Rhinnea, Insel im Roten Meere, gegenüber der nördlichen Westküste Arabiens, nur von Plin. n. h. VI 150, einer nicht leicht zu deutenden Stelle, nach der Völkerschaft der Cadaei und nach den insulae sine nominibus multae und vor dem Hafen Coboea erwähnt zugleich mit der Insel Isura und einer dritten in der Nähe gelegenen (proxima), in qua scriptae sunt stelae lapideae litteris incognitis. So wie der von Plinius zuvor genannte Hafen Mochorbe (vgl. Μακοράβα bei Ptolem. VI 7, 32 = Mekka, s. den Art. Macoraba), also der Hafenort zu Mekka, und der Hafen Coboea (s. d.), so war auch der Wohnsitz der Cadaei an der Westküste Arabiens gelegen, und dieser gegenüber lagen unzweifelhaft auch die Bragaeinseln, welche in Plinius’ Aufzählung auf den Hafen Coboea folgen. Da nun Plinius unmittelbar vor der Anführung dieser an der Westküste Arabiens gelegenen Örtlichkeiten über das arabische Küstengebiet am Persischen Meere spricht, sodann aber zur Beschreibung der Ostküste des
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Roten Meeres übergeht, ohne mit einem Worte diesen gewaltigen, ganz unvermittelten Sprung in der Darstellung zu kennzeichnen (s. den Art. Etaxalos), ließ sich Forster The historical geography of Arabia II 1844, 226f. und in seiner Karte verleiten, die drei fraglichen Inseln im Persischen Meere zu suchen und R. nordöstlich von der Insel Sura, angeblich der Isura des Plinius, anzusetzen, ohne jedoch die heutige Insel nennen zu können, welche er für das alte R. hielt. Dem gleichen Irrtum, der allerdings infolge der Unklarheit der Plinianischen Darstellung früher, bevor die Wahrheit zutage kam, begreiflich war, fiel übrigens selbst ein Kenner wie Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875, 123f. in der Ansetzung der Epimaranitae und Bathymi, welche Plinius eben an jener Stelle erwähnt, zum Opfer (s. den Art. Epimaranitae und dazu Eblithei), obwohl bereits K. Müller Geogr. Gr. min. I LXXII den Grund der Unklarheit der Plinianischen Stelle im wesentlichen richtig erkannt hatte, was Sprenger nicht gewußt zu haben scheint. Es ist demnach unnötig, auf die Einzelheiten des Lokalisierungsversuches Forsters näher einzugehen; jedenfalls hätte seine Vermutung (II 227 Anm.), daß, wenn ein englischer Kreuzer beordert würde, ein Boot zur Untersuchung des angeblichen ,Inscription-island‘ nordöstlich von Sura im Persischen Meere abzusenden, dieses die von Plinius erwähnten Inschriften finden müßte, durch eine solche Untersuchungsfahrt keine Bestätigung erfahren; ein solches Schiff hätte sich auf falscher Bahn bewegt, da die genannten Inseln in einem anderen Meere liegen, gerade an der entgegengesetzten Seite Arabiens. Ebenso falsch, nur folgerichtig im Irrtum, setzte er die Insel Etaxalos (als eine der beiden Inseln Tamb, nordöstlich von Bumose im Persischen Meere), Mochorbe und Coboea (beim Ras Musandam) an. Schon nach dem oben bezeichneten Tenor der Beschreibung des Plinius müssen die Inseln Isura und R. im Roten Meere, und zwar in der Richtung gegen Norden von Mochorbe, dem Hafen von Mekka, aus gesucht werden. Diese aus der Pliniusstelle sich unverkennbar ergebende Tatsache erkannte auch Müller a. a. O. und meinte demnach, Isura für das heutige Sayourah, wie er nach seiner englischen Vorlage schreibt (Shayourah auf Tafel VI seines Atlas), womit offenbar die Insel Šebāra gemeint ist, R. für Rhiakah (Riackah der Tafel) oder, da diese zu klein sei (,ein Berginselchen‘ Ritter Erdk. XIII 217), für die Insel Hasānī (gegenüber el-Ḥaurā) halten zu dürfen. Jedoch durch Plinius’ Bericht über die dritte Insel verführt, auf welcher sich Säulen mit fremdartigen Schriftzügen finden sollen, glaubte er, diese Insel mit der Ἴσιδος νῆσος identifizieren zu müssen, auf welcher sich nach Diod. III 44, der hierin Agatharchides folgt, gleichfalls Säulen, mit γράμματα βαρβαρικά versehen, finden (vgl. Agatharchides frg. 91 M.). Da nun diese Insel, mag sie mit Tīrān (Ritter XIII 224) oder mit Barakān (Müller a. a. O. I 180) gleichgesetzt werden, sowie zwei andere von Agatharchides an derselben Stelle genannte Inseln am Eingange des Ălanitischen Meerbusens liegen, vermutete Müller, daß
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ebendaselbst auch Isura und R. zu suchen und jene mit dem heutigen ,Jouba‘, diese mit Tīrān gleichzusetzen sei, unter der Voraussetzung, daß Plinius die einmal begonnene Reihenfolge in seiner geographischen Beschreibung vernachlässigt habe. Doch ist diese Voraussetzung für Müllers Ansatz schon an und für sich unwahrscheinlich und auch ganz unnötig. Selbst wenn mit Plinius angenommen werden muß, daß die dritte, ungenannte Insel, welche Säulen mit Schriftzeichen enthalten sollte, ganz nahe bei R. lag, so ist damit weder ihre Identität mit der von Agatharchides genannten Insel noch auch die Notwendigkeit erwiesen, sie beim Ălanitischen Meerbusen zu suchen. Nichts hindert, in ganz natürlicher Weise mit Plinius anzunehmen, daß eine solche Insel, auf welcher sich epigraphische Denkmäler mit minäischen oder nabatäischen Texten befanden, ebendort lag, wo R. und Isura ungezwungen zu suchen sind, in der Richtung vom Mekkahafen nordwärts. Doch ist weder an das Inselchen Riāḥa noch an Ḥasānī nach Müllers Anregung zu denken. Es scheint vielmehr nach Lage, Größe und Name der Insel R., welche im Unterschiede von den insulae sine nominibus multae zu den drei celebres gehört, keine so gut zu entsprechen wie die heutige Insel Rama (Ruma), auch Umm er-Ruma genannt (Umm, wörtlich ,Mutter‘, wird im Arabischen auch anderen Inselnamen gerade dieses Küstenstrichs vorgesetzt), südwestlich vom Ras Ḫurkuma, 25° 43' nördlicher Breite. Dies ist eine der größten unter den Küsteninseln nördlich von Hasānī. Vielleicht ist übrigens bei Plinius der Inselname, welcher in den Hss. nicht einheitlich überliefert ist (Müller schreibt inkonsequent bald Rhinnea, bald Rhinnaea, bald Rhinaea) statt Rhinnea mit ganz leiser Änderung Rhumea zu schreiben; arabische Namen laden von selbst zur Entstellung in lateinischen Hss. ein. Dann wäre die mutmaßliche Identität durch die Namensgleichheit selbst endgültig bestätigt. Die insulae multae des Plinius sind dann die nördlich von Ḥasānī gelegene ,ungemein zahlreiche Gruppe von Küsteninseln, welche mit den unzähligen Korallenbänken ein höchst verwickeltes Klippenlabyrinth bildet, das vor der englischen Küstenaufnahme nur in wenigen seiner Punkte bekannt war‘ (Ritter XIII 216). Über die beiden anderen Inseln s. den Art. Isura. Über Raunathu (Ptolem. VI 7, 2), welches Müller a. a. O. 182 und Taf. VI unrichtig beim Ras Ḫurkuma gegenüber der Insel Ruma ansetzte und Forster I LXIII gar als Anagramm (vgl. den Art. Regma Nr. 2) eines ,Hank-Krue‘ erklärte, s. den Art. Ῥαυνάθου. Über Ἵππος ὄρος endlich, das Forster I 345. II 126 mit dem Ğebel Ḥasānī identifizierte, und über Ἵππος κώμη, die Müller 181 Taf. VI beim Hafen Demerha nordwestlich von der Insel Riāha suchte, s. den Art. Hippos Nr. 2.