Zum Inhalt springen

RE:Compromissum

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verbindung gegenseitiger Stipulationen unter Bedingung
Band IV,1 (1900) S. 796797
Bildergalerie im Original
Register IV,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|IV,1|796|797|Compromissum|[[REAutor]]|RE:Compromissum}}        

Compromissum. Der Spruch eines arbiter, der nicht vom zuständigen Magistrat gegeben ist, schafft in der classischen Zeit niemals res iudicata (s. Arbiter Nr. 1). Die ohne Mitwirkung des Magistrats erfolgende Einigung, einen Streit durch einen arbiter entscheiden zu lassen, gewinnt deshalb nur dadurch Bestand, dass die Streitenden zugleich ihre Unterwerfung unter die Entscheidung des Erwählten sicherstellen. Dies geschieht durch das C., buchstäblich die Verbindung gegenseitiger Stipulationen unter der Bedingung, dass man bei dem Schiedsspruch nicht stehen bleiben werde (nisi sententia(e) arbitri steterit, vgl. Dig. IV 8, 23, 2. 27, 7). Unter der Voraussetzung, dass zu dem C. die Annahme durch den zum Schiedsmann Erwählten hinzugekommen ist (s. Receptum arbitrii), verheisst der Praetor, den arbiter zur Erfüllung der übernommenen Pflicht zu zwingen (qui arbitrium pecunia compromissa receperit, eum sententiam dicere cogam, Lenel Ed. perp. § 48). Ob, wann und wie aus dem C. auf die versprochene Leistung (poena compromissi) geklagt werden kann, regelt grundsätzlich [797] das für solche bedingte Stipulationen geltende Civilrecht. Im Einklang mit diesem verfällt die Busse schon dann, wenn eine Partei es nicht zum Schiedsspruch kommen lässt, Dig. IV 8, 27, 4. 30. Dagegen gehört die Frage, wie ein C. beschaffen sein muss, um in Verbindung mit dem receptum arbitrii die Anwendung des praetorischen Zwangsedicts herbeizuführen, dem praetorischen Recht an. In letzterer Hinsicht wird das C., da die Thätigkeit des arbiter demselben Zwecke dient wie die des iudex, vielfach den Anforderungen unterworfen, die für die Bestellung des iudex massgebend sind (Dig. IV 8, 1 c. ad similitudinem iudiciorum redigitur; vgl. Dig. IV 8, 6. 13, 3. 32, 9. 41. XV 1, 3, 8. Weizsäcker Das römische Schiedsrichteramt unter Vergleichung mit dem officium iudicis, Tübingen 1879). Ein die Anwendung des Zwangsedicts begründendes C. wird von Ulpian als plenum bezeichnet in Dig. IV 8, 11, 2. 13, 1; andere Bedeutungen von plenum c. (quod de rebus controversiisque compositum est und quod et doli clausulae habet mentionem) giebt Ulpian in Dig. IV 8, 21, 6. 31 an. Hinsichtlich des Verfalls der versprochenen Busse kann dagegen auch ein jenen Anforderungen nicht entsprechendes C. wirksam sein, wenn der arbiter den Schiedsspruch freiwillig abgiebt. Doch haben die Juristen, die das C. im Anschluss an das Edict zu erörtern pflegen, nahezu in allen Punkten die bei der Frage, ob der arbiter cogendus sit sententiam dicere, festgestellten Erfordernisse des C. auch hinsichtlich der poenae persecutio zur Geltung gebracht. Nur im Sinn des Edicts lassen sie als C. einen der Stipulationen entbehrenden, durch Hinterlegungen oder pactum de non petendo gesicherten Schiedsvertrag gelten, Dig. IV 11, 2. 3. Das C. begrenzt, ähnlich der formula, das officium arbitri und ist somit dafür massgebend, ob dem Schiedsspruch bei Vermeidung des Verfalls der poena zu gehorchen ist, Dig. IV 8, 32, 15f. 21, 6. Cic. ad fam. XII 30, 5.

Litteratur unter Arbiter Nr. 1 (Bd. II S. 410); hervorzuheben B. Matthiass Die Entwicklung des röm. Schiedsgerichts in Festschr. der Rostocker Juristenfakultät f. B. Windscheid (1888).

[Leist. ]