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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Audigast

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. Hessler. P.
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Titel: Audigast
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 79–80
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Audigast.


Wenn irgend ein ländlicher Wohnsitz geeignet ist, das Leben auf dem Lande angenehm zu machen, so ist diess gewiss auf dem Rittergute Audigast der Fall, wie sich aus der folgenden Beschreibung desselben deutlich ergeben wird.

Audigast liegt im Amtsbezirke Pegau, unmittelbar an der sogenannten Coburger Chaussee, welche von Leipzig über Zwenkau, Pegau, Zeitz nach Gera führt; 4 Stunden von Leipzig, und ½ Stunde von Pegau entfernt. Ausserdem führt ein gut erhaltener Communicationsweg auf den 2 Stunden entfernten Bahnhof Kieritzsch zur Sächs. Baiers. Staatseisenbahn und eine förmliche Strasse über Groitzsch und Lucca nach Altenburg, so dass nach allen Seiten hin eine bequeme Verbindung stattfindet, wozu noch die tägliche Postverbindung mit Leipzig beiträgt.

[80] Das herrschaftliche Wohnhaus ist eines der bessern und jedenfalls das wohnlichste in der ganzen Umgegend. Es ist 1753 mit einem Aufwande von 25000 Thlrn. massiv und 3 Etagen hoch erbaut und enthält – ausser einer geräumigen Hausflur – 2 Säle, 12 Zimmer nebst Kammern, einen gewölbten Keller und schöne Küche. Die Wirthschaftsgebäude liegen mit Ausschluss einer erst in den zwanziger Jahren massiv erbauten grossen Scheune, unmittelbar an dem Wohnhause und sämmtliche Gebäude, sowie der daranstossende Obst- und Gemüsegarten, sind durch einen 1776 angelegten Damm und Wallgraben vor jeder Ueberschwemmung geschützt. Der Damm ist mit Obstbäumen bepflanzt und der Wallgraben wird zur Fischzucht vortheilhaft benutzt, zumal da auch das Rittergut das Recht hat, alle acht Tage denselben aus dem unmittelbar daneben fliessenden Schnauderbache mit frischem Wasser zu speisen.

Die Beschaffenheit der Felder und Wiesen ist vortrefflich. Die Ersteren haben durch die erst seit Kurzem bewirkte Zusammenlegung ungemein gewonnen, bestehen in drei grossen Plänen von vorzüglicher Ertragsfähigkeit (grösstentheils von gleicher Bodenklasse No. 1–3) und sind durch besondere günstige Unterlage in trocknen und nassen Jahren sicher und fruchtbar; die Letzteren gehören zu den besten im ganzen Lande, denn sie liegen in der fruchtbaren Elsteraue und sind durchaus zweischürig. Auch haben die Wiesen, durch einen erst vor sechs Jahren ausgeführten Durchstich, um den Lauf der Elster und Schnauder zu reguliren, viel gewonnen und das alte Elsterflussbette wird zum Anbau von Korbmacherweiden, sowie zur Fischerei vortheilhaft benutzt. Ausserdem gehört zum Complex des Gutes eine lebhaft betriebene Ziegelei mit grossen Trockenscheunen und neuem Brennofen.

Der jedesmalige Besitzer hat das Patronatrecht über Pfarre und Schule und als solcher eine Capelle im hiesigen Gotteshause.

Ueber die frühere Geschichte dieses Gutes und namentlich über die Reihenfolge seiner Besitzer herrscht eine bedauerliche Dunkelheit und Verwirrung, weil Audigast ursprünglich aus zwei Rittergütern, dem Oberhof (das v. Dieskausche Gut) und dem Niederhof bestand. Die Gebäude des Ersteren haben bis in die neuesten Zeiten gestanden und sind erst im Jahre 1850 von den Erben des 1847 verstorbenen Friedrich Adolf de Moisy abgetragen worden, so dass davon nur das Kellergewölbe übrig geblieben, der Platz aber in Gartenland verwandelt ist. Unter welchem Besitzer beide Theile vereinigt worden sind, habe ich nicht ermitteln können. Zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts muss das Gut, oder der eine Theil desselben, in den Händen einer Familie Puster gewesen sein, denn es befindet sich in den beglaubigten Pfarrmatrikeln von 1574 bei der Beschreibung der Pfarrgebäude die Nachricht, „Eyn grossen kesskorb hat der Junker Adam Puster in die Pfarre geschenkt.“ – und in spätern ebenfalls beglaubigten Matrikeln von 1617 wird gesagt, dass 1598 die Jungkern Adam poster und Abraham von peus den Pfarrer zu Atzdorf Christianus Meusell zum Pfarramte nach Audigast berufen haben. Von diesem Puster muss das Gut in die Hände der Herren von Peres übergegangen sein, denn es befindet sich in der hiesigen Kirche ein Leichenstein, aus dessen Inschrift hervorgeht, dass Johann von Peres 1644 hier begraben ist. – Von dieser Familie ist das Gut durch Hans Georg von Weissbach von Hans Abraham und Friedrich von Peres erkauft worden, worüber das Original des Lehnsbriefs d. d. d. 5. Nov. 1660 auf Pergament geschrieben in meinen Händen ist. Die Herren von Weissbach scheinen das Gut längere Zeit besessen zu haben, denn es lassen sich mit Gewissheit nur noch folgende Besitzer nachweisen. 1730 Rudolf von Ponikau, 1774 Hofrath Martini, 1780 Friedrich August von Rex, 1787 Gauch, 1791 Hofrath Friedrich August Wenk. – Von diesem kam das Gut 1792 in Besitz des Hauptmanns Hiazynt de Moisy und nach dessen Tode 1811 erbte dasselbe Friedrich Adolf de Moisy von dessen Erben es 1852 des Postmeister a. D. Herr Härtel erkaufte.

Von den Besitzern haben sich der Hofrath Dr. Johann Gotthelf Martini zu Dresden und Dr. Friedrich August Wilhelm Wenk, Hofrath zu Leipzig, um die Kirche und die Armen des hiesigen Ortes verdient gemacht, denn der Erstere hat ein Legat von 200 Thlrn. und später von 1000 Thlrn. und der Letztere eine milde Stiftung von 200 Thlrn. zu wohlthätigen Zwecken gemacht, so dass die Namen dieser edlen Wohlthäter noch jetzt mit Dankbarkeit genannt werden.

Die hiesige Kirche soll im Jahre 1685 oder 1686 abgebrannt und abgetragen worden sein. An ihr haben als Pfarrer gewirkt von 1598 der schon genannte Christianus Meusell, später Johann Schwefler, starb den 12 Januar 1660. – Paulus Schwenkell starb 1677. Ihm folgte Johannes Anöchenus 1678–1704. M. David Andreas Fritzsche starb 1754. M. Johann Gottfried Puffendorf, dessen Bild in hiesiger Kirche aufbewahrt wird, starb 1771. Ihm folgte Friedrich August Beck von 1771 bis 1777. 1778 Johann Christian Stoff. 1785 M. Johann Friedrich Beatus Höpfner. 1808 M. Carl Christian Friedrich Seigel; seit 1816 der dermalige Pfarrer M. Johann Carl Hessler. Das Pfarrhaus soll, nebst in demselben aufbewahrten Kirchenbüchern den 2. Mai 1633 abgebrannt sein. Ueberhaupt hat das Dorf in allen Kriegen und namentlich 1813 ungemein gelitten. Es wurde im Mai wie im October dieses Jahres rein ausgeplündert.

M. Hessler. P.