2) Lupia (Tac. ann. I 60. II 7; hist. V 22 schlechtere Lesart Luppia; Mela III 3, 3; ὁ Λoυπίας bei Strab. VII 291 und Cass. Dio LIV 33), die heutige Lippe. Sie war den Römern durch ihre Feldzüge und ihre Herrschaft von 12 v. Chr.–9 (bezw. 16) n. Ch.[1] wohl bekannt, zur Schifffahrt (Tac. hist. a. a. Ο.) stark benützt (was u. a. durch die bei Haltern ausgegrabenen Uferanlagen bestätigt wird). Nach Vell. II 105 waren die Quellen des Flusses ,mitten in Germanien‘, und nach Mela a. a. O. ergoß er sich in den Rhein. Strab. a. a. O. läßt ihn (wohl durch Verwechslung
[1843]
mit der Ems) durch das Land der Bructeri minores in den Ozean fließen und setzt seine Mündung 600 Stadien von der des Rheins an. Neuerdings wollen einige Forscher diese letztere Angabe als richtig annehmen, ohne ausreichende Begründung: es liegt kein Anlaß vor, die mit der heutigen Wirklichkeit völlig übereinstimmende Angabe Melas zu bezweifeln, um so weniger, als sonst die Lage des Lagers Vetera (gegenüber der Lippemündung) unverständlich wäre. – Das System der römischen Lippekastelle ist noch nicht aufgehellt: doch sind zwei um so eingehender untersucht, Haltern und Oberaden. Ob in Haltern das vielberufene Aliso gefunden ist, bleibt noch unsicher; doch ist bis jetzt nichts dagegen Sprechendes festgestellt. Seiner Bedeutung nach können die großen Anlagen Halterns als Aliso angesprochen werden, und andererseits kann das große Oberadener Lager, falls nicht weitere Anlagen aufgedeckt werden, nicht als Aliso angesprochen werden, weil es schon nach kurzem Bestande gewaltsamer Zerstörung durch Feuer und Schwert zum Opfer gefallen ist. – Über die Römer an der Lippe und über die Ausgrabungen vgl. vor allem die ,Berichte der röm.-germ. Kommission‘ (Frankf. a. M.), besonders die Berichte von 1904–1912, die ,Mitt. der Westf. Altertumskomm.‘ (Münster 1898–1912 und 1922); zusammenfassend Koepp Die Römer in Deutschl.² 16ff.; über die Lage und den Namen von Aliso Cramer Röm.-germ. Stud. (1914) 212ff. Kropatschek Deutsche Geschichtsblätter (1910) 1ff. (bes. auch über den Ἐλίσων, den von Cassius Dio bezeugten Nebenfluß der L.; er sucht ihn bei Oberaden und trennt davon Aliso[n]). – Neuerdings hat Schulten, ausgehend von einem unweit Soest gefundenen Bleibarren mit römischer Inschrift (L. Flavii Ve[teris]) und sich stützend auf ptolemäische Ortsnamenangaben, die Lager der Lippestraße (vier an der Zahl) zu bestimmen versucht (Bonn. Jahrb. CXXIV [1918] 88ff.): das Ergebnis ist indes (besonders bezüglich der Namen) völlig unsicher. Bei Elsen (am Bach Else), wohin man des Namens wegen früher meist Aliso verlegte, sind trotz Nachgrabungen Kastellspuren nicht gefunden worden, erst recht nicht in oder bei Paderborn, wo Delbrück ein Kastell vermutet.[2]