RE:Classis 2
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Einteilung in d. röm. Bürgerschaft | |||
Band III,2 (1899) S. 2630–2632 | |||
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2) Durch die Verfassung des Servius Tullius wurde die römische Bürgerschaft (mit Ausnahme der Equites) ihrem Vermögen nach in fünf Classen geteilt. Die Bürger der ersten Classe sollten mindestens 100 000 As (so nach Liv. I 43. Dionys. IV 16. Polyb. VI 23, 15; 120 000 nach Plin. XXXIII 43 und Fest. ep. p. 113, 125 000 nach Gell. VI 13), die der zweiten mindestens 75 000, die der dritten 50 000, die der vierten 25 000, die der fünften nach Livius 11 000, nach Dionysius 12 500, nach Polyb. VI 19, 2 4000 As (400 Drachmen) besitzen. Die Einteilung diente vorwiegend politischen Zwecken (s. d. Art. Centuria Nr. 2). Aber die Grundbedeutung des Wortes classis ist eine militärische. Nach gewöhnlicher Annahme ist es von calare = καλεῖν abzuleiten und bedeutet ‚Ladung‘ (so schon Dionys. IV 18 und Quintil. I 6, 33; nach Serv. Aen. I 39. Isid. Orig. XIX 1, 15. Schol. Lucan. I 306 soll dagegen das Wort mit κᾶλον = lignum zusammenhängen), d. h. zunächst im militärischen Sinne ‚Aufgebot‘. Diese früher allgemein gebilligte Etymologie hat zuerst Corssen (Vocal. I 496) in Zweifel gezogen; er leitet classis von einer Wurzel clat (*clat-ē-re, vgl. griech. κλητεύω, goth. lathōn, as lathjan, ahd. ladon) ab, hält aber an der Bedeutung ,Ladung‘ fest (ebenso Curtius Grundz.⁵ 139. Vanicek). Dagegen behauptet Mommsen (Staatsr. III 263), dass classis im Land- und Seekrieg die Linie bezeichne ,im Gegensatze zu den ausser der Reihe am Kampfe beteiligten Truppen oder Schiffen‘. Er beruft sich darauf, dass die Hoplitenphalanx, gebildet aus Bürgern mit einem Besitz von mindestens 100 000 oder 120 000 As (s. o.), ursprünglich [2631] classis hiess, nur wer zu ihr gehörte, classicus war, alle andern als infra classem bezeichnet (Fest. ep. p. 113. Gell. VI 13) wurden. Damit stimme es, dass nach mehrfachem Zeugnis in alter Zeit classis die Bezeichnung des Heeres war (Fest. p. 56. 249. 186 s. classes clypeatas, procincta classis, opima spolia. Fabius Pictor bei Gell. X 15, 4. Verg. Aen. VII 716). Erst als der militärische Charakter in der Centurienordnung beseitigt war und sie nur noch politischen Zwecken diente, habe das Wort classis, indem es die militärische Bedeutung nur für den Seekrieg behielt, eine auf die Wahlen und Abstimmungen der Volksversammlung bezügliche Bedeutung erhalten. Es bezeichne jetzt die gleichzeitig zur Abstimmung aufgerufenen ,Abteilungsreihen des Fussvolkes‘, so dass die volldienstpflichtigen Centurien, die früher allein die C. waren, jetzt die prima classis bilden und dementsprechend die vier unter der Phalanx stehenden Stufen jetzt als zweite, dritte, vierte und fünfte Classe auftreten. In der neuen Bedeutung gebraucht, finde sich das Wort bereits in der Lex agr. vom J. 643 = 111 Z. 38: [recuperatores ex ci]vibus L quei classis primae sient, XI dato. Aber bei dieser Auffassung bleibt die Etymologie des Wortes dunkel, und dass classis die Linie bezeichne, ist nicht zu erweisen. Vielmehr passt die Bedeutung ,Ladung‘, ,Aufgebot‘ auch für die Zeit, als nur die voll ausgerüsteten Bürger die classis bildeten, insofern als eben sie allein in ältesten Zeiten zur Heeresfolge verpflichtet waren, die andern aber erst später zu dieser Ehrenpflicht herangezogen wurden.
Auf die militärische Grundbedeutung des Wortes weist die verschiedene Art der Bewaffnung, welche nach der Überlieferung den einzelnen Stufen vorgeschrieben war. Volle Hoplitenausrüstung hatte die erste Classe, nämlich Erzschild (clipeus Liv., ἀσπίς Dion.), Helm, Panzer, Beinschienen, Lanze, Schwert. Den übrigen Classen oder den Centurien infra classem fehlte der Panzer. Die zweite Classe trug Holzschild (scutum Liv., θυρεός Dion.), Helm, Beinschienen, Lanze, Schwert, die dritte dasselbe ausser den Beinschienen; die vierte Classe hatte nach Livius nur hasta und verutum, nach Dionysios Schild, Schwert und Lanze (θυρεός, ξίφος, δόρυ), die fünfte nach Livius Schleuder, nach Dionysios Speer (σαυνίον) und Schleuder (vgl. Marquardt Röm. Staatsverw. II² 326).
Die Censussätze, nach welchen die Classen eingeteilt waren, werden in den Quellen nach dem Münzsystem angegeben, welches kurz vor dem ersten punischen Kriege eingeführt wurde (der As = 1/10 Denar). Die älteren Ansätze sind uns nicht bekannt; nach Mommsens wahrscheinlicher Annahme (Röm. Trib. 111; Staatsr. III 247) waren sie ursprünglich nicht in Geld, sondern in Landmass ausgedrückt und zwar I. Classe 20 iugera, II. Classe 15 iugera, III. Classe 10 iugera, IV. Classe 5 iugera, V. Classe 2 iugera = 1 heredium. An Stelle dieser Sätze traten dann, vermutlich durch die Censuren der J. 442 = 312 und 450 = 304, als die Freigelassenen, d. h. die Nichtansässigen, in die Tribus aufgenommen wurden, Geldbeträge, und zwar zunächst berechnet nach dem schweren As, nämlich zu 40 000, 30 000, 20 000, 10 000, 4400 schweren As. Gleichzeitig mit der Einführung des leichten As (um 486 = 268) [2632] oder doch bald danach müssen die Censussätze umgerechnet worden sein; damals wurden sie auf die Höhe gebracht, in der sie uns überliefert sind (nach Polyb. VI 23, 15 hatten die Bewaffnung der ersten Classe οἱ ὑπὲρ τὰς μυρίας τιμούμενοι δραχμάς d. i. 100 000 leichte As; Schwierigkeiten macht nur die Lex Voconia vom J. 585 = 169; vgl. den Art. und Mommsen St.-R. III 249, 4). Aber auch später sind die Ansätze sicherlich mehrfach verändert worden. Vgl. Boeckh Metrol. Untersuch. 427ff. Die weitere Litteratur s. bei dem Art. Centuria Nr. 2.