RE:Exploratores 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Militärische Abteilung zum Recognoszieren | |||
Band VI,2 (1909) S. 1690–1693 | |||
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Exploratores, griech. ἐξπλωράτορες (CIG III 6771. Suid.), σκοποί (Herodian. VIII 1, 4) oder κατάσκοποι (Polyb. III 95, 8. Zosim. III 14, 1. 3. Procop. bell. Pers. I 21). 1) Eine zum Recognoscieren verwendete militärische Abteilung im Gegensatz zu den Einzelkundschaftern, den Speculatores, vgl. Caes. b. Gall. II 11, 2. 3. Göler Caes. gall. Krieg II² 234. Kraner D. röm. Heer zur Zeit Caes. 49. Ihre Hauptaufgabe war, genaue [1691] Nachrichten über Stellung, Stärke und Bewegung des Feindes einzuziehen, vgl. z. B. Caes. b. Gall. I 12, 2. 21, 1. 22, 4. 41, 5. II 5, 4. III 2, 1. VII 16, 2. VIII 36. 3. Liv. VIII 17, 7. XXX 5, 1. Vell. Pat. II 115, 5. (Frontin. strat. I 2, 7. Veget. III 6. Procop. b. Pers. I 21. Rüstow Heerwesen u. Kriegführung Caes. 97. Fröhlich D. Kriegswesen Caes. 267. Außerdem hatten sie Weg- und Bodenverhältnisse zu erforschen, insbesondere einen geeigneten Lagerplatz ausfindig zu machen, vgl. Caes. b. Gall. II 17, 1. VII 44, 3; bell. civ. I 66, 3. 4. Plin. n. h. XXXVI 138. Bei der Wichtigkeit des Dienstes der E. wurde Vernachlässigung desselben besonders streng bestraft, vgl. Digest. XLIX 16, 3, 4. Selbständige Truppenteile waren die E. bis in die Kaiserzeit hinein nicht, vgl. Mommsen Limesbl. 1892, 6. Vielmehr werden bei jeder Legion eine Anzahl Leute mit einem erprobten Führer an der Spitze (Caes. b. Gall. I 21, 4; bell. civ. I 66, 3. 4) den Aufklärungsdienst versehen haben. Inschriftlich bezeugt ist ein Explorator leg. VI victr. aus dem 1. Jhdt. n. Chr., vgl. CIRh 601. Ihm Rhein. Jahrb. LXXXIII 152. Nach Hygin (de mun. castr. 24. 30) kamen auf drei Legionen 200 E., die im Lager in der Reihe der 1. Cohorte neben der Legionsreiterei ihren Platz hatten. Diesem Standorte zufolge scheinen die E. beritten gewesen zu sein, vgl. Mommsen a. a. O. Bestätigt wird diese Annahme durch Caes. bell. civ. I 66, 3. 4. Liv. VIII 7, 1. XXVIII 26, 5. Veget. III 6. CIL III 4276 und Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XXI 7, wo reitende E. dargestellt sind — Cagnats Behauptung bei Daremberg-Saglio Dict. II 930, auch auf der Traianssäule Fröhner 61 = Cichorius D. Reliefs der Traianssäule II 180f. Bild 37 seien reitende E. dargestellt, entbehrt der Begründung —, und CIL VIII 9906 wegen der dort erwähnten Ala. Doch hat es nachweislich auch E. zu Fuß gegeben, vgl. Liv. XXXIII 7, 4 und CIL III 3254. 3648 = 10 422, wo centuriones exploratorum genannt werden. Seit dem ausgehenden 2. Jhdt. n. Chr. — frühstes Inschriftenzeugnis aus dem J. 178, CIRh 1751 — wurden aus den Kundschaftertrupps selbständige Heeresabteilungen, die explorationes (vgl. CIL XI 3104) mit der Bezeichnung numeri, vgl. CIRh 7. 1237. Nur eine Abteilung afrikanischer E. ist ausnahmsweise als ala bezeichnet, CIL VIII 9906. 9907. Mommsen a. a. O. Cichorius oben Bd. I S. 1258. Benannt waren diese explorationes, die von praefecti (CIL VIII 9906. CIG III 6771. CIRh 991) oder praepositi (CIL XI 3104. Rev. arch. 1889 I nr. 54. 1895 I nr. 20) befehligt wurden, vorzugsweise nach den Standlagern, die sie ursprünglich innehatten, so die Divitienses nach Divitia, die Pomarienses nach Pomarium, die Seiopenses nach Seiopa, vgl. Mommsen Limesbl. 1892, 6; Hermes XIX 225. CIL VIII p. 847, vereinzelt jedoch auch, wie Cagnat a. a. O. zutreffend bemerkt, nach den Völkerschaften, aus denen sie sich rekrutierten, vgl. die e. Triboci et Boi CIRh 1600, die e. Batavi CIRh 7. Rev. arch. 1889 I nr. 55, die e. Germanici CIG III 6771. Rev. arch. 1901 II nr. 59bis. Als Kundschaftertruppe waren die Explorationes naturgemäß an vorgegeschobenen oder strategisch wichtigen Punkten [1692] stationiert. Wir finden sie in Britannien, Gallien, Germanien, an der Donau und in Nordafrika. In Britannien standen Explorationes: a) nördlich vom Hadrianwall am Eskfluß, südlich von Blatum Bulgium (vgl. Itin. Ant. 467, 1 Wesseling. Hübner CIL VII p 165), in Habitancium (jetzt Risingham, vgl. CIL VII 1002. 1010. Hübner oben Bd. III S. 873) und zwar zufolge CIL VII 987. 988 unter dem Befehle des tribunus coh. Vangionum, (vgl. Cichorius oben Bd. IV S. 347), sowie in Bremenium (jetzt High Rochester, vgl. CIL VII 1030. 1037. Hübner Röm. Herrschaft in Westeuropa 54); b) südlich vom Hadrianswall in Lavatrae (jetzt Bowes in York) an der Straße nach Eburacum (vgl. Not. dign. occ. XL 25); c) an der Südküste in Portus Adurni (jetzt Port Ederington bei New Shoreham, vgl. Not. dign. occ XXVIII 21). Eine gallische Exploratio ist Not. dign. occ. VII 110 erwähnt. Von Standlagern germanischer Explorationes sind bekannt: Roomburg im Bataverlande am alten Rhein (vgl. CIRh 7. Hübner Röm. Herrschaft 145), Divitia (jetzt Deutz, vgl. Hübner Röm. Herrschaft 112. 139. 144; Rhein. Jahrb. LXXX 130) — doch sind die e. Divitienses von hier nach Rheinhessen (vgl. CIRh 991. 1237. Zangemeister Westd. Ztschr. XI 288), Thracien (vgl. CIL III 728 = 7387. 7415. v. Domaszewski Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VIII 48, 8. Zangemeister a. a. O.) und Mauretanien (vgl. CIL VIII 9059. Mommsen CIL VIII p. XXI. Hettner Westd. Ztschr. V 245) abkommandiert worden —, die Gegend von Homburg mit der exploratio Halicensis (vgl. Rev. arch. 1893 I nr. 37. Mommsen Limesbl. 1892, 8), Seiopa (jetzt Miltenberg am Main, vgl. CIRh 1739 = Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VIII 47. CIL XI 3104. Hübner Röm. Herrschaft 90. 92; Rhein. Jahrb. LXXXVIII 30), Walldürn im Odenwald (vgl. Limesbl. 1897, 659ff. Rev. arch. 1897 II nr. 118. Hübner Röm. Herrschaft 90-92), Welzheim an der Lein, gleich Seiopa und Walldürn am oberrheinischen Grenzwall gelegen (vgl. Limesbl. 1894, 368. Rev. arch. 1895 I nr. 20. Hübner Röm. Herrschaft 89. 91), Marbach am oberen Neckar (vgl. CIRh 1600. Miller Westd. Ztschr. VI 51) und Neuenheim bei Heidelberg am unteren Neckar (vgl. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XXI 7ff. = Rev. arch. 1902 II nr. 63), beide im Rücken der Befestigungslinie Welzheim-Miltenberg (Hübner Röm. Herrsch. 93). Unermittelt bis jetzt ist das Standlager der e. Nemaningenses (vgl. CIRh 1751. 1757. Ohlenschläger D. röm. Truppen im rechtsrhein. Bayern 94) und der e. Triputienses (vgl. Rhein. Jahrh. LX 72. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VIII 162. 2), letztere von Conrady Ann. d. Ver. f. Nass. Altertumsk. XIV 353 und Urlichs Rhein. Jahrb. LX 73 irrtümlich mit Tripontium (jetzt Rugby) in Britannien in Verbindung gebracht, vgl. Mommsen Herm. XIX 226. Hammeran Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. VIII 163.
An der Donau standen E. in Novae (jetzt Kolumbacs in Serbien, vgl. Not. dign. or. XLI 34), Zmirna (östlich von Kolumbacs, Procop. de aedif. IV 6; vgl. Not. dign. or. XLI 37), Taliata (jetzt Milanovatz in Serbien, vgl. Not. dign. or. XLI 35) und Transdierna (jetzt Neu Orsova in Serbien, vgl. Not. dign. or. XLII 29), alle vier zu Moesia superior gehörig.
[1693] Von africanischen Explorationen kennen wir die exploratio Mercurius südlich von Sala (Itin. Ant. p. 3, 2 Wesseling) an der Südwestgrenze von Mauretania Tingitana, die Explorationen von Pomarium (jetzt Tlemsen, vgl. CIL VIII 9906—9909. Rev. arch. 1889 I nr. 54) und Safar (jetzt Ain Témouchent, vgl. Rev. arch. 1889 I nr. 55. 1901 II nr. 59 bis, Wilmanns CIL VIII p. 838) in Mauretania Caesariensis.
Über die Verwendung der E. in den Kriegen der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. vgl. Zosim. III 14, 1. 3. 16, 2.
Literatur: Rüstow Heerwesen und Kriegführung Caes. 97. Göler Caes. gall. Krieg II² 234f. Fröhlich D. Kriegswesen Caes. 202. 266f. Mommsen Herm. XIX 225; CIL VIII p. 847; Limesbl. 1892, 5ff. Cagnat bei Daremberg-Saglio Dict. II 929f.