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Raubritter

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Raubritter
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 288
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[281]

Raubritter.
Nach dem Gemälde von W. Dietz auf Holz gezeichnet von V. Weißhaupt.

[288] Raubritter. (Zu dem Bilde auf Seite 281.) Eine Scene, welche, wie traurig im Grunde, doch des Humors nicht entbehrt. da hält der hergekommene Sprößling eines alten Adelsgeschlechtes, eine wahre Don Quixote-Gestalt auf einem Rößlein, dessen Alter zu würdigen man nicht erst nach den Zähnen zu suchen braucht. Dabei die Mähre des würdigen Knappen, welcher Biedermann soeben den Tragkorb eines heulenden Bauerweibes auf Beute untersucht. Werthvolles ist dabei freilich nicht zu holen, aber auf dem elenden Eulenneste, welches die beiden Strauchdiebe beherbergt und sich „Burg“ so und so – wahrscheinlich ein sehr pompöser Name – benennt, ist Schmalhans Küchenmeister, und was irgend für den Hunger hilft, wird mitgenommen. Ein Schinken und ein paar Flaschen Bier, welche die ersten Griffe lohnen, sind nicht zu verachten; leider ist der Eierkorb dem Entsetzen der Alten zum Opfer gefallen. er entsank den zitternden Händen, und der Eierkuchen, welchen man etwa von dem geretteten Inhalte auf Burg so und so backen wird, dürfte so mager aussehen wie der Burgherr selber. Das struppige Unterholz der Waldparcelle, auf der die ganze Tragikomödie spielt, vervollständigt den Eindruck des Verfalls und der Verkommenheit. Eine beißendere Satire auf das gesunkene Ritterthum, als diese Scene, ist kaum zu denken. Und doch ist sie keine Caricatur, sondern ein Stück Wirklichkeit aus dem Mittelalter, in welchem Meister Wilhelm Dietz, der sie gemalt, wie kaum ein College von ihm zu Hause ist. Eine Anzahl kleiner Burgherren und Adeliger, die Verschwendung ihrer Vorfahren mit kläglichster Armuth büßend und doch außer Stande, sich ehrlich aus der Noth zu helfen, weil sie nichts gelernt hatten, fiel dem Stegreif anheim und verband mit dieser erbaulichen Schmarotzerthätigkeit den glühendsten Haß gegen das behäbig aufblühende Bürgerthum.

Manche Ritter trieben den Rand in großem Stil und per Compagnie, andere so kläglich dürftig, wie unser Ritter von der traurigen Gestalt, vielleicht selbst obdachlos „hin und wider trabend“, Straßenräuber in unverfälschtester Form, welche den heiligen Georg als „Rottmeister“ ihres Reiterordens um gut Wetter anflehten und um Errettung vor allem strengen Recht, wenn sie „im Feld umjagen, das Gütlein zusammen tragen.

„Kaufleut sind edel worden,
Das spürt man täglich wol;
So kummt der Reitersorden
Und macht sie reisig vol:
Man soll sie außer klauben
Aus ihren mardren Schauben
Mit Brennen und mit Rauben
Die selbig Kaufleut gut,
Das schafft ihr Uebermuth -“

singt ein aus diesem Kreise überliefertes Lied. Wie schwer es hielt, dem wuchernden Unfug zu steuern, wieviel Burgen gebrochen, wieviel Köpfe dem Henker überliefert werden mußten, ehe ein heilsamer Schrecken in diese Gesellschaft fuhr. lehrt die Geschichte.

Der treffliche Künstler, welcher uns hier ein wenig erbauliches Stück Mittelalter in so drastischem Beispiele vorführt, gehört jetzt zu den gesuchtesten Meistern der Piloty'schen Schule und wirkt als Professor an der Akademie zu München. Er ist ein geborener (1839) Baireuther und erregte zuerst mit Illustrationen zu Schiller's „Geschichte des dreißigjährigen Krieges“ Aufsehen. Der Werth seiner Bilder liegt, abgesehen von der Feinheit der Charakteristik, der großen Lebendigkeit in der Composition und der naturwahren, sicheren Farbengebung , also den Vorzügen des tüchtigen Kunstwerks, in dem culturgeschichtlichen Gehalt derselben; nach Idee wie Detailausführung beruhen sie auf solidem Studium der Vergangenheit. So urechte Arbeiten wie unser Stegreifritter, sind eben nicht – aus dem Stegreif zu malen.