2) Hermon (חֶרְמוֹן LXX Ἀερμών) heißt der südliche Ausläufer des Antilibanus. Sein heutiger Dschebel eššech, ‚Berg des Weißhaarigen (Greises)‘, oder Dschebel etteldsch, ‚Schneeberg‘. Letzteren Namen hat auch schon das Targum zu Deut. 3, 9 טור תלגא. Der H. bildete einst die nördliche Grenze des israelitischen Gebietes. Deut. 3, 9 heißt das Gebirge bei den Phöniziern שִׂרְיֹן (LXX Σανιωρ), bei den Amoriternשְׂנִיר. Dieser letztere Name kommt auch auf den assyrischen Inschriften und bei arabischen Historikern und Geographen des Mittelalters vor und umfaßt, wie es scheint, den Antilibanus noch mit. Die Bezeichnung שיאן Deut. 4, 48 für H. wird wohl Textfehler sein. Den Namen חרמון trägt der Berg, weil er ein heiliger, d. h. mit einer Kultstätte versehener Berg schon im höchsten Altertum war. Die auf dem Berg befindlichen Tempelreste zeugen von altem Höhenkult. Die Hebräer bewunderten den Berg wegen seiner imposanten Höhe, Ps. 89, 13. Durch die von ihm streichenden kalten Luftschichten werden in Palästina feuchte Niederschläge erzeugt, Ps. 133, 3. Der H. hat drei Gipfel, von denen der nördliche und südliche ca. 2760 m , der westliche ca. 2730 m mißt. Auf dem südlichen Gipfel liegt die Ruinenstätte Ḳaṣr ʿAntar, vielleicht ein altes Heiligtum. Das Gestein des Berges besteht aus stellenweise mit Kreide bedecktem Kalkstein; südlich und östlich treten Basaltergüsse hervor. In den oberen Teilen des Gebirges tritt leuchtend das weiße Gestein teils selbst zutage, teils trägt es stachlichte Sträucher, die zur orientalischen Steppenflora gehören. In den mittleren Teilen kommen seltene Koniferen, wilde Obstbäume mit genießbaren Früchten und besonders echte Mandelbäume vor. In den niedrigen Lagen, bei Rascheja im Norden sogar bis 1440 m, begegnet ausgedehnter Weinbau. Die Schneegrenze beginnt im Winter
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oberhalb 1000 m. Das Innere des Berges birgt große Wasserkammern, durch die zahlreiche Quellen und Flüsse, besonders nach dem Jordan zu, versorgt werden. Noch jetzt ist der H., wie einst im Altertum, Hohelied 4, 8, trotz des allgemeinen Rückganges des Raubtierbestandes Palästinas, ein Schlupfwinkel für Bären, Wölfe, Füchse usw. In vorisraelitischer Zeit drangen verschiedentlich nordische Völker, z. B. die Amoriter, über den H. nach Süden vor. Im letzten Jhdt. v. Chr. breitete sich hier das gefürchtete Reich der Ituräer (יְטוּר Gen. 25, 15) aus. Heut ist die Gegend um den H. von den Bekennern verschiedener Religionen: Christen, Metâwile (Schiiten), und den wunderlichen Sekten der Drusen und Nosairier bewohnt. Vgl. Guthe Hermon in Realencykl. f. Prot. Theol. u. Kirche VII³ 758—760. Bädeker(-Benzinger) Palästina⁷ 270–272.