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RE:Cornelius 386

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sulla, P. Bekannt vor allem aus Ciceros Rede pro P. Sulla 62 v. Chr.
Band IV,1 (1900) S. 15181521
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386) P. Cornelius Sulla. Hauptquelle: Ciceros Rede pro P. Sulla, im folgenden stets mit S. bezeichnet. Sein Vater und der Grad seiner Verwandtschaft mit dem Dictator L. Sulla sind nicht [1519] mit Sicherheit zu ermitteln (vgl. Nr. 385); es ist nur bekannt, dass er sich diese Verwandtschaft zu nutze machte, um sich bei den Proscriptionen durch billige Güterankäufe zu bereichern (Cic. de off. II 29). Nach der parteiischen Darstellung seines Anwalts hätte er freilich seinen Einfluss bei dem Dictator auch zu besserem Zweck, für die Rettung einzelner Gegner, geltend gemacht (S. 72). Als Triumvir führte er eine Colonie sullanischer Veteranen nach Pompeii (s. u.). In den nächsten anderthalb Jahrzehnten muss er die niederen Ämter bekleidet haben, denn 688 = 66 wurde er zusammen mit P. Autronius Paetus (o. Bd. II S. 2612 Nr. 7) zum Consul für das folgende Jahr gewählt. Der Sohn seines Mitbewerbers L. Manlius Torquatus (nicht dieser selbst, wie Ascon. Cornel. p. 66 und Dio XXXVI 44, 3 meinen) klagte ihn darauf nach der Lex Calpurnia de ambitu an und erreichte seine Verurteilung, deren Folgen die Cassierung der Wahl und die Entziehung der Wählbarkeit, sowie der Mitgliedschaft des Senats waren (Cic. S. 49f. und oft.; tog. cand. und Ascon. z. d. St. p. 79; Cornel. und Ascon. z. d. St. p. 66; de fin. II 62. Sall. Cat. 18, 2. Liv. ep. CI. Suet. Caes. 9. Dio XXXVI 44, 3; vgl. Mommsen St.-R. I 492, 3; Straft. 874). Auch Autronius erfuhr dasselbe Schicksal, und an Stelle beider wurden M. Aurelius Cotta und jener ältere L. Manlius Torquatus zu Consuln gewählt. Es bildete sich nun die Verschwörung, die nicht ganz passend als die erste catilinarischc bezeichnet wird, weil sie nach der Darstellung Sallusts Cat. 18, 5 dem Catilina und Autronius das Consulat für 689 = 65 verschaffen sollte, nachdem die beiden Consuln Cotta und Torquatus am Tage ihres Amtsantrittes, 1. Januar, ermordet wären. Sallust erwähnt überhaupt nicht, dass Sulla an dieser Verschwörung beteiligt war; diese Thatsache steht aber zweifellos fest durch die Zeugnisse des Liv. ep. CI. Suet. Caes. 9. Dio XXXVI 44, 3f. und vor allem durch das Ciceros, dem der Ankläger Sullas im J. 692 = 62 vorhielt, er habe in der an Pompeius gerichteten Schrift über sein Consulat bewiesen: Sullam in illa fuisse superiore coniuratione (S. 67). Eher kann die Angabe Suetons Caes. 9 Misstrauen hervorrufen, dass das Consulat von den Verschworenen nicht dem Catilina, sondern dem Sulla neben Autronius bestimmt war, doch auch dies ist bereits im J. 692 = 62 von dem Ankläger Sullas bestimmt behauptet worden (S. 68), und nach den gründlichen Darlegungen von John (Jahrb. f. Philol. Suppl. VIII 708ff.) lässt es sich schwerlich noch in Zweifel ziehen. Der Umstand, dass Sulla selbst sich zurückhielt, und dass die Ausführung der Anschläge dem Catilina übertragen wurde, war für jenen insofern günstig, als er dem Cicero die Verteidigung und dem Sallust die Verhüllung der Schuld Sullas erleichterte. Auch lebte Sulla nach seiner Verurteilung anscheinend harmlos und ruhig in Neapel (S. 15. 17. 74) und liess selbst erklären, er wünsche nicht die Annahme der Rogation seiner Rehabilitierung, die von seinem Halbbruder L. Caecilius Rufus im December 690 = 64 eingebracht worden war und ungünstig aufgenommen wurde (S. 62ff. Dio XXXVII 25, 3; vgl. o. Bd. II S. 2612. III S. 1232 Nr. 110). Im folgenden Jahre kam die eigentliche Verschwörung des Catilina zum Ausbruch [1520] und wurde unterdrückt; darauf erhob 692 = 62 derselbe jüngere L. Torquatus, der früher die Verurteilung Sullas wegen Wahlbestechungen veranlasst hatte, gegen ihn eine neue Anklage wegen Teilnahme an den beiden Verschwörungen. Die vorsichtige Zurückhaltung des Angeschuldigten trug ihm jetzt ihre Früchte, denn die bedeutendsten Redner, Hortensius und Cicero, liehen ihm ihren Beistand. Hortensius rechtfertigte ihn wegen jener ersten Verschwörung (S. 12–14. 51), Cicero übernahm es, ihn von der Anklage, an der maxima coniuratio des J. 691 = 63 teilgenommen zu haben, zu reinigen (S. 13). Er lieferte zunächst einen mittelbaren Beweis für die Unschuld Sullas, indem er die gegen seine eigene Person erhobenen Vorwürfe des Klägers zurückwies: grade weil er selbst die wirklichen Teilnehmer des Complotts ermittelt und bestraft habe, müsse schon die Thatsache, dass er für Sulla eintrete, zu dessen Rechtfertigung genügen (S. 13–35). Ein eigentümliches Licht fällt auf diese mit vielem Pathos vorgetragenen Erklärungen Ciceros durch eine von Gell. XII 1, 2ff. aufbewahrte Anekdote: er habe grade damals von dem angeklagten Sulla eine grosse Summe für den Kauf eines Hauses geborgt und auf Vorwürfe, die ihm deswegen gemacht wurden, erwidert: adeo verum sit, accepisse me pecuniam, si domum emero; als er dann das Haus doch kaufte und öffentlich der Lüge bezichtigt wurde, habe er sich mit einem Witz aus der Verlegenheit gezogen: prudentis et cauti patris familias esse, quod emere velit, empturum sese negare propter competitores emptionis. Damit stimmt der gegen Cicero von dem Verfasser der Invect. in Cic. 3 erhobene Vorwurf, es hätte ihm einer der Catilinarier ein Haus gekauft. Der zweite Teil der Verteidigungsrede für Sulla sucht mit ziemlich schwachen Beweisen die einzelnen Punkte der Anklage zu widerlegen, aus denen sich die Verbindung mit Catilina im vorhergehenden Jahre ergeben sollte: das Zeugnis der Allobroger (S. 36ff.), die Anwesenheit in Rom bei den Consularcomitien (S. 51), die Werbung einer Fechterbande in Neapel (S. 54f.), die Beziehungen zu dem verdächtigen P. Sittius (S. 56–59), die Umtriebe in Pompeii, wohin Sulla unter seinem Verwandten, dem Dictator, als Triumvir eine Colonie geführt hatte und wo er daher als Patron der Stadt grossen Einfluss hatte (S. 60–62). Vermutlich waren dies alles Schritte, die mindestens zweideutig erscheinen konnten, aber seine Vorsicht und Bedachtsamkeit hatte Sulla davor bewahrt, sich allzusehr blosszustellen. Zuletzt sucht der Anwalt aus dem Vorleben seines Clienten dessen Unschuld darzuthun (S. 69ff.) und wirft schliesslich das Gewicht seiner Autorität aufs neue in die Wagschale, indem er die Versicherungen wiederholt, es sei ihm als Consul nicht das geringste Beweisstück für Sullas Schuld zugekommen, und er würde ihn nicht verteidigen, wenn er nicht vollständig von seiner Schuldlosigkeit überzeugt wäre (S. 85. 87, vgl. 13). Sulla wurde freigesprochen und das Urteil seiner Richter war auch für die Geschichtschreiber massgebend, da Sallust und die Späteren ihn nicht unter Catilinas Genossen nennen. Im J. 697 = 57 diente Sullas Haus dem P. Clodius als Festung (Cic. ad Att. [1521] IV 3, 3). 700 = 54 wollte Sulla, indem er den P. Gabinius wegen Ambitus vor Gericht zog, durch die Erzielung einer Verurteilung desselben sich selbst rehabilitieren (Cic. ad Att. IV 18, 3; ad Q. fr. III 3, 2), doch wurde Gabinius schon vor der Einleitung dieses Processes wegen Erpressungen verurteilt. Im Bürgerkriege trat Sulla auf Caesars Seite; als Lagercommandant schlug er 706 = 48 in Abwesenheit des Oberfeldherrn einen Angriff der Pompeianer auf einen Teil seiner Verschanzungen bei Dyrrhachion glücklich zurück (Caes. b. c. III 51, 1–5), und bei Pharsalos führte er den rechten Flügel der Caesarianer (ebd. 89, 2. 99, 3. Appian. bell. civ. II 76). Im Herbst 707 = 47 sollte er mit anderen die Überführung der Truppen aus Italien nach Sicilien und Africa leiten und geriet bei der deshalb ausbrechenden Meuterei der Soldaten in Gefahr (Cic. ad Att. XI 21, 2. 22, 2). Beim Verkauf der Güter der geächteten Pompeianer machte er ebenso, wie ein Menschenalter vorher unter Sulla, reiche Beute (Cic. de off. II 29; ad fam. XV 19, 3). Als daher die Nachricht kam, er sei gestorben, ungewiss ob an einer Überladung des Magens oder durch die Hand von Räubern, freute sich das Volk, und sein ehemaliger Verteidiger Cicero äusserte nicht das mindeste Bedauern, sondern gab die Nachricht mit bitteren Bemerkungen weiter (Cic. an Cassius fam. XV 17, 2. Antwort des Cassius XV 19, 3. Cic. an Dolabella IX 10, 3; vgl. L. Gurlitt Philol. LVIII 45ff., dessen Auslegungen jedoch ziemlich kühn scheinen, - da ein unsittliches Verhältnis zwischen Caesar und Sulla wegen des etwa gleichen Alters beider kaum eine glaubliche Erfindung gewesen wäre). Er hatte einen gleichnamigen Sohn (Nr. 387) und einen Stiefsohn Memmius (Cic. ad Q. fr. III 3, 2).