Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Helfenberg
Rechts von der Hauptstrasse, die aus Sachsens Hauptstadt nach Bautzen führt, liegt etwa eine Meile in südöstlicher Richtung von Dresden das Rittergut Helfenberg. Das Herrenhaus erhebt sich inmitten freundlicher Gartenanlagen kaum eine halbe Stunde vom Elbstrome entfernt über dem linken Ufer des Helfenberger Baches, der an der Gönnsdorfer Höhe entspringt, den herrlichen Helfenberger und Boyritzer Grund bildet, und, nachdem er viele Rebengelände bespühlt, unmittelbar hinter Niederboyritz in die Elbe mündet.
Im vierzehnten Jahrhundert gehörte Helfenberg den Herren von Ziegler, welche sich später Ziegler und Klipphausen nannten und vielleicht die alte Burg bewohnten, von der man auf einer Höhe des Felsenberger Grundes noch jetzt einige Spuren bemerkt. Die Burg wurde indessen damals nicht Helfenberg, sondern, wie aus Urkunden hervorgeht, „der Helfenstein“ genannt, und scheint eine nicht unwichtige Veste gewesen zu sein. Die Ritter von Ziegler besassen zu jener Zeit ausser Helfenberg auch Schönfeld und Gönnsdorf; bei einem im Jahre 1400 erfolgten Todesfalle wurden die Güter indessen getrennt, wobei Helfenberg in den Besitz Pauls von Ziegler gelangte, dessen einziger Sohn, Tilemann, den geistlichen Stand erwählte und Domherr ward. Hierdurch wurde Helfenberg ein offenes Lehen, und der damalige Churfürst, Friedrich der Streitbare, säumte nicht, das schöne Gut in Besitz zu nehmen. So blieb Helfenberg bis 1547 ein Krongut; in diesem Jahre aber veräusserte Churfürst Moritz dasselbe, nebst dem damals sogenannten Amte Schönfeld und dreizehn Ortschaften, an den berühmten Kriegsbaumeister, Oberforstmeister und Amtshauptmann, Hans Dehn, genannt der Rothfelser. Die Familie der Dehne stammte aus dem Schlosse Rothenfels, zwischen dem Spessart und Main gelegen, und weil sie bei damaligen Streitigkeiten der Päpste und Kaiser Parthei für Letzteren genommen, stürmte der Bischof von Würzburg das Schloss Rothenfels und trieb die Ritter von Dehn aus ihren Besitzungen. Sie kamen im elften Jahrhundert nach Sachsen und zeichneten sich in Krieg und Frieden als tapfere Kriegsleute und treffliche Rathgeber aus, weshalb Viele ihres Geschlechts die höchste Gnade ihrer Fürsten genossen. Auch des Kriegsbaumeisters Hans Dehn vom Rothfelsers Vater war ein vertrauter Rath des Churfürsten von Sachsen, Friedrichs des Weisen gewesen. – Als der Kriegsbaumeister mit Tode abging, hinterliess er vier Söhne, von denen Adolph Helfenberg erhielt und später durch das Ableben seines Bruders Ernst auch Gönnsdorf[WS 1] erbte. Ernst Abraham Dehn Rothfelser wurde churfürstlicher Stallmeister und war als ein ausgezeichneter Pferdekenner und Reiter berühmt. Dabei war seine Kunstfertigkeit in der Dressur so vorzüglich, dass er zum Erstaunen des Hofes und Adels den churfürstlichen Pferden tanzen lehrte. Er starb 1625 und hinterliess einen einzigen Sohn, Hans Dippold, der in dänische Dienste trat, Reichsjägermeister wurde und im Jahre 1665 auf dem Schlosse zu Helfenberg verschied. Dessen Wittwe blieb lange Zeit im Besitze des Gutes, verkaufte es aber endlich an ihren Schwager, Carl Rudolf Dehn Rothfelser, von dem Helfenberg an seinen Sohn, Carl Heinrich, gelangte. Dieser veräusserte seine väterlichen Güter und wandte sich nach Schlesien, wo die Familie der Dehn Rothfelser noch jetzt beträchtliche Besitzthümer hat. Im Jahre 1806 besass Helfenberg ein gewisser Fischer, von dem es der bekannte Lord Findlater erwarb, dessen berühmte Villa viele Besucher herbeizog. Dieselbe stand am rechten Elbufer unweit der breternen Saloppe, einem durch seine herrliche Lage bekannten Vergnügungsorte, in der Nähe Dresdens. – Jetzt erheben sich auf der Stelle, wo vormals Findlaters reizende Villa thronte, die prachtvollen Paläste des Prinzen von Preussen. – Der jetzige Besitzer ist Herr Christian Gottlob Winkler.
[22] Der schon erwähnte Ernst Abraham von Dehn Rothfelser war indessen nicht nur ein tüchtiger Stallmeister, sondern auch ein vorzüglicher Landwirth. Von ihm rührt das erste Buch über den Weinbau her, welches er unter dem Titel: „Ein schön Weinbawbuch“ im Jahre 1620 herausgab. Sachsens Weinbau wurde früher weit eifriger betrieben als jetzt, und seine Gründung reicht hinab bis in das elfte Jahrhundert. Wenn unsere Zeit den Sächsischen Weinbau weniger begünstigt, so liegt der Grund darin, dass die Seltenheit guter Jahrgänge und die fast allgemeine Zurücksetzung des vaterländischen Bechers den Weinbergbesitzern die Cultur der Reben verleidet. Am meisten blüht der Weinbau noch auf der über zehn Stunden sich hinziehenden Bergkette von Pillnitz bis unterhalb Meissen, wo die Weinbaugesellschaft in letztgenannter Stadt, sowie die Winzerschule zu Zaschendorf, dem Rebenbau nicht wenig genützt haben. Das beste Glas Sächsischen Weines findet man in der Hoflösnitz, den Loschwitzer Bergen und den Spaarbergen bei Meissen.
Helfenberg raint mit Gönnsdorf, Cunnersdorf, Schönfeld, Rockau, Niederboyritz und Pappritz, und zu dem Rittergute gehören die Dörfer Rockau mit einem Vorwerk, Eichbusch, Gründer, Cunnersdorf, Quohren und ein Antheil von der dürren Bühla nebst dem weissen Adler. Das Rittergutsgebiet hat über 800 Bewohner.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Gönnersdorf