Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Syrau
13/4 Stunden nordwestlich von Plauen, 2000 Schritte von der Greitzer Grenze, südöstlich unter der Mehltheuer (d. i. Hochberg einer lang gedehnten Höhe mit schönen Aussichten), meist erhöht übers linke Ufer des auf der Mehltheuer quellenden und über Syrau, Kauschwitz, nach Plauen rinnenden Syrabaches, welcher im Jahre 1834 den unsäglichsten Schaden in Plauen und Kauschwitz angerichtet hat und sonst so harmlos, so ruhig dahinfliesst.
Syrau ist rein sorben-wendischen Ursprungs. In der slavischen Sprache bedeutet das Beiwort Szyry, dürre, verdorrt, mithin Ssyry ein Ort wo nicht viel wächst, ausserdem mit doppeltem s bedeutet es so viel wie grün, roh, das rohe, das grüne, was zuerst in den Gewächsen sich zeigt, ehe eine vollständige Frucht daraus wird.
Daher man auch bis in die neueren Zeiten im Gebirge noch den Sprachgebrauch fand: die Syrbe abgrosen, d. lt. das äussere grüne Korn mit der Sichel abgrasen. Demnach wäre Szyra, später Syrawe eine Grüne, vielleicht auch ein junger roher Anbau.
Syraus Entstehung ist daher in die Zeit des 5. bis 10. Jahrhunderts zu verlegen. Die sorben-wendische Abkunft in Syrau lässt sich heute noch finden: Denn es giebt hier grosse starke Leute und zeichnet sich dieser Schlag vor vielen andern der Umgegend aus.
Ursprünglich gehörte Syrau zur Dynastie Lobdaburg-Elsterberg, deren Gebiet sich von Greiz bis zu dem Dorfe erstreckte und hier an das Gebiet der Herrschaft Dobenau grenzte.
Erst im Jahre 1446 wurde Syrau zu einem selbsständigen Rittergute erhoben und von Johann Friedrich „der Aeltere“ genannt, Herzog zu Sachsen, die Familie von Tettau damit beliehen, als deren Stammgut man Syrau ansehen muss.
Der erste dieser Familie war Apel von Tettau, zu Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts Amts-Hauptmann von Plauen, Herr zu Kauschwitz und Inhaber mehrer Lehen zu Plauen und Güter zu Steinsdorf. Zu dem Gute waren damals 14 Bauergüter gegeben, wie dies in dem Lehnbriefe von damaliger Zeit ausdrücklich benannt ist.
Nach Apels Tode kam Syrau, doch wie es heisst nur „pfandweis“ in die Hände seines Sohnes, Hanns von Tettau, dessen Söhne, Haubold und Hanns, Apel von Tettau 1551 Kauschwitz und Syrau in Lehn nahmen, aber die beiden Güter so theilten, dass Haubolden Syrau, wozu auch Bauergüter in Messbach, Reinsdorf, Thiergarten und Hundsgrün (im frühern Amte Voigtsberg) gehörten, dem Hanns Apel von Tettau aber Kauschwitz zufiel.
Ob Letzterer gleich bei dieser Theilung oder später neben Kauschwitz und ob von dieser Zeit an oder vielleicht schon früher Syrau in Ober- und Unter-Syrau getheilt worden ist, darüber sind die Nachrichten einigermassen unbestimmt, so viel steht fest, dass im Jahre 1514 zuerst der Rittersitz Unter-Syrau genannt wird und es ist anzunehmen, dass dies eben zu der Zeit der Herren von Tettau erst geschehen ist. Doch 1576 wurde dieser eine Rittersitz Unter-Syrau gegen das Rittergut Dröda an Jobst Heinrich von Watzdorf auf Jössnitz vertauscht, wodurch die von Watzdorf, welche über 200 Jahre, von 1576–1788 zu Syrau wohnten und von denen viele Familienglieder in der Kirche zu Syrau ruhen, zuerst [186] erst in den Besitz von Unter-Syrau kamen, welches früher wohl blos Vorwerk von Ober-Syrau war.
Ober-Syrau erhielt 1587, Hugo einer der Söhne Haubolds von Tettau in Lehn.
Hugo sowohl wie seine Brüder, Siegmund und Daniel geriethen indess in grosse Schulden, so dass ein concursus creditorum ausbrach und 1596 wurde Ober-Syrau an Friedrich von Watzdorf auf Erdeborn, Magdeburgischer Hofmarschall zu Halle für 12250 fl. verkauft und 1597 von ihm in Lehn genommen. Derselbe Watzdorf hatte bereits 1592 Unter-Syrau von Ernst von Magwitz, dem Vormunde der unmündigen Lehnserben Jobst Heinrichs von Watzdorf für 5000 fl. an sich gebracht und am 2. Mai 1593 in Lehn erhalten. Von dieser Zeit blieben die Güter 62 Jahren vereinigt.
Friedrich von Watzdorf hinterliess nur einen Sohn, Georg Friedrich, dessen fromme Gemahlin Agnesa, geb. von Schönfels, sich ein bleibendes Andenken durch reiche Schenkungen für die Kirche zu Syrau erworben hat.
Derselbe Friedrich von Watzdorf erhielt 1612 beide Güter mit 20 Bauerngütern und Kauschwitz mit 14 Gütern in Lehn, wobei Drochaus, Oberpirk, Schönberg, die Mehlthuer Wüstung und Hundsgrün als hierher pflichtige Orte genannt werden.
Nach Friedrich von Watzdorfs Tode verwaltete Agnesa für ihre 6 Söhne die Güter bis zu ihrem Tode im Jahre 1646. Aber erst 12 Jahre später, 1658, wurde die Lehnstheilung unter den Söhnen und Enkeln Friedrich von Watzdorfs vorgenommen, wobei Unter-Syrau an Georg Friedrich den Aelteren fiel. Ihm folgte 1665 sein Sohn gleiches Namens. Nach dessen Tode nahm sein Cousin, Vaters Bruders, Christian Vollrath von Walzdorfs Sohn, Christian Friedrich, welcher im Besitz von Ober-Syrau war, bei der Theilung mit seinen Lehnsvettern im Jahre 1679 auch Unter-Syrau an und vereinigte beide Güter nach 21jähriger Trennung wieder.
Vereinigt blieben sie bis 1740, wo Christian Friedrichs Enkel, Christian Vollrath von Watzdorf in „brüderlicher Theilung“ Unter-Syrau annahm und bis 1765 besass, nachdem er 1755 von seinem Bruder Christian Friedrich auch Ober-Syrau gekauft hatte.
Da aber wurden beide Güter an den Besitzer von Kauschwitz, dem Oberhofrichter von Watzdorf verkauft, dessen baulustige Frau Gemahlin die beiden, bis dahin getrennten Rittersitze, von denen der Untere bis auf die letzte Spur durch Veraltung und Niederreissung verschwunden, der Obere nebst Gehöfte theils in Häuslerwohnungen übergegangen, theils mit dergleichen bebaut worden, in einem neuen, vom Dorfe wenig entfernten, geräumigen Rittergutsgebäude, welches jedoch ursprünglich grösser werden sollte als es in der Abbildung sich darstellt, vereinigte.
Im Jahre 1788 wurden die Güter Syrau und Kauschwitz und zwar Syrau von dem Justizrath von Watzdorf, Sohn des Oberhofrichters, dem Kaufmanne Ganzesauge in Zeulenrode käuflich überlassen. Nach dessen Tode ging Kauschwitz auf dessen einzige Tochter, verehelicht mit Herrn Louis von Schäffer, Syrau aber auf die verehlichte Susanne Henriette Alberti über, von welcher es an deren Herrn Sohn kam, der es Ende der 40ger Jahre an Herrn Opitz auf Netzschkau abtrat. Letzterer aber verkaufte es in diesem Jahrzehend an Herrn Rittergutsbesitzer Golle auf Unterneundorf, welcher eine grossartige Bierbrauerei hier errichtet hat.
Syrau, das Gut ist an Areal nicht unbedeutend. Wenn auch der dasige Boden selbst nicht der beste ist, so wird doch guter Roggen und schöne Gerste erbaut, den grössten Ertrag geben aber für das Gut die grossen starken Holzungen, die allerdings jetzt etwas gelichtet sind, aber durch die ausgezeichnete Forstcultur des jetzigen Herrn Besitzers bald wieder dicht und schwarz dastehen werden. Denn der dasige Holzboden dürfte sich nicht allenthalben so ausgezeichnet vorfinden, als gerade hier.
Der Ort war stets belebt durch die hier durchführende Strasse von Plauen nach Pausa und Zeulenroda, nach Mühltroff und Schleitz, eine Frequenz, die sich allerdings in der neueren Zeit durch die Sächs.-Bayr. Eisenbahn, welche bei dem nahen Orte Mehltheuer einen Stationspunkt hat, sehr vermindert hat. Aber dessen ungeachtet ist von Syrau nach Plauen die Strasse immer noch belebt, da dorthin viel Holz von Syrau und denn Forste bei Schneckengrün gefahren wird.
Die Gerichtsherrschaft von Syrau hat das Patronat über dasige Kirche und Schule, welches im Jahre 1613 der damalige Besitzer von Syrau, Georg Friedrich von Watzdorf, von den Herren von Bünau auf Elsterberg, wohin Syrau wegen der Verbindung mit der Dynastie Lobdaburg-Elsterberg gepfarrt war, für 130 fl. verkaufte.
[187] Die Herren von Bünau besassen damals Elsterberg und waren mit den Herren von Watzdorf blutsverwandt.
Zur Kirche in Syrau gehörte bis zum Jahre 1540 auch das benachbarte Reussische Dorf Bernsgrün als Filial, welches aber im gedachten Jahre durch Heinrich IV. Reussen zu Dölau als Filial zu Fröbersgrün kam. Jetzt ist noch das nahe reussische Dorf Frotzschau nach Syrau gepfarrt.
In den frühesten Zeiten bestand neben dasiger Kirche auf einer in der hiesigen Markung vorkommenden, jetzt mit Holz bewachsenen, eine freie Aussicht übers Voigtland und Erzgebirge bietenden Anhöhe, eine Kapelle, welcher schon im 15. Jahrhundert gedacht wird und von der die Volkssage von einem Lindwurm existirt, welcher täglich vom Orte seine Menschenopfer gefordert habe, bis ihn der Liebhaber einer zum Opfer bestimmten Jungfrau erlegt, worauf aus Dankbarkeit über der Behausung jenes Lindwurms eine Kapelle erbaut worden sei. Dort bat man, einer andern wohlbegründeten Sage zufolge, auch eine, ohngefähr 1 Elle hohe Glocke unter dem noch vorkommenden, doch ganz verschütteten Mauerwerke, ausgegraben, welche dann auf hiesigen Kirchthurm über den 3 Kirchenglocken aufgehängt wurde.
Genannte Anhöhe, wo die Kapelle stand, führt jetzt noch den Namen „Liekirche“ aus Liebfrauenkirche zusammengezogen und gehört theilweise zum dasigen Pfarrholze. Die bewachsene Anhöhe wird leicht erkennbar durch die Ueberschrift: „Liebe-Kirchen-Holz“.
Ueber die Kapelle selbst, gewöhnlich Frühmesse genannt, bei welcher ein besonderer Frühmessner, auch Kaplan oder Diakon zu Syrau genannt, angestellt war, übten die Herren von Tettau, als deren Lehen und Stift es bezeichnet wird, nicht die Gebieter von Elsterberg, das Patronatsrecht und gehörten dazu Wohnung, Felder, Wiesen und Waldung.
Noch 1544 war Haubold von Tettau, laut Lehnbriefs vom Churfürst Johann Friedrich, mit der Lehen der Frühmess zu Syraw bestätiget.
Die Einkünfte dieses Kaplans oder Diakon wurden später alle zur Pfarrei geschlagen, wodurch diese Pfarre eine der besten des Voigtlandes wurde.
Die Schicksale des Ortes anlangend, so ist derselbe im 30jährigen Kriege und in den neuern französischen Kriegen oft geplündert und mit Einquartirung und Durchmärschen geplagt gewesen, so dass blos der nicht unbedeutende Wohlstand des Ortes diese Leiden überwinden machen konnte.
Syrau hatte in früherer Zeit auch besondere Jahrmärkte, welche der Sage nach in Folge einer Schlägerei, woher auch eine Gasse auch den Namen „Hadergasse“ erhalten, aufgehoben worden sind.
Wohl mag man deshalb einen Theil des Ortes den Namen „Neumarkt“ gegeben haben.
Syrau war von jeher ein bedeutender Ort, weshalb es auch jetzt noch an 300 Einwohner in 50 bewohnten Gebäuden zählt. Letztere selbst sind jetzt dem Gerichtsamte Plauen zugewiesen.