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RE:Herodes 6

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn des Demophon
Band VIII,1 (1912) S. 917918
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6) Herodes, Sohn des Demophon, stammt aus Pergamon (Dittenberger Syll. [or.] I 111, 14. Griech. Inschr., publ. von Schubart Ä. Z. XLVII 154ff.) und gehört zu den vielen Reisläufern der hellenistischen Zeit, welche Ägypten angelockt hat. Er hat hier als Soldat um die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. sein Glück gemacht, ist Infanterieoberst, ἡγεμὼν ἐπ’ ἀνδρῶν geworden und hat als solcher die Stelle eines φρούραρχος von Syene und ein Grenzkommando in der Dodekaschoinos (Dittenberger Syll. [or.] I 111, 16. Gr. Inschr. publ. von Schubart Ä. Z. XLVII 154ff. [1]) erlangt; er tritt uns in dieser Stellung in den letzten Jahren Ptolemaios' VI. Philometor I. entgegen. H. ist hier in engste Fühlung mit der einheimischen Priesterschaft getreten, ist sogar, was sehr bemerkenswert ist, in die Reihen der ägyptischen Phylenpriester [s. Otto Priest. u. Temp. im hell. Ägypt. I 23ff. 77ff.) aufgenommen worden und hat hohe Priesterämter, wie das des [918] Propheten des Chnubo Nebieb im Tempel zu Elephantine und das eines Archistolisten im vereinigten Priesterkollegium der Heiligtümer vom Elephantine, Abaton und Philai bekleidet; Otto a. a. O. I 224. Bouché-Leclerq Hist. des Lagid. III 212, 5 sieht freilich in den Priestertiteln des H. reine Ehrentitel und erklärt ihre Nichtnennung in einem späteren Dokument (Dittenberger Syll. [or.] I 130) dadurch, daß der inzwischen avancierte H. sich wegen seines Avancements scheue, sie zu nennen; ein solches Verhalten des H. erscheint aber sowohl in Anbetracht des Verhältnisses von Staat und Kirche in jener Zeit als auch besonders infolge des weiteren Verweilens des H. in derselben Gegend ganz unglaubhaft. Die spätere Nichterwähnung erklärt sich dagegen durchaus befriedigend, wenn man annimmt, daß H. seine Ämter zugleich mit dem Aufrücken in die höhere Stellung, als mit dieser offenbar nicht mehr recht vereinbar, niedergelegt habe (Otto a. a. O.), und damit fällt auch die Deutung der Titel als reine Ehrentitel, die zudem ohne Parallelen dasteht. Daß freilich H. seinen priesterlichen Obliegenheiten auch nur irgendwie regelrecht nachgekommen ist, ist bei seiner militärischen Stellung nicht wahrscheinlich. Bei der Aufnahme in die Priesterschaft dürfte jedenfalls wohl ein politisches Moment — der Wunsch des Staates, innerhalb der wichtigen Priesterkollegien an der Reichsgrenze einen Stützpunkt zu haben — zum mindesten mitgespielt haben, die Priester werden also vielleicht einem direkten Verlangen der Regierung nachgekommen sein. Immerhin ist die Laufbahn dieses Pergameners selbst für hellenistische Verhältnisse außergewöhnlich. Bemerkenswert ist auch die anscheinend sehr rege Anteilnahme des H. an dem Kultvereinsleben seines Bezirkes, wobei er freilich sich nicht nur von religiösen Interessen, sondern auch hier von politischen, von Bestrebungen die Loyalität zu fördern, hat leiten lassen; so scheint vornehmlich er den auf der Nilinsel Satis bei Syene tagenden Kultverein der βασιλισταί gegründet zu haben, einen Kultverein, der auch infolge des in ihm herrschenden religiösen Synkretismus auf das Geschick seines Gründers helles Licht wirft (Dittenberger Syll. [or.] I 111. 130 [für die Vermutung, daß H. der Gründer ist, s. bes. 111, 14–25 und 130, 4–6. 16–18] und dazu Otto a. a. O. I 126f.). Während der Regierung des 8. Ptolemaiers — wohl in seiner ersten Zeit — begegnet uns dann H. in höherer Stellung als στρατηγός der Dodekaschoinos; entsprechend seinem Avancement führt er in dieser Stellung auch anstatt seines früheren Ehrentitels τῶν διαδόχων den eines ἀρχισωματοφύλαξ. Er, der Kleinasiate, ist inzwischen in Oberägypten weiter heimisch geworden; er hat das Bürgerrecht von Ptolemais in der Thebais erhalten und hat hier in der wohl vornehmsten Phyle Ptolemais und deren vornehmsten Demos Berenikeus Aufnahme gefunden (Dittenberger Syll. [or.] I 130, 4f. und dazu Plaumann Ptolemais in Oberägypt. 23f.), auch dies ein Zeichen für das Ansehen, das er sich errungen hat.

  1. Die Ergänzung dieser Inschriften durch Dittenberger und Schubart bedarf freilich der Modifikation. Diese Modifikation und die hieraus sich ergebenden Folgerungen für die amtlichen Stellungen des H. und die Geschichte der Dodekaschoinos hier im einzelnen zu begründen und zu präzisieren, würde jedoch zu weit führen; ein in den Grundzügen schon vorliegender Aufsatz ‚Zur Geschichte der Dodekaschoinos‘ wird dies nachholen.

Anmerkungen (Wikisource)

Der in der Fußnote erwähnte Aufsatz ist nie erschienen (vgl. Hermann Bengtson, Die Strategie in der Hellenistischen Zeit. Bd. 3: Ein Beitrag zum Antiken Staatsrecht, S. 103).