Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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nahe bei Berggiesshübel, 1¾ Stunde von Pirna, 1½ Stunde von Liebstadt in sanfter und fruchtbarer Gebirgsgegend, Friedrichswalde gegenüber gelegen, bis zur Para hinab in nordwestlicher Richtung sich erstreckend, ist wohl zu unterscheiden von Ottendorf bei Radeburg und von Ottendorf bei Schandau.
Woher der Name stammt, ist nicht so recht ermittelt! Aller Wahrscheinlichkeit nach, ist derselbe deutschen Ursprungs und einem Ott von Bernstein zuzuschreiben, denn diese Familie soll zuerst Besitzerin von diesem Gute gewesen sein, deren Stammsitz das nahe Bärenstein, Bernstein oder Pernstein war.
Im Jahre 1489 besass Ottendorf Hans von Bärenstein, oder Bernstein, ein Vetter des Valzig von Bernstein, welcher in demselben Jahre vom letzteren das Schloss Bärenstein erbte.
Hans von Bernstein gerieth in missliche Vermögensverhältnisse und musste 1496 sein Gut an Herzog Albrecht nebst mehrern andern Besitzungen verkaufen. Allein sein Sohn Christoph, welcher so glücklich war, den Herzog Heinrich bei dem Ausfalle aus der von den Friesen belagerten Stadt Franken zu retten, bekam durch dieses Fürsten Vermittlung die Güter des Vaters wieder und die Familie von Bernstein besass die Besitzungen noch bis in’s 17. Jahrhundert. Von Ottendorf stammt auch Weinhold von Bernstein, dem der berühmte Räuber des 15. Jahrhunderts Witticho oder Wittich vom sogenannten Wittichs-Schloss nachstrebte. Letztrer wurde aber vom Weinhold von Bernstein gefangen genommen und erschlagen. Der Markgraf von Meissen hatte auf Wittichs Einlieferung einen grossen Preis gesetzt; allein Herr von Bernstein hatte sich sehr genügsam weiter nichts erbeten, als dass er ein Wild, welches er auf seinem Gebiete überall gehetzt habe, auch ausserdem und selbst bis auf die Dresdner Brücke verfolgen dürfe.
Nachdem die Familie von Bernstein mit Damm von Bernstein ausgestorben war, kam das Gut Ottendorf an das Geschlecht derer von Bünau. Vom Jahre 1643–1661 war der Oberküchenmeister Rudolph von Bünau damit beliehen. Im Jahre 1693 besass es ein Oberlieutenant von Bünau und 1696 der Kreissteuereinnehmer von Bünau, und so blieb das Gut noch bis zum 18. Jahrhundert bei dieser Familie, worauf es an die Familie von Lindenau kam.
Im 17. Jahrhundert acquirirte Ottendorf das Geschlecht derer von Carlowitz, welches noch im Besitze davon ist.
Der derzeitige Besitzer ist Herr Otto Rudolph Wilhelm von Carlowitz.
Das dasige neue Herrengebäude hat 9 Fenster in der Fronte und in der Abbildung bemerkt man noch das eigentliche alte Schloss, welches früher mit Wall und Mauer umgeben war.
An die neue Schlosswohnung stösst ein schöner Garten mit herrlichen Anlagen.
Das Areal des Gutes ist nicht unbedeutend. Von den Waldungen
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/287&oldid=- (Version vom 17.1.2018)