Silentiarius, definiert bei Procop. bell. Pers. II 21, 2: βασιλεῖ μὲν ἀεὶ ἐν παλατίῳ τὰ ἐς τὴν ἡσυχίαν ὑπηρετοῦντα. σιλεντιαρίους Ῥωμαῖοι καλοῦσιν οἷς ἡ τιμὴ αὕτη ἐπίκειται. Vgl. Agath. V 9 p. 153 a: τελῶν ἐν τοῖς ἀμφὶ τὸν βασιλέα σιγῆς ἐπιστάταις. Sklaven, die dafür zu sorgen hatten, daß die Ruhe in der Dienerschaft, die man sorglich hütete (Sen. epist. 47, 3), nicht gestört werde, hat es auch in reichen Privathäusern gegeben. Sie sind im 1. Jhdt. (CIL VI 6217) und im 5. nachweisbar (Salvian. de gub. dei IV 3, 15) und werden wahrscheinlich nie gefehlt haben, obgleich sie selten erwähnt werden. Am Kaiserhofe finden sich in den ersten drei Jahrhunderten s. nur unter Hadrian, und zwar sind dies Freigelassene (CIL VI 9041. 9042). Wahrscheinlich hat nur die Nervosität dieses Kaisers der Aufgabe, jedes Geräusch zu unterdrücken, eine solche Bedeutung gegeben, daß man sie wichtig genug nahm, um sie in den Inschriften zu erwähnen. Ein ganzes Korps von s. erscheint zuerst im J. 328 (Cod. Theod. VIII 7, 5; über die Datierung s. Seeck Regesten 43). Im J. 437 gibt es am östlichen Kaiserhofe 30 s., an deren Spitze drei Decurionen stehen, also, dem Zahlbegriff des Namens entsprechend, je einer auf zehn s. Da es hier heißt: quos numquam plures fieri inveterata consuetudo permisit (Cod. Theod. VI 23, 4 § 1), darf man wohl annehmen, daß diese Einrichtung bis auf Constantin zurückgeht. Unter diesem werden aber die s. unter den Korps der Hofbediensteten noch an letzter Stelle genannt, stehen also im Range sehr niedrig, während sie später immer höher erhoben werden und ihre Decuriones im 6. Jhdt. bis zu den viri illustres aufgestiegen sind (s. o. Bd. IV S. 2353). Jünglinge von altem Geschlecht, großem Reichtum und hoher Bildung treten daher unter die s. ein (Agath. V 9 p. 153 a), selbst ein König der Lazen läßt sich in ihr Corpus aufnehmen (Procop. bell. Pers. II 29, 31), und es kommt vor, daß sie im Kriege als Truppenführer verwendet werden (Procop. bell. Pers. II 21, 2). Dementsprechend steigen auch ihre Privilegien. Unter Constantin dem Großen sind sie noch auf das bescheidene Maß beschränkt, daß der s. nach fünfzehnjährigem Dienst von den Verpflichtungen des Decurionats befreit bleibt, auch wenn er ihm von Geburt angehört (Cod. Theod. VIII 7, 5). Im J. 415 wird verfügt, daß ihre Decurionen nach der Entlassung den Rang der gewesenen Duces empfangen sollen. Als viri spectabiles treten sie dadurch in den Senat ein, sollen aber
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von allen Vermögenslasten, die den übrigen Senatoren aufgelegt sind, befreit sein (Cod. Theod. VI 23, 1. 4). Schon 412 waren sie, gleich den höchsten Würdenträgern, von den kostspieligsten Lasten befreit worden, welche sonst die Honorati trafen (Cod. Theod. XI 18), und diese Privilegien werden immer wieder bestätigt und erweitert (Cod. Theod. VI 23, 2–4. Cod. Iust. XII 16, 4. 5), z. T. selbst auf ihre Kinder ausgedehnt (Cod. Iust. XII 16, 5 § 3). Um zum Vollgenuß aller dieser Vorteile zu gelangen, ist nur erforderlich, daß sie mindestens dreizehn Jahre im Dienst gestanden haben (Cod. Theod. VI 23, 4 § 2 = Cod. Iust. XII 16, 3 § 4). Unter Iustinian sind sie so hoch gestiegen, daß den abgehenden Decurionen die Wahl gestellt wird, ob sie als gewesene Magistri officiorum oder als Comites domesticorum gelten wollen (Cod. Iust. XII 16, 1. Diese Bestimmung durch Trebonian in den Text von Cod. Theod. VI 23, 1 hinein interpoliert, also eine Neuerung aus der Zeit Iustinians oder der unmittelbar vorhergehenden).
Wenn sie diese Wahl treffen dürfen, so geht daraus hervor, daß sie ihr Amt nach Belieben als militärisches oder als ziviles betrachten konnten, wahrscheinlich weil sie an die Person des Kaisers gefesselt waren und ihn ebenso ins Feld begleiten mußten (Procop. de aedif. IV 8, 24), wie ins Consistorium (Cod. Theod. VI 2, 26: sacri consistorii decurionum militia). Ihre Körperschaft, obgleich sie nur 30 Mitglieder zählt, wird daher als Schola bezeichnet, wie die Leibwächtertruppen (Cod. Iust. XII 16, 4. Euagr. h. e. III 29). Doch scheinen sie nicht, gleich diesen, dem Magister officiorum untergeben zu sein. Zwar verleiht Zeno ihnen das Privileg, vor keinem anderen Gericht in Zivilsachen belangt oder kriminell angeklagt zu werden, als vor dem des Magister officiorum (Cod. Iust. XII
16, 4). Doch in der Notitia dignitatum werden sie bei den Untergebenen desselben weder im Orient noch im Okzident genannt. Es scheint also, daß sie ohne Vermittlung irgend eines Vorgesetzten direkt unter dem Kaiser standen. Nach dem Untergange des weströmischen Reiches scheinen die germanischen Könige von Italien keine s. besessen zu haben, da Cassiodor sie nicht erwähnt. Doch bestand ihr Amt in Rom als erbliche, aber wenig einträgliche Pfründe fort (Procop. an. 26. 28). Natürlich geht ihre Tätigkeit weit über das Ruhehalten hinaus, das in ihrem Titel ausgedrückt ist. Da sie sich stets in der persönlichen Umgebung des Kaisers befinden, erlangen sie bei ihm eine besondere Vertrauensstellung. Sie werden daher zum Überbringen von besonders wichtigen Botschaften benutzt (Athan, apol. c. Ar. 56. Philostorg. VII 7. Ambros. de ob. Valent. 26. Epist. imper. 19, 1), zu Offiziersdiensten befehligt (Procop. bell. Pers. II 21, 2) und gehören zum Gefolge der Kaiserfrauen, namentlich wenn diese sich in der Öffentlichkeit zeigen. So wird dasjenige, was Amm. XX 4, 20 aliqui palatii decurio nennt, durch Iulian. (epist. ad Athen. 285 b), umschrieben durch τις τῶν ἐπιτεταγμένων τῇ προόδῳ τῆς ἐμῆς γαμετῆς. Daraus erklärt es sich, daß die Kaiserin Ariadne 491 den S. Anastasius auf den Thron erhob (s. o. Bd. I S. 2065).