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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Ottendorf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Ottendorf
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 191–192
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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[191]
Ottendorf
bei Pirna,


nahe bei Berggiesshübel, 1¾ Stunde von Pirna, 1½ Stunde von Liebstadt in sanfter und fruchtbarer Gebirgsgegend, Friedrichswalde gegenüber gelegen, bis zur Para hinab in nordwestlicher Richtung sich erstreckend, ist wohl zu unterscheiden von Ottendorf bei Radeburg und von Ottendorf bei Schandau.

Woher der Name stammt, ist nicht so recht ermittelt! Aller Wahrscheinlichkeit nach, ist derselbe deutschen Ursprungs und einem Ott von Bernstein zuzuschreiben, denn diese Familie soll zuerst Besitzerin von diesem Gute gewesen sein, deren Stammsitz das nahe Bärenstein, Bernstein oder Pernstein war.

Im Jahre 1489 besass Ottendorf Hans von Bärenstein, oder Bernstein, ein Vetter des Valzig von Bernstein, welcher in demselben Jahre vom letzteren das Schloss Bärenstein erbte.

Hans von Bernstein gerieth in missliche Vermögensverhältnisse und musste 1496 sein Gut an Herzog Albrecht nebst mehrern andern Besitzungen verkaufen. Allein sein Sohn Christoph, welcher so glücklich war, den Herzog Heinrich bei dem Ausfalle aus der von den Friesen belagerten Stadt Franken zu retten, bekam durch dieses Fürsten Vermittlung die Güter des Vaters wieder und die Familie von Bernstein besass die Besitzungen noch bis in’s 17. Jahrhundert. Von Ottendorf stammt auch Weinhold von Bernstein, dem der berühmte Räuber des 15. Jahrhunderts Witticho oder Wittich vom sogenannten Wittichs-Schloss nachstrebte. Letztrer wurde aber vom Weinhold von Bernstein gefangen genommen und erschlagen. Der Markgraf von Meissen hatte auf Wittichs Einlieferung einen grossen Preis gesetzt; allein Herr von Bernstein hatte sich sehr genügsam weiter nichts erbeten, als dass er ein Wild, welches er auf seinem Gebiete überall gehetzt habe, auch ausserdem und selbst bis auf die Dresdner Brücke verfolgen dürfe.

Nachdem die Familie von Bernstein mit Damm von Bernstein ausgestorben war, kam das Gut Ottendorf an das Geschlecht derer von Bünau. Vom Jahre 1643–1661 war der Oberküchenmeister Rudolph von Bünau damit beliehen. Im Jahre 1693 besass es ein Oberlieutenant von Bünau und 1696 der Kreissteuereinnehmer von Bünau, und so blieb das Gut noch bis zum 18. Jahrhundert bei dieser Familie, worauf es an die Familie von Lindenau kam.

Im 17. Jahrhundert acquirirte Ottendorf das Geschlecht derer von Carlowitz, welches noch im Besitze davon ist.

Der derzeitige Besitzer ist Herr Otto Rudolph Wilhelm von Carlowitz.

Das dasige neue Herrengebäude hat 9 Fenster in der Fronte und in der Abbildung bemerkt man noch das eigentliche alte Schloss, welches früher mit Wall und Mauer umgeben war.

An die neue Schlosswohnung stösst ein schöner Garten mit herrlichen Anlagen.

Das Areal des Gutes ist nicht unbedeutend. Von den Waldungen [192] desselben liegen 316 Scheffel auf Gottleubaer Flur und andere Stücke auf den frühern Hammergütern Cratza und Fichte, welche mit Ottendorf combinirt sind.

Ausserdem gehört zum Gute eine Mühle, eine grosse Ziegelei und ein Kalkofen.

Ausserdem war noch vor Einführung der neuen Gerichtsorganisation das Dorf Nenntmannsdorf, dessen Felder zu den besten der hiesigen Gegend gerechnet worden, ein schriftsässiger Ort von Ottendorf.

Nenntmannsdorf ist geschichtlich merkwürdig geworden durch das Jahr 1813.

In der Nähe des Gasthofes „der Laurich“ genannt, welcher nahe über den obersten Häusern des Dorfes an der Strasse von Dresden und Pirna nach Liebstadt zu liegt und zu Weesenstein gehört, kam es im gedachten Jahre zu einem bedeutendem Gefechte zwischen Russen und Franzosen, wobei über 100 der letzteren ihren Tod in den dasigen Kalkbrüchen fanden.

Dabei kommen wir auf die in hiesiger Gegend liegenden Kalksteinbrüche zu sprechen, welche den Gärtnern und Häuslern hier reichliche Nahrung gewähren.

Aus diesen Brüchen wird in die ganze Umgegend viel Kalk als Dünger geliefert. Die vielen Kalköfen liefern viel Kalk nach Pirna und an die Elbe zum weitern Verschaffen.

Ueberhaupt kann man nicht anders sagen, als dass sich die Einwohner von Ottendorf und Nenntmannsdorf gut nähren und in Wohlstand befinden. Ackerbau und Viehzucht werden sehr gut und vortheilhaft betrieben. Die Viehzucht vorzüglich wird durch die schöne Gräserei ungemein begünstigt.

Weizen und Roggen gerathen besonders. Der Obstbau ist gut zu nennen und früher wurde sogar Wein erzielt.

Der Besitzer von Ottendorf ist auch Collator über dasige Kirche und Schule, worüber die Inspection der Superintentur Pirna zusteht. In die Kirche zu Ottendorf sind die Dörfer Dohma, Nieder- und Obergersdorf eingepfarrt.

Im 14. Jahrhundert gehörte die hiesige Kirche unter das Meissner Archidiaconat und den Sedes Pirna.

Um Kirche und Schule haben sich vorzüglich durch milde Stiftungen und andere grosse reiche Gaben die Familien von Lindenau und von Carlowitz verdient gemacht und sich ein dankbares Andenken gesichert.

Um noch ein Mal auf das schon erwähnte Kalksteingebirge, oder wie sie auch sonst genannt werden, auf die Maxner Marmorgebirge zurückzukommen, so sind dieselben in hiesiger Gegend namentlich zwischen den Dörfern Gersdorf, Borna, Nenntmannsdorf und besonders Maxen in horizontalen Lagern von verschiedener Stärke aufgesetzt.

Das Gestein ist grauweiss und von gelbgemischter bläulicher Farbe, bald mehr, bald weniger feinkörnig. Der Werth dieses Gesteins wird noch durch seine angenehme weiss und gelbgemischten bläulichen, verschiedentlich eingesprengten Farben erhöhet.

Im Anfange des 18. Jahrhunderts wurde der sogenannte Marmor hiesiger Gegend stark verführt.

Früher waren die Steinbrecher und Tagelöhner; in späterer Zeit ist die ganze Arbeit auf bergmännschen Fusse eingeführt worden.

Die Höhe im Norden von Ottendorf gewährt eine herrliche Aussicht in das schöne Elbthal, die reiche Abwechselungen und interessante Punkte von der Ferne dem Beschauer bietet. Jeder Ort, jeder Platz, den das Auge erspähet, entzücket die Jugend sowohl wie das Alter, welches letztre dabei noch in reichen Erinnerungen schwelgt und deshalb doppelt geniesst.

Ottendorf an sich ist kein bedeutender Ort, da es nur 50 Häuser mit 399 Einwohnern zählt, worunter sich 1 Mühle, eine Schänke und eine Schmiedewerkstelle befinden; aber alle Bewohner sind fleissig und betriebsam und befinden sich in einem gewissen Wohlstand.

Seit der Einführung der neuen Gerichtsorganisation gehört Schloss und Dorf Ottendorf zum Gerichtsamt Pirna, Cratza mit Bärenhau und Fichte mit Höllendorf ist dem Gerichtsamte Gottleube zugetheilt.

M. G.