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RE:Iuno 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gottheit im keltisch-germanischen Gebiet
Band X,1 (1918) S. 11241125
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2) Iuno in keltisch-germanischem Gebiet erscheint nicht bloß hie und da als zweite Gottheit der kapitolinischen Trias mit Iuppiter und Minerva, sondern auch, und viel häufiger, neben Iuppiter ohne Minerva; so besonders in Mainz und der Umgegend, also wahrscheinlich unter dem Einfluß des Heeres (vgl. Riese Z. Gesch. d. Götterkultus im rhein. Germ., Westd. Ztschr. XVII 28), öfters auch mit dem Genius loci als dritter Gottheit auf Votivsteinen der Benefiziarier.

Ebenfalls mit anderen Gottheiten zusammen sieht man in bildlicher Darstellung I. sehr häufig auf den Viergöttersteinen, vgl. Haug Westd. Ztschr. X 297ff., meist in der Reihenfolge I., Mercur, Hercules, Minerva (ebd. 320. Hertlein Die Iuppitergigantensäulen 197f.). Ihre Erscheinung ist hier ehrwürdig, matronal, die Kleidung ein langer Chiton und meistens darüber das Himation. Fast durchweg trägt sie einen Schleier; hie und da ist an dessen Statt das Himation über den Kopf gezogen; darüber erhebt sich die Stephane. Meistens ist die Göttin als Opferfrau dargestellt, indem sie mit der gesenkten Rechten auf ein Altärchen spendet. Diese Bedeutung wird öfters noch stärker betont, wenn sie in der an die Brust gelegten Linken die Acerra, das Weihrauchkästchen, trägt, wozu auch die schlanke, einem Kandelaber ähnliche Gestalt des Altärchens als eines Räucheraltars (θυμιατήριον) paßt. Auf vielen Steinen tritt aber neben dem Charakter der Opferfrau auch der der Herrscherin hervor, indem sie statt der Acerra ein Zepter führt, meist einen langen, auf dem Boden stehenden, von der erhobenen Linken gehaltenen Stab. Sehr gewöhnlich ist ihr der Pfau beigegeben, meist oben auf einem Pfeiler oder einer Konsole, doch auch so, daß er an der Stelle des Altars steht und von der Göttin gefüttert wird. Dies führt hinüber zu einer nur einmal vorkommenden Darstellung aus der Gegend von Rastatt (Haug a. a. O. nr. 21, auch bei Wagner Fundstätten und Funde in Baden II 49ff., beide mit Abb.); hier füttert die Göttin mit einem Opferkuchen einen Drachen, wie die I. in Lanuvium (Preller Röm. Mythol. I³ 276f.).

Im Gebiete der Treverer tritt nun aber auch eine matronale Göttin mit langem Zepter in der Linken und kurzer Fackel in der Rechten auf. Diese wurde von Hettner für eine Ceres erklärt, die nach ihm bei den Treverern an die Stelle der rheinischen I. trete (Westd. Korr.-Bl. 1891, 77). Aber Haug hat dies bei der Beschreibung der einzelnen Steine als fraglich bezeichnet und dann a. a. O. 301 geltend gemacht, daß der mehrfach beigegebene Vogel für I. spreche, daß andererseits auf den Münzen eine Göttin mit Fackel und Zepter nie als Ceres bezeichnet werde, dagegen das stehende Attribut der Ceres die Ähre sei, daß endlich der Kult der Ceres in den westlichen und nördlichen Ländern des Reiches so gut als gar nicht bezeugt werde. Entschieden hat sich später Krüger (Bonn. Jahrb. CIV 59) für die Auffassung als I. ausgesprochen, ebenso Hertlein Iuppitergigantensäulen 95f. Der letztere hat dann auch eine mehrfach vorkommende Göttin mit einem gewundenen Gegenstand, der als Blitz, als Bogen, als Schlange oder auch als Fackel bezeichnet [1125] wurde, wahrscheinlich richtig als I. mit dem Blitz erklärt (S. 96ff.) Ganz verfehlt aber ist bei Hertlein die Deutung I.s auf den Viergöttersteinen als einer germanischen Göttin des Frühlings, etwa Frouwa = nordisch Freyja genannt (S. 145). Die Auffassung der vier oben genannten Gottheiten als Götter der Jahreszeiten ist überhaupt sehr gezwungen und vollends die Erklärung derselben aus germanischen Vorstellungen ganz ungeschichtlich (vgl. Haug Philol. Wochenschrift 1912 nr. 4).

Eine eigentümliche Erscheinung in keltischen Landschaften sind dann noch die Iunones, nicht in dem Sinn von weiblichen Genien (s. o. S. 1115), sondern in Kombination oder Identifikation, mit den Matronae Suleviae und verwandten Göttinnen. Vgl. hierüber besonders Ihm Bonn. Jahrb. LXXXIII 76ff. und in Roschers Myth. Lex. s. v. 617ff.; auch Siebourg Westd. Ztschr. 1888. Diese Iunones erscheinen besonders auf Inschriften im nordöstlichen Oberitalien, in Aquileia, Verona, Brescia (auch noch in Noricum), nicht mehr in Mailand, selten in Gallien und den Rheinlanden, garnicht in Britannien und Spanien. Sie heißen wie die Matronen Gabiae (in Köln CIL XIII 8192), ferner montanae (in Nimes CIL XII 3067), Augustae (in Verona CIL V 3238), Suleviae (am Pas de Calais CIL XIII 3561), und werden verbunden mit den numina Augustorum, mit dem deus sanctus Hercules (CIL V 4854 am Gardasee), und mit dem Genius. Die Inschrift von Aquileia CIL V 781, wo ihnen tria signa geweiht werden, weist darauf hin, daß sie wie die Matronen als Dreiheit gedacht wurden.

[Haug. ]