RE:Taxila
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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in Indien ,die Stadt vom behauenen Stein‘, gross und bedeutend mit Tempeln | |||
Band V A,1 (1934) S. 75–78 | |||
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Taxila (τὰ Τάξιλα Arrian. anab. V 3, 6. 8, 2. VII 2, 2. Strab. XV 691. 698. 714. Eustath. Dion. Per. 1141; Taxilla Plin. n. h. VI 62; Einwohner Ταξιλεύς, Ταξιλίτης, Ταξιληνός Steph. Byz. s. v.; Ταξίλοι Dion. Per. 1141; Taxilae Plin. n. h. VI 78; Taxilus Priscian. 1048). [77]
Name. Der einheimische Name war Takka-silā oder Takhaśila, sanskr. Takshaśila. Indische Legenden führen ihn auf Takșa, einen Schlangenfürsten, zurück, der aber richtig Takşaka heißt (s. u. Taxiles). Volksetymologisch bedeutet T. ,Die Stadt vom behauenen Stein‘, was durch die tibetische Umschreibung rdo-hjog, d. i. ,behauener Stein‘, wiedergegeben wird. Der chinesische Pilger Fa-hien erklärt T. durch ,Abhauen des Hauptes‘; es habe dort nämlich Buddha als Almosen sein Haupt geopfert.
a) Allgemeines. T., eine der größten und bedeutendsten Städte Altindiens, dehnte sich östlich und nordöstlich von dem Bahnknoten Saraikala (32 km nordwestlich von Rawalpindi) aus, im Norden begrenzt durch schneebedeckte Ketten des Himalaya (Hazara und Murree) und ständig reich bewässert durch den Haro und seine Nebenflüsse. Seine Bedeutung verdankte T. der Fruchtbarkeit des Bodens, der guten Verteidigungslage und nicht zum wenigsten seiner beherrschenden Lage an der Handelsstraße, die Indien mit Zentral- und Vorderasien verband. Arrian. V 3 nennt T. die volkreichste der Städte zwischen Indus und Hydaspes, Strab. XV 698 bezeichnet die Umgebung als äußerst fruchtbar und dicht bevölkert, und Apollonios von Tyana, der auf seiner indischen Reise (um 44 n. Chr.) T. besuchte, vergleicht die Stadt in ihrer Größe mit Ninive und in ihrer Anlage mit den Städten Griechenlands (s. u.). Als im J. 400 n. Chr. der chinesische Pilger Fa-hien nach T. kam, stand die Stadt offenbar noch in alter Blüte. Aber seit dem 6. Jhdt. n. Chr., begann ihr völliger Verfall, so daß schließlich auch die Erinnerung an die altberühmte Stätte geschwunden war. Erst 1863 gelang es A. Cunningham, auf Grund literarischer Angaben die Lage von T. wieder richtig zu bestimmen. Seine eigenen Grabungen (1863–1864, 1872–1873) hatten jedoch geringe Ergebnisse. Systematisch wurden die gesamten Anlagen und zahlreiche Denkmäler der Umgebung seit 1912 von Sir J. Marshall aufgedeckt, so daß wir heute in der Lage sind, von dem Ganzen ein geschlossenes Bild zu geben.
b) Die drei Städte von T. T. besteht aus drei verschiedenen Städten, die nacheinander erbaut waren. Die älteste Stadt, bis zum 2. Jhdt. v. Chr. Hauptsitz der Bevölkerung, lag auf einer Anhöhe, dem Bhir-Mound, am linken Ufer des Tamrā Nālā; sie erstreckte sich 1090 m von Nord nach Süd und 650 m von West nach Ost und war von einem 20 m hohen Wall umgeben.
Als die baktrischen Griechen das Panjāb eroberten (Beginn des 2. Jhdts. v. Chr.), wurde die Stadt weiter nach Nordosten auf das Gebiet verlegt, das heute den Namen Sirkap führt. Ihre Bauart erinnert an die hellenistische und die Saka-Periode. Die Stadtmauer läßt sich mit ihren rechteckigen Bastionen deutlich verfolgen. Außer der Hauptstraße ist größtenteils ein Palast aufgedeckt, dessen Grundriß an den des Sargonpalastes in Khorsabad erinnert und wahrscheinlich im letzten Grunde auf diesen zurückgeht. Im Norden breitete sich eine Vorstadt aus, das heutige Barbarkhānā.
Dies war die Stadt, die Apollonios von Tyana (um 44 n. Chr.) betrat. [78] Der Bericht, den wir seinem Biographen Philostratos (II 20–25) verdanken, ist zwar mit dichterischen Zutaten durchmischt; aber die Ausgrabungen zeigen, daß er im Grunde Glaubwürdigkeit verdient. Als sich Apollonios T. von Nordwest her näherte, machte er gegenüber dem Wall bei einem Tempel Halt, der nach seiner eingehenden Schilderung wohl nur der Tempel in Jandiāl sein kann (s. u.). Von der Stadt selbst, d. h. Sirkap, gibt er folgende Beschreibung. Sie war wie die Städte Griechenlands nach einem symmetrischen Plan befestigt. Die Straßen waren eng und unregelmäßig wie die Straßen von Athen. Die Häuser machten den Eindruck, als seien sie einstöckig, jedoch hatten sie dazu unterirdische Räume. Innerhalb der Stadt war ein Sonnentempel und ein Königspalast, der sich durch Einfachheit und Schlichtheit auszeichnete, sehr verschieden von dem Glanz, den Philostratos am Hofe Babylons gesehen hatte. Der Bericht schließt mit der Schilderung eines Gartens, der ein Stadion lang sei und in der Mitte einen Stausee habe.
Von den zahlreichen Einzelfunden in Sirkap seien hier die wichtigsten genannt. Auf dem Unterbau eines Stupa erscheint der doppelköpfige Adler, den wir zuerst in hethitischen Skulpturen finden und der wohl von den Sakas aus der westasiatischen Kunst entlehnt ist. Das Bruchstück einer Säule aus weißem Marmor enthält eine Inschrift in aramäischer Schrift und Sprache, deren Alter bisher umstritten ist (ein Abklatsch ist im Besitz der Akad. d. Wiss. Berl.; vgl. Lentz F. C. Andras †, Ztschr. f. Indologie und Iranistik VIII 15. 17). Stark hellenistischen Einfluß zeigen besonders eine Bronzestatuette des Kindgottes Harpokrates, ein Dionysoskopf in gestrichenem Silber und zahlreiche Schmuckgegenstände.
Nordöstlich von Sirkap lag die dritte Stadt, die Stadt von Sirsukh, wahrscheinlich unter dem Kuschan-König Kanischka erbaut (um 120 n. Chr.). Die Anlage gleicht einem Parallelogramm mit einem Umfang von 5 km; die 51/2 m starke Stadtmauer ist mit runden Bastionen verbunden, die 27 m von einander entfernt liegen. Im Innern wurden zahllose Münzen aus der Regierungszeit Kanischkas gefunden.
c) Die Umgebung. Zu den denkwürdigsten Bauten gehört ein Tempel zu Jandiāl, nördlich von Sirkap, der in seinem Grundriß von allen indischen Tempeln abweicht und mit seinen ionischen Säulen, seinem Pronaos, Naos und Opisthodomos an die klassischen Tempel Griechenlands erinnert. Aber zwischen Naos und Opisthodomaos befindet sich eine feste gemauerte Masse, der Unterbau eines ehemaligen Turms wahrscheinlich in der Form des assyrischen Zikkurat. Vermutlich war das Gebäude, wie auch aus dem Fehlen jeglicher buddhistischen, jainistischen und brahmanischen Bildwerke hervorgeht, ein zoroastrischer Tempel, was übrigens durch die Angabe Strab. p. 714 gestützt wird, die Bewohner Taxilas würfen ihre Toten den Geiern zum Fraße vor.
Alle übrigen Baudenkmäler sind (vielleicht mit Ausnahme von zwei, die den Jainas gehören könnten) buddhistischen Ursprungs; darunter der [79] große Dharmarājikā Stūpa, dessen Name durch zwei Kharoṣṭhi-Inschriften, eine indische Abart der aramäischen Schrift, gesichert ist (die Datierung ,im J. 136 des Azes‘ wird von Lüders abgelehnt). Dem 3.–4. Jhdt. n. Chr. gehört der großartige Kunāla Stūpa an, der zuerst von dem chinesischen Pilger Hsūan-tsang (7. Jhdt. n. Chr.) beschrieben wird.
Unter den Klöstern, die überall in der Nähe der Stūpas liegen, sei besonders der von Jauliāň genannt. In der Kuschānzeit erbaut, wurde es ebenso wie die meisten anderen Klöster Ende des 5. Jhdts., wohl beim Einfall der Hephthaliten, zerstört. Aber die Hitze der Feuersbrunst hat den reichen figürlichen Schmuck dadurch so gut erhalten, daß er den Ton, in dem dieser ausgeführt war, vielfach in Terrakotta verwandelte. So sind in diesem Teil Indiens die wertvollsten Proben der späteren graeco-buddhistischen oder Gandhārakunst erhalten geblieben.
Literatur. Cunningham Anc. Geogr. of India I 104ff. Sir John Marshall A Guide to Taxila2; Excavations at Taxila. The Stupas and Monasteries at Jauliāñ (Memoirs Archaeol. Survey of India 7). Lüders Die Ausgrabungen in Taxila (DLZ 1924, 1861ff.).