Zum Inhalt springen

Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Köttewitz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: H.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Köttewitz
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 37–39
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[37]
Köttewitz.


Eine Stunde südwestlich von der Stadt Pirna liegt in einem reizenden Nebengrunde des Müglitzthales das Rittergut Köttewitz mit dem gleichnamigen Dorfe. Letzteres besteht aus sechszehn etwas zerstreuten Häusern mit ungefähr einhundertachtzig Bewohnern, die zum Theil den in hiesiger Gegend sehr lohnenden Obstbau treiben, sich mit Landwirthschaft beschäftigen oder Strohflechtereien liefern. Die Fluren von Köttewitz rainen mit denen von Meusegast, Krebs und Grosssedtlitz.

Köttewitz gehört zu den ältesten Ansiedelungen der slavischen Völkerschaften, welche sich aus Slavonien, Pannonien[WS 1] und Dalmatien durch Böhmen hereindrängten und an den fruchtbaren Ufern der Elbe eine neue Heimath gründeten. Nach wohlverbürgten Nachrichten verschiedener Geschichtschreiber sandte Kaiser Karl der Grosse einen seiner bewährtesten und tapfersten Ritter, Aloysius von Urbach, mit einer Anzahl tüchtiger Kriegsleute nach dem Elbthale, um das weitere Vordringen der Fremdlinge in das deutsche Reich zu verhindern. [38] Der Ritter Urbach gründete die Burg Dohna und löste seine Aufgabe zur völligen Zufriedenheit seines kaiserlichen Herrn, so dass Slaven und Deutsche friedlich neben einander wohnten und den Müglitzfluss als Grenze ihrer Gebiete betrachteten. Die neuentstandene Burg blieb Böhmens wichtigste Vormauer gegen das angrenzende Daleminzien oder späterhin sogenannte Oster- und Meissnerland.

Urkundlich geschieht Dohnas zuerst Erwähnung im Jahre 1040 und 1084 erhielt der bekannte Graf Wieprecht von Groitzsch, welcher wahrscheinlich den Gau Budissin besass, bei seiner Vermählung mit Judith, der Tochter des Herzogs Wratislav von Böhmen, den angrenzenden Gau Nisan, zu welchem auf dem linken Ufer der Elbe Stein (das jetzige Königstein), Pirna und Dohna gehörten. Herzog Otto von Mähren umringte 1107 die Burg Dohna mit einer starken Kriegsmacht, um den Herzog Borciboy von Böhmen, welcher auf der Heimreise vom kaiserlichen Hofe sich auf dieser Burg befand, daselbst gefangen zu nehmen; Borciboy aber entfloh des Nachts aus der bedrohten Veste. Als 1109 Graf Wieprechts Sohn vom Kaiser zu Prag gefangen genommen und zur Haft nach dem Schlosse Hammerstein geschickt worden war, musste der alte Graf von Groitzsch zur Befreiung des Sohnes, Mohrungen, Leissnig und die Gauen Nisan und Budissin an den Kaiser als Lösegeld abtreten, welche Besitzungen der Graf von Mansfeld, jedoch nur theilweise, empfing, denn 1113 sass auf der Burg zu Dohna ein kaiserlicher Hauptmann. Herzogs Wladislaus von Böhmen eifrige Bestrebungen, das Schloss Dohna wieder an Böhmen zu bringen, krönte im Jahre 1121 ein glücklicher Erfolg, aber schon 1212 gehörte die Burg mit ihrem Gebiete wiederum dem Kaiser, der sie zu dieser Zeit an den Markgrafen von Meissen verpfändet hatte. In dem Lehnsbriefe, welchen König Ottokar von Böhmen vom Kaiser Friedrich empfing, wird gesagt: „Wir haben auch genanntem Könige das Schloss Dohna sammt allen seinen Gerechtigkeiten gegeben und confirmiret, doch dafern Wir es von dem Markgrafen von Meissen auslösen werden können.“ Der Markgraf von Meissen bekennt im Jahre 1216, dass er eine Anzahl Städte, Märkte und Dörfer, von der Kirche zu Meissen rührend, mit Namen Donenschloss halb mit allen Zubehörungen, Schloss und Stadt Dresden mit der Heyde u. s. w. zum Lehn empfangen habe.

Die Burggrafen, welche seit 1113 auf dem Schlosse Dohna hausten und bald als markgräfliche, bald als bischöflich Meissnische oder auch als Böhmische Lehnsleute vorkommen, scheinen dem fehdelustigen Geiste des Mittelalters ganz besonders gehuldigt zu haben, da dieser in deren Geschichte überall hervortritt. Im Laufe der Zeit waren die Burggrafen, namentlich durch die anwachsende Bevölkerung der neuentstehenden Dörfer, deren Besitzer ihre Lehnsleute wurden, zu einer bedeutenden Macht gelangt, so dass sie kaum noch vor dem Landesherrn das stolze Haupt beugten. Der Adel sah mit Besorgniss auf die gefährlichen Nachbarn, deren Wille massgebend war, weit und breit umher, aber einzelne Edelleute wagten es dennoch, den gewaltigen Grafen entgegenzutreten. Zu ihren hartnäckigsten Gegnern gehörte namentlich der reiche Ritter Rudolf von Körbitz auf dem nahen Meusegast, welcher in unaufhörlichem Unfrieden oder wohl gar in Fehde mit den Dohnas lebte, und sogar 1397 während eines auf der Burg stattfindenden Kindtaufsfestes des Nachts dieselbe erstürmte und den alten Vater der Brüder Maul und Jeschke von Dohna auf sein Schloss in Gefangenschaft führte. Dadurch entbrannte der Zorn der Burggrafen noch mehr und es entstand überall Mord und Brand, die Strassen wurden unsicher und die Felder blieben unbebaut, so dass der Markgraf von Meissen sich ins Mittel schlagen und sein ganzes Ansehen gebrauchen musste, um die erbitterten Gegner zu beruhigen. Während dieser Fehde waren in Maxen, Heidenau und einigen anderen Dörfern markgräfliche Truppen zum Schutze der Reisenden einquartirt.

Die Burggrafen, als Anhänger des böhmischen Königs Wenzel, hatten sich nie recht mit dem Markgrafen von Meissen, Wilhelm dem Einäugigen, vertragen können, weil dieser mit Friedrich dem Streitbaren bei der Wahl von Wenzels Gegenkaiser, Ruprecht, sehr betheiligt gewesen war; aber auch der Markgraf hasste die unruhigen Nachbarn und wünschte sehnlich eine Gelegenheit herbei, dieselben zu demüthigen. Eine solche bot sich im Jahre 1401, wo bei einem sogenannten Adelstanze auf dem Rathhause zu Dresden, welcher gewöhnlich am Martinstage stattfand, auch Burggraf Jeschke von Dohna sich eingefunden hatte. Aufgeregt von Wein und Lust koste dieser ziemlich vertraut mit der anmuthigen Hausfrau seines Todfeindes Rudolf von Körbitz, welcher, von Eifersucht und altem Hass entflammt, dem Burggrafen im Tanze ein Bein stellte, wofür ihm Jeschke eine tüchtige Maulschelle verabreichte. Eine neue Fehde war die natürliche Folge. Umsonst geboten Markgraf Wilhelm und der König von Böhmen beiden Theilen Friede; Jeschke von Dohna, in Verbindung mit seinem Bruder Maul und seinen Vettern Heide und Johann von Dohna, sandte auch dem Markgrafen einen Fehdebrief und Mord und Raub begannen von Neuem, so dass zur Sicherung der Reisenden und Güter die Heerstrasse aus Böhmen nach Meissen näher nach Pirna verlegt werden musste, wo sie auch geblieben ist. Nach langen blutigen Kämpfen, worin Maul und Heide ihren Tod fanden und nachdem der alte Burggraf Otto von Dohna im Gefängnisse des Ritters Rudolf von Körbitz gestorben war, belagerte der Markgraf endlich die Burg Dohna und setzte ihr dergestalt zu, dass Burggraf Jeschke, ihre Eroberung voraussehend, sie heimlich verliess und nach dem nahen Wesenstein flüchtete. Auch diese Burg musste sich dem Markgrafen ergeben und Jeschke floh nach Königstein und von hier endlich nach Ungarn, wo er in der Folge als Landfriedensbrecher das unruhige Haupt auf dem Schaffot verlor.

So kam die Herrschaft Dohna an die Markgrafen von Meissen. Die Burg wurde von herbeigerufenen Bergleuten gänzlich geschleift und das Städtchen Dohna in das Amt Pirna verwiesen; die sämmtlichen Güter aber, als verwirkte Lehen, erhielten neue Herren. Zwar gaben sich die Burggrafen von Dohna, von denen einige Zweige in der Lausitz und Schlesien begütert waren, alle mögliche Mühe ihr Stammhaus wieder zu erhalten, allein die späteren Markgrafen gaben Dohna nicht wieder her und durch den Prager Vertrag von 1459 kam es definitiv an Sachsen. Im Jahre 1803 kaufte der Burggraf Heinrich Ludwig von Dohna auf Uhyst und Hermsdorf den Berg, auf welchem einst das Schloss seiner Ahnen stand und liess die Grundmauern von Schutt reinigen, wobei man ausser dem völligen Steinpflaster des Hofraums auch einige alte Waffen fand.

Nach Vertreibung der Burggrafen scheint ihr erbittertster Feind, Rudolf von Körbitz auf Meusegast, mit mehreren Dohnaischen Gütern belehnt worden zu sein, wozu auch Köttewitz gehörte. Dieses Rittergut besassen die Herren von Körbitz noch im sechszehnten Jahrhundert, und zwar 1513 Ritter Georg von Körbitz und 1560 Friedrich von Körbitz. Letzterer veräusserte Köttewitz an Jacob von Harstall, von dem es späterhin an die Herren von Bünau, eines der reichsten [39] und ältesten Sächsischen Adelsgeschlechter gelangte, welchen auch das nahe Wesenstein gehörte. Zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts überliess Rudolf von Bünau das Gut Köttewitz Hansen von Tauschwitz, der es noch 1612 besass, da er in diesem Jahre mit einem Ritterpferde zur Musterung kam. Nach ihm gehörte Köttewitz der Familie von Buchner und später der von Löben, die es an den Superintendenten Dr. Schwerdtner in Pirna verkaufte, welcher 1711 mit Tode abging, kurz vorher aber das Gut an den Kammerherrn Rudolf von Bünau auf Meusegast veräusserte, der 1752 starb. Hierauf kam Köttewitz in Besitz der Familie Mehnert und 1837 eines Herrn Carl Gottlob Bartsch, jetzt gehört das Gut Herrn Amtsrath K. H. Kaurisch, Domainenpächter zu Grosssedlitz.

Zu den Eroberungen, welche dem Markgrafen Wilhelm bei der Eroberung Dohnas zufielen, gehörte auch der berühmte Dohnaische Schöppenstuhl (Scabinatus Donensis), der zuerst in Urkunden des vierzehnten Jahrhunderts vorkommt und in fast gleichem Ansehen stand wie der zu Magdeburg, denn selbst das Ausland holte bei demselben zuweilen Urtheile ein. Urkunden vom Jahre 1513 nennen ihn das Dohnaische Mal und Ritterding. Die Hegung des Gerichts geschah unter dem Vorsitze des Burggrafen von achtzehn Schöppen, Edelleuten der Umgegend, und die von ihnen noch vorhandenen Urtheile beginnen immer: „Wir Mannen der Donischen Pflege sprechen vor Recht“. Noch lange nach Zerstörung der Burg liessen die Churfürsten den Schöppenstuhl zu Dohna in allen bedeutenden Sachen nach Sachsenrecht sprechen, und erst 1541 beschränkte man ihn auf Lehnsangelegenheiten und verschickte erbliche Sachen nach Magdeburg. Von 1561 an verlor das Dohnaische Ritterding alle Bedeutung, so dass Churfürst August selbiges dem 1420 zu Leipzig errichteten Schöppenstuhle einverleibte.

Das Dorf Köttewitz ist nebst achtundzwanzig Nachbarorten in die Stadtkirche zu Dohna eingepfarrt. Dieses mit Schiefer gedeckte Gotteshaus hat ein von acht Säulen getragenes schönes Gewölbe, während die angebauten Theile der Kirche auf kleineren Pfeilern ruhen. Die Kirche wurde 1212 von dem Burggrafen Otto von Dohna gegründet und 1250 zu Ehren der Jungfrau Maria eingeweiht. Der Theil der Kirche nach dem Marktplatze zu ist noch ein Ueberbleibsel des ersten Baues, die übrigen Abtheilungen entstanden im fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert. – Ein höchst interessantes Alterthum besitzt die Kirche durch ihren Altar, ein treffliches Werk altdeutscher Bildschnitzerei, welches vermuthlich zu Ende des fünfzehnten Jahrhundert von einem Herrn von Bünau auf Wesenstein dem Gotteshause verehrt wurde. Ein eben so vorzügliches Meisterstück ist der mit äusserst feiner Bildhauerarbeit verzierter, in Form eines Kelches geschnitzte Taufstein. Das Archiv der Kirche verwahrt drei Ablassbriefe aus den Jahren 1357, 1457 und 1500.

Zu den Schicksalen des Dorfes Köttewitz gehört ausser dem Elende, welches die Fehde zwischen den Burggrafen und ihren Nachbarn verursachte auch ein Einfall der Hussiten im Jahre 1429. Noch grösser aber waren die Drangsale in hiesiger Gegend während des dreissigjährigen Krieges. In den Jahren 1621, 1632 und 1633 hauste hier eine furchtbare Pest, die ganze Familien tödtete und die Menschen zur Verzweiflung brachte. Später nahmen die Schweden hier Quartier, plünderten und misshandelten nach Gefallen und machten dann einem anderen Soldatenhaufen Platz, der das begonnene Maltraitement nach Kräften fortsetzte. Auch der letzte Krieg brachte Dohna und den umliegenden Ortschaften manche Schreckensstunde, namentlich im September des Jahres 1813, wo Franzosen und Russen unbeschreibliches Elend über die so gesegnete Gegend verbreiteten. Möge der Frieden unseres Vaterlandes nimmer wieder gestört werden!

H.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Pannnonien