21) Pontius Telesinus wird mit beiden Namen nur von Vell. II 16, 1 (umgestellt). 27, 1. Auct. de vir. ill. 68, 4. Schol. Bern. Lucan. II 135. 136 p. 58f. Us. Appian. bell. civ. I 416 bezeichnet, sonst bloß mit dem Beinamen, der eigentlich die Heimatbezeichnung ist. Er führte sein Geschlecht auf den Führer der Samniten von 433 = 321 Nr. 4 zurück (Schol. Bern. Lucan. II 137 p. 59, 13), der bisweilen ebenso genannt wird (Auct. de vir. ill. 30, 1. Eutrop. X 17, 2. Ampel. 20, 10. 28, 2); noch nach ihm begegnet in Telesia eine angesehene Frau seines Namens, Tochter eines P. Pontius, die in die vornehme römische Familie der Minucii Thermi hineingeheiratet hat (CIL IX 2234 = Dess. 6510. o. Bd. XV S. 1966 Nr. 62; spätere Minucii Thermi Tac. ann. VI 7. XVI 20 ebd. S. 1844 Nr. 26f.). P. war im Bundesgenossenkriege 664 = 90 der Führer seiner engeren Landsleute; er wird zwar nur in der Führerliste der Italiker bei Vell. II 16, 1 verzeichnet, hat aber offenbar damals sein großes Ansehen begründet. [37] Denn 672 = 82 gilt er von vornherein als vir domi bellique fortissimus penitusque Romano nomini infestissimus (Vell. II 27, 1), als πολεμιστὴς ἀνὴρ καὶ μεγάλων ἀγώνων ἔμπειρος (Plut. Sulla 29, 3; vgl. comp. Lys. et Sull. 4, 9: τίς … Τελεσίνου … μαχιμώτερος?) und übernahm daher mit dem Lucaner M. Lamponius (o. Bd. XII S. 582f.) den Oberbefehl über das gewaltige samnitisch-lucanische Heer, das den in Praeneste emgeschlossenen Consul C. Marius den Jüngeren befreien wollte. Als Sulla ihnen den Weg verlegte, und Pompeius ihre Rückzugslinie bedrohte, wandten sie sich mit plötzlichem Entschlusse gegen das ungedeckte und kaum verteidigungsfähige Rom und standen am Morgen des 1. Nov. mit ihrer ganzen Macht vor der schwächsten Stelle der Befestigung, vor der Porta Collina. Es war ein Augenblick furchtbarster Gefahr; P. war nach der geglückten Überraschung der Gegner voll stolzesten Siegesgefühls (μεγαλοφρονῶν καὶ ταῖς ἐλπίσι ἐπηρμένος Plut. 29, 4): circumvolans ordines exercitus sui dictitansque adesse Romanis ultimum diem vociferabatur eruendam delendamque urbem (vgl. Lucan. II 135–138 mit Schol. Bern.), adiiciens numquam defuturos raptores Italicae libertatis lupos nisi silva, in quam refugere solerent, esset excisa (Vell. 27, 2. Vgl. etwa die Worte des Mithridates Iustin. XXXVIII 6, 8). Doch zur rechten Zeit trafen die Retter ein; in der blutigen Schlacht, die bis tief in die Nacht hinein dauerte, wurde sein Heer vollständig bernichter (Zeugnisse, die ihn ausdrücklich erwähnen, sind Cic. Caec. 87. Vell. 27, 6. Flor. II 9, 22f. Auc. de vir. ill. 75, 8. Schol. Bern. Lucan. II 135. 136; mehr bei Fröhlich o. Bd. IV S. 1547f. und vielfach sonst). P. selbst fand seinen Tod im Kampfe; das erwähnt kurz Appian. I 431, ausführlicher Vell. 27, 3: postera die semianimis repertus est, victoris magis quam morientis vultum praeferens, cuius abscisum caput ferro figi gestarique circa Praeneste Sulla iussit. Schol. Bern. Lucan. II 136 sagt: ictu saxi periit, und vielleicht liegt eine Erinnerung an diese Tradition vor, wenn Sil. Ital. X 148ff. gerade für einen – frei erfunfenen – Telesinus, den er mit seinem Vater und fünf Brüdern bei Cannae fallen läßt, als Todesart wählt: ad ossa illiso saxo, ubi spina interstruit artus, occumbit.
Ein jüngerer Bruder des P. (Vell. 27, 5) war mit dem Consul Marius in Praeneste eingeschlossen und fand mit ihm bei dem Versuche einer heimlichen Flucht den Tod; die beiden wohl altersgleichen Shicksalsgenossen gaben sich angesichts der Unmöglichkeit des Entkommens gegenseitig den Tod, ähnlich wie im J. 708 = 46 M. Petreius und Juba (o. Bd. XIX S. 1188). Die in Einzelheiten auseinandergehenden Berichte darüber bei Liv. ep. LXXXVIII. Vell. Val. Max. VI 8, 2. Oros. V 21, 8f. Auct. de vir. ill. 68, 4 sind o. Bd. XIV S. 1814f. genauer geprüft worden; übersehen sind dort Schol. Bern. Lucan. II 134 und 148, von denen die erste Stelle arg verwirrt ist, aber die Verwundung des Marius durch den Gefährten erwähnt, und die zweite seinen Tod von der Hand des Sklaven, jedenfalls im Anschluß an Livius. Dabei heißt es an der ersten Stelle (p. 58, 23): vulneratus a Pontio Tullo, und vielleicht liegt hier eine glaubwürdige Wiedergabe [38] des Praenomens des jüngeren P. vor (s. dazu u. Bd. VII A S. 821, 14ff. und Tullus).