RE:Iulius 306
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Kallistos, C. Kaiserl. Freigelassener unter Gaius und Claudius | |||
Band X,1 (1918) S. 657–658 | |||
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306) C. Iulius Kallistos (alle drei Namen Scribon. praef. 1, C. Iulius ebd. c. 151, sonst Callistus), kaiserlicher Freigelassener unter Gaius und Claudius. Daß er dem Kaiser Gaius seine Freilassung verdankt, wird durch seinen Namen bestätigt.Als Sklave gehörte er zuerst einem Privatmann, der ihn verkaufte, so daß er dann in kaiserlichen Besitz kam und bald zu großer Macht gelangte, die er seinen ehemaligen Herrn durch allerhand Demütigungen fühlen ließ, Sen. epist. 47, 9. Als Beweis für den hohen Einfluß, den I. bei Gaius ausübte, berichtet Dio LIX 19, 6, daß der Redner (Cn.) Domitius Afer durch seine Fürsprache vor dem Zorn des Kaisers gerettet wurde (J. 39 n. Chr.). Seine Beziehungen zum Kaiser wurden auch dadurch gefestigt, daß dieser seine ihm von einer Lohnnähterin geborene Tochter Nyraphidia, die Mutter des C. Nymphidius Sabinus, zu seiner Geliebten erkor, Plut. Galba 9; vgl. Tac. ann. XV 72. Nachdem I. große Reichtümer erworben hatte und sich in seiner einflußreichen Stellung sicher fühlte, beteiligte er sich an Verschwörungen gegen das Leben des Kaisers. Die erste Verschwörung wurde entdeckt, aber, obwohl auch I. und die beiden Gardepräfekten unter den Schuldigen genannt wurden, blieben sie unbehelligt; immerhin legte Gaius seither das Mißtrauen gegen sie nicht ab. Zonar. XI 6 p. 19f. Dind. III (Dio LIX 25, 7. 8. p. 648 Boiss. II); vgl. Suet. Gai. 56, 1 conscientia potentissimorum libertorum. Auch in das Komplott, das Cassius Chaerea anzettelte und das zur Ermordung Caligulas führte, war I. verwickelt. Dabei leitete ihn die Rücksicht auf den voraussichtlichen neuen Herrn, und in dieser Berechnung täuschte er sich nicht, zumal da er auch die verwerflichsten Mittel nicht scheute, um sich bei Claudius in Gunst zu setzen. Die Verschwörung gelang (am 24. Jänner 41 n. Chr.), und während die Anstifter der Ermordung auf Befehl des Claudius hingerichtet wurden, gewann I. bei dem neuen Kaiser noch mehr Einfluß als bei seinem Vorganger, Joseph. ant. Iud. XIX 64–69. Dio (Xiphil.) LIX 29, 1; vgl. Tac. ann. XI 29.
Das Freigelassenen-Triumvirat Kallistos, Pallas und Narcissus beherrschte den willensschwachen Kaiser vollständig. Alle drei intriguierten seit der Hinrichtung des Polybios gegen des Kaisers [658] Gemahlin Messalina, aber nur Narcissus wagte es, offen gegen sie aufzutreten, während es I. und Pallas vorzogen, sich im Hintergrund zu halten. Nach dem Sturz Messalinas berieten dieselben drei Männer den Kaiser bei der Wahl einer neuen Gattin. I. setzte sich für die kinderlose Lollia Paulina ein und eiferte gegen die von Narcissus vorgeschlagene Aelia Paetina, von der sich Claudius schon einmal getrennt hatte; schließlich trug Agrippina, die Pallas empfohlen hatte, den Sieg davon, Tac. ann. XI 29. 88. XII 1. 2 (zum J. 48).
Das Amt, das I. unter Claudius bekleidete, bezeichnet Zonar. XI 9 p. 30 Dind. III (Dio LX 30, 6 b p. 5 Boiss. III) ἐπὶ ταῖς βίβλιοιςτῶν ἀξιώσεων ἐτέτακτο, er war also a libellis. Als solcher war er der Nachfolger des Polybios, der im J. 47 getötet wurde. Daß er diesem auch im Amt a studiis gefolgt sei, läßt sich nicht erweisen; vgl. Friedländer S.-Gesch. 1⁸ 180, auch Hirschfeld ebd. gegen Buecheler Rh. Mus. XXXVII (1882) 326-328.
Dieses Amt war für den Arzt Scribonius Largus die Veranlassung, sein Rezeptbuch (de compositionibus medicamentorum), das er auf Anregung des I. verfaßt hatte (praef. p. 5 Helmr.: a me compositiones quasdam petisti), und andere dem Kaiser gewidmete Schriften (ebd. sub tanti nominis editione) durch I. überreichen zu lassen (ebd. tradendo scripta mea latina medicinalia deo nostro Caesari), was dieser mit entsprechender Empfehlung tat (divinis manibus laudando consecrasti ebd.). Daher hat Largus das Buch an seinen Gönner (adiutus omni tempore a te, ebd.) I. gerichtet (C. Iulio Callisto suo s. lautet die Überschrift der Praefatio; weiterhin folgt die Anrede Cai Iuli Calliste; c. 151 p. 63 Cai Iuli; c. 271 p. 106 mi Calliste. Die Praefatio ist im vollen Wortlaut wiedergegeben von Marcellus Empiricus de medicamentis p. 15 Helmr., aber mit der unrichtigen Überschrift Cornelius Celsus G. Iulio Callisto s. d. und Weglassung des letzten Satzes).
Der ungeheure Reichtum, die Macht und das Ansehen des I. und der Freigelassenen seiner Zeit werden immer wieder hervorgehoben; außer an den schon angeführten Stellen, insbesondere noch Plin. n. h. XXXIII 134. XXXVI 60 (hier wird sein mit prunkvoller Verschwendungssucht erbauter Speisesaal erwähnt). Als den Typus des Emporkömmlings, der durch Bestechlichkeit und brutale Ausnützung seiner Macht ein gewaltiges Vermögen zusammenraffte und mit um so größerer Unverschämtheit alle Tieferstehenden behandelte, schildert ihn Joseph. a. a. O. 64f.