RE:Comites 79
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Comes rerum privatarum, Geschäfte der Hofhaltung s. Comites Nr. 19 | |||
Band IV,1 (1900) S. 664–670 | |||
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79) Comes rerum privatarum, auch comes privatarum (Cod. Theod. XII 1, 120), largitionum privatarum (Dessau 1290. Cod. Theod. X 9, 3. VI 9, 1. 30, 16. X 1, 13), privatarum remunerationum (Cod. Theod. VII 12, 2), privati aerarii (Cod. Theod. XI 18. VI 9, 2. XII 6, 32) oder sacri patrimonii (Haenel Corpus legum 260. Caissod. var. IV 3, 2. 4, 2), griechisch κόμης τῆς ἰδικῆς περιουσίας genannt (Cod. Iust. I 33, 4. 5. 34, 1), ist aus den comites consistoriani hervorgegangen und wird ihnen auch später noch zugerechnet (Cod. Theod. VI 30, 1. 4). Den Männern seines Vertrauens, die ihn mit dem allgemeinen Titel Comes umgaben, pflegte Constantin der Grosse anfangs ausserordentlicherweise die Geschäfte seiner Hofhaltung zu übertragen. Da er aber seine Caesaren seit dem J. 318 noch als Knaben mit der selbständigen Verwaltung grosser Reichsteile betraute, sah er sich veranlasst, zunächst für ihren Hof, dann auch für seinen eigenen feste Competenzteilungen zwischen den C. zu schaffen. So findet sich denn bei ihm zuerst im J. 319 ein Beamter, den er noch einfach comitem et amicum nostrum ohne nähere Bestimmung nennt, der aber nach den ihm zugeschriebenen Functionen schon die Stellung eines Comes rerum privatarum ausfüllt (Cod. Theod. X 8, 2. Grossi-Gondi bei Ruggiero Dizionario epigrafico II 489). Noch 340 erscheint dieser mit dem einfachen Comestitel (Cod. Theod. XII 1, 30); erst 342 ist der spätere volle Titel in den Kaisergesetzen nachweisbar (Cod. Theod. X 10, 6. 7), und in dem noch strengeren Stil der Inschriften dringt er erst gegen Ende des 4. Jhdts. durch (zuerst 386, Dessau 1290; vgl. 1279. CIL V 6253). Vorher scheint sich hier das Amt hinter den allgemeinen Titeln comes consistorianus, comes intra palatium oder comes ordinis primi zu verstecken [665] (s. oben S. 630ff. und Comes consistorianus Nr. 19).
Der Comes rerum privatarum führt unter Constantin dem Grossen noch den Titel vir perfectissimus, d. h. er gehört dem Ritterstande an, wie regelmässig die Finanzbeamten der früheren Kaiserzeit (Cod. Theod. X 8, 2). Später ist er immer Senator, wie sich dies in dem Titel vir clarissimus ausprägt (Dessau 1290. Cod. Theod. X 10, 13). Nach der Rangordnung Valentinians geht er den Proconsuln vor (Cod. Theod. VI 9, 1) und wird 380 mit den Praefecten beinahe gleichgestellt (Cod. Theod. VI 9, 2), wodurch ihm auch der Titel vir inlustris (Bull. munic. 1880, 252. Cod. Theod. I 5, 13. VI 30, 24. X 3, 7. 9, 3. 10, 27 § 2. 32 § 1. XI 18) oder vir magnificus zukommt (Cod. Theod. X 1, 13). In dieser höchsten Beamtenclasse bilden aber die C. rerum privatarum gemeinsam mit dem Magister officiorum, dem Quaestor, dem Comes sacrarum largitionum und den C. domesticorum eine zweite, niedrigere Stufe (Not. dign. or. XI–XV; occ. IX–XIII. Cod. Theod. VII 8, 16. XI 18. VI 9, 1. 2). Obgleich die beiden Finanz-C. an Rang gleichstehen (Cod. Theod. VI 30, 24), bekleidet man doch oft nach der Comitiva rerum privatarum noch die Comitiva sacrarum largitionum (s. Minervius, Osius, Severinus, Valerius), nicht aber umgekehrt (über die scheinbare Ausnahme Firminus s. Seeck Symmachus p. CXLII Anm. 724), so dass jene zwar nicht als das niedrigere, aber doch als das niedriger geschätzte Amt erscheint. Doch kommt es auch vor, dass der Comes rerum privatarum direct zum Praefectus praetorio befördert wird (s. Bassus Nr. 30, Gorgonius, Johannes, Taurus, Thalassius).
Wie sein Name besagt, hat der Comes rerum privatarum das Privatvermögen des Kaisers zu verwalten, doch bleibt die Abgrenzung desselben gegen das Staatsvermögen und überhaupt die Bestimmung der Competenz des Amtes immer etwas willkürlich. So stehen die Staatswebereien im allgemeinen unter dem Comes sacrarum largitionum (Not. dign. or. XIII 16; occ. XI 45), doch im Occident sind zwei davon der res privata principis zugeteilt (Not. dign. occ. XII 26. 27). Umgekehrt gehören die kappadokischen Domänen durchaus in den Geschäftskreis des Comes rerum privatarum hinein und waren ihm anfangs auch untergeben; doch wurden sie gegen Ende des 4. Jhdts. ihm entzogen und unter die Oberaufsicht des Praepositus sacri cubiculi gestellt (s. Comes domorum, Nr. 27). Wie dieser Wechsel wahrscheinlich durch den allmächtigen Eunuchen Eutropius bewirkt wurde, der damals das Amt des Oberkämmerers bekleidete, so gehen wohl auch die übrigen Anomalien in der Competenzteilung auf persönliche Einflüsse und zufällige Anlässe ähnlicher Art zurück. Im allgemeinen aber darf man den Comes rerum privatarum als kaiserlichen Domänenminister bezeichnen, obgleich diese Definition in manchen Beziehungen zu eng, in anderen etwas zu weit ist.
Wenn der Staat das Vermögen strafrechtlich Verurteilter (Nov. Maior. 5. Cod. Theod. IX 42, 17. X 9, 1. 10, 23. 30. 16, 3), Schenkungen von Ketzern (Cod. Theod. XVI 5, 50) oder unter blutschänderischen Eheleuten (Cod. Iust. V 5, 4), [666] Erbschaften, die herrenlos oder ungültig vermacht sind (Nov. Maior. 5. Cod. Theod. X 8, 5. 9, 2. 10, 11. 12. 30. 31. 34. XVI 5, 50), Güter der Tempel (Cod. Theod. X 1, 8. 10, 24. 32. Cod. Iust. VII 38, 2. XI 66, 4) oder der Städte (Cod. Theod. X 10, 24. Cod. Iust. VII 38, 2) für sich einzieht, so hat der Comes rerum privatarum die nötigen Anordnungen zu treffen und die Incorporation in das kaiserliche Vermögen zu bewirken (Cod. Theod. X 9). Bei ihm sind daher Delationen über dem Kaiser verfallene Güter anzumelden, ehe in der Provinz, in der sie liegen, die Rechtmässigkeit des Anspruchs gerichtlich untersucht wird (Cod. Theod. X 10, 13). Er lässt Inventare des gewonnenen Besitzes aufnehmen (Cod. Theod. X 8, 2. 9, 1. 2. 10, 11. 14. 16. 26) und die Forderungen, die zu den Activa der betreffenden Vermögen gehören, einziehen (Cod. Theod. X 16, 3). Sind Güter des Fiscus occupiert oder sonst in irgend einer Weise von Privaten entfremdet worden, so sorgt er für die Rückforderung (Cod. Theod. IV 22, 3. V 14, 7. X 1, 14. XV 14, 10. Nov. Theod. 19. Cod. Iust. VII 38, 2). Auch zieht er die Strafgelder ein, die seinen eigenen Subalternbeamten auferlegt werden (Nov. Theod. 19 § 2). Wenn andererseits confiscierte Vermögen ihren früheren Eigentümern zurückgegeben werden, hat er dies gleichfalls zu veranlassen (Cod. Theod. IX 42, 13), und bei den zahlreichen Petitionen, die um Schenkung an den Fiscus gefallener Güter eingereicht werden, lässt er Instructionen darüber abfassen und, falls der Kaiser auf Grund derselben seine Zustimmung giebt, die Übergabe vollziehen (Cod. Theod. IX 42, 7. X 1, 9. 8, 2. 5. 9, 2. 10, 11. 14. 16. 23. 26. Nov. Theod. 6, 3), weshalb auch Gesetze, die solche Schenkungen betreffen, meist an den Comes rerum privatarum gerichtet sind (Cod. Theod. X 10, 6. 8. 12. 18. 21. 22. 24. 31. 32. 34. 13, 1. Cod. Iust. XI 62, 6. Nov. Theod. V 1). Für diese Zwecke befindet sich in seinem Officium ein scrinium beneficiorum (Not. dign. or. XIV 10; occ. XII 32). Er besorgt auch den Verkauf von Gegenständen des kaiserlichen Besitzes, mögen es bewegliche Dinge (Cod. Iust. IV 44, 18. VII 37, 2), städtische Häuser (Cod. Theod. X 2, 2) oder Landgüter sein (Nov. Val. I. 3 § 7. Cod. Theod. V 14, 8. 9). Bei den letztgenannten findet derselbe in der Regel salvo canone statt, d. h. es bleibt eine unveränderliche Pacht, die völlig den Charakter einer Grundsteuer trägt, darauf haften (Cod. Theod. V 14, 4. Cod. Iust. XI 62, 4), ja im J. 440 wird jede andere Art des Verkaufes sogar ganz verboten. Vorher aber konnte man auch den Canon durch einmalige Zahlung an die res privata ablösen (Nov. Theod. 19). Wird er nicht ordnungsmässig entrichtet, so fallen die Güter an den Fiscus zurück, und der Comes rerum privatarum hat dann für ihre neue Vergebung zu sorgen (Cod. Theod. V 13, 18. 14, 4). Auch leitet er die Verpachtung des kaiserlichen Grundbesitzes (Cod. Theod. X 3, 3. 6. 7. 5, 1. Cod. Iust. XI 71, 4), wobei freilich die eigentliche Versteigerung an den Meistbietenden in der Provinz von dem Statthalter vorzunehmen ist (Cod. Theod. XI 28, 13. Cod. Iust. XI 71, 1). Doch sind die geleisteten Bürgschaften der Pächter im Officium des Comes rerum privatarum zu buchen, [667] für welchen Zweck es ein scrinium securitatum enthält (Not. dign. or. XIV 12; occ. XII 34; vgl. Cod. Theod. I 11, 1. X 3, 4. 5, 1). Über die Eintreibung der Pachten trifft er die nötigen Verfügungen (Cod. Theod. V 14, 6. XI 1, 25. 27. 20, 4), doch erfolgt sie, wie bei den Steuern, durch die Statthalter der Provinzen (Cod. Theod. I 11, 1. 2. VII 7, 1. XI 20, 4 § 2), an welche die Officiales des Comes rerum privatarum abgesandt werden, um von ihnen das Eingekommene in Empfang zu nehmen und sie zum Eifer zu spornen, wenn Rückstände geblieben sind (Cod. Iust. I 40, 10. Cod. Theod. I 10, 2. V 14, 6. XI 20, 4 § 2). Dass die Statthalter jene Last auf die Decurionen abwälzten, kam wohl nicht selten vor, wurde aber verboten (Cod. Theod. XII 1, 30). Vorübergehend wurde auch die Eintreibung selbst den Officialen des Comes rerum privatarum übertragen (Cod. Theod. I 11, 1) oder besondere Susceptores dafür von ihm bestellt (Cod. Theod. X 1, 17). Anfangs galt wohl der Grundsatz, dass von den Domänen die Pachtsummen (canon) an die res privata, die Grundsteuer (annona) an die sacrae largitiones abzuführen seien, und im J. 399 wurde er wieder eingeschärft (Cod. Theod. V 14, 5). Doch war er schon 365 durch ein Gesetz Valentinians durchbrochen, der über die fundi patrimoniales sive emphyteutici, d. h. diejenigen, welche gegen eine unveränderliche Zahlung in Erbpacht vergeben waren, dem Comes sacrarum largitionum die Aufsicht übertragen und alle Einkünfte derselben mit wenigen Ausnahmen ihm zugewiesen hatte (Cod. Theod. V 13, 19. 20. Cod. Iust. XI 62, 3); deshalb werden auch über diese Art der Domänen mehrfach Gesetze an ihn gerichtet (Cod. Theod. XI 28, 14. Cod. Iust. XI 62, 11. 63, 2) und sie von den praedia rei privatae unterschieden (Cod. Theod. XI 19 Überschrift. IV 11, 3. V 13, 19. XI 7, 19. 19, 4. Cod. Iust. XI 62–66 Überschriften; die Gesetze, welche sie der res privata zurechnen, wie Cod. Theod. V 13, 17. Cod. Iust. XI 65, 5, fallen in Zeiten, wo ihre Übertragung auf den comes sacrarum largitionum entweder noch nicht stattgefunden hatte oder zeitweilig unterbrochen war). Jene feste Pacht hatte sich eben so sehr einer Grundsteuer angenähert, dass es angemessen schien, beide zu verbinden und ganz gleich zu verwalten. Daher findet sich auch ein scrinium canonum nicht nur bei dem Comes rerum privatarum (Not. dign. or. XIV 11; occ. XII 33), sondern auch bei dem comes sacrarum largitionum (Cod. Theod. X 20, 13. 18. Not. dign. or. XIII 23; occ. XI 89).
Ein Teil der kaiserlichen Güter steht ohne Vermittlung von Grosspächtern unter directer Verwaltung der Beamten. Dies gilt namentlich von der domus divina per Cappadociam, wo die Colonen ihre Kleinpacht an die res privata zu leisten haben und hier auch die Zinsen für die Rückstände gebucht und eingezogen werden (Cod. Theod. X 1, 11. XII 6, 14). Dies Ressort wird später dem praepositus sacri cubiculi übertragen (s. Comes domorum, Nr. 27). Im übrigen kommt Eigenwirtschaft wohl nur bei den grossen Weidetriften zur Anwendung, auf denen die kaiserlichen Herden grasen (Cod. Theod. IX 30, 2. VII 7, 2). Unter dem Comes rerum privatarum stehen daher im Orient keine anderen Procuratoren als die procuratores saltuum [668] (Not. dign. or. XIV 7; vgl. Cod. Iust. XI 67, 1), und das Gleiche scheint auch für den Occident zu gelten, obgleich sie hier ihrem Titel diese Bezeichnung meist nicht hinzufügen, sondern sich nach den Provinzen unterscheiden. Doch in einem Falle heisst es (occ. XII 18): procurator rei privatae per Apuliam et Calabriam sive saltus Carminianensis, und wie das hier ausdrücklich gesagt wird, so muss man auch bei den procuratores rei privatae per Siciliam, per Dalmatiam, per Saviam, per Italiam, per urbem Romam (d. h. in der dioecesis urbis Romae), per urbicarias regiones rerum Iuliani, per Mauretaniam Sitifensem und bei dem praepositus rei privatae per Sequanicam et Germaniam primam (Not. dign. occ. XII 17. 19–25) annehmen, dass sie nicht über die ganzen Domänen der Provinz, sondern nur über die Saltus gesetzt waren. Dazu passt es, dass in Africa, wo die Dichtigkeit der Bevölkerung und die Intensität des Landbaus die Weidewirtschaft nicht hatte aufkommen lassen, ein kaiserlicher Procurator fehlt. Daher ist auch in einem Gesetz im Zusammenhange mit den procuratores rei dominicae von den pabula die Rede (Cod. Theod. X 1, 17). Dass sie mitunter auch über die kaiserlichen Häuser zu wachen haben, widerspricht dem nicht, da solche auch auf den Weidetriften stehen mochten (Cod. Theod. X 2, 1); diese beschränkte Competenz erklärt es auch, dass seit dem 4. Jhdt. von den kaiserlichen Procuratoren so wenig mehr die Rede ist (Cod. Theod. IX 27, 7. X 4, 1. XI 17, 1. XVI 10, 13). Die Pferdeherden, die ihnen anfangs gleich dem übrigen Vieh des kaiserlichen Besitzes unterstanden (Cod. Theod. XI 17, 1), sind im Orient später auf die praepositi gregum et stabulorum übertragen worden, die aber gleichfalls zu den Untergebenen des Comes rerum privatarum gehören (Not. dign. or. XIV 6). Die actores rei privatae, die jedenfalls auch Organe der Eigenwirtschaft waren, kann man wohl als Unterbeamte der procuratores saltuum betrachten; diese hatten ausgedehnte Districte unter sich, jene die Weidewirtschaft eines einzelnen Gutes (Cod. Theod. I 11, 2. II 1, 1. 11. VII 18, 7. 12. X 4, 1. 2. XI 7, 6. 16, 12).
Endlich ist auch derjenige fiscalische Grundbesitz, der nicht dem Erwerb, sondern dem eigenen Gebrauch des Kaisers dienen soll, wie Paläste und Lusthaine, der Aufsicht des Comes rerum privatarum unterstellt, der über ihre Instandhaltung zu wachen hat (Cod. Theod. V 14, 4. X 1, 12. 10, 16. XV 2, 2. Cod. Iust. XI 77, 1. 78, 1. 2; bei der letzten dieser Verordnungen war der Adressat nicht, wie die verdorbene Überschrift besagt, comes sacrarum largitionum, sondern nach Nov. Theod. 19 Comes rerum privatarum).
Zum kaiserlichen Grundbesitz gehören die Colonen als Inventar. Deshalb liegt es dem Comes rerum privatarum ob, dafür zu sorgen, dass ihre Zahl nicht geschmälert werde (Cod. Iust. VI 4, 2. XI 68, 4), und sind aus ihnen Recruten zu stellen (Cod. Theod. VII 13, 12; vgl. XI 16, 12) oder auch durch Geldzahlungen abzulösen (Cod. Theod. VII 13, 2. 14. 20. Cod. Iust. XI 75, 3), so ergeht die Verfügung an ihn. Dasselbe gilt bei der Lieferung von Pferden oder Getreide für Kriegszwecke (Cod. Theod. XI 16, 12. 17. 1) oder von [669] sonstigen Steuern (Cod. Theod. XI 7, 11. 19, 4. 28, 13) und Steuerbefreiungen (Cod. Theod. XI 16, 12. 20). Auch Verordnungen über die Bewässerung der domanialen Grundstücke (Cod. Iust. XI 66, 5) und über die Auslieferung von Flüchtlingen, die sich auf ihnen versteckt haben (Cod. Theod. X 19, 5), ergehen an ihn als kaiserlichen Gutsverwalter. Endlich unterstehen ihm auch die Bastagae privatae, d. h. die Einrichtungen für den Transport der Bodenerzeugnisse und sonstigen Güter, die der res privata gehören (Not. dign. or. XIV 5; occ. XII 28. 29; vgl. Cod. Theod. VIII 5, 20).
Eigene Gerichtsbarkeit scheint der Comes rerum privatarum anfangs nicht besessen zu haben. Selbst die Processe seiner Untergebenen, der Palatini, werden ihm erst um das J. 425 übertragen, und auch das nur, wenn sie sich in der Residenz aufhalten; in der Provinz sind sie den Statthaltern unterstellt (Cod. Iust. XII 23, 12. Cod. Theod. XII 6, 32). Bei Denuntiationen, dass irgend ein Besitz als fiscalischer in Anspruch zu nehmen sei, entscheidet der gewöhnliche Richter, und erst auf seine Anzeige beim Comes rerum privatarum vollzieht dieser die Incorporation in das kaiserliche Vermögen (Cod. Theod. X 10, 7. 8). Auch die Appellation geht nicht an ihn, sondern an die ordentlichen Instanzen, und wenn von diesen weiter appelliert wird, an den Kaiser selbst, für welchen dann freilich der Comes rerum privatarum die Instruction des Processes zu besorgen hat, was praktisch in den meisten Fällen von einer Entscheidung desselben kaum verschieden gewesen sein wird. Zwar hatte er sich schon unter Theodosius dem Grossen die Gerichtsbarkeit in fiscalischen Processen zu verschaffen gewusst; doch wurde dies noch 383 rückgängig gemacht und der alte Zustand wiederhergestellt (Symm. rel. 41, 6. Cod. Theod. XI 30, 18. 41). Schon 385 aber wird verfügt, dass von Entscheidungen der Rationales und Discussores an ihn zu appellieren sei; doch kann er auch dann seine Befugnis auf einen Provincialstatthalter übertragen (Cod. Theod. XI 30, 45; vgl. X 13, 1. XI 36, 29. 32). Für Rom bestimmt Theodosius 389, dass bei Summen über 200 Pfund Silber die Appellation an den Comes rerum privatarum, bei niedrigeren an den Stadtpraefecten gehen soll (Cod. Theod. XI 30, 49). Auch später versucht man noch zeitweilig, die alte Praxis herzustellen (Cod. Theod. XI 30, 68); doch hat sie keinen Bestand. So entwickelt sich im 5. Jhdt. der Comes rerum privatarum zum eigentlich berufenen Richter in fiscalischen Sachen (Cod. Iust. I 33, 3. Cod. Theod. X 10, 32 § 1), und diese Competenz bleibt ihm, als Anastasius (491–518) ihm die Domänenverwaltung nimmt und auf den comes sacri patrimonii überträgt. Denn dass er diejenigen Befugnisse, nach denen er seinen Namen führte, im 6. Jhdt. nicht mehr ausübte, sagt Cassiod. var. VI 8, 1 ausdrücklich: comitiva privatarum, sicut nominis ipsius sentitur insonare vocabulum, per rationalium curam quondam principum privatam fertur gubernasse substantiam; vgl. Comes sacri patrimonii (Nr. 87). Jetzt beschränkt sich seine Thätigkeit darauf, die an den Fiscus gefallenen Besitzungen einzuziehen und, falls dessen Ansprüche streitig sind, die darüber geführten Processe zu entscheiden (Cassiod. var. VI 8, 5. 6). Ihm wird daher die Einziehung von Strafgeldern [670] übertragen, auch wenn die Vergehen, wegen deren sie zu zahlen sind, mit der Domänenverwaltung gar nichts zu thun haben (Nov. Iust. 128, 25). In erster Linie erscheint er als Criminalrichter über blutschänderische Ehen und Verletzung der Gräber, weil gerade bei diesen Verbrechen Confiscation die regelmässige Strafe war (Cassiod. var. VI 8, 3. 4. Nov. Iust. 12. 139. 154). Wenn auch in dieser Zeit eine res privata noch neben dem sacrum patrimonium erwähnt wird (Edict. Iust. 8, 2 und sonst), so werden damit wohl nur die Ländereien gemeint sein, die von dem Comes rerum privatarum eingezogen waren und vorübergehend unter seiner Verwaltung standen, bis sie dem sacrum patrimonium incorporiert wurden.
Als Vertreter des Comes rerum privatarum in den einzelnen Dioecesen fungieren die rationales rei privatae (s. Rationalis). Die Mitglieder seines Officiums heissen palatini rerum privatarum und geniessen mannigfacher Privilegien (s. Palatini). Ihre Zahl wurde im J. 399 von Honorius auf 300 festgesetzt (Cod. Theod. VI 30, 16). Ein Verzeichnis der überlieferten Comites rerum privatarum, das freilich nicht ganz vollständig ist, findet man bei Grossi-Gondi in Ruggieros Dizionario epigrafico II 497. His Die Domänen der römischen Kaiserzeit 33.