Radfahrerin
[276] Radfahrerin. (Zu unserer Kunstbeilage.) Das Fahrrad hat sich die Welt erobert. Man radelt in allen Weltteilen; und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika allein wurde im Jahre 1896 gegen eine Million Fahrräder fabriziert. Niemand kann heute bestreiten, daß das Radfahren, wenn es nicht übertrieben wird, eine gesunde, Leib und Seele erfrischende Uebung ist. Diesen Standpunkt hat in der „Gartenlaube“ bereits im Jahre 1889 kein geringerer als der berühmte verstorbene Münchener Professor J. Nußbaum vertreten. Und wie nützlich es im Verkehr sich erweist, davon zeugen die zahllosen radelnden Geschäftsleute, die Fahrraddienstmänner und die Fahrraddroschken. Lange Zeit hielt sich die Frauenwelt dem Radfahren fern, aber nun hat das Fahrrad auch in dieser Hinsicht sich Bahn gebrochen. In Deutschland wird die Zahl der Radfahrerinnen täglich größer. Die Radfahrerin bildet in vielen unserer Städte keine Seltenheit mehr, sondern ist vielfach zu einer typischen Erscheinung geworden. – Eine gar schmucke Radfahrerin führt uns unser Holzschnitt nach einem Bilde von Professor Franz Simm vor. Das Originalgemälde wurde im vorigen Jahre im Glaspalast zu München ausgestellt, wo es großen Beifall fand. Es hat auch einer Freundin des Radfahrens, Nina Güthner, Anregung zu einem kleinen Gedicht gegeben, das den Radfahrerinnen aus der Seele gesprochen sein dürfte, weshalb wir es hier folgen lassen:
Grüß Gott! Du holde Radlerin,
Mit deinem lust’gen Rädchen,
So lang’ ich schon auf Erden bin
Sah ich kein nett’res Mädchen.
Und gute Menschen segnen
Dich sicher, wenn sie im Gefild
Dir, wie dem Lenz, begegnen.
Ließ dich das Rad so schön und stark
Könnt’ es dir Kraft bis in das Mark
Und Rosenblut verleihen?
So fliege wie ein Vögelein
Durch Wald und Feld und Auen
Die prächtigste der Frauen!