie ohnmächtig zu Boden, der Knappe richtete sie auf, Blicke des Dankes und der Liebe begegneten ihm. Von dieser Stunde an war zwischen Beiden ein stiller Bund geschlossen. Agnes hält es für Sünde einen andern noch ihr Herz zu weihen. Lange Zeit blieb dieses Verhältniss den Augen der Welt verborgen. Endlich kam es bei einem Festmahle zu Tage, als das Fräulein dem Knappen mit Hintenansetzung edler Ritter Beweise der Zuneignung gegeben hatte. Kaum gelangte die Kunde davon zu den Ohren des Vaters, als der unglückliche Knappe sogleich verstossen, das Fräulein aber im engen Gewahrsam gehalten wurde um die Liebes-Gedanken sich aus dem Sinn zu schlagen. Indessen hatte die Strafe des Vaters nichts besser gemacht.
Das Fräulein fand dennoch Gelegenheit mit dem verstossenen Jünglinge zusammenzukommen; aber auch Agnes Vater erhielt Nachricht davon und beeilte sich derselbe um so mehr, die Verlobung seiner Tochter mit einem reichen, ebenbürtigen Ritter zu Stande zu bringen. Als der festgesetzte Tag der Hochzeit herangekommen, ward die Braut halb ohnmächtig in die Kirche geführt und ihre Hand in die Rechte des Bräutigams gelegt. Todtenblass verliess die Jungfrau die Kirche und vom Festmahl schlich sie sich unvermerkt davon, durchstreifte den Wald, und in der Gegend des jetzigen Schlosses stürzte sie zusammen, von den Wirkungen des vor dem Gastmahle genommenen Giftes. Ihr Getreuer hatte sich auf die Kunde von der stattfindenden Hochzeit in die Nähe der Burg begeben. Er hoffte das Fräulein noch einmal aus dem Fenster zu sehen und noch einmal von ihr gegrüsst zu werden.
Bei ihrem Herauseilen durch den Garten des Schlosses in das Weite folgte der Knappe in der Ferne und als er Agnes zusammenstürzen sah, eilte er auf sie zu, umschlang sie und gab sich den Todesstoss. So fand man ein Leichenpaar. Bei der Kunde von diesem Doppeltode stürzte der Vater leblos nieder. Mit ihm starb der letzte Sprosse des Geschlechts und von der in hiesiger Gegend damals existirenden Burg ist keine Spur mehr vorhanden.
Bloss ein Verwandter dieses Geschlechts soll an der Stelle, wo die Todten gefunden worden waren, ein Vorwerk erbaut und solches Brotenfeld genannt haben.
[176] In früherer Zeit war Brotenfeld, welches anfänglich und bis zum 16. Jahrhundert mit Wall und Graben umgeben war, ebenfalls ein Besitzthum der Herren von Thoss. Im 18. Jahrhundert finden wir im Besitze des Gutes die Familie Rudert, die bezüglich ihrer Herzensgüte und ihrer Mildthätigkeit im ganzen Voigtlande bekannt und geachtet war. Leider war eine starke Nachkommenschaft die Veranlassung zu dem Verfall dieser Familie und das Gut musste später subhastirt werden, wodurch dann die Familie Schilbach in den Besitz von Brotenfeld kam.
Der dermalige Besitzer ist Herr Gottlob Friedrich Schilbach.
Brotenfeld das Rittergut hat ein Areal von 600 Acker mittlerer Bodenart, die übrigen Ortseinwohner besitzen zusammen 506 Acker 249 Quadratruthen.
Früher war das Rittergut noch weit grösser und zeichnete sich vorzüglich durch seine bedeutenden Waldungen aus, die unter der Familie Rudert theilweise eine Schmälerung erlitten haben.
Bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation hatte Brotenfeld das Rittergut seine eigene Gerichtsbarkeit, welche sich bloss auf den Ort beschränkte.
Eingepfarrt ist Brotenfeld mit dem Dorfe Korna nach Arnoldsgrün, (nicht zu verwechseln mit Arnsgrün bei Adorf). Unser Arnoldsgrün war früher selbst ein Rittergut und besass solches im 17. Jahrhundert der berühmte Flossa von Seilbitz auf Raschau, von welchem es an die von Mangold’sche Familie gekommen ist, und mag damals Arnoldsgrün und Brotenfeld vereinigt gewesen sein.
Kirche und Schule von Arnoldsgrün stehen unter der Inspection Oelsnitz. Der Superintendent des letzteren Ortes übt das Collaturrecht über Kirche und Schule mit dem Gerichtsamtmann.
Die nicht weit von Arnoldsgrün gelegene Spitzmühle ist bekannt geworden durch die schauderhafte Mordthat, die am frühen Morgen des 19. Febr. 1838 darinnen an der hinterlassenen Müllers Wittwe, Christiana Sophia Seling verübt wurde.
Die Schule in Arnoldsgrün als Parochialschule wird incl. der schulpflichtigen Kinder von Brotenfeld und Korna im Ganzen von 125 Kindern besucht.
Das mit Brotenfeld nach Arnoldsgrün eingepfarrte Dorf Korna, ist noch merkwürdig wegen der sogenannten Groschenhäuser, deshalb sogenannt, weil der jedesmalige Bewohner bei seinem Einzuge nur einen Groschen an den Herrn zu bezahlen, ausserdem aber freilich noch für gewöhnlich jeden Tag in der Woche Jahr aus Jahr ein Frohndienste zu leisten hatten.
Es sind 11 Häuser, die dem jederzeitigen Besitzer von Schilbach eigentlich zugehören.
Ueberhaupt sind in dem oberen Voigtlande von den früheren Besitzern der Rittergüter, vorzüglich aber von den Herren von Thoss, welche den grössten Theil des oberen Voigtlandes durch Verleihung von den Voigten zu Plauen beherrschten, viele Wohnungen erbaut worden, um Menschen und Arbeitskräfte zur Ausrodung der Wälder heranzuziehen.
Die Bewohner der Arnoldsgrüner Parochie nähren sich meist vom Feldbau; doch giebt es auch einzelne Handwerker.
Brotenfeld mit seinen 19. Häusern und 107 Einwohnern gehört wie Arnoldsgrün und Korna zum Gerichtsamte Schöneck, wo der Sage nach die älteste Burg des Voigtlandes existirt haben soll.