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RE:Fixsterne

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Wesen, Gestalt, Grösse, Anzahl, Namen, Auf- und Untergänge
Band VI,2 (1909) S. 24072431
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Fixsterne.

1. Terminologie.

Die uns geläufige Benennung ,Fixsterne‘ entspricht nicht ganz dem bei den Griechen gebräuchlichen Ausdruck ἀπλανεῖς ἀστέρες, ἀπλανεῖς, ungenau auch ἀπλανῆ ἄστρα, lateinisch inerrantes (z. B. Cic. de nat. deor. II 54f. 80) oder inerrabiles (Ambros. epist. I 44, 3, vgl. orbis qui inerrabilis dicitur Apul. de mund. 2). Das Wort bringt also das Fehlen einer Ortsveränderung der F., im Gegensatz zu dem ,Irren‘ der Wandelsterne, zum Ausdruck; vgl. auch Ptolem. synt. II 2, 12 Heiberg. Die deutsche und allgemein moderne Terminologie F. (étoiles fixes, fixed stars) knüpft dagegen an eine antike Bezeichnung an, in der jene Unwandelbarkeit durch Befestigung der F. an einer Sphäre motiviert war. Im Griechischen hat das nicht zu einem eigentlichen Terminus geführt, obgleich Aristoteles (de cael. 290 a 19 mit Simplicius 453, 12 Heib. und meteor. 346 a 2, doch vgl. dagegen de cael. 292 a 14) ἀστέρες ἐνδεδεμένοι oder ἄστρα ἐνδεδεμένα in direktem Gegensatz zu πλάνητες und πλανώμενα gebraucht (weiteres in Bonitz Ind. Aristot.). Ähnlich ist der in der Aratliteratur begegnende Ausdruck ἀστέρες ἐμπεπηγότες τῷ οὐρανῷ (Achill. p. 39, 14 M. und weiteres in Maass Index zu seinen Comm. in Arat. rell. s. ἐμπηγνύναι), der mit dem für Anaximenes’ Anschauung gebrauchten Wort καταπεπηγέναι τὰ ἄστρα τῷ κρυσταλλοειδεί übereinstimmt; ähnlich ὤσπερ προσπεφυκότες (τῇ σφαίρᾳ) bei Ptolem. synt. VII 1; adhaerere caelo Plin. n. h. XVIII 219. Vgl. auch συνδεδέσθαι für Empedokles bei Aet. Plac. II 13, 11; ἐνδεδεμένα auch bei den Pythagoreern nach Berichten Späterer, vgl. Zeller Ph. d. Gr. I5 1, 415, 1. Einmal gebraucht Aristoteles auch οἱ μένοντες (de cael. 290 a 21). Im Lateinischen ist der Ausdruck sidera infixa caelo schon bei Cic. de nat. deor. I 34 (vgl. auch infixi Somn. Seip. 9) auf die F. beschränkt (in einer Ausführung nach Xenokrates), desgleichen astra fixa bei Manil. II 35, adfixa sidera mundo Plin. n. h. II 28, eas quas putamus adfixas II 95; Seneca nat. quaest. VII 24, 3 nennt den F.-Himmel fixum et immobilem populum, in Verbindung von ἐνδεδεμένος und ἀπλανής. Vgl. über diesen Wandel der Terminologie Humboldt Kosmos III 37. 53. 163. Im Grunde ist dabei ein Erklärungsversuch altertümlicher Art über die richtigere einfache Bezeichnung der Tatsachen wieder Herr geworden.

2. Über das Wesen der Fixsterne.

Die δόξαι über das Wesen der F., die namentlich in der älteren Zeit stärker als die empirische Forschung hervortreten, liegen gesammelt vor bei Aet. Plac. II 13–17, wozu ergänzend [2408] Achill. is. c. 11 und Seneca nat. quaest. VII 1, 5f. kommen. Einen Begriff von dem, was die byzantinischen Gelehrten des Mittelalters von Wesen, Gestalt, Bewegung und Eigenlicht der Fixsterne wußten, gibt die kleine Schrift des Psellos (11. Jhdt.) Ἐπιλύσεις σύντομοι φυσικῶν ζητημάτων c. 21–24 (das Bemerkenswerteste ist Aufnahme der richtigeren Präzessionsbestimmung der Araber). Für die weiteren Belege muß im allgemeinen auf Zeller Phil. der Gr. und Diels Vorsokratiker verwiesen werden; nicht einwandfrei die Darstellung bei Gilbert Die meteorolog. Theorien des griech. Altertums (Lpz. 1907) 676ff.; einiges auch bei Gundel De stellarum appellatione et relig. Rom., Religionsgesch. Versuche III 2, 227ff. Hier kann nur eine möglichst knappe Zusammenfassung gegeben werden. Die Vorstellung bei Xenophanes (Aet. II 13, 14), wonach die Sterne sich jeden Tag neu aus Wolken) sammeln und entzünden (analog die Vorstellung des Heraklit von der Sonne), zeigt noch deutlich den Zusammenhang mit primitiven Anschauungen (über diese Usener Götternamen 288f.; Sintflutsagen 130ff.); auch Epikur hat diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen (Cleom. II 1, 158f. Ziegl.). Unter den wissenschaftlichen Anschauungen lassen sich zwei Gruppen bilden: die Sterne als feurig oder als der Erde wesensgleich; die erstere Auffassung ist wieder zweigeteilt, je nachdem das himmlische Feuer als verwandt mit dem irdischen und durch irdische Dünste genährt oder als ein besonderer Stoff gefaßt wird. Der nächstliegende Gedanke ist der, daß die Substanz der die Nacht erleuchtenden Gestirne Feuer sei, quod et visus noster confirmat (Seneca nat. quaest. VII 1, 5); das liegt bei den Feuerrädern des Anaximander und seinen kosmologischen Vorstellungen zu Grund und wird von Empedokles wie von Parmenides (frg. 8, 56. 11) wiederholt. Für Anaximander handelt es sich, wie für Xenophanes, bei diesen Feuerkörpern um πιλήματα ἀέρος πυρὸς ἔμπλεα oder νέφη πεπυρωμένα (schwerlich richtig zieht hier Gilbert 685 die spätere astronomische Terminologie νεφελοειδὴς συστροφή, d. h. Sternnebel [oder genauer meist kleiner Sternschwarm, Humboldt Kosmos III 99. 179], wie z. B. der auch Φάτνη genannte im Krebs, heran; übrigens tragen die gleiche Bezeichnung νεφελοειδής auch Sternnebel im Schwan, Orion, Schützen und Perseus, ferner ἀμόρφωτοι beim Skorpion und die Coma Berenices im F.-Verzeichnis des Ptolemaios). Parmenides 12, 3 hebt bereits das eigentümliche Wesen des himmlischen Feuers (ἄκρητον) hervor; bestimmt entgegengetreten ist dann der Vorstellung, daß die Gestirne aus irdischem Feuer bestehen, Aristoteles meteor. I 3 Schl., der auf das strengste das himmlische Feuer als πέμπτη οὐσία oder Äther, aus dem die Sterne bestehen (τὸ τῶν ἄστρων στοιχεῖον gen. anim. 736 b 37), von dem irdischen scheidet. Bei weitem weniger streng trennt die stoische Annahme, die sie aus πῦρ τεχνικόν oder Äther bestehen läßt; sie unterscheidet sich folgerichtig auch darin von der Aristotelischen, daß sie ähnlich wie schon Ältere (Anaximenes und Heraklit) dieses ätherische Feuer der Gestirne durch Ausdünstungen (ἀναθυμιάσεις) der Erde und des Meeres genährt werden läßt. Es scheint, daß diese Annahme dem den Griechen natürlichen [2409] und von den Stoikern nach Platons und Aristoteles’ Vorbild verkündigten Glauben an die Göttlichkeit der Gestirne unbedenklich erschien. Desto mehr aber empörte sich das religiöse Gefühl der Griechen dagegen, totes Gestein in den göttlichen Gestirnen anzunehmen. Anaximenes hatte der Sonne und den übrigen Gestirnen bereits einen erdartigen Kern zugeschrieben; aber erst in der Darstellung dieser Lehre durch Anaxagoras, der hier wie auch in der Annahme von dunklen Körpern in der Gestirnregion (behufs Erklärung der Mondfinsternisse, s. o. S. 2342; übrigens als ,Trabantenhypothese‘ noch heute zur Erklärung des Lichtwechsels der veränderlichen F. in Anwendung) sich an Anaximenes anschließt, gewinnt die Vorstellung größere Verbreitung und wirkt aufregend. Anaxagoras’ Meinung (Diels Vorsokr. A 71ff. Zeller 1003f.) war die, daß von der Erde durch den Umschwung bei der Weltentstehung Felsklumpen weggerissen und im Äther glühend und zu Gestirnen geworden seien; eine Vorstellung, in der ihn offenbar vor allem der Fall des großen Meteoriten von Aigospotamoi bestärkte. Er hat auch noch ein zweites Problem aufgeworfen und zu lösen versucht, die Anhäufung der Sterne in der Milchstraße, die noch heute die Forschung beschäftigt (Näheres bei Gomperz Gr. Denker I 179; über die modernen Annahmen Plassmann Die Fixsterne [‌Kempten 1906] 149ff.). An Anaxagoras lehnen sich offenbar an Diogenes von Apollonia, dem die Sterne aus den Löchern des bimssteinartigen Himmels hervorbrechende Feuer sind, und Archelaos, der auch den Ausdruck μύδροι für die Gestirne von Anaxagoras übernommen zu haben scheint (Diels Vorsokr. A 15). Auch für Demokrit sind die Gestirne Gesteinsmassen oder Felsen, die sich durch die Schnelligkeit des Umschwungs entzünden. Über die Motivierung dieser Ansicht ohne Bezug auf einen einzelnen Philosophen kurz Seneca a. a. O. Sehr viel anders gemeint als bei Anaxagoras ist jedenfalls bei den Pythagoreern (wohl vor allen Philolaos, vgl. Aet. Plac. II 30, 1) und Orphikern, die Aet. II 13 neben Herakleides vom Pontos erwähnt, das Postulat, daß jedes Gestirn ein κόσμος sei, der Erde, Luft und Äther umfasse: den religiösen Untergrund dieser Annahme, die zugleich in den Gestirnen den Sitz der unsterblichen Seelen sieht und darum sie ähnlich wie die Erde, aber mit weit großartigeren Tieren und Pflanzen ausstattet, hat Zeller I5 1, 426 richtig hervorgehoben. Platons Auffassung im Timaios p. 40 A (vgl. 32 C; Phileb. 29 A ff. und Achill. is. 11), wonach die Gestirne zwar aus allen vier Elementen zusammengesetzt sind, aber größtenteils aus Feuer bestehen, ὅπως ὅτι λαμπρότατον ἰδεῖν τε κάλλιστον εἴη, ist weit mehr von pythagoreischen Gedanken als von denen des Anaxagoras beeinflußt, von dem ihn seine Verehrung der Gestirne als θεοὶ ὁρατοὶ καὶ γεννητοί und ihre Beseelung trennt; in der doxographischen Überlieferung tritt diese religiöse Grundauffassung bei Platon zu wenig hervor. Ähnlich wie die Timaiosstelle, aber in deutlicherer Form und mit Ausscheidung des Äthers als fünften Elements der Verfasser der Epinomis p. 931 D f. und modifiziert Xenokrates (bei Plut. de fac. 943 F, vgl. Heinze Xenokrates 124). Über Entstehung [2410] und Wesen der Milchstraße vgl. den besonderen Artikel; über den Glauben an die Göttlichkeit, Beseeltheit und Vernunft der Gestirne und ihre Verbindung mit dem Unsterblichkeitsglauben vgl. den Art. Sternglauben.

3. Die Gestalt.

Die Gestalt, in der die F. erscheinen, ist die eines leuchtenden und flimmernden Punktes; daran knüpft die Vorstellung des Anaximenes an (Diels A 14), wonach ἥλων δίκην καταπεπηγέναι τὰ ἄστρα τῷ κρυσταλλοειδεῖ; sie kehrt wieder in der seltsamen astronomischen Homerauslegung (Nestorbecher Hom. Il. XI 633) des Asklepiades von Myrlea (Athen. XI 488 C). Da für Anaximenes die Bezeichnung der Sonne als πέταλον sicher ist, so wird er wohl auch unter den ἔνιοι, die nach der Überlieferung bei Ps.-Plut. II 14, 4 (unmittelbar vorher) die Sterne als πέταλα πύρινα ὥσπερ ζωγραφήματα bezeichnen, gemeint sein; ζωγραφήματα weist auf die zu Bildern verbundenen F. ziemlich unverkennbar hin. Aus der Sternkunde der Pythagoreer, durch die Analogie mit der Kugelgestalt des Himmels, der Erde, des Mondes und der Sonne und durch den Glauben an die Vollkommenheit der Kugelgestalt drang die Auffassung der Gestirne als Kugeln, die Platon, Aristoteles und die Stoa vertraten, allgemeiner durch. Poseidonios (Stob. ecl. p. 518 = Areios Did. ed. Diels p. 466) definiert ein Gestirn als einen göttlichen, aus Äther bestehenden, leuchtenden und feurigen Körper, der nie ruht, sondern stets im Kreise sich bewegt; er ist kugelförmig (Diog. Laert. VII 145). Eine wunderliche Ausnahme bildet die Meinung des Kleanthes, die F. seien κωνοειδεῖς (so Aet. Plac. II 14, 3. Achill. c. 12), die mit seiner Lehre, das Feuer sei kegelförmig, zusammenstimmt und vielleicht (Gilbert a. O. 691, 1) von der Erscheinung des Feuers in der aufwärtsbrennenden Flamme genommen ist; dann müßte die weitere, vielleicht auf Kleanthes zurückgehende Behauptung, die Gestalt des κόσμος sei kegelförmig, sekundär sein. Noch wunderlicher ist die analoge Annahme bei einem christlichen Anonymus (Catal. cod. astr. gr. VII 15, 1), die Gestalt der Erde sei kegelförmig. Auf wen die Behauptung zurückgeht, die Gestirne seien pyramidenförmig (Achill. c. 12), ist mir unbekannt; sie steht der soeben genannten sehr nahe.

4. Wirkliche Größe der Fixsterne.

Die Erkenntnis, daß die Sterne mit Sonne und Mond wesensgleich seien, ist schon bei den älteren Philosophen in nuce vorhanden; Xenokrates (Plut. de fac. 943 F) macht sogar im Anschluß an Platonische Gedanken den allerdings rein spekulativen Versuch, die feinere Zusammensetzung der Sonne und des Mondes von der der Sterne zu unterscheiden. Völlig auf gleiche Stufe stellt die F. und die Sonne die heliozentrische Hypothese des Aristarch von Samos (Archimed. Aren. 5). Je mehr also ein richtiger Begriff von der Größe der Sonne gewonnen wurde, desto besser mußte auch die Größe der so viel weiter entfernten F. einleuchten. Die oben (o. S. 2409) berührte Pythagoreische Lehre, wonach jeder Stern eine eigene Welt mit Erde, Luft und Äther sei, also eine gesteigerte Erde, setzt bereits einen solchen Begriff von der Größe der Sterne voraus. Für Aristoteles ist es schon eine kindliche (freilich zu Kleomedes’ Empörung von Epikur und den Seinen [2411] wieder hervorgesuchte) Meinung, daß die Gestirne, weil sie uns klein erscheinen, auch wirklich klein seien; er spricht (meteor. 339 b 8) als Ergebnis der astronomischen Beobachtung aus, daß ὁ τῆς γῆς ὄγκος πολὺ καὶ τῶν ἄστρων ἐνίων ἐλάττων ἐστί. Eine wichtige Stelle enthält dann Plutarch de anim. procreat. in Tim. 1028 D, wo unter teilweise, wie ich anderwärts zeigen werde, Hipparchischen Bestimmungen als Durchmesser des kleinsten sichtbaren F.s nicht unter ein Drittel des Erddurchmessers angenommen wird. Kleomedes II 3, 176 Ziegl. kommt zu dem Schluß, daß alle F. größer als die Erde und viele gleich groß oder größer seien als die Sonne; für Poseidonios, der auch sonst in seinen Schätzungen der Größe und Entfernungen der Gestirne von Hipparch aus und weit über ihn hinaus ging (Hultsch Ber. Sächs. Ges. 1900, 199f.), würde das gut passen; vgl. auch Manilius I 408f., wo der Sirius als vix Sole minor, nisi quod procul haerens frigida caeruleo contorquet lumina vultu bezeichnet wird. Daß einzelne Sterne noch größer sind als der am größten unter den Fixsternen erscheinende Sirius, behandelt Geminos p. 192, 27 Man. als Tatsache: er könnte dabei freilich auch an die Planeten, besonders Venus und Juppiter, denken. Noch in einem Gedicht des Christophoros von Mytilene im 11. Jhdt. (nr. 92, 13 ed. Ed. Kurtz, Leipzig 1903) begegnet der Ausdruck ,kleine Sonnen‘ für die F. (βλέπεις γε πολλοὺς ἡλίων μικροὺς κύκλους, τοὺς χρυσομόρφους καὶ φαεινοὺς ἀστέρας) als ein Nachhall jener vom Altertum gewonnenen Erkenntnis.

5. Licht und Wärme.

Daß die F. Eigenlicht haben (zur Begründung Plassmann a. O. 20), ist erst allmählich selbstverständlich geworden, seitdem man einsah, daß sie zum Teil größer als die Sonne sind. Dagegen haben von den Älteren die Pythagoreer möglicherweise die F. ähnlich wie die Sonne vom Feuer des Umkreises erleuchtet werden lassen, das sie (Boeckh Philolaus 99. Zeller I5 1, 435) wahrscheinlich in der Milchstraße fanden. Anaxagoras hat den F. wie dem Monde zwar eigenes Licht gegeben, aber sie daneben von der Sonne erleuchtet werden lassen, außer den Sternen der Milchstraße, die wir nur in ihrem eigenen Licht sehen; Demokrit stimmt darin mit ihm überein (Aristot. meteor. 345 a 25), und von den Demokriteern lehren Metrodor von Chios und Diotimos von Tyros die Erhellung der F. durch die Sonne. Selbst noch von dem atomistisch beeinflußten großen Physiker der Aristotelischen Schule Straton wird uns das gleiche berichtet (Aet. plac. II 17, vgl. Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1893, 118), wie er auch den Himmel aus Feuer statt nach Aristotelischer Lehre aus Äther bestehen ließ. Beobachtung wechselnder Helle bei F. als Wetterzeichen bei Arat. v. 1012ff., ebenso bei Theophrast π. σημ. 43 mit Voss’ Verbesserung ἄστρα statt ἀστραπή und Plin. n. h. XVIII 352. Ähnlich gemeint ist wohl Achill. c. 22 (zu überschreiben περὶ σελήνης καὶ ἀστέρων), wo die Sternschnuppen erklärt werden sollen (p. 50, 32 M.); das geschieht durch den Vergleich der Sterne mit Kohlen, die beim Anfachen oder Bewegen heller werden und Funken entsenden: τὸν αὐτὸν τρόπον καί οἱ ἀστέρες ποτὲ μὲν ἀμυδροὶ ποτὲ δὲ φαιδροὶ γίνονται, ἔσθ' ὄτε δὲ καὶ φῶς ἐξ αὑτῶν ἐκπέμπουσιν. [2412] Nach Vergleich mit Aet. Plac. III 2, 9. Hippol. I 8, 10 möchte man an Anaxagoras als Quelle denken (hier wie dort auch die gleichen Ausdrücke σπινθῆρες und καταφερόμενοι). Von großen Lichtwechselperioden, nämlich von Dauer einer φαντασία von 4201/2 d und 485 d 7 h, scheint das neue Münchner astrologische Fragment (Arch. f. Pap.-Forsch. I 497) zu sprechen; aber diese langen Perioden schließen wohl wirkliche astronomische Beobachtung aus und legen rein astrologische Deutung, wie dort dargelegt, näher als den Gedanken an ,veränderliche‘ Sterne. Vgl. über letztere mit Bezug auf Arat auch Humboldt Kosmos III 259. Das Phänomen des Funkelns der F. oder die Scintillation (στίλβειν) ist berührt von Aristot. de caelo 290 a 18, wo auf den Gegensatz zwischen Planeten und F. in diesem Punkte hingewiesen wird (von Simplicius de cael. 454, 15 H. eingeschränkt durch Hinweis auf den Στίλβων [Merkur] und die Venus, bei denen das Phänomen ebenfalls beobachtet werde); Aristoteles erklärt es als eine optische Täuschung wegen der großen Entfernung der F. (unrichtig, vgl. Plassmann a. O. 113). Eratosthenes catast. c. 33 (p. 170, 14 Rob.) erwähnt bei Nennung des Sirius, daß τοὺς τοιούτους ἀστέρας οἱ ἀστρολόγοι Σειρίους καλοῦσι διὰ τὴν τῆς φλογὸς κίνησιν, man hat also wohl bemerkt, daß die Stärke der Scintillation keineswegs bei allen F. gleich ist (vgl. zur Sache Humboldt a. O. III 86). Anaxagoras (Hippol. I 8, 7) hat auch die Frage sich vorgelegt, weshalb wir die Wärme der Sterne nicht empfinden, und beantwortet sie teils mit dem Hinweis auf ihre weite Entfernung von der Erde, teils damit, daß sie nicht so warm seien wie die Sonne, weil sie einen kälteren Platz im Weltall einnehmen. Kaum verständlich in seiner durch das Exzerpieren verschuldeten Kürze ist der Erklärungsversuch bei Achill. p. 50, 28; bemerkenswert ist, daß auch hier wie bei Anaxagoras die Sterne durch die Sonne beleuchtet werden.

6. Fixsternsphäre und Entfernung der Fixsterne.

Die antike Theorie hat im allgemeinen eine Sphäre für die sämtlichen F. angenommen, die nach der älteren Vorstellung an ihr angeheftet sind (s. o. S. 2407), und da für die Alten jede Möglichkeit ausgeschlossen war, die wirkliche Entfernung der F. zu ermitteln, so hatte das praktisch seine volle Berechtigung, wie ja auch noch heute die Himmelsgloben und die Darstellungen der Astronomie diese Voraussetzung notwendig festhalten. Die Vorstellung, daß die Sterne am ehernen oder kristallenen Himmel angeheftet seien, schien, wie Newcomb-Engelmann bemerkt (Pop. Astron. 3, s. Gomperz a. O. II 493), zunächst beinahe notwendig: ,wenn zwischen ihnen keine feste Verbindung stattfand, so schien es unmöglich, daß tausende solcher Körper ihre weite Bahn so lange Zeit hindurch zurücklegen konnten, ohne daß auch nur einer unter ihnen seinen Abstand vom andern änderte‘. Die Hypothese von der Kugelgestalt des Himmels ist zwar nicht die einzige gewesen, aber sie ist, ohne daß sie besonders sorgfältig begründet gewesen wäre, doch herrschend geblieben, weil keine andere ihr gegenüber sich behaupten konnte (Tannery Rech. sur l’astron. anc. 93ff.). Bemerkenswert ist aber, daß theoretisch die Möglichkeit, daß die F. nicht [2413] auf einer Sphäre liegen, keineswegs ganz vernachlässigt wurde, wie vielleicht aus Hultsch o. Bd. II S. 1844 (vgl. aber S. 1849, 30) entnommen werden könnte. Denn bei Geminos I 23 (p. 12, 3 Manitius) wird ausdrücklich gesagt, es sei nicht anzunehmen, daß alle Sterne auf einer einzigen Kugeloberfläche liegen, vielmehr seien einige höher, andere weniger hoch; Manilius I 393f. erklärt die geringe Lichtstärke der Sterne, die das Gesicht des Orion bezeichnen, aus ihrer weiteren Entfernung. Manitius (Ausg. des Geminos 254) hat auch bereits auf die stoische Quelle hingewiesen; das Zeugnis Aet. II 15, 2 ist allerdings nicht unzweideutig, auch hat Chrysipp nach Stob. I 448 die gewöhnliche Meinung (τετάχθαι τὰ ἀπλανῆ ἐπὶ μιᾶς ἐπιφανείας ὡς καὶ ὁρᾶσθαι) vertreten. Bei Plin. n. h. II 110 ist der Zusatz discreta altitudine doch wohl als Abbreviatur jener richtigeren Anschauung anzusehen. Daß die F.-Sphäre weiter entfernt als die der Planeten, also die äußerste sei, konnte bei längerer Beobachtung des Himmels nicht verborgen bleiben (auf Beobachtungen der Ägypter und Babylonier über Bedeckungen auch von F. weist vielleicht Aristot. de cael. 292 a 8 und sicher meteor. 343 b 28, wo er neben ägyptischen Beobachtungen auch eine eigene – zweimalige Bedeckung eines Sternes in den Zwillingen durch den Planeten Juppiter – erwähnt). Von vorneherein ist bei den Griechen die Ordnung keineswegs feststehend gewesen; Anaximander hat zu oberst die Sonne, dann den Mond, zu unterst F. und Planeten gestellt (Aet. II 15, 6); ob Leukipp (Diog. Laert. IX 33) nicht nur die Planeten, sondern auch die F. zwischen Sonne und Mond gestellt hat, geht aus dem Zeugnis nicht deutlich genug hervor. Dem Metrodor von Chios und merkwürdigerweise noch dem Krates wird bei Aet. ebd. die gleiche Ordnung wie dem Anaximander zugeschrieben. Danach möchte auch die Behauptung des Diodor. II 30, 6, wonach ,die Chaldäer‘ die F.-Sphäre unter die der Planeten gestellt haben, nicht ohne weiteres wegzukorrigieren sein, wie ich es Sphaera 336, 2 getan habe; allerdings beginnt die Autorität des Diodor in diesen Kapiteln zu wanken (s. u. S. 2419). Die richtige Anschauung über die F.-Sphäre als die äußerste hat wohl schon Anaximenes gehegt (Zeller I 1, 247), dann besonders die Pythagoreer (vgl. Philolaos bei Aet. II 7, 7, auch Eudemos frg. 95); ferner Parmenides (Zeller I 1, 575; die Angabe über ihn Aet. II 15, 7 muß Mißverständnis sein; anders Patin Jahrb. Philol. Suppl. XXV 623f.) und Empedokles (aus Aet. II 13, 11 zu schließen). Die Entfernung von der Erde zum Tierkreis hat ,Pythagoras‘ nach Censorin. c. 13 (vgl. Plin. n. h. II 83f.) auf sechs Ganztöne = 756 000 Stadien geschätzt. Einen gewaltigen Fortschritt in der Erkenntnis der Größe des Weltalls zeigt die Schätzung des Aristarch (s. Hultsch o. Bd. II S. 875), wonach die Kugel, von der die Erdbahn um die Sonne ein größter Kreis ist, sich zum Abstand der F.-Sphäre so verhält wie das Zentrum der Sphäre zur Peripherie, d. h. also wie ein bloßer Punkt zum Kreis. Archimedes hat den höchsten zulässigen Betrag für den Durchmesser der F.-Kugel kleiner als 100 Billionen Stadien oder 2½ Billionen geographische Meilen angenommen: ,das ist noch nicht das Doppelte [2414] jenes großen Entfernungsmaßstabes, welchen die heutige Astronomie als 1 Jahr Lichtweg bezeichnet‘ (Hultsch o. Bd. II S. 517).

7. Unveränderliche Position und Eigenbewegung der Fixsterne.

Die Frage, ob die F. wirklich, wie der Augenschein zu lehren scheint, an ihrem Ort verharren oder ebenfalls eine Bewegung außer der täglichen gemeinsamen von Ost nach West haben, ist im Altertum ausdrücklich gestellt worden. Hipparch ist nach Plin. n. h. II 95 durch das Auftauchen eines neuen Sternes (134 v. Chr., nach chinesischen Berichten wohl im Sternbild des Skorpions, s. Manitius Ausg. des Hipparch. in Arat. 284 und Näheres bei Humboldt Kosmos III 221f.) zu der Frage geführt worden, ob dies öfter geschehe und auch die sogenannten F. sich bewegen, und hat daher seinen F.-Katalog als Grundlage für künftige Beobachtungen über Neuauftauchen und Eigenbewegungen einzelner F. geschaffen. Die Mittel, die er zur Beobachtung dabei benützte, waren Meridiankreis (μεσημβρινός) und Astrolab, nach Proklos hypotyp. p. 78–83. 136–142 Halma eingehend beschrieben von Manitius in der Zeitschrift Das Weltall V (1905) 399ff. Um künftigen Beobachtern die Vergleichung zu erleichtern, hat Hipparch eine große Anzahl von Alignements angegeben, von denen Ptolemaios eine Auswahl mitgeteilt hat (synt. VII 1); die Nachprüfung durch Manitius (a. O. V 16ff.) hat ergeben, daß 18 von den 22 Alignements noch heute gelten, während beim Rest Bedenken bleiben: Ptolemaios hat die Angaben des Hipparch für seine Zeit völlig zutreffend gefunden, auch die von Hipparch zuerst erwogene Möglichkeit, daß etwa nur die Sterne im Tierkreis eine Präzession (s. darüber den besonderen Artikel und einstweilen die gründliche Arbeit von H. Martin Mémoires prés. p. div. sav. à l'Acad. des Inscr. I. Série t. 8) haben, ausgeschlossen gefunden und nach eigenen Beobachtungen ähnliche Alignements hinzugefügt, die nach Manitius’ Nachprüfung (ebd. 26) ,hinter den Hipparchischen an Genauigkeit weit zurückstehen‘. Wenn somit eine Eigenbewegung im Sinne von relativer Positionsveränderung einzelner F. im Altertum durch die Tatsachen als ausgeschlossen galt, so ist dagegen eine Bewegung der F. um ihre eigene Achse (δίνησις im Gegensatz zu κύλισις Simplic. de cael. 452, 18 Heib.) ,wie ein Bohrer‘ von den Pythagoreern gelehrt worden (Achill. 39, 28. 45, 31 M.); Platon im Timaios (40 AB) ist ihnen auch hierin gefolgt (,wie die an feste Sphären gehefteten F. einzeln rotierend gedacht werden sollen, ist schwer zu begreifen‘ sagt Humboldt Kosmos III 202 mit Recht: man wird wohl daraus folgern müssen, daß für jene Pythagoreer und Platon es sich um immaterielle, nicht um stoffliche Ringe oder Sphären gehandelt hat; Schiaparelli behält also gegen Gomperz’ Widerspruch Griech. Denker II 608 Recht). Der Grund für diese Annahme einer Eigenbewegung ist von Zeller (II 1, 812f.) kaum völlig zutreffend nicht in der Tatsache der Scintillation, sondern nur in dem spekulativen Bedürfnis des Platon oder besser zunächst der Pythagoreer gesucht worden, deren Beweise und nähere Ausführungen uns jedoch unbekannt sind; das Bild [2415] vom Bohrer scheint vielmehr darauf hinzuweisen, daß an ein Zurücktreten ins Himmelsgewölbe dabei gedacht wurde, daß also auch die beobachtete wechselnde Helle (s. o. S. 2412) damit erklärt werden sollte. Aristoteles leugnet die Eigenbewegung der F. (de cael. I 8) und erklärt dabei das Phänomen des Funkelns nur für ,Augentäuschung‘, hat also doch die Frage gerade in diesem Zusammenhang betrachtet (o. S. 2412). Die Schwierigkeiten von Aristoteles’ Erklärung für das Flimmern haben die Kommentatoren bemerkt, vgl. Alexander bei Simplic. de cael. 453, 20ff.; letzterer versucht dann eine verunglückte Konkordanz zwischen Platon und Aristoteles herzustellen. Wichtig ist dabei die zum Schluß gemachte Mitteilung aus dem im Original verlorenen zweiten Buch der Hypotheseis des Ptolemaios (= Opp. ed. Heiberg II 110. 131, 9; eine Anspielung darauf auch bei Johannes Philoponos in Arist. meteor. p. 109, 31 Hayduck), wonach dieser die Annahme einer Bewegung jedes F.s, also einer solchen Achsendrehung, εὐλογώτερον gefunden hat; das entspricht übrigens auch der modernen Theorie, da wir ,die Achsendrehung, mechanischen Gesetzen zufolge, jedem F. zuschreiben müssen, und sich daher die wechselnde Lichtintensität eben aus der Zuwendung dunkler Teile der Oberfläche des Sternes gegen die Erde erklären kann‘ (Plassmann Die veränderlichen Sterne 28).

8. Über die Farbe.

Über die Farbe einzelner F. bemerken unsere antiken Quellen nicht viel. In den Sternverzeichnissen der Epitome der Eratosthenischen Katasterismen und in den verwandten Autoren wird nur dem hellen Stern in der Leier (der Wega) das Beiwort λευκός gegeben (Eratosth. Catast. ed. Robert 142, 7), in Übereinstimmung mit dem heutigen Augenschein. In dem der Epitome als letztes Kapitel angehörenden Verzeichnis der Planeten wird mit dem (jetzt gelben) hellen Stern des Adlers (Atair) die rötliche Farbe des Planeten Mars verglichen; daß statt dieser auffallenden Angabe ὄμοιος τῷ ἐν τῷ Ἀετῷ nicht zu lesen ist τῷ Ἀντάρει oder dgl., ergibt sich daraus, daß auch bei Ptolem. tetrab. I 9 die Sterne des Adlers mit dem Planeten Mars (und daneben dem Juppiter) zusammengestellt werden. Ptolemaios gibt in der Syntaxis nur sechs Sternen, von denen vier erster, zwei zweiter Größe sind, das Beiwort ὑπόκιρρος (= rötlich; vgl. über den Sinn des Wortes die Zusammenstellungen von Humboldt Kosmos III 204); diese sind der Arkturos, α Tauri (der helle in den Hyaden = Aldebaran), β Geminorum (der helle Stern am Kopf des nachfolgenden Zwillings = Pollux nach der jetzt gangbaren Bezeichnung), der Antares (der Stern mitten auf dem Körper des Skorpions), α Orionis (der an der rechten Schulter des Orion = Beteigeuze) und der Sirius (Canicula). In der Tetrabiblos des Ptolemaios I 9 sind nur drei Sterne (Aldebaran, Antares, Arkturos) als ὑπόκιρροι bezeichnet. Direkte Farbenangaben sind in diesen Sternverzeichnissen des Ptolemaios außer den genannten nicht vorhanden. Bei Kleomedes (I 11 p. 106, 29 Ziegl.) wird die Ähnlichkeit der sich diametral gegenüberliegenden Sterne Aldebaran und Antares, die τῷ Ἄρει τὴν χροιὰν ὅμοιοι seien, also rötlich, hervorgehoben. Die Ähnlichkeit der Farbe des Arkturos mit der des Planeten [2416] Mars wird auch in den von Wessely publizierten Bruchstücken einer antiken Schrift über Wetterzeichen frg. 1, 7 hervorgehoben (S.-Ber. Akad. Wien. CXLII 2). Besonders häufig und, was gegenüber modernen Zweifeln bemerkt sei, völlig sicher bezeugt ist die rote Farbe des heute weißen Sirius: außer Ptolemaios vgl. Cic. Arat. v. 348 rutilo cum lumine. Hor. sat. II 5, 39 rubra Canicula. Seneca nat. quaest. I 1, 6 acrior Caniculae rubor, Martis remissior. Avien. II 727 multus rubor. 749 rutilus; bei Manilius I 409 und Avien. II 1376 heißt er dagegen caeruleus. Für Erklärung jener mit der heutigen Erscheinung des Sternes nicht übereinstimmenden Farbenangabe rutilus hat Kugler Sternkunde und Sterndienst in Babel I 243 auf die unzweifelhaft vorhandenen Belege dafür verwiesen, ,daß die rote Farbe von F. im Lauf der Zeit entweder ganz verschwunden ist oder doch abgenommen hat‘; wahrscheinlicher ist jedoch (wegen des zweiten Beiwortes caeruleus) die mir auch durch eigene Wahrnehmung plausible Erklärung bei Plassmann Die Fixsterne 115 Anm.: ,bei diesem hellen Stern sind die roten Blitze so deutlich zu sehen, daß möglicherweise die Angabe aus dem Altertum, es sei ein roter Stern, hierdurch erklärt werden kann‘. Eine wirkliche Farbenänderung beim Sirius erklärt auch Newcomb-Engelmann 488 für äußerst unwahrscheinlich (anders z. B. Humboldt Kosmos III 169ff.). Dagegen spricht auch, daß der Sirius in Ptolem. tetrab. a. O. τῷ τοῦ Διὸς καὶ ἠρέμα τῷ τοῦ Ἄρεος verglichen wird, was Plassmanns Erklärung sehr empfiehlt, weil in der Tetrabiblosstelle nicht ausschließlich, ja nicht einmal an erster Stelle Mars, also die rote Farbe, betont ist, vielmehr Juppiter, also Weiß. Bei Antares, Arkturos, Aldebaran, Pollux, Beteigeuze ist die rötliche Färbung auch heute noch besonders auffällig, doch soll Beteigeuze merklichen Farbenänderungen unterliegen (Newcomb-Engelmann 488).

9. Zahl der Fixsterne. Doppelsterne.

,Dem normalen Auge mögen bei guter Luft am Himmel etwa 5500 Sterne einzeln sichtbar sein, in unseren Breiten, wo etwa 3/4 sämtlicher Sterne nach und nach über den Horizont treten, ungefähr 4500. Die Zahl der bei den weiter südlich gelegenen Orten sichtbaren Sterne ist entsprechend größer‘ (E. Wiedemann Beitr. z. Gesch. d. Naturwiss. III, S.-Ber. Erlang. Phys.-Mediz. Societ. XXXVII 241, 1). ,Argelander, der ein Auge mittlerer Schärfe besaß, führt bis zum 35. Grad südlicher Deklination nur 3256 Sterne auf‘ (Newcomb-Engelmann 481). Es ist immerhin merkwürdig, daß von einer so großen Zahl die antiken Beobachter in und außerhalb der Sternkataloge uns niemals bestimmt sprechen. Parmenides (Comment. in Arat. 318, 15 Maass, vgl. Diels Herm. XXXV 200f.) erklärt die F. für ἀνώνυμα καὶ ἄπειρα: τῷ πλήθει ἄπειρα auch Gemin. 192, 27 Man. Auch dem Aristoteles (de cael. 292 a 12) scheinen sie unzählbar; ähnlich Chrysipp bei Stob. I 446 (ἀκατάληπτον τὸ πλήθος) und Kleomedes (p. 30, 16). Die höchste Zahl, die wir erfahren, ist die bei Plin. n. h. II 110 nach einigen, quidam (leider nicht genannten) verzeichnete von 1600 Sternen. Da die [2417] gleichzeitig genannte Zahl von 72 Sternbildern (= 36 Dekane im Tierkreis +36 Sternbilder nördlich und südlich, wie im Art. Stella in der 1. Auflage dieser R.-E. wohl richtig erklärt wurde) vermutlich ägyptischen Ursprungs ist (teils wegen der mutmaßlichen Hereinziehung der Dekane, teils wegen der von Reitzenstein Poimandres 265, 3. 300, 1. 366 beigebrachten ägyptischen Analogien zur Zahl 72), so mag die Schätzung der Zahl der Sterne – insignes scilicet effectu visuve – auf 1600 wohl auch ägyptisch sein; das effectu würde auf eine astrologische Quelle hindeuten (vgl. die bei Ptolemaios tetrab. I 9 nach den παλαιότεροι gegebene Charakteristik der δυνάμεις einer großen Anzahl von F. nach ihrer Ähnlichkeit mit Planeten). Einen antiken Sternkatalog von solchem Umfang hat es nicht gegeben (Tannery Rech. 275f.); aber zur Erklärung der Zahl 1600 ist wesentlich, daß Bayer in der Uranometria nach Abzug der Sternbilder um den Südpol gerade etwa 1600 Sterne verzeichnet (Boll Bibl. Math. III. F., II 194, 2). Daß Arat ἕως ἕκτου μεγέθους (diese von Diels a. O. festgestellte richtige Lesung wird bestätigt durch Porphyrios isag. in Ptolem. tetrab. 200, 27) 1000 Sterne erwähnt habe, ist nur eine Schätzung des Anonymus Comm. in Arat. 318, 18 M. Hipparch hat nach dem Anonymus Comm. in Arat. 128, 13 eine Zahl von 1080 Sternen angegeben, und zwar nach dem Wortlaut nur für die in den Sternbildern zusammengefaßten, also wohl mit Ausschluß der ἀμόρφωτοι; die auffallend hohe Zahl 1080 muß entweder verdorben oder bloße Schätzung sein (s. Boll a. O.); wenig wahrscheinlich ist die Vermutung Idelers (Sternnamen XLI), daß Hipparch noch mehr Sterne (1600) in seinen Katalog aufgenommen und Ptolemaios einige Hundert kleinere wieder gestrichen habe. Aus dem erhaltenen Hipparchischen Sternverzeichnis (s. u. S. 2421) würde sich eine wesentlich geringere Zahl von Sternen ergeben, ca. 760–850 (Boll a. O. 193f.); doch sind die Einwände von Windisch (De Perseo, Lips. 1902, 42f.) zu beachten, wonach möglicherweise die Zahlen in dem Hipparchischen Katalogrest nicht die Grundlage der Zahlen in den Eratosthenischen Katasterismen bilden, sondern umgekehrt danach abkorrigiert sind (was freilich nicht eben wahrscheinlich ist und jedenfalls weiterer Untersuchung bedarf). Ptolemaios hat in seinem Sternkatalog im ganzen 1022 Sterne beschrieben.

Anhangsweise sind hier auch die Doppelsterne zu erwähnen, die Ptolemaios in der Syntaxis in seinem Sternkatalog nennt: ὁ ἐπὶ τοῦ ὀφθλαλμοῦ τοῦ Τοξότου νεφελοειδὴς καὶ διπλοῦς (= Sagitt. 1 ν), ebenso im Orion τοῦ ἐν τῷ δεξιῷ ἀκροχείρῳ τετραπλεύρου τῆς νοτίου πλευρᾶς ὁ ἐπόμενος καὶ διπλοῦς (= Orionis ξ). Über das Wesen dieser Doppelsterne s. Plassmann Fixsterne 8f. und 70f.; über die Nebelflecke s. o. S. 2408 und zur sachlichen Erklärung Plassmann 144ff.

10. Über neuaufleuchtende Sterne.

Über neuaufleuchtende Sterne scheint aus dem Altertum nur eine sichere Nachricht überliefert, nämlich die über den von Hipparch beobachteten neuen Stern, dessen Ort sich nur aus chinesischen Berichten im Skorpion vermuten läßt, da die einzige Nachricht bei Plinius II 95 (s. o. S. 2414) darüber nichts sagt und ebensowenig [2418] Ptolemaios; den Bericht deswegen mit Delambre Hist. de l’astr. anc. I 290 für eine Fabel zu halten, liegt kein Grund vor. Eine zweite, die Humboldt (Kosmos III 222. 258) dem sog. Chronicon Cuspiniani (= Fasti Ravenn. oder Consularia Italica, vgl. Mommsen Chron. min. I 251) zuschrieb, steht, wie sich aus Joh. Cuspinianus De consul. Roman., Francof. 1601, p. 426 B ergibt, in Wirklichkeit im Chronicon Marcellini (ed. Mommsen ebd. II 62) zum Jahr der Consuln Timasius und Promotus = 389 n. Chr.; Stella a septentrione gallicinio surgens et in modum Luciferi ardens potius quam splendens apparuit, vicensimo sexto die esse desiit (andere bei Späteren wiederholte Irrtümer Humboldts übergehe ich stillschweigend). Da dieser Nachricht in jenen Consularia Italica (Fasti Vindob. ed. Mommsen ebd. I 298) die Notiz zum Jahre 390 signum apparuit in caelo quasi columna pendens per dies XXX parallel geht, so sind mindestens Zweifel geboten, ob hier nicht beidemal von einem Kometen die Rede ist (ähnlich schon Cassini Elém. d’astron. I 59). Wie es mit der von Humboldt a. O. 222 behaupteten Bestätigung durch eine chinesische Quelle (Matuan-lin) steht, aus der dann wohl auch die Ortsangabe ,nahe bei α des Adlers‘ stammen müßte, ist mir unbekannt.

11. Namen von Fixsternen.

Über die Zusammenfassung der F. zu Sternbildern s. die Art. Sternbilder und Zodiacus; hier können nur Einzelsterne, die besondere Bezeichnungen erhielten, zusammengestellt werden. Solche sind vor allem der hellste unter allen F., der Σείριος κατ' ἐξοχήν (s. o. S. 2412, wozu noch hinzuzufügen ist, daß nach der uns nicht mehr nachkontrollierbaren Auffassung der alten Erklärer bei Archilochos frg. 61 die Sonne selbst als Σείριος bezeichnet wurde), meist Κύων, Canicula (s. diesen Artikel und neuerdings noch Gundel a. O. 125ff.) genannt: der Ἀντάρης, nach der dem Planeten Mars ähnlichen Farbe benannt, im Skorpion; der Βασιλίσκος, von den Neueren mit Regulus wiedergegeben, der Stern in der Καρδία Λέοντος: ὑπὸ δέ τινων Βασιλίσκος καλεῖται ὅτι δοκοῦσιν οἱ περὶ τὸν τόπον τοῦτον γεννώμενοι βασιλικὸν ἔχειν τὸ γενέθλιον Gemin. 36, 23 Man., vgl. auch den Löwen von Nemrud-Dagh mit dem Horoskop des Königs Antiochos, Abbildung bei Humann-Puchstein Reisen in Kleinasien und Nordsyrien Taf. XL, und s. u. S. 2422; als Herrscher τῶν οὐρανίων auch bei Schol. Arat. v. 147 nach den Χαλδαῖοι. Ferner die Φάτνη (Praesepe), ein Sternnebel (νεφέλιον) im Krebs, und die beiden ihr zu Seiten stehenden Ὄνοι (Aselli); die Spica (Στάχυς) an der rechten Hand der Jungfrau; der Προτρυγητήρ (Vindemiator oder Provindemiator) beim rechten Flügel der Jungfrau, benannt weil er πρὸ τῆς τοῦ τρυγητοῦ ὥρας ὀλίγον προανατέλλει (Schol. Arat. v. 137); der Arkturos (s. den besonderen Artikel und über das Vorkommen bei römischen Dichtern Gundel a. O. 140ff.); das Γοργόνιον, der am Ende der linken Hand des Perseus stehende Stern, jetzt zumeist Algol benannt, worüber Dyroff bei Boll Sphaera 497, 6; Αἴξ (Capella) an der linken Schulter des Fuhrmanns, und die Ἔριφοι (Haedi) am Ende seiner linken Hand; der Prokyon, südlicher [2419] Einzelstern, künstlich dann zu einem Sternbild ausgestaltet, lateinisch auch Antecanis; der Kanopos, der helle Stern am Steuerruder der Argo, auch Ptolemaios genannt (Mart. Cap. VIII 838. Ideler Sternnamen 260f.); die Elektra, als Name eines der Sterne der Pleiaden (die hier nicht mit ihren übrigen Namen aufgezählt werden), aber auch als Bezeichnung des bei uns sogenannten ,Reiters‘ über dem mittleren Stern der Wagendeichsel, nach der Sternsage aus den Pleiaden entwichen (Boll a. O. 406f.), auch Ἀλώπηξ genannt (ebd.); der Λαμπαδίας = Aldebaran, der helle Stern der Hyaden im Stier (Ptolem. tetrab. I 9. Boll a. O. 219); Ἐρωτύλος (Anth. Pal. IX 614. Boll a. O. 81, 2), vielleicht = Elektra am Wagen. Es sind hier nur jene Einzelsterne genannt, die sicher oder höchst wahrscheinlich ohne Bezug auf ein Sternbild ihre Benennung gefunden oder erst den Anlaß zu dessen Benennung gegeben haben; daher fehlen Namen wie Propus u. ä. Damit ist nicht gesagt, daß die Benennung von Einzelstemen notwendig und auch nur in der Mehrzahl der Fälle der Gruppenbildung vorausgehen mußte; beides geht nebeneinander her.

12. Merksterne.

Eine Anzahl von auffallenden F. hat offenbar schon frühe die orientalische Astrologie zu astronomischen Ortsbestimmungen und zu kalendarischen Zwecken ausgewählt. Solche Sterne sind die 33 ,Normalsterne‘ der Babylonier, wie sie Epping bezeichnet hat, jetzt aufgezählt und identifiziert bei Kugler a. O. I 29, worunter sich z. B. Aldebaran, Regulus, Spica, Antares befinden; alle außer η Pleiadum und θ Ophiuchi gehören den Sternbildern des Tierkreises an. Verschieden davon sind die 24 δικασταὶ τῶν ὅλων, von denen 12 nördlich, 12 südlich vom Tierkreis liegen und deren Hälfte jedesmal den Lebenden, die andere den Toten zugeteilt (d. h. untergegangen) ist; diese bei Diodor. II 31, 4 genannten 24 ,Richter‘götter sind nach Hehn Siebenzahl und Sabbat, Leipz. Semit. Stud. II 5, 50 in den Keilschriften noch nicht gefunden, ,so daß Diodor auch hier spätbabylonische oder durch fremde Einflüsse modifizierte Anschauungen mitzuteilen scheint‘. Besonders wichtig sind auf griechischem Boden die τριάκοντα λαμπροὶ ἀστέρες. Der Ausdruck findet sich bei Porphyr. isag. in Ptolem. tetrab. 200; danach sind 30 Sterne 1. und 2. Größe, die teils im Tierkreis, teils nördlich und südlich von ihm liegen, ausgewählt und ihnen für die Genethlialogie eine gewisse Bedeutung zugeschrieben. Genauer ist das ausgeführt in dem zum Teil auf den συγγραφεύς, d. h. hier wohl Ptolemaios, zurückzuführenden Kapitel des Anonymus von 379, abgedruckt Catal. cod. astr. gr. V 1, 212ff. (hier heißen sie auch λαμπροὶ καὶ ἐπίσημοι ἀστέρες, vgl. τῶν ἐπισημοτέρων λαμπρῶν ἀστέρων Ptolem. Phaseis 4, 24 Heib.); die Zahl ist hier und bei andern Astrologen bis zu 35 angewachsen. Diese Sterne 1. und 2. Größe, je 15, hat auch Ptolemaios in den Phaseis zu meteorologischen Zwecken zu Grunde gelegt. Es bedarf noch weiterer Untersuchung, ob die 30 hellen Sterne identisch sind mit den 30 Sternen, die nach Diodor II 30, 6 die Babylonier θεοὺς βουλαίους nannten (s. o. Suppl. I S. 261, 19ff.) und von denen alle 10 (12?) Tage je einer als Bote in die Unterwelt hinab und zur Oberwelt [2420] heraufgesandt wurde (Boll Sphaera 336, 2. Gundel a. O. 216). Eine Anzahl von hellen Sternen führt Firmicus VI 1 und VIII 31 auf, worüber Boll ebd. 410f. und besonders Humboldt Kosmos III 173: an der ersteren Stelle sind besonders vier von den regales stellae bemerkenswert: Aldebaran, Regulus, Antares, Fomalhaut (α Piscis austral.), die ungefähr um je ein Viertel des Himmels auseinanderliegen und somit den vier Weltgegenden entsprechen, so daß Aldebaran und Antares, ebenso Regulus und Fomalhaut als Gegensterne behandelt werden (vgl. über die ersteren auch oben S. 2415). Erwähnt sei endlich noch als ein einzelner Merkstern die jetzt gewöhnlich so genannte Beteigeuze (wohl verdorben aus dem arabischen Ibt-el-dschauzâ, Ideler a. O. 223), der Stern α Orionis, weil dieser bei den Babyloniern als Leit- und Orientierungsgestirn galt und daran ein Schaltzyklus von 27 Jahren sich knüpfte (Kugler a. O. I 257f.). Über den Begriff der Paranatellonten (F., die mit bestimmten Teilen des Tierkreises aufsteigen) s. Boll Sphaera Cap. VI.

13. Fixsternkataloge und Einteilungen nach der scheinbaren Größe (Helligkeitsgrade).

Das erste wissenschaftliche F.-Verzeichnis mit Angabe der Positionen und Größenverhältnisse der Sterne rührt erst von Hipparch her. Der Anlaß ist o. S. 2414 mitgeteilt. Es genügt im übrigen, auf die eingehende Behandlung durch Hultsch o. Bd. II S. 1849f. zu verweisen. Für seine Positionsangaben (Längen- und Breitengrade bis zu Brüchen von l/6) konnte Hipparch fast nur die spärlichen Notizen des Timocharis und Aristyllos benützen: πάνυ ὀλίγαις πρὸ ἐαυτοῦ περιτετυχηκέναι τῶν ἀπλανῶν τηρήσεσι σχεδόν τε μόναις ταῖς ὑπὸ Ἀριστύλλου καὶ Τιμοχάριδος ἀναγεγραμμέναις καὶ ταύταις οὔτε ἀδιστάκτοις οὔτ' ἐπεξειργασμέναις berichtet von Hipparch Ptolem. synt. VII 1 (II 3, 1 Heib.); was es mit Höpkens Einfall (Über die Entstehung der Phaenomena des Eudoxos-Aratos, Progr. Emden 1906) auf sich hat, schon Eudoxos habe genaueste babylonische Sternkarten aus grauer Vorzeit benützt und gedankenlos ineinandergearbeitet, ergibt sich daraus von selbst. Scheinbare Größen scheint Hipparch nur drei unterschieden zu haben (s. Hultsch a. a. O.); λαμπρότατος und ἐκφανής oder ἐκφανέστατος diente zu weiterer Kennzeichnung innerhalb Klasse 1–3 und 4–5 des Ptolemaios, dessen Sternkatalog sich an Hipparch anschließt. Bloße Verzeichnisse von Sternen ohne Positionsbezeichnungen gab es jedoch schon vor Hipparch. Wir besitzen Reste von folgenden Sternkatalogen, die ich an anderer Stelle einer genaueren Untersuchung zu unterziehen gedenke:

1. Vom Sternverzeichnis des Eudoxos außer dem, was aus Arat und den Kommentatoren, besonders aus Hipparchs Jugendwerk darüber zu entnehmen ist, vielleicht auch bisher ungewürdigte Reste bei Vettius Valens 6, 8 Kroll.

2. Das in dem Buch des Eratosthenes περὶ τῆς τῶν ἀστέρων διακοσμήσεως καὶ τῆς τῶν φαινομένων ἐτυμολογίας enthaltene Verzeichnis, über dessen Reste (Katasterismenepitome usw.) ausführlich Knaack o. S. 377ff. handelt. Bemerkt sei hier nur, daß einzelne Sterne als λαμπροὶ (μεγάλοι) oder ἀμαυροί hervorgehoben werden. [2421]

3. Das Exzerpt, das unter der Überschrift Ἐκ τῶν Ἱππάρχου oder ähnlich in verschiedenen Hss. verkommt (Angelic. gr. 29, Paris. gr. 2506, nach Mitteilung von Heiberg auch Paris. suppl. gr. 387, olim Mutinens., f. 162r, übrigens ohne wesentlichen Gewinn). Erhalten sind in diesen Hss. nur die Namen der Sternbilder mit Angaben der Sternsummen für die einzelnen; herausgegeben und besprochen von Rehm Herm. XXXIV 251ff. Boll Bibl. Math. III. F., II 185ff.; gegen beide Windisch a. O. 42f. Über die Aufnahme von Hipparchs Angaben durch Ptolemaios u. a. s. o. S. 2417 und unten.

4. Das aus Hipparchs erhaltenem Jugendwerk (τῶν Ἀράτου καὶ Εὐδόξου φαινομένων ἐξήγησις) zu entnehmende Stemverzeichnis, hergestellt von Manitius am Schluß seiner Ausgabe S. 364ff., vgl. auch ebd. 292ff.

5. Das wichtigste der uns erhaltenen Verzeichnisse, das des Ptolemaios in Buch VII und VIII der Syntaxis. Dieser größte Sternkatalog des Altertums ist eingeteilt nach Sternbildern des Nordens, des Tierkreises und des Südens; für jedes Sternbild werden mit Angabe der Lage und Funktion innerhalb des Bildes die Sterne aufgezählt, danach die etwaigen in der Nähe liegenden ἀμόρφωτοι, d. h. nicht in das Bild einbezogenen Sterne. Für jeden der Sterne ist Länge und Breite bis auf 1/6 Grad genau angegeben. Die Helligkeitsgrade gehen von 1–6; innerhalb der Größenklassen werden bis zur 5. durch (μεγέθους) με(γίστου), bis zur 4. durch (μεγέθους) ἐ(λαχί)σ(του) noch Unterschiede gemacht. Im Verzeichnis begegnen außerdem noch Beiworte wie λαμπρός (bei einzelnen bis zur 4. Größe), λαμπρότερος (für einen Stern 4. Größe), λαμπρότατος (für den Sirius), ἀμαυρός, ἀμαυρότερος, μικρός – außerdem nur die oben schon besprochenen Beiworte διπλοῦς, νεφελοειδής, ὐπόκιρρος. Über die großen Unterschiede auch noch innerhalb der ersten Ptolemaeischen Größenklasse vgl. die Zusammenstellung bei Newcomb-Engelmann 486. Im ganzen zählt Ptolemaios nach seiner eigenen Summierung 1022 Sterne auf, davon 1. Größe 15, 2. Größe 45, 3. Größe 208, 4. Größe 474, 5. Größe 217, 6. Größe 49, ἀμαυροί 9, νεφελοειδεῖς 5 und die Coma Berenices. Eine scharfe Kritik dieses Sternkataloges, der gleichwohl geschichtlich und für die Entwicklung der Astronomie von größter Bedeutung ist, hat nach Delambre (Hist. de l'astron. anc. II 240ff.) und Tannery (Recherch. 264ff.) besonders Björnbo (Bibl. Math. III. F. II 196ff.) gegeben. Er hat gezeigt, daß Ptolemaios außer Hipparchs Katalog auch Beobachtungen des Agrippa und Menelaos verwertet hat; die Prüfung beweist, ,daß Ptolemaios’ F.-Katalog als eine Kompilation der Arbeiten mehrerer zu verschiedenen Zeiten lebender Vorgänger, deren Längenbestimmungen wegen der falschen Präzessionsannahme (1 Grad für 100 statt für 72 Jahre) um verschiedene und auf verschiedene Weise fehlerhafte Differenzen vermehrt werden, und außerdem eine Kompilation, die um einen größeren oder kleineren Zusatz eigener Bestimmungen vermehrt worden ist, nie ein einheitlicher Sternkatalog werden konnte, so daß er tatsächlich für keine bestimmte Zeit gültig ist. Deswegen stand Ptolemaios’ Katalog ohne Zweifel [2422] weit hinter dem des Hipparch zurück, wenn er auch ca. 200 Sterne mehr als letzterer enthielt (s. o. S. 2417); und der Ruhm, eine Anzahl kleinerer Sterne in den schon fertigen Apparat hineingefügt zu haben, tilgt nicht die Schuld, die Arbeiten der Vorgänger unkritisch in einander verwickelt zu haben.‘ Die große Mehrzahl der Sternlängen trifft, wegen des bemerkten Fehlers in der Präzessionsberechnung, auf das J. 63 n. Chr. zu; auf dieses Jahr hat auch J. E. Bode in seinem Buch ,Ptolemaeus’ Beobachtung und Beschreibung der Gestirne‘ (Berlin 1795) die Prüfung aller Längenangaben des Ptolemaios vorgenommen, die nach dem von Björnbo Bemerkten ein einheitliches Ergebnis allerdings nicht haben konnte. Die modernen Bezeichnungen (z. B. α Orionis usw.) der von Ptolemaios genannten Sterne sind bei Bode und bei Delambre a. O. II 265ff. der Übersetzung von Ptolemaios’ Katalog beigefügt. Ein die Breiten- und Größenangaben weglassendes anonymes Exzerpt aus dem Katalog des Ptolemaios hat P. Victorius in seiner Ausgabe des Hipparchus in Aratum, Florentiae 1567, S. 55–80 aus einer Hs. der Mediceerbibliothek (Laurent. XXVIII 39 s. XI, vgl. die Beschreibung dieses Codex bei Manitius Hipparchausg. p. X und Maass Aratea 63) herausgegeben.

6. Der kleine Katalog der helleren F. in der Tetrabiblos des Ptolemaios I 9, wörtlich wiederholt bei Hephaestio Theban. I 4. 5 ed. Engelbrecht. Über die Anordnung und den Zweck dieses Verzeichnisses s. Boll Sphaera 76, 4 und o. S. 2417.

7. Das Verzeichnis des Theon in den Πρόχειροι κανόνες (ed. Halma, Paris 1825 p. 44ff. zur hsl. Überlieferung vgl. Usener bei Mommsen Chron. min. III 363ff. Boll S.-Ber. Akad. Münch. 1899, 112ff.). Dieses Verzeichnis, das nur die Sterne des Tierkreises enthält, verdient Beachtung wegen der mehrfachen direkten und in Ptolemaios’ Syntaxis nicht enthaltenen Hinweise auf die von Hipparch gebrauchten Sternbezeichnungen. Das Verzeichnis beginnt bemerkenswerterweise mit dem Regulus (s. o. S. 2418), wozu auch die Inschrift des Ptolemaios im Kanobos (Opp. ed. Heiberg II 152, 3) und Ptolem. hypoth. (ebd. II 80, 25) zu vergleichen sind.

14. Jährliche Auf- und Untergänge der Fixsterne (φάσεις τῶν ἀπλανῶν).

Die Beobachtung der jährlichen Auf- und Untergänge der Gestirne hat für Kalenderwesen und Meteorologie im Altertum eine besondere Bedeutung; an sie knüpft sich der Jahreskalender und damit der von Aischylos Prometh. 454ff. in berühmten Versen gepriesene Kulturfortschritt (ἧν δ' οὐδὲν αὐτοῖς οὔτε χείματος τέκμαρ οὔτ' ἀνθεμώδους ἦρος οὖτε καρπίμου θέρους βέβαιον, ἀλλ' ἄτερ γνώμης τὸ πᾶν ἔπρασσον, ἔστε δή σφιν ἀντολὰς ἐγω ἄστρων ἔδειξα τὰς τε δυσκρίτους δύσεις). Die Hauptstellen über die Theorie der φάσεις sind Autolykos de ort. et occas. libri II (ed. Hultsch 48ff.) Geminos c. 13 (mit großen Mängeln, vgl. Manitius in seiner Ausgabe 274. 279); Ptolemaios φάσεις ἀπλανῶν ἀστέρων καὶ συναγωγὴ ἐπίσημασιῶν (ed. Heiberg II 1ff.); desselben Syntaxis VIII 4–6 (mit einer von Kauffmann o. Bd. I S. 2684f. kurz erwähnten, offenbar mehr von astrologischem als astronomischem Interesse eingegebenen [2423] Hereinziehung von μεσουράνημα und ἀντιμεσουράνημα, auf die nier nicht näher eingegangen zu werden braucht). Von Neueren vgl. Ideler Handb. d. Chronol. I 49ff. G. Hofmann Über die bei griechischen und römischen Schriftstellern erwähnten Auf- und Untergänge Progr., Triest 1879 (sehr nützlich, jedoch sinnstörender Fehler S. 10, 22–24). Wislicenus Astron. Chronologie 35ff. Ginzel Handb. d. Chronol. I 23ff.

Da, geozentrisch gesprochen, die Sonne ihre Stellung zu den F. bekanntlich fortgesetzt verändert und im Laufe des Jahres durch die ganze Ekliptik läuft, also eine Eigenbewegung von West nach Ost, entgegen der täglichen Umdrehung des Sternhimmels von Ost nach West, ausführt, so kann sie nicht täglich mit den gleichen Sternen auf- und untergehen. Jeder Stern wird sich nur einmal im Jahre genau in dem Moment im Ost- oder Westhorizont befinden, also auf- oder untergehen, wo die Sonne auf- oder untergeht. Das sind die vier wahren jährlichen Auf- und Untergänge der Sterne. Diese vier Vorgänge können natürlich nicht mit freiem Auge beobachtet, sondern nur am Globus abgelesen oder berechnet werden, da der Glanz der Sonne, wenn sie am gleichen oder gegenüberliegenden Horizont steht wie der Stern, diesen verdunkelt. Diese nicht zu beobachtenden wahren Auf- und Untergänge haben also für den Bauernkalender, wie wir ihn in Anfängen bei Hesiod finden, keine Bedeutung, während freilich später, hauptsächlich unter dem Einfluß der Astrologie, auch sie verzeichnet wurden und daher z. B. Caesar ,unter die scheinbaren Auf- und Untergänge seines Kalenders sehr viele aus ägyptischen und griechischen Parapegmen entlehnte wahre eingemischt hat‘ (Ideler Abh. Akad. Berl. 1822/3, 139). Sehen wird man den Stern erst können, wenn er etwas vor Sonnenaufgang oder etwas nach Sonnenuntergang aufgeht oder untergeht. Dadurch entstehen, im Gegensatz zu den ἀληθινοὶ σχηματισμοί der Sterne die φαινόμενοι d. h. die sichtbaren Auf- oder Untergänge oder, nach schlechterer leider vielfach durchgedrungener Übersetzung von φαινόμενοι, die scheinbaren; vgl. die bündige Erklärung des Ptolemaios Phas. p. 6, 6: ἀληθινοὶ μὲν εἶσιν, ὅσοι μὴ τὸν ἀστέρα μόνον, ἀλλὰ καὶ τὸν ἥλιον ἔχουσι κατ' αὐτὸν ἀκριβῶς τὸν ὁρίζοντα, φαινόμενοι δὲ, ὅσοι τὸν μὲν ἀστέρα κατ' αὐτὸν τὸν ὁρίζοντα, τὸν δὲ ἥλιον ὑπὸ γῆν, οὐ μὴν οὔτως ἁπλώς, ἀλλ' ἤτοι πρὸ τῆς ἀνατολῆς αὐτῆς ἡ μετ' αὐτήν τὴν δύσιν. Wenn beispielshalber heute ein Stern genau mit der Sonne zusammen aufging (wahrer Frühaufgang = wahrer Aufgang in der Frühe), so wird er, da sich diese in östlicher Richtung (εἰς τὰ ἐπόμενα) von ihm entfernt, der Sonne am nächsten Tag etwas voraufgehen und so täglich etwas früher in der Morgendämmerung aufgehen, bis er endlich weit genug von ihr steht, um von ihr nicht mehr überstrahlt, also in der Morgendämmerung zum erstenmal im Osthorizont sichtbar zu werden (sichtbarer Frühaufgang). Immer weiter wird sich nun die Sonne von ihm entfernen, also immer später nach seinem Aufgang der Tag anbrechen; sein Aufgang wird also immer weiter in die Nacht zurückfallen, bis er endlich in der Abenddämmerung stattfindet. Wenn er da zum letztenmal im Osthorizont, also aufgehend [2424] sichtbar wird, ehe er von der zu nahe unter dem Westhorizont stehenden Sonne verdunkelt wird, so heißt dieser Aufgang der sichtbare Spätaufgang (= Aufgang am Abend, daher ,spät‘; diese Ausdrücke: Frühaufgang, Spätaufgang usw. sind eine geschickte Nachbildung der griechischen Termini, die auf Ideler und Voss [‌Kommentar zur Georgicaübersetzung] zurückgeht). Einige Zeit darauf folgt dann der wahre Spätaufgang. Und so kann man sich leicht auch die weiteren φάσεις und ihre Aufeinanderfolge vergegenwärtigen. Bei den in der Ekliptik stehenden ist die Reihenfolge die nachstehende (vgl. Hofmann 11; die moderne lateinische Terminologie nach Wislicenus 40f. Ginzel 23ff., von der Hofmann nach Delambres Gebrauch abweicht; über die Verschiedenheit der Terminologie schon seit Kepler vgl. Boeckh Vierjähr. Sonnenkreise 92f.):

1. Sichtbarer Spätuntergang (occasus heliacus nach dem in neuerer Zeit üblichen lateinischen Terminus, der jedoch – gleich cosmicus – schon bei Serv. Georg. I 218 sich findet, jedoch ohne genauere Erklärung) = ἑσπερία δύσις φαινομένη, bei Ptolemaios Phas. 8, 14 auch ἁπλώς κρύψις: ὅταν μετὰ τὸ τὸν ἥλιον δῦναι ἄστρον τὶ ἐσχάτως φανῇ δῦνον (Autolykos). Die Kalender, die übrigens, wie schon bemerkt, zum Teil unter die sichtbaren Auf- und Untergänge auch wahre einmengen, haben für den (sichtbaren) Spätuntergang den Ausdruck ἑσπέριος δύνει (δύεται) oder ἀκρόνυχος δύνει (so Eudoxos z. B. bei Gemin. 186, 12; der Terminus ἀκρόνυχος = bei anbrechender Nacht auch bei Arist. met. 367 b 26, jedoch nicht von Sternen). Auch ἀκρόνυχος κρύπτεται oder κρύπτεται ἐν ἑσπέρᾳ oder nur κρύπτεται kommt für diese Phase vor, ungenau auch bloß δύεται; lateinisch vesperi occidit, vespertinus occasus, vesperi celatur, auch bloß occidit (die von Plin. XVIII 219 für Auf- und Untergang vorgeschlagenen Termini technici emersus und occultatio statt exortus und occasus haben sich nicht durchgesetzt).

2. Wahrer Spätuntergang (occasus acronychus verus) = δύσις ἑσπερία ἀληθινή (auch ἀληθής kommt in diesen Verbindungen vor): ὅταν ἅμα τῷ ἡλίῳ δύνοντὶ ἄστρον τι συνδύνῃ.

3. Wahrer Frühaufgang (ortus cosmicus verus) = ἐπιτολὴ ἑῴα ἀληθινή (so Autolykos und Geminos): ὅταν ἅμα τῷ ἡλίῳ ἀνατέλλοντι ἄστρον τι συνανατέλλῃ. Ptolemaios gebraucht Phas. 6, 12 und im Kalender statt ἐπιτολή ἀνατολή (ἀνατέλλει), da er (synt. pars II 186, 11 Heib. und Phas. 8, 12) den Ausdruck ἐπιτολή (und κρύψις) nur bei Sternen in der Nähe der Sonnenbahn und am südlichen Himmel anwendet, die eine Zeit lang ganz in den Strahlen der Sonne verborgen bleiben (Ideler Abh. Akad. Berl. 1816/17, 165). Dagegen will Geminos p. 146, 10ff. ἀνατολή nur für den täglichen Aufgang der Gestirne, dagegen für den jährlichen allgemein ἐπιτολή angewenaet wissen. In Kalendern heißt die Phase ἅμα ἡλίου ἀνατολῇ ἐπιτέλλει (ἀνατέλλει) oder μετὰ τοῦ ἡλίου ἀνίσχει; aber ἐπιτέλλει ἅμα ἡλίῳ einer der Älteren, nämlich Demokrit bei Geminos p. 188, 12, unzweifelhaft vom sichtbaren Frühaufgang.

4. Sichtbarer Frähaufgang (ortus heliacus) = ἐπιτολὴ ἑῴα φαινομένη (ἀνατολή Ptolem. Phas. [2425] p. 6, 19): ὅταν πρὶν τὸν ἥλιον ἀνατεῖλαι ἄστρον τι πρώτως φανῇ ἀνατέλλον. In den Kalendern ἑῷος (ἕωθεν) ἐπιτέλλει, περὶ ἀμφιλύκην ἀνίσχει, auch bloß ἐπιτέλλει oder ἀνίσχει, ἐκφανής (Euktemon, Dositheos). Lateinisch matutino oritur (emergit) oder bloß exoritur.

5. Sichtbarer Spätaufgang (ortus acronychus apparens) = ἐπιτολὴ ἑσπερία φαινομένη (ἀνατολή Ptolem. Phas. 6, 21): ὅταν μετὰ τὸ τὸν ἥλιον δῦναι ἄστρον τὶ ἐσχάτως φανῇ ἀνατέλλον. In den Kalendern ἐσπέριος ἐπιτέλλει oder ἀκρόνυχος ἐπιτέλλει (so Eudoxos; Ps.-Theophrast π. σημ. § 2; das milesische Parapegma öfter), auch wohl bloß ἀνίσχει, latein. prima nocte oritur (apparet), exortus vespertinus.

6. Wahrer Spätaufgang (ortus acronychus verus) = ἀνατολὴ ἑσπερία ἀληθινή (ἐπιτολή auch hierfür bei Geminos): ὅταν ἅμα τῷ ἡλίῳ δύνοντι ἄστρον τι ἀνατέλλη.

7. Wahrer Frühuntergang (occasus cosmicus verus) = δύσις ἑῴα ἀληθινή: ὅταν ἅμα τῷ ἡλίῳ ἀνατέλλοντι ἄστρον τι δύνῃ.

8. Sichtbarer Frühuntergang (occasus cosmicus apparens) = δύσις ἑῴα φαινομένη: ὅταν πρὶν τὸν ἥλιον ἀνατεῖλαι ἄστρον τι πρώτως φανῇ δῦνον. In den Kalendern δύεται ὄρθρου, ἑῷος δύνει, ἕωθεν δύνει, δύνουσιν ἅμα ἠοῖ (Demokrit von den Pleiaden), auch nur δύεται. Lateinisch occidit mane oder matutino, occasus matutinus, auch bloß occidit.

Über die Aufeinanderfolge der Phasen hat Autolykos de ort. et occ. sid. I eine Reihe von Sätzen aufgestellt und bewiesen, von denen hier nur der erste wiedergegeben werden kann: bei jedem F. sind die sichtbaren Früh-Auf- und Untergänge später als die wahren, dagegen die sichtbaren Spät-Auf- und Untergänge früher als die wahren.

Der Zeitunterschied zwischen den wahren und sichtbaren beträgt im allgemeinen 15–20 Tage. Der Zwischenraum, der zwischen den wahren und den sichtbaren Auf- und Untergängen liegt, ist abhängig von dem sog. Sehungsbogen (arcus visionis), d. h. der Größe, um die die Sonne senkrecht unter dem Horizont sich befinden muß, damit der Stern beim Auf- oder Untergehen zuerst oder zuletzt wahrgenommen werden kann. Der Sehungsbogen ist verschieden je nach dem Helligkeitsgrad (Größe) des Sternes, seiner Stellung am gleichen oder entgegengesetzten Horizont mit der Sonne, ferner auch nach den Augen des Beobachters und der jedesmaligen Beschaffenheit der Atmosphäre. Ideler hat durch Rechnung gefunden, daß Ptolemaios in den Phaseis den Sehungsbogen ,bei Sternen erster Größe zu 11 und 7, bei denen der zweiten zu 14 und 81/2 Grad angenommen hat; die Zahlen 11 und 14 gelten für den Fall, daß der Stern mit der Sonne an derselben Seite des Horizonts, die Zahlen 7 und 81/2 für den Fall, daß er ihr gegenüber auf- oder untergeht. Sie stimmen ganz gut mit den mir bekannten Wahrnehmungen der Neueren überein‘ (Handbuch d. Chronol. I 56; zur letzteren Bemerkung bestätigend noch Ginzel a. O. I 25). Es ist aber noch zu betonen, daß ,die Beobachtungen der heliakischen Auf- oder Untergänge ungemein variieren je nach den Standpunkten der Beobachter und der Klarheit des Horizontes; nicht [2426] selten gehen die Wahrnehmungen geübter Astronomen um mehrere Tage auseinander; F. Hartwig bemerkt, daß er trotz Übung in solchen Beobachtungen und trotz guter Augen über die Zeit des heliakischen Untergangs der Sterne (der leichter als der heliakische Aufgang zu beobachten ist) zuweilen volle vier Tage in Ungewißheit geblieben sei‘ (Ginzel a. O. I 26). Daraus wie aus den andern genannten Umständen und ferner aus der verschiedenen geographischen Breite des Beobachtungsortes erklären sich – abgesehen von Überlieferungs- und sonstigen Fehlern – die oft sehr stark variierenden Angaben unserer Kalender. Ptolemaios hat daher in den Phaseis (p. 12, 18 Heib.) ausdrücklich darauf verzichtet, nach dem Vorbild der Älteren auch kleinere Sterne wie Pfeil, Pleiaden, Böckchen, Vindemiator, Delphin heranzuziehen, da deren Aufgänge δυσδιάκριτοι καὶ δυσκατανόητοι seien (vgl. das Beiwort δύσκριτοι für alle Auf- und Untergänge schon bei Aischylos in der oben zitierten Stelle, natürlich auch auf ἀντολάς zu beziehen) und mehr erraten als beobachtet würden, und sich daher auf Sterne erster oder zweiter Größe beschränkt, obgleich namentlich die Pleiaden im Kalender eine sehr bedeutende Rolle gespielt hatten.

Die kalendarische Bedeutung der Auf- und Untergänge der F. ist besser dem Art. Kalender zu überlassen; als Hauptarbeit sei hier wenigstens Boeckhs Werk Über die vierjähr. Sonnenkreise der Alten (Berlin 1863) genannt. Die Kalender mit Stern-Auf- und Untergängen, die wir bisher besaßen, hat C. Wachsmuth in seiner Ausgabe des Lydus de ostentis2 gesammelt (1897); darunter sind die wichtigsten das dem Geminos angehängte Kalendarium, in einigen Hss. unter Johannes Philoponos’ Namen überliefert, worin eine Reihe von älteren Autoritäten, Euktemon, Demokrit, Eudoxos usw. benützt sind; sodann das des Ptolemaios in den Phaseis II, jetzt neu ediert von Heiberg Ptolem. opp. II 1ff. Wachsmuths Sammelausgabe bleibt durch ihre Einleitung und besonders durch die Indices unentbehrlich, die für sämtliche in diesen Kalendern erwähnten Sterne die Auf- und Untergangsdaten bequem zusammenstellen. Als wichtigstes neues Material sind jetzt die milesischen Parapegmenfragmente herausg. von Diels und Rehm S.-Ber. Akad. Berlin 1904, 92ff. 752ff. hinzugekommen. Aus astrologischen Hss. hoffe ich bald weiteres hinzuzufügen. Auch außerhalb dieser Kalender finden sich namentlich bei antiken Dichtern, schon seit Hesiod. in großer Zahl solche Auf- und Untergänge erwähnt. Die bei Hesiod. sowie bei Virgil, Horaz und Ovid vorkommenden hat Hofmann, a. O. besprochen und zum Teil nachgerechnet. Am wichtigsten aber sind L. Idelers zwei Arbeiten ,Über den Kalender des Ptolemaeus‘, Abh. Akad. Berlin 1816/17, 163–214 und ,Über den astronomischen Teil der Fasti des Ovid‘, ebd. 1822/3, 137–165, worin alle Daten genau nachgerechnet sind. Berechnungen der wahren und scheinbaren Auf- und Untergänge für einen gegebenen Ort in bestimmtem Jahr und verwandte Aufgaben sind jetzt leicht zu lösen mit Hilfe von Schrams’ und Wislicenus’ Hilfstafeln und der vorzüglichen Anweisung, die Wislicenus in seiner Astron. Chronol. 132ff. für ihren Gebrauch gibt. [2427]

Es wird manchem Benützer erwünscht sein, wenn ich untenstehend die zwei Tabellen der scheinbaren Auf- und Untergänge von neunzehn wichtigeren Sternen für 430 und 45 v. Chr. aus dem genannten Programm von G. Hofmann (S. 23 und 25) wiederhole; die dazu gehörigen Berechnungen der Sonnenlängen sind nach Bedürfnis bei Hofmann selbst nachzusehen. Es sei noch bemerkt, daß ,die Tage der jährlichen Auf- und Untergänge der Gestirne auf mehrere Menschenalter als unveränderlich gelten können‘ (Ideler Chronol. I 54), diese Tabellen also für die gleichen geographischen Breiten nicht speziell nur für die genannten Jahre brauchbar sind, sondern z. B. die Angaben für die Zeit von Caesars Tod auch noch für die Regierungszeit des Augustus stimmen. Wo keine griechischen oder römischen Namen für die Einzelsterne vorhanden sind, [2428] wurden die arabischen, soweit sie genügend geläufig sind, in Klammern in den Tabellen hinzugesetzt; die Bezeichnung mit griechischen Buchstaben α Arietis usw. ist die in der modernen Astronomie seit Bayers Uranometria (1603) übliche. Die Helligkeitsgrade habe ich aus Ptolemaios’ Syntaxis eingesetzt.

Einige spezielle Termini finden sich hauptsächlich in Ptolem. Phas. prooem. c. 5f. und sind dort so genau erläutert, daß sie hier nur kurz notiert zu werden brauchen: κολοβοδιέξοδοι (,mit verstümmeltem Durchgang‘), d. h. Sterne in oder nahe bei der Ekliptik und nördliche, wenn sie in der Zeit zwischen Spätaufgang und Frühuntergang zwar am Nachthimmel gesehen werden, aber weder im Aufgang noch im Untergang; νυκτιδιέξοδοι (,Nachtpassanten‘ nach Manitius’ Übertragung), südliche Sterne, wenn sie zwischen Frühuntergang

I. Sichtbare Auf- und Untergänge von 19 Sternen für das J. 430 v. Chr. und die nördliche Breite von Athen (+ 38°) nach G. Hofmanns Berechnungen.
Nr Name des Sternes Größe Früh-aufgang Spät-aufgang Spät-untergang Früh-untergang Der Stern war unsichtbar
1 α Arietis 3 14. April 17. August 19. März 20. Oktober Vom 20. März bis 14. April
2 η Pleiadum (Vergiliarum) 5 19. Mai 19. Septbr. 7. April 8. Novemb. Vom 8. April bis 19. Mai
3 α Tauri (Hyaden, Suculae) 1 5. Juni 29. Oktober 19. April 11. Novbr. Vom 20. April bis 5. Juni
4 α Aurigae (Capella) 1 14. Mai 5. Septbr. 17. April 10. Novbr. Vom 18. April bis 14. Mai
5 β Orionis (Rigel) 1 10. Juli 8. Dezemb. 16. April 8. Novbr. Vom 17. April bis 10. Juli
6 α Orionis (Beteigeuze) 1 1. Juli 29. Novbr. 3. Mai 25. Novbr. Vom 4. Mai bis 1. Juli
7 α Canis maioris (Canicula) 1 28. Juli 31. Dezbr. 4. Mai 26. Novbr. Vom 5. Mai bis 28. Juli
8 β Geminorum (Pollux) 2 27. Juni 25. Novbr. 8. Juni 11. Januar Vom 9. bis 27. Juni
9 α Canis minoris (Prokyon) 1 20. Juli 21. Dezbr. 25. Mai 18. Dezbr. Vom 26. Mai bis 20. Juli
10 α Leonis (Βασιλίσκος, stella regia) 1 8. August 10. Januar 7. Juli 26. Januar Vom 8. Juli bis 8. August
11 ε Virginis (Vindemiator) 3 10. Oktbr. 8. März 9. Novbr. 19. Juni Das ganze Jahr sichtbar
12 α Virginis (Spica) 1 30. Septbr. 6. März 22. August 1. April Vom 23. August bis 30. Sept.
13 α Bootis (Arkturos) 1 20. Septbr. 25. Februar 30. Oktbr. 5. Juni Das ganze Jahr sichtbar
14 α Coronae (Gemma) 2 4. Oktbr. 9. März 3. Dezbr. 6. Juli Das ganze Jahr sichtbar
15 α Scorpii (Antares) 2 16. Novbr. 25. April 6. Oktbr. 16. Mai Vom 7. Oktober bis 16. Nov.
16 α Lyrae (Fidicula) 1 10. Novbr. 19. April 23. Januar 30. August Das ganze Jahr sichtbar
17 α Aquilae (Atair) 2 17. Dezbr. 25. Mai 2. Januar 30. Juli Das ganze Jahr sichtbar
18 α Delphini 3 30. Dezbr. 28. Mai 20. Januar 25. August Das ganze Jahr sichtbar
19 α Piscis australis (Fomalhaut) 1 3. April 24. August 28. Dezbr. 24. Juli Vom 29. Dezember bis 3. April.

[2429]

II. Sichtbare Auf- und Untergänge von 19 Sternen für das J. 45 v. Chr. und die nördliche Breite von Rom (+ 42°) nach G. Hofmanns Berechnungen.
Nr Name des Sternes Größe Früh-aufgang Spät-aufgang Spät-untergang Früh-untergang Der Stern war unsichtbar
1 α Arietis 3 19. April 22. August 21. März 23. Oktbr. Vom 22. März bis 19. April
2 η Pleiadum (Vergiliarum) 5 27. Mai 19. Septbr. 11. April 13. Novbr. Vom 12. April bis 27. Mai
3 α Tauri (Hyades, Suculae) 1 11. Juni 31. Oktbr. 15. April 10. Novbr. Vom 16. April bis 11. Juni
4 α Aurigae (Capella) 1 17. Mai 30. Septbr. 13. Mai 7. Dezbr. Vom 14. bis 17. Mai
5 β Orionis (Rigel) 1 13. Juli 11. Dezbr, 22. April 8. Novbr. Vom 23. April bis 13. Juli
6 α Orionis (Beteigeuze) 1 17. Juni 16. Novbr. 13. Mai 6. Dezbr. Vom 14. Mai bis 17. Juni
7 α Canis maioris (Canicula) 1 3. August 6. Januar 2. Mai 23. Novbr. Vom 3. Mai bis 3. August
8 β Geminorum (Pollux) 2 1. Juli 27. Novbr. 11. Juni 9. Januar Vom 12. Juni bis 1. Juli
9 α Canis minoris (Prokyon) 1 25. Juli 25. Dezbr. 25. Mai 10. Dezbr. Vom 26. Mai bis 25. Juli
10 α Leonis (Βασιλίσκος, stella regia) 1 12. August 14. Januar 8. Juli 12. Februar Vom 9. Juli bis 12. August
11 ε Virginis (Vindemiator) 3 6. Oktbr. 4. März 22. Novbr. 18. Juni Das ganze Jahr sichtbar
12 α Virginis (Spica) 1 5. Oktbr. 11. März 22. August 8. April Vom 23. August bis 5. Oktober
13 α Bootis (Arkturos) 1 12. Septbr. 25. Februar 9. Novbr. 16. Juni Das ganze Jahr sichtbar
14 α Coronae (Gemma) 2 14. Oktbr. 6. März 29. Novbr. 3. Juli Das ganze Jahr sichtbar
15 α Scorpii (Antares) 2 21. Novbr. 28. April 1. Oktbr. 25. Mai Vom 2. Oktober bis 21. Nov.
16 α Lyrae (Fidicula) 1 6. Novbr. 13. April 31. Januar 28. August Das ganze Jahr sichtbar
17 α Aquilae (Atair) 2 18. Dezbr. 23. Mai 7. Januar 5. August Das ganze Jahr sichtbar
18 α Delphini 3 29. Dezbr. 23. Mai 16. Januar 13. August Das ganze Jahr sichtbar
19 α Piscis australis (Fomalhaut) 1 17. April 31. August 27. Dezbr. 19. Juli Vom 28. Dezember bis 17. April.

und Spätaufgang auf ihrem ganzen Wege in der sichtbaren Hemisphäre, also auch im Aufgang und Untergang, zu sehen sind (falsche Verwendung des Terminus bei Geminos p. 160, 13, vgl. dazu Manitius 274f.); ἐνιαυτοφανεῖς (das ganze Jahr sichtbar, vgl. die Tabellen) oder ἀμφιφανεῖς (der Terminus auch bei Achill. is. 74, 6 Maass, vgl. ebd. den Anonymus p. 128, 10. Schol. Arat. v. 617; bei Arat v. 616ff. die Sache, ohne den Terminus, ebenfalls berührt), nördliche Sterne, die in derselben Nacht nach Sonnenuntergang aufgehen und vor Sonnenaufgang untergehen und in beiden Phasen sichtbar sind.

15. Astrometeorologie.

Der antike Kalender war durch die F. bestimmt. In allen unsern antiken Kalendern finden sich aber auch Witterungsanzeichen (ἐπισημασίαι) mit den Stern-Auf- und Untergängen verbunden. Geminos hat [2430] in seinem bemerkenswert klaren Kapitel 17 die Meinung wiedergegeben, erst durch die Verwendung der F. für Datierung und anderseits Eintragung der an gewissen Tagen beobachteten Wetterumschläge seien F. und Wetterumschläge in den Kalendern zusammengekommen und daher erst der Glaube an eine tatsächliche Einwirkung der F.-Auf- und Untergänge auf meteorologische Vorgänge entstanden; Geminos leugnet nachdrücklich jede συμπάθεια zwischen dem, was auf der Erde geschieht, und den so weit entfernten F., gegen die die Erde nur ein Punkt sei. Diese sachlich natürlich ganz zutreffende Anschauung des Geminos ist in ihrem historischen Teil nicht haltbar; vielmehr sind die Vorstellungen über den Einfluß der Pleiaden, der Capella, des Hundssternes auf die Witterung, Hitze usw. sicherlich uralt, wie für den Sirius schon Homer- und Hesiodstellen [2431] (s. unter Canis o. Bd. III S. 1481) und ganz besonders Kultgebräuche auf Keos (Cic. de div. I 130, weiteres bei Preller-Robert Gr. Myth. I 458), in Ägypten und bei den Römern (Gundel De stellar. appell. et relig. Rom. 41ff.) unzweideutig beweisen. Andrerseits ist zu beachten, daß trotz der verständigen Darlegung des Geminos und entgegen seiner Behauptung p. 180, 2 nicht nur Laien, sondern auch Astronomen an einen wirklichen Einfluß der F.-Auf- und Untergänge auf die Witterung geglaubt haben; zwar schwerlich Platon und Eudoxos, wie Act. Plac. II 19 will (vgl. Arat. v. 10ff., wo von σήματα, nicht von ἀποτελέσματα die Rede ist), wohl aber Ptolemaios Phas. p. 7, 17ff. (im Einklang mit Tetrab. I 9), so sehr er auch betont, daß nicht alle Ursachen der Witterungserscheinungen bei den F. zu suchen sind, sondern auch der Jahreslauf der Sonne, sowie der Mond und die fünf Planeten von größter Bedeutung seien (Geminos leugnet das p. 194, 27 auch von den Planeten). Im Grunde spiegelt sich in der Differenz zwischen Ptolemaios und Geminos das Problem, ob τὰ ἄστρα σημαίνει ἢ ποιεῖ, für das das Material (Boll Stud. über Ptolem. 116. 221, 1 und vieles andere) noch der Bearbeitung harrt. Das oben genannte Buch von Gilbert (Die meteorologischen Theorien des Altertums) hat das Kapitel der Astrometeorologie nirgendwo behandelt, kaum gestreift. Zur Ergänzung der in vorstehendem Artikel zitierten modernen Litteratur kann noch allgemein auf Houzeau-Lancaster Bibliogr. génér. de l'astron. t. II (1882) 1491–1536 verwiesen werden.

[Boll. ]