Diversium (διβέρσιον) hiess in Constantinopel eine besondere Art des Wagenrennens, von der uns bei Constantinus Porphyrogennetus De cerimon. aulae Byzant. I 69 p. 336 ed. Bonn, eine freilich nicht in allen Punkten ohne weiteres klare Beschreibung gegeben wird. Die Eigentümlichkeit des D. bestand darin, dass jeder der vier Wagenlenker nicht mit seinem eigenen, sondern mit einem Gespanne einer anderen Partei fuhr, und zwar geschah der Austausch zwischen den Grünen (πράσινοι) und den Blauen (βένετοι) einerseits und zwischen den Weissen (λευκοί) und den Roten (ῥούσιοι) anderseits (s. den Art. Factiones). Es gab zwei Arten des D.: bei der einen Art erhielt jeder Wagenlenker ausser dem Gespanne auch das dazu gehörige Hülfspersonal von der anderen Partei, bei der zweiten erhielt er nur das Gespann von der anderen Partei, das Hülfspersonal von der eigenen. Zum Hilfspersonale gehörten οἱ ἀφέται, die Starter, οἱ θυρανοῖκται (s. d.), die Thüröffner, und οἱ θεωρηταί (s. d.), die Aufseher. Das D. fand nachmittags (δείλης) statt; es bestand vermutlich nur aus einem einzigen Rennen, an dem dieselben Wagenlenker und Gespanne beteiligt waren wie am ersten Rennen (τὸ πρῶτον βαΐον) desselben Vormittags (τῆς πρωϊνῆς), und zwar so, dass weder an der Bespannung (κομβίνα) noch an der Verteilung der Plätze beim Start (κάγκελλα = cancelli), wie sie bei jenem ersten Vormittagsrennen gewesen waren, etwas geändert wurde. Die Wagenlenker (ἡνίοχοι) mussten sich gegenseitig für die vorschriftsmässige Steuerung der ihnen anvertrauten Gespanne Sicherheit leisten. Die Ausrüstungen (τὰ σκεύη) wurden nicht auch vertauscht, vielmehr behielt jeder seine eigene; nur trugen die Wagenlenker ein Hemd (πανίον), das auf der Farbe ihrer eigenen Partei noch ein Abzeichen (σημεῖον) der anderen hatte, mit deren Gespann sie rannten. Die Rennpreise (τὰ ἔπαθλα) erhielten sie von der Partei, deren Hülfspersonal sie gehabt hatten; der Beifall (τὰ ἄκτα) wurde
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ihnen immer von ihrer eigenen Partei gespendet; die Bekränzung der Sieger war Angelegenheit des Kaisers. Folgende zwei Beispiele mögen die beiden Arten des D. leichter verständlich machen: 1. der Grüne siegt mit dem Gespann und dem, Hülfspersonale der Blauen; er erhält dann den Rennpreis bei den Blauen, den Kranz vom Kaiser, den Beifall bei den Grünen; 2. der Grüne siegt mit dem Gespann der Blauen, aber mit dem Hülfspersonale der Grünen; er erhält dann den Kranz vom Kaiser, aber sowohl den Rennpreis als auch den Beifall bei den Grünen. Im letzteren Falle muss nicht die grüne, sondern die blaue Partei dann den Rennpreis zahlen, wenn der Grüne seinen Sieg nicht der Tüchtigkeit der Pferde von der blauen Partei, sondern seiner eigenen Kunst und Mühe verdankt. Die Entscheidung darüber wird wohl jenen θεωρηταὶ εἰς τὰ κάθηκα (= καθήκοντα) obgelegen haben. Das D. war keine blosse Spielerei, es sollte vielmehr den Wagenlenkern Gelegenheit geben, zu zeigen, inwieweit ihre Fahrkunst unabhängig sei von dem ihnen gegebenen Pferdematerial. Ausser in dieser Beschreibung wird sonst das D. selten erwähnt. Der berühmte constantinopolitanische Wagenlenker Porphyrios (s. d.) feierte auch im D. seine Triumphe, wie die Inschriften auf dem ihm gesetzten Denkmale bekunden. Mordtmann Athen. Mitt. V 299. 300. 304 (der Name διβέρσιον kommt nur auf der Seite 304 vor, während er auf den beiden anderen umschrieben erscheint). Dazu Kaibel Epigr. Graec. p. 388.
Ob das D. in der oben beschriebenen Form auch in Rom üblich gewesen sei, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aus der Zeit Traians ist uns von Flavius Caper De orthogr. (Gram. Lat. VII 104, 12) der Ausdruck versis pannis überliefert, der, zusammengenommen mit der Thatsache, dass ein Austausch der Pferde, namentlich der sog. principia (s. d.), in der römischen Kaiserzeit nicht selten war, die Vermutung nahe legt, dass auch der römische Rennsport etwas ähnliches wie das D., wenn auch nicht in derselben Form, gekannt habe. Am ausführlichsten hat über das D. gehandelt L. Friedländer S.-G. II⁶ 518–521, in einigen Punkten von meiner Auffassung abweichend.