Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye
In sieben Romanzen.
I.
Vorüber zieht manch edler Aar.
Herr Peter ein theurer Ritter war,
Er war so keusch, er war so rein,
Wie seines Antlitzs edler Schein,
Zu Schimpf, zu Ernst, zu Lust, zu Streit.
In junger Kraft, in fremdem Land,
Sein Mannheit machte ihn bekannt,
Als er nach Hause kehrt zurück,
Langsam zur Burg hinauf thut reiten,
Was sieht sein Knecht zu einer Seiten?
Er sieht ein schönes Weib da sitzen,
Von Gold und Silber herrlich blitzen,
Wie eine Sonne reich und rein,
Der Knecht winkt seinen Herrn zu sich:
„Gern diente dieser Frauen ich!“
Der Ritter grüßt in großer Zucht,
„Ihr seyd es Ritter, edler Herr!
Das Wunder das mich treibet her,
In allen Landen, wo Ihr wart,
Hab’ ich euch glücklich stets bewahrt.“ –
Ich lieb euch wie es aus mir blickt.
Ich sah euch oft im tiefsten Traum,
Jetzt glaub ich meinen Sinnen kaum,
Wollt Gott, ihr wärt mein ehlich Weib,
„Nun so wohl hin!“ sprach da die Zart:
„Auf diese Red hab ich gewart,
Ich zog dich auf mit Liebeskraft,
Die alles wirkt, die alles schafft,
Doch must du auch der Meine seyn!
Nie darfst du nehmen ein ander Weib,
Dir eigen ist mein schöner Leib
In jeder Nacht, wo du begehrst,
Ein ewig endeloses Leben,
Will ich durch meine Kraft dir geben.
Unangefocht wirst du nicht bleiben,
Man wird dich treiben, dich zu weiben.
So bist du todt in dreyen Tagen;
Sieh weg von mir und denke nach,
Was dir dein eignes Herze sagt!“ –
„Nun, herzigs Weib, ist dem also,
Was soll ich für ein Zeichen haben,
Daß Ihr von mir wollt nimmer lassen?“ –
„So trag von mir den goldnen Ring,
Vor Unglück schützet dich der Ring.“
Nach Nußbach er zur Messe kam,
Da ging er mit den Kreuzen auch,
Und nahte sich dem Weiherauch,
Sein Leib und Seel er Gott befahl,
II.
Als er auf Stauffenberg nun kam,
Schnell ab sprang da der edle Mann,
Ein jeder wollt ihn sehen, hören,
Ein jeder wollt ihn höher ehren.
Von Fraun und Mädchen groß Kurzweil.
Zu Bette trachtet nur der Herr,
Nach seiner Frau verlangt er sehr,
Viel herrlich Rauchwerk ward gemacht,
Den Dienern bald erlauben thät,
Daß sie sich legten all zu Bett.
Er zog sich ab, setzt sich aufs Bett,
Und zu sich selber also redt:
Die heut ich fand auf hohem Stein!“
Als er die Worte kaum noch sprach,
Die Schöne er mit Augen sah.
Viel froher Minne sie begehn,
Wenn einer thät dem nachgedenken,
So möchte ihn wohl die Sehnsucht kränken.
Als er erwachte, glaubt ers kaum,
Er fand den Ring, sonst wars ein Traum.
III.
Daß unser Geschlecht im Abgang ist,
So nehmt ein Weib, berühmt und reich,
Ihr seyd schon jedem Fürsten gleich,
Wir bringen euch viel Fräulein schön,
Herr Peter war erschrocken sehr,
Sein Bruder schweigt, da sprach der Herr:
„Ich dank euch edle Brüder mein,
Doch kann es also noch nicht seyn,
Nach Ruhm und Ehre steht mein Sinn.“
Die Meerfey gab ihm diesen Rath,
Sie hat es ihm voraus gesagt,
Sie giebt ihm Gold und edlen Schmuck,
Sie küsset ihn und warnet ihn,
Daß er sich nicht gab Weibern hin.
IV.
Der Zierlichste meinte ein jeder zu seyn.
Der Stauffenberger zog auch ein,
Der so zierlich einher ritt,
Der König nahm sein eben wahr,
Dazu die Frauen ernsthaft gar.
Trommeten fingen an zu blasen,
Da lustig ward so Roß als Mann,
Wie das Turnier gefangen an,
Herr Peter alle darnieder rennt,
Er macht dem Rennen bald ein End.
Von neuem ging Trommetenschrey,
Als sie zu Hof gegessen hatten,
Den fürstlichen Tanz sie allda thaten,
Des Königs Base schön geziert,
Von Gold und Perlen diesen Kranz,
Dem Ritter setzt sie auf zum Tanz,
Thät auf das gelbe Haar ihm setzen,
Thät freundlich ihm den Finger pfetzen,
Durch manchen Blick schön anzusehn.
V.
Der König lag in seinem Bett,
Des Nachts seltsam Gedanken hätt,
Und seine Gedanken gingen ein
Und immer schwerer kamen wieder,
Wie Bienen ziehn vom Schwärmen nieder.
Am Morgen schickt er seinen Zwerg,
Zu Peter Herrn von Stauffenberg:
Die Fürstin, jung und reich und zart,
Die will ich geben Euch zum Weib,
Mit ihrem Kärntnerland und Leut.“
Kein Wort kam aus des Ritters Mund,
„Mein Red halt mir für keinen Spott,
Und nimm hiemit zu Zeugen Gott,
Daß es mein ew’ger Ernst fürwahr,
Daß Euer die Fürstin ganz und gar.“
Der hohe Lohn könnt’ ihn nicht freuen,
Wie er der Meerfey schon verlobt;
Der Untreu sey der Tod gelobt,
Sonst sey er frei von Noth und Leid,
„Weh Eurer Seele an dem Ort!
Sie ist verloren hier und dort,
Seht Gottes Auge nimmermehr,
Wenn Ihr Euch nicht von ihr abkehrt;
Nie werden euch die Kinder laben.
Dem Teufel seyd ihr zugesellt,
Ihr armer Mann! Ihr theurer Held!“
So sprach der Bischof und der König,
„Es geht mir tief zu meinem Herzen,
Und Gottes Gnad will nicht verscherzen.“
Herr Peter ward verlobt sogleich,
An Gold und edlen Steinen reich,
Wie strahlt er ihm mit Freudenschein!
Nach Stauffenberg sie ziehen fort,
Zu feiern ihre Hochzeit dort!
Ihr düstren Wälder auf dem Wege,
Viel froher Schaaren ziehen ja,
Mit hellem Klange fern und nah,
Mit bunten Bändern, Scherz und Streit,
Ist alles Lust, ist alles Freud.
VI.
Zur schönen Frau sein Herze dacht,
Alsbald an seinem Arme lag,
Die sein mit steten Treuen pflag,
Sie weinte, sprach: „Nun wehe dir!
Daß du ein Weib nimmst zu der Eh,
Am dritten Tag lebst du nicht mehr,
Ich sag dir was geschehen muß:
Ich lasse sehen meinen Fuß,
Und sollen sich verwundern dran.
So nun dein Aug den auch ersieht,
So sollst du länger säumen nicht,
Denn es sich immer anders wendt,
Du weist, daß ich dir Glauben halte,
Auf ewig sind wir nun zerspalten.“
Mit nassem Aug sie zu ihm sprach:
„Herr denket fleißig nach der Sach,
Daß ich nicht mehr kann bei Euch seyn,
Daß mich nun nimmer sieht ein Mann,
Ich fall in ew’ger Liebe Bann.“
Dem Ritter liefen die Augen über:
So seys geklagt dem höchsten Gott,
Der ende balde meine Noch,
Ach daß ich je zu Ruhm gekommen,
Daß mich ein fürstlich Weib genommen!“
Sie weinten beide zu der Stund,
Umfingen einander noch mit Lieb,
Sie drückten zusammen beide Brüst:
„Ach sterben das ist jetzt Euer Gewinn,
VII.
Kein Hochzeit je mit solcher Pracht,
Gehalten ward bis tief in die Nacht,
Viel Lieder und viel Saitenspiel,
Man hörte in dem Schlosse viel,
Man war da fröhlich ohne Maaß.
Sie saßen da im großen Saal,
Alsbald da sah man überall,
Die Männer sahens und die Frauen,
Wie etwas durch die Bühne stieß,
Ein Menschen-Fuß sich sehen ließ.
Blos zeigt er sich bis an das Knie,
Kein schönern Fuß sie sahen nie,
So schön und weiß wie Elfenbein,
Der Ritter still saß bei der Braut,
Die schrie bald auf und schrie gar laut.
Der Ritter, als er den Fuß ersah,
„O weh, o weh, mir armem Mann!“
Und wurde bleich von Stunde an.
Man bracht ihm sein kristallnes Glas,
Er sah es an und wurde blaß.
Ein Kind, das schlief beim lauten Mahle,
Es schlief vom Weine überdeckt,
Ein Füßchen hat es vorgestreckt,
Doch wie der Wein getrunken aus,
Der Ritter sprach: „Der großen Noth!
In dreien Tagen da bin ich todt.“
Der Fuß, der war verschwunden da,
Ein jeder trat der Bühne nah,
Kein Loch sah man da in der Bühn.
All Freud und Kurzweil war zerstört,
Kein Instrument wurd mehr gehört,
Aus war das Tanzen und das Singen,
Das alles still darnieder leit,
Die Gäste fliehn in die Felder weit.
Die Braut nur bleibt bei ihrem Mann,
Der Ritter sieht sie traurig an:
Du bleibst bei mir, hast mir vertraut.“ –
„Durch mich verliert Ihr euer Leben,
In geistlichem Stand will ich nun leben.“
Das heilge Oel empfing er dann,
„Mein Herr und Gott in deine Händ,
Ich meine arme Seele send,
Mein Seel thu ich befehlen dir,
Ein sanftes Ende giebst du mir.“
Von seiner Frau aus Liebespflicht,
Dabei sie baut die Zelle klein,
Und betet da für ihn so rein;
Oft betend kam auch die Meerfey hin,
Staufenberg, ein noch wohl erhaltenes, von Otto von Staufenberg, Bischof von Straßburg, erbautes und neuester Zeit von S. K. H. dem Großberzog geschmackvoll hergestelltes Schloß, liegt auf einem Hügel bei Durbach, 2 Stunden nordöstlich von Offenburg.
Die Sage nach dem Volksmunde, aus welcher Fouqué das Original zu seiner „Undine“ gezogen haben soll, ist auch von Aloys Schreiber bearbeitet worden. Sie steht in dessen „Sagen aus der Umgegend von Baden“ und, in gebundener Darstellung, im Jahrgang 1819 der Cornelia.
Siehe ferner: „Der Ritter von Staufenberg,“ ein altteutsches Gedicht von Egenolt. Mit kritischen Bemerkungen herausgegeben von Engelhard. Straßburg 1823.