RE:Rescheph
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Phönizisch-kanaanäischer Blitz- u. Kriegsgott | |||
Band I A,1 (1914) S. 620–622 | |||
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Rescheph ist ein phönizisch-kanaanäischer, auch zu den Ägyptern gedrungener Blitz- und Kriegsgott. Seine bis jetzt bekannten Kultstätten sind Cypern, Karthago‚ Abydos, Sidon (?), Zendschirli (Samʾal), Ägypten. Auf der bilinguen Inschrift von Tamassos 1 kommt vor לאדני לרשף אליית = τῶι θεῶι τῶι Ἁπείλωνι τῶι Ἑλείται dem Apollon (= רשף) der Stadt Ἕλος (Euting SBA 1887, 115ff.). Tam. 2 לרשף אלהיתס τῶι Ἀπόλωνι τῶι Ἀλασιώται (= Alaschia der Keilinschriften? Cypern). Auf einer Inschrift aus Cition (CISem I 10) בדא כהן רשף חץ ,Bdʾ, Priester des R. mit dem Pfeil‘. Ein anderes Epitheton ist רשף מכל, CISem I 89. 90. 91. 93. 94. Da auf der Bilinguis CISem I 89 vom J. 375 v. Chr. לרשף מכל durch τω Απολωνι τω Αμυκλοι wiedergegeben wird, ist מכל überall wohl nur Transkription von Ἀμυκλαῖος (Baethgen Beiträge z. semit. Religionswissensch. 1888, 51. Baudissin Esmun 1911, 262. Zur Verbindung eines Eigennamens mit einem anderen Eigen-, Personen-, oder Ortsnamen vgl. Baudissin a. a. O. S. 262, ferner hebräische Verbindungen wie ירדן ירחו ‚der Jordan von Jericho‘). Vgl. weiter den Personennamen עבדרשף (Idalion), CISem I 93, 4. In Karthago ist רשף mit Vorschlagsaleph vor ר gesprochen עבדארשף, CISem I 393. עבד בת ארשף CISem I 251, Knecht am Tempel des ʾArsph (Karthago); vgl. dazu den Stadtnamen Arsûf = Apollonia bei Caesarea, Bädeker Palästina⁷ 222. Ferner kommen in Betracht mehrere Personennamen רשפיתן CISem 44. 88 (Baethgen a. a. O. 51. Lidzbarski Handbuch der nordsem. Epigraphik 1898, 370). Für רשף steht רצף in מלקרתרצף, Lidzbarski a. a. O. 370. Baudissin Esmun 275f. Ein עבדרשף ist häufig auf phönizischen Inschriften in den Tempeln von Abydos (5.–3. Jhdt.)‚ Lidzbarski Ephem. III 97. 100. 108. Unklar bleibt ארץ רשפם nach שמם רמם Z. 3 auf der 1901 bei Sidon gefundenen Inschrift (Lidzbarski Ephem. II 49ff.) des Königs Bdʿaštart... Enkel des Eschmunʿazar. Lidzbarski meint, daß eins der drei Symbole, die an der Stele von Ördek-burnu (Ephem. III 196) vorkommen, eine spitze Hörnerkrone, vielleicht den רשף bezeichne.
Der Kult des רשף ist auch bei den nordsyrischen Aramäern bekannt. So erscheint רשף auf der Hadadinschrift von Zendschirli, der Königsstadt des ehemaligen hetitisch-aramäischen Reiches Samʾal (erste Hälfte des 8. Jhdts.), Lidzbarski Handb. 440ff. Lagrange Études sur les religions [621] sémit.² 1905, 492ff. רשף ist hier genannt nach den Göttern הדד und אל und vor den andern רכבאל und שמש (Z. 2. 8). Z. 11 begegnet ארקרשף. Die Hadadinschrift ist bis jetzt der älteste Beleg für רשף-Kult auf aramäischem Boden.
Es ist möglich, daß רשף von Haus aus eine semitische Gottheit ist. רשף ist im Hebräischen = Flamme, Blitz, Glut. Im Assyrischen ist (Winckler-Zimmern KAT³ 1902, 478, nach Jensen Keilinschr. Bibl. VI 1. 570f.) rašbu‚ rašubbu speziell Epitheton des Feuergottes. Dem Alten Testament ist ein Gott רשף fremd. Erst in spätnachexilischer Zeit begegnet der Personenname רשף (1. Chron. 7, 25 [LXXA Ρασεφ, LXXB aber Σαραφ]). Aber das Alte Testament redet von den רשפי קשת ‚den Blitzen des Bogens‘, Ps. 76, 4 (wofür Houtsma Ztschr. f. alttest. Wiss. 1902, 329 קשת רשף ‚Bogen des Rešeph‘ lesen will) und den בני רשף Hi. 5, 7. Hab. 3, 5 ist רשף = Pestglut. Greßmann Urspr. d. israel. jüd. Eschatologie 1905, 84 vermutet, daß hier der kananitische Gott רשף, den er für einen Pestgott (!) hält, eine Rolle gespielt habe. Wohl aber ist Rešeph der Blitzgott – als solcher erhält er das Prädikat רשף חץ d. i. R. mit dem Pfeil – eine Parallele zu Jahwe, dem Blitzschleuderer, Ps. 18, 15. Deut. 32, 23. Fast ist man versucht, auch an den von den שרפים umgebenen Jahwe, Jes. 6, 2ff., zu denken. Denn die שרפים sind ja eine Personifikation der aus der Wolke zuckenden Blitze, die als in der Wolke hausende Schlangen aufgefaßt sind (Stade Bibl. Theologie des A. Test. 1905, 95). Später hat man den רשף mit dem Apollon identifiziert (vgl. o.). So ist auch Arsûf bei Caesarea (= Rašpûna in den Keilinschriften? Winkler-Zimmern KAT³ 478) das Apollonia der alten Geographen (Clermont-Ganneau Recueil I 676ff.). Immerhin ist möglich, daß רשף auch irgendwelche Beziehungen zu Kleinasien, etwa zu hetitischen Kulten hat.
Gehen die Zeugnisse Palästinas bis jetzt nicht über das 8. Jhdt. v. Chr. für den Rešephkult hinaus, so führen auf ein viel höheres Alter die ägyptischen Denkmäler. Bereits unter der 19. Dynastie (seit ca. 1315 v. Chr.) tritt unter den Göttern, die von asiatischen Sklaven aus Syrien importiert werden, neben Baʿal, Kadesch, Astarte und ʿAnat auch Rešeph auf (E. Meyer ZDMG 1877, 719. W. M Müller Asien u. Europa 1893, 311f.; Egypt. Research. Taf. 41. Spiegelberg Orient. Lit. Ztg. 1911, 529ff. Breasted-Ranke Gesch. Ägyptens² 1911, 355). Durch die ägyptischen Nachrichten und Abbildungen wird uns Rešeph vor allem als Kriegsgott bekannt. Er hält in der Rechten eine Lanze und in der Linken das Henkelkreuz, das Lebenszeichen (vgl. Greßmann, Ungnad und Ranke Altor. Texte und Bilder 1909, Abb. 128ff.). Er erscheint ganz in ägyptischen Tracht, die er, wie es scheint, auch in Phönizien selbst angenommen hatte (Kittel Gesch. d. Volkes Israel 1912, I² 208). Die Verbindung eines Blitzgottes mit einem Kriegsgott [622] ist leicht gegeben. Sie hat ihre Parallele u. a. an Jahwe dem Feuer- und Blitzgott, der für das älteste Israel vorzugsweise sein Kriegsgott war.