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RE:a Cubiculo, Cubicularius

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Kammerdiener Kämmerer
Band IV,2 (1901) S. 17341737
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a Cubiculo, Cubicularius. Unter der zahlreichen und reich gegliederten Dienerschaft eines römischen Grossen aus den letzten Zeiten der Republik spielten die cubicularii – Kammerdiener oder Kämmerer – eine nicht unwichtige Rolle. Die ganze Zeit, die der Hausherr in seinen Schlaf- oder Arbeitsgemächern verbrachte, bedienten ihn die C. Sie begleiteten ihn auch auf den Reisen (Suet. Caes. 4) und gingen mit ihm in die Provinz, wo sie, da sie den Besuchern Zutritt zu ihrem Herrn entweder gestatten oder abweisen konnten, zuweilen zu sehr einflussreichen Personen wurden (Cic. Verr. III 8; ad Att. VI 2, 5; vgl. CIL X 7127).

Dieselbe Stellung nahmen die C. auch bei dem kaiserlichen Hofe ein. Aus ihrer Mitte schied sich früh ein Vorsteher, der den Titel a cubiculo bekam (griechisch ἐπὶ κοιτῶνος, s. u. nr. 6, vgl. Sterret An epigr. journey in Asia minor 78: ἐπὶ κοίτης);. Bull. hell. IV 218 und Acta apost. 12, 20; bei Dio heisst er πρόκοιτος [die Stellen bei Marquardt Privatl. 144, 5]; eine Umschreibung giebt Philo leg. ad C. 27, 571 M.). Dass a cubiculo keineswegs mit cubicularius identisch ist, zeigen am besten die Inschriften (bei den Scriptores Hist. Aug. wird cubicularius von a c. nicht unterschieden, dagegen s. Philo leg. ad C. 27: τὴν τοῦ κατακοιμιστοῦ καὶ κατ’ οἰκίαν ἀρχισωματοφύλακος τεταγμένος τάξιν, ὅση μηδενὶ τροσῆν ἄλλῳ. Erstens sind alle uns bekannten a c. Freigelassene, die cubicularii aber in der ersten Kaiserzeit fast ausschliesslich Sclaven (im 1. Jhdt. n. Chr. kennen wir 20 Sclaven, CIL VI 3957. 3959. 3960. 4231. 4234f. 4331. 4438. 4687. 8532. 8693. 8764. 8780f. 8785f. 8788. 8790-8792, dagegen nur fünf Freigelassene. CIL VI 5194. 5747. 6191. 8782f.;. aus dem 2. Jhdt. n. Chr. haben wir aber fast nur Freigelassene. CIL VI 8518. 8770–8772. 8774f. 8777f. 8787. 8794. X 526. XIV 5031; auf griechisch heissen die cubicularii κοιτωνῖται, IGI 1664. Arrian. dissert. Epict. IV 7); zweitens alle aus Schriftstellern und Inschriften uns bekannten Oberkämmerer führen in den Inschriften den Titel a c. (Parthenius CIL VI 8761; Oleander Bull. rom. 1887, 323); endlich in der Inschrift, in der ein Teil des Hausgesindes eines reichen kaiserlichen Sclaven aufgezählt wird, sehen [1735] einen a. c. und ihm untergeordnet einen cubicularius (CIL VI 5197). Es ist möglich, dass dieser Unterschied zwischen a. c. und c. schon in der Republik sich entwickelt hat, aber zu voller Geltung kam er erst in der Kaiserzeit. Eine dem a. c.ganz entsprechende Einrichtung finden wir schon im Osten. Aus einer Inschrift (Bull. hell. IV 218) kennen wir einen ἐπὶ κοινῶνος der Königin Kleopatra, der Frau des Antiochos Sidetes und Mutter des Antiochos Philopator, vgl. auch den Βλάστος ὀ ἐπὶ κοιτῶνος des jüdischen Königs Herodes, Acta apost. 12, 20. Daher finden wir es nicht überflüssig, die bekannten a. c. der römischen Kaiser in chronologischer Reihenfolge hier zusammenzustellen.

Unter Caligula: 1) Helico, Philo leg. ad C. 27 p. 571 M., vgl. Friedländer Sittengeschichte I6 115.
Nero: 2) Ti. Claudius Aug. l. Quir. Alcibiades q(ui) f(uit) praegustator et a cubiculo Neronis, CIL X 6324; vielleicht auch 3) Ti. Claudius Anicetus [Nerioni]s lib.... a cubiculo, CIL VI 8758.
Domitianus: 4) Parthenius, die Stellen, die sich auf ihn beziehen bei Friedländer a. a. O. 116 und Prosopogr. imp. Rom. III 13; der andere bei den Schriftstellern genannte einflussreiche c. des Kaisers hiess Sigerus (oder Sigerius); wenn die von Friedländer vorgeschlagene und von Dessau angenommene Identificierung desselben mit dem Saturius bei Suet. Domit. 17 richtig ist, so hatte er die Stellung eines decurio cubiculariorum, Friedländer a. a. O. Prosopogr. III 242.
Traianus: 5) M. Ulpius Phaedimus Aug. lib. a cubiculo, CIL X 6773. VI 8762, vgl. 1884, wo vielleicht ein gleichnamiger Verwandter des Oberkämmerers genannt wird.
Hadrianus: 6) Πο. Αἲλιος Ἀλκιβιάδης ἐπὶ κοινῶνος Σε[β(αστοῦ)], CIG 2947f. Le Bas-Waddington 1652f. Bull. hell. VII 269, vgl. Friedländer 114, Prosopogr. I 12. Vielleicht noch unter demselben Kaiser: 7) Aelius Cladeus a memoria et cubiculo Aug., CIL VI 8618.
M. Aurelius: 8) Epitynchanus M. Aureli Caes. lib. et a cubiculo, CIL VI 166.
L. Verus: 9) L. Aurelius L. Caesaris l. Nicomedes qui et] Ceionius et Aelius vocitatus est L. Caesaris fuit a cubiculo et divi Veri nutr[itor, CIL VI 1598, vgl. Hist. Aug. Verus 2. Friedländer 197f. Prosopogr. I 211.
Commodus: 10) Aelius Saoterus, die Stellen bei Friedländer 117. Prosopogr. I 21. 11) M. Aurelius Cleander a cubiculo Aug. ■??■., Bull. com. 1887, 323; die Erwähnungen bei den Schriftstellern bei Friedländer a. a. O. Prosopogr. I 411.
Commodus und Pertinax: 12) Eclectus, Friedländer a. a. O. Prosopogr. II 32.
Septimius Severus: 13) Castor, vielleicht auch a memoria, a. a. O. Friedländer 117. Prosopogr. I 318, vgl. oben nr. 7.
Caracalla: 14) Festus (auch a memoria, vgl. nr. 7. 13. Prosopogr. II 59 Nr. 113. 114), 15) M. Aurelius Augg. lib. Prosenes a cubiculo Aug., CIL VI 8498. Friedländer 196. [1736]
Macrinus: 16) Adventus, Dio LXXVIII 14.
Elagabalus: 17) M. Aurelius Zoticus, Friedländer 97. 100, 3. 117. Prosopogr. I 218; vgl. CIL VI 1077.

Wohl noch der Regierung des Tiberius gehört der Carnius Ti. Caesaris Aug. l. a cubiculo, CIL VI 4812 an; vgl. noch CIL VI 8759. 8763–8765. X 6573. CIG 3804. IGI 2143. Mitglieder der kaiserlichen Familie hatten zuweilen auch Oberkämmerer, so Domitia, CIL VI 8570. 8978. Der Freigelassene der Acte CIL VI 8760 bekleidete bei ihr dasselbe Amt.

Auch Private ahmten diese kaiserliche Sitte nach. So hielt einen a. c. einer der Volusier, CIL VI 7570; in der Provinz Asien begegnen wir einem ἐ]πὶ κοίτης eines Procurators oder Proconsuls M. Calpurnius Longus, Sterret An epigr. journey 78. Ramsay Cities and bishopr. 314; den a. c. des dispensator ad fiscum Gallicum, CIL VI 5197, haben wir schon erwähnt. Doch sind a. c. bei Privatpersonen eine seltene Erscheinung, was sich natürlich aus dem bekannten Unwillen des Kaisers erklärt, wenn Privatleute den Hofgesindestellungen analoge Einrichtungen bei sich trafen (Tac. ann. XV 35. XVI 8). Doch geschah es auch in Bezug auf wichtigere Hofämter (s. die Inschrift Rev. arch. 1895, II 143). Unter den ersten Kaisern hatten die a. c. nur einen geringen Einfluss, aber auch in dieser Zeit begegnen wir einem Helico oder Parthenius. die über den Kaiser vollständig herrschten. Viel wichtiger wurde diese Stelle im 2. und 3. Jhdt.; die ganze Regierung des Commodus wird durch den Einfluss seiner a. c. bedingt, und Pertinax gelangt mit Hülfe eines solchen zum Throne. Charakteristisch ist es, dass noch unter Nero das Amt zusammen mit dem Amte eines praegustator bekleidet wird, im 2. Jhdt. aber wird die Vereinigung mit dem wichtigen Amte a memoria üblich. Doch entwickelt sich die Stellung nicht zu einem wirklichen Amte; die a. c. bleiben immer Freigelassene (mehr bei Friedländer 114ff.).

Eine anschauliche Schilderung der Thätigkeit eines a. c. giebt uns die Erzählung des Philo leg. ad C. 27. Wir sehen den a. c. auf Schritt und Tritt den Kaiser begleiten (οὐ νύκτωρ, οὐ μεθ’ ἡμέραν ἀφιστάμενος, ἀλλὰ πανταχοῦ συμπαρών), im Bade, bei den gymnastischen Übungen, bei den Mahlzeiten, vor dem Schlafe war der a. c. immer bei dem Kaiser (συνεσφαίριζε γὰρ καὶ συνεγυμνάζετο καὶ συνηρίστα καὶ μέλλοντι κοιμᾶσθαι παρῆν Γαίῳ). Wir dürfen natürlich diese Schilderung nicht ohne weiteres auf alle anderen Oberkämmerer übertragen, die persönliche Gunst spielte bei der Gestaltung und dem Charakter des Dienstes in unserem Falle eine besondere Rolle, und in manchen Einzelheiten giebt es auch natürlich Übertreibung seitens des Philo, aber die hauptsächlichen Verpflichtungen eines a. c. und der persönliche Charakter des Dienstes blieben doch unter jedem anderen Kaiser dieselben.

Unter dem a. c. stand eine ganze Schar untergeordneter Diener, cubicularii, teilweise aus Sclaven, teilweise aus Freigelassenen bestehend (s. o.; im 1. Jhdt. sind die c. vorwiegend Sclaven, im zweiten Freigelassene). Die ganze Schar zerfiel in zwei (vielleicht auch mehr, überliefert sind [1737] nur zwei: statio I, CIL VI 8518. 8532. 8774f.; statio II, 5195; vgl. 8776) Abteilungen, stationes. Ob man den Grund zu dieser Teilung im Wechsel beim Dienste (Marquardt Privatl. 144, 5) oder in dem verschiedenen Range der Dienerschaft (Friedländer 114) zu erblicken hat, ist ungewiss; es konnte beides vereinigt gewesen sein, d. h. je nach den zu leistenden Diensten wurde die Dienerschaft in stationes eingeteilt, so dass verschiedene stationes sich abwechselten (z. B. die Empfangsstunden, der Nachtdienst u. s. w.), erstere Annahme ist uns doch wahrscheinlicher. Die stationes waren vielleicht in decuriae eingeteilt, eine Teilung, die auch sonst im kaiserlichen Hause und kaiserlichen Canzleien mehrfach bezeugt ist; an der Spitze jeder Decurie stand ein decurio (Suet. Dom. 17. CIL VI 8773, vgl. 3959, 5747, wo auch Decurionen des collegium gemeint sein können). Die Verpflegung des ganzen Personals lag auf besonderen Beamten, welche a frumento cubiculariorum hiessen (CIL VI 8508, 8771f.). Bekannt sind uns ausserdem auch besondere ab aegris (CIL VI 8518. 8770). Die Schreibereien der Verwaltung besorgten eigene Schreiber, scribae cubiculariorum (CIL VI 8767–8769). Es sind noch besondere supra cubicularios bezeugt (CIL VI 8766. 3954. 4439), sämtlich aus dem 1. Jhdt. Ich glaube aber, dass sie zu der Person des Kaisers in keiner Beziehung stehen; sie sind die den a. c. entsprechenden Vorsteher der Kämmerer bei Mitgliedern der kaiserlichen Familie (CIL VI 3766. 3955 Livia, 7439 Marcella) und ihnen nahe stehenden Persönlichkeiten (CIL VI 9287. 6645);vgl. o.

Die c. waren die dem Kaiser veertrautesten Personen aus der ganzen Dienerschaft; ihnen übertrug, wie erzählt wird, Nero das Geschäft, Rom anzuzünden (Suet. Nero 38). Sie sind immer in der Nähe des Kaisers und sind öfters Verbreiter und wohl auch Autoren mancher sensationellen Neuigkeit (z. B. Suet. Tib. 21). Sie begleiten den Kaiser auf den Reisen in Italien, sowie in die Provinzen (Hist. Aug. Carus 8. CIL II 4065 Au(relius) Caecilius cubicularius peregre defunctus). Möglich ist es, dass in den Residenzstädten der früheren Kaiserzeit (Karthago, Lugudunum, Alexandria) in den Palästen auch besondere Dienerschaft unterhalten wurde (s. CIL VIII 12657: Valentinus ex numero cubiculariorum Aug. setzt den Stein seiner Frau, die ihm in die Provinz gefolgt ist; denkbar ist es auch, dass dieser c. mit Hadrian in die Provinz gekommen ist [Mommsen], aber er scheint doch in frühere Zeit zu gehören; über die Verwaltung der Residenzpaläste s. Rostowzew Röm. Mitt. 1898, 116), sowie in besonders beliebten Villen (z. B. CIL X 695. 526; über die Villenverwaltung vgl. Rostowzew a. a. O. 111). Über die Beziehung zwischen dem c. und der ratio castrensis (es zeugt davon die Inschrift CIL VI 8532) s. unter Fiscus Castrensis. Friedländer Sittengeschichte Roms I6 114ff. Marquardt-Mau Privatleben 144, 5. Saglio Dictionnaire des ant. I 1577.