RE:Centuria 2
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Einheit in d. Einteilung d. röm. Volkes | |||
Band III,2 (1899) S. 1952–1960 | |||
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2) Centuria, ursprünglich eine Abteilung von 100 Mann (Fest. p. 53. Varro de l. l. V 88. Isid. orig. IX 3, 48), ist die Bezeichnung der Einheit, welche derjenigen Einteilung des römischen Volkes zu Grunde gelegt war, die von der Tradition dem Könige Servius Tullius zugeschrieben wird (Liv. I 43. Dion. IV 16ff. Cic. [1953] de rep. II 39). Der Zweck dieser Einteilung war ein doppelter, erstens ein militärischer: festzustellen, in welcher Art und Weise und an welcher Stelle jeder Bürger seine Wehrpflicht zu erfüllen habe; zweitens ein politischer: die Gliederung und Abstufung der Bürgerschaft behufs Bildung von Stimmkörpern für die Volksversammlung. Für den ersten Zweck war ursprünglich die Sollstärke der C. wahrscheinlich auf 100 Mann festgesetzt; thatsächlich diese Stärke auch nur annähernd einzuhalten, kann nicht möglich gewesen sein und hätte auch dem politischen Zweck der ganzen Ordnung nicht entsprochen (Cic. de rep. II 40. Dionys. IV 21). Sehr fraglich ist es, ob derselbe Mann, der die C.-Verfassung schuf, sie auch bereits auf die Stimmordnung in der Volksversammlung übertragen hat. Genz (Die servianische Centurien-Verfassung, Progr. Sorau 1874) und Soltau (Entstehung und Zusammensetzung d. altröm. Volksversammlungen, Berlin 1888, 229ff.) suchen das Gegenteil zu erweisen; die Einteilung des Volkes in C. und Klassen für die Aushebung und Schlachtordnung rührt nach ihnen von Servius Tullius her, ihre Übertragung auf den politischen Zweck halten sie für späteren Ursprungs. Nach Ihne (Die Entstehung der servianischen Verfassung, Symbol. philol. Bonn. 629ff.) ist die servianische Verfassung weder eine ganz neue Schöpfung, noch eine von den Griechen entlehnte Form, sondern das Schlussresultat einer langen Entwicklungsreihe (,weder gemacht noch erborgt, sondern erwachsen in und mit dem römischen Volke‘). Ihre Gestaltung ist nach unsern Quellen folgende:
Equites: | Censussätze: | ||||
6 suffragia (Cic. rep. II 39. Test. p. 334) 12 centuriae |
18 cent. | ||||
I. Classe: | |||||
40 cent. iuniores 40 cent. seniores |
(nach Cic. rep. II 39 hat die erste Classe nur 70 Centurien) |
80 cent. 100 000 aeris nach Livius u. Dionys. 120 000 aeris nach Plin. XXXIII 43 u. Fest. ep. p. 113. | |||
dazu: | 125 000 aeris nach Gell. VI 13. | ||||
1 cent. fabrum tignariorum (Cic. rep. II 39; orat. 156) 1 cent. fabrum aerariorum |
2 cent. | ||||
II. Classe: | |||||
10 cent. iuniores, 10 cent. seniores | 20 cent. | 75 000 aeris||||
III. Classe: | |||||
10 cent. iuniores, 10 cent. seniores | 20 cent. | 50 000 aeris||||
IV. Classe: | |||||
10 cent. iuniores, 10 cent. seniores | 20 cent. | 25 000 aeris||||
V. Classe: | |||||
15 cent. iuniores, 15 cent. seniores | 30 cent. 12 500 aeris nach Dion. | 11 000 aeris nach Liv.||||
dazu: | 4 000 aeris nach Polyb. VI 19, 2. | ||||
liticinum oder tubicinum 1 cent. cornicinum 1 cent. accensorum velatorum 1 cent. |
3 cent. | ||||
193 centuriae. |
Die Gesamtzahl 193 geben ausdrücklich Dionysios (IV 18. 19. 20. VII 59. X 17) und Cicero (de rep. II 39), nicht Livius, der noch eine centuria immunis militia hinzufügt, so dass sich aus seiner Darstellung eine Summe von 194 C. ergiebt. Die Spur dieser 194ten C. findet sich auch bei Cicero a. a. O. in den Worten: accensis velatis, liticinibus, cornicinibus, proletariis ... und bei Festus p. 177 s. ni quis scivit, aber die Zahl 193 muss als gegebene Grösse angesehen werden, an der ebensowenig gerüttelt werden darf, wie an der Zwölfzahl der Apostel. Freilich der Versuch von Huschke (Verf. d. Serv. Tull. 170), Mommsen (Die röm. Trib. 137) und Genz (a. a. O.), auch bei Livius 193 C. herauszurechnen, indem in der V. Klasse 14 C. iuniorum, 14 C. seniorum und 2 C. accensorum velatorum nämlich 1 seniorum und 1 iuniorum angesetzt werden, ist mit Livius Worten unvereinbar und von Mommsen im Staatsrecht (III 282, 4) aufgegeben. Über die Einteilung der Reitercenturien in 6 suffragia und 12 centuriae s. Equites. Die tignarii und aerarii stimmten nach Livius mit [1954] der ersten Klasse, nach Dionys (IV 18. VII 59) mit der zweiten; Cicero rechnet die tignarii zur ersten Klasse, die aerarii lässt er unerwähnt. Mommsen (St.-R. III 287) bringt diese Handwerker-C. in Verbindung mit den von Numa eingerichteten Collegien der τέκτονες und χαλκεῖς (Plut. Num. 17. Plin. n. h. XXXIV 1). Bei der Aufhebung der stadtrömischen Collegia durch Caesar und Augustus wurde das collegium fabrum ausgenommen (Ascon. in Cornel. p. 75). Die Trompetercenturien legt Livius zur fünften, Dionys zur vierten Klasse; die tubicines (bei Cic. a. a. O. liticines; vgl. Orelli 4106) standen, wie bei uns die Hautboisten, höher im Rang als die Hornisten (Domaszewski Fahnen d. röm. Heeres 8). Man hat daher die Nachrichten des Livius und Dionysius so zu vereinigen gesucht, dass man die tubicines der vierten Klasse und die cornicines der fünften zurechnete. In der Kaiserzeit sind beide C. vereinigt zu dem collegium aeneatorum (Fest. ep. p. 20. CIL VI 10 220. 10 221; doch vgl. Henzen Bull. d. Inst. 1859, 230. O. Hirschfeld Philol. 1870, 11). Über die accensi velati s. Bd. I S. 135ff. [1955] Livius fügt den fünf C. der Unbewaffneten eine sechste immunis militia hinzu; man hat sie mit den von Cicero (de rep. II 39. 40) erwähnten proletarii identifiziert. Das waren diejenigen, deren Besitz nicht mehr als 1500 As betrug; sie hatten ihren Namen von proles (Cic. a. O. Fest. p. 226. Gell. XVI 10, 13. Non. p. 67; pauperes satis stipendii pendere, si liberos educent Liv. II 9, 6). Nach Gell. XVI 10, 13 standen noch eine Stufe tiefer als die proletarii die capite censi, d. h. diejenigen, die gar nichts oder allerhöchstens 375 As besassen, dagegen fallen nach Festus ausdrücklichem Zeugnis (p. 226) proletarii und capite censi zusammen, und dasselbe deutet Cicero an (de rep. II 40). Sie bilden den Gegensatz zu den locupletes (Cic. a. a. O. Gai. Dig. L 16, 234, 1. Isid. orig. X 155. Varro de vit. p. R. bei Non. p. 67. Fest. ep. p. 119. Plin. n. h. XVIII 11. Gell. X 5, 2. Ovid. fast. V 281) oder adsidui (s. d.), deren Namen schon die Alten zum Teil richtig von assidere (Char. p. 75 K. Fest. ep. p. 9), häufiger aber (assidui) von assem dare (Aelius Stilo bei Cic. top. 10. Cic. de rep. II 40. Quintil. V 10, 55. Gell. XVI 10, 15. Fest. ep. p. 9. Charis. p. 97 K. Isid. orig. X 17) ableiteten; vgl. Mommsen St.-R. III 237. Nach Mommsen (St.-R. III 285, 6) gehören die Begriffe proletarius und capite census überhaupt nicht in die Wehrordnung (d. h. in das C.-Schema), sondern in die Steuerordnung. Festus (p. 177) erwähnt schliesslich noch eine C., in welcher alle diejenigen stimmten, die aus irgend einem Grunde versäumt hatten, ihre Stimme in ihrer Klasse abzugeben (Ni quis scivit centuria est, quae, dicitur a Ser. Tullio rege constituta, in qua liceret ei suffragium ferre, qui non tulisset in sua, ne quis civis suffragii iure privaretur ... sed in ea centuria neque censetur quisquam neque centurio praeficitur neque centurialis potest esse, quia nemo certus est eius centuriae civis). Diese C., die Huschke für identisch hielt mit der der proletarii (Verf. d. Serv. Tull. 225ff.), während Mommsen früher annahm (Röm. Trib. 98), dass sie nach jeder Klasse aufgerufen wurde, hält der letztgenannte Gelehrte jetzt mit Recht für ebenso fictiv (St.-R. III 286), wie die der proletarii.
An der Spitze jeder C. stand, wie aus der soeben besprochenen Festusstelle hervorgeht, ein Centurio (Dionys. IV 17. VII 59. CIL VI 200. Iulian. orat. III p. 129 C), später auch curator centuriae genannt (Inschr. Bull. com. 1885, 161). Das Teilungsprincip der ganzen Ordnung ist begründet auf Census, Ordnungen, Alter (discriptus populus censu ordinibus aetatibus Cic. de leg. III 44, vgl. III 7; de harusp. rep. 11; de rep. IV 2. Lael. Felix bei Gell. XV 27, 4: discriptis ordinibus classibus aetatibus Cic. p. Flacc. 15). Nach dem Census ist die Bürgerschaft in Klassen gegliedert, daher Cic. p. Flacc. 15 classibus sagt statt censu. Über die Bedeutung des Wortes classis und die Censussätze s. den Art. Classis. Die Ordnungen (ordines) bezieht Mommsen (St.-R. III 253) auf die C. Mit den aetates wird auf die Teilung in seniores und iuniores Bezug genommen; die Grenze zwischen beiden machte das vollendete 46. Lebensjahr (Liv. XLIII 14. 6. Tubero bei Gell. X 28. 1. Polyb. VI 19, 2. Cic. de senect. 60; nach Varro bei Censorin. 14, 2 und Dionys. IV 16 war es das [1956] vollendete 45. Lebensjahr: vgl. Mommsen St.-R. I 508, 1).
Reform der C.-Verfassung. Um die Zeit, als die Zahl der Tribus auf 35 gebracht wurde (post expletas quinque et triginta tribus Liv. I 43, 12), also nach 513 = 241, ist die C.-Ordnung in der Weise umgestaltet worden, dass man sie mit der Tribusordnung in Einklang zu bringen suchte (Dionys. IV 21. Liv. I 43, 12. Appian. b. c. I 59). Da Livius in der dritten Dekade die neue Ordnung bereits voraussetzt, fällt sie vor 536 = 218. Aus der Epoche 513 = 241–536 = 218 kommen hauptsächlich zwei Censorenpaare in Betracht, die als Urheber der Reform angenommen werden dürfen, C. Aurelius Cotta und M. Fabius Buteo 513 = 241 und C. Flaminius und L. Aemilius Papus 534 = 220. Mommsen hatte sich früher (Röm. Tribus 108) für die erstern entschieden und hiefür die Zustimmung Langes (Röm. Altertümer II³ 499, daselbst auch die ältere Litteratur über diese Frage) erlangt. Im Staatsrecht (III 254, 4. 270, 3) setzt er die Reform in das J. 534 = 220, indem er die Nachricht des Sallust (hist. I 9 Dietsch), wonach der patricisch-plebeische Hader bis zum Beginn des zweiten punischen Krieges reichte, auf die durch die C.-Reform bewirkte Zulassung der Plebeier zu den sex suffragia equitum bezieht. Doch ist einerseits die Notiz des Sallust in der fragmentarischen Form, in der sie vorliegt, zu allgemein gehalten, um so weitgehende Schlüsse daraus zu folgern, andrerseits bei Mommsens Annahme unerklärbar, dass weder Livius XXI 63, 3ff. noch Polybios II 21 bei Schilderung der Verdienste, die sich Flaminius um die Plebs erworben hat, eine Massregel von der Wichtigkeit der C.-Reform, die alle andern Thaten des Flaminius in den Schatten stellen würde, erwähnen. Ihne (Röm. Gesch. IV 12) glaubt, dass die Reform nicht durch einmaligen Gesetzesact herbeigeführt worden sei, sondern dass die Formen der servianischen Ordnung fortwährend in Fluss blieben und bei den periodisch abgehaltenen Schatzungen dem jedesmaligen Zustande des Volkes angepasst wurden.
Die Art der Reform kann nur aus einigen dürftigen Notizen erschlossen werden. Wir wissen durch das Zeugnis des Livius (I 43, 12), dass die Zahl der Tribus, mit denen die C. jetzt in Verbindung gebracht wurden, verdoppelt wurde, indem jede Tribus in eine Abteilung iuniorum und eine seniorum zerlegt wurde (duplicato earum numero centuriis iuniorum seniorumque). Es steht ferner durch viele Zeugnisse fest, dass die C. und Klassen die ganze republicanische Zeit hindurch fortbestanden haben (Stellen bei Lange Röm. Altert. II³ 500) und dass bei den Abstimmungen die C. nach Klassen aufgerufen wurden (bes. Cic. Phil. II 82; vgl. Liv. XLIII 16. 14). Endlich ist uns als sicher überliefert, dass bei der Abstimmung nicht mehr wie früher die Rittercenturien das Vorstimmrecht hatten, sondern eine aus allen C. (oder nur denen der ersten Klasse?) ausgeloste C. (Cic. Phil. II 82. Liv. XXIV 7, 12. XXVII 6, 3), die praerogativa. Darüber aber, wie diese Thatsachen zu combinieren sind und wie man sich die reformierte C.-Ordnung danach vorzustellen hat, gehen die Meinungen weit auseinander.
Pantagathus, dessen Meinung nach brieflicher [1957] Mitteilung des Antonius Augustinus von Ursinus in Drakenborchs Commentar zu Liv. I 43 entwickelt worden ist, nahm an, dass jede Tribus aus jeder Klasse je eine C. seniorum und iuniorum, also im ganzen zehn C. enthielt, und dass zu diesen 350 C. noch 35 (oder vielleicht 70) Rittercenturien und eine centuria sextae classis (proletarii und capite censi) kamen, im ganzen also 386 (oder 421) C. Ihm haben sich, nachdem Savigny zuerst im J. 1805 (in Hugos civilistischem Magazin III nr. XVI, wiederholt in Savignys Verm. Schrift I 1ff.) und Mommsen in den ,Römischen Tribus‘ (Altona 1844) seine Lehre angenommen und mit geringen Modificationen entwickelt hatten, in neuerer Zeit die meisten angeschlossen (z. B. Genz Die Centuriat-Comitien nach der Reform, Progr. Freienwalde 1882. Ihne Röm. Gesch. IV 11. Schiller Röm. Staatsaltert. 155. Klebs Ztschr. d. Savigny-Stiftung XII 1892, 181ff. u. a.). Nur statt der 35 oder 70 Rittercenturien lassen alle Neueren nach der Reform die 18 alten Rittercenturien fortbestehen; der Fortbestand der Handwerker- und Musikercenturien wird von einigen, wie von Genz und Klebs geleugnet.
Eine ganz andere Ansicht hat dagegen Niebuhr (Röm. Gesch. III 382ff.) aufgestellt. Danach gab es in jeder Tribus nur zwei C. peditum, eine seniorum und eine iuniorum, indem der Unterschied der Klassen ganz beseitigt war. Dazu kamen dann noch die 18 Reitercenturien und zwar 12 C. der Höchstbesteuerten mit einem Census von einer Million As und darüber und 6 patricische C. ohne Census, so dass es nun im ganzen 88 C. gab. Niebuhr steift sich auf den livianischen Ausdruck (I 43, 12) duplicato earum (sc. tribuum) numero centuriis iuniorum seniorumque und auf die dreimalige Bezeichnung der Praerogativcenturie durch den Namen der Tribus und der Alterstufe ohne Hervorhebung der Klasse (Aniensis seniorum, Liv. XXIV 7,12; Veturia iuniorum, Liv. XXVI 22, 12; Veturia seniorum ebd. § 10; Galeria iuniorum, Liv. XXVII 6, 3; vgl. Lucan. V 394. Ps.-Ascon. p. 139 Or.). Seine Ansicht ist aber deshalb unhaltbar, weil sie die Klassenunterschiede beseitigt, welche wahrscheinlich bis an das Ende der Republik bestanden haben (z. B. Sall. Iug. 86, 2. Cic. de leg. III 44; p. Flacc. 15; de rep. IV 2. Lex agrar. v. J. 643 = 111; quinta classis bei Cic. acad. pr. II 73). Diesem Übelstande der Niebuhrschen Hypothese sucht Huschke (Verf. d. Serv. Tull. 1838, Cap. 12), der gleichfalls 88 C. annimmt, abzuhelfen, indem er die 70 Tribuscenturien so auf die fünf Klassen verteilt, dass die erste Klasse mit Einschluss der Ritter 38 C. enthielt, die zweite, dritte, vierte je 8, die fünfte 26. Hiefür fehlt es aber in der Überlieferung an jeglichem Anhalt.
Zwischen Pantagathus-Savigny und Niebuhr suchten Madvig und Lange zu vermitteln, wobei jener sich mehr zu Niebuhr, dieser mehr zu Pantagathus hinneigte. Madvig (Verf. u. Verw. d. r. St. I 117ff.) nimmt mit Niebuhr 88 C. an, lässt aber in jeder einzelnen C. der pedites Bürger aller Klassen gemischt sein, ,so dass die Klassen gewissermassen in die C. aufgenommen waren‘. Seine Ansicht hat Genz (Progr. Freienwalde 1882) bekämpft, Gerathewohl [1958] (Die Reiter und die Rittercenturien zur Zeit d. röm. Rep., München 1886) zu verteidigen gesucht, indem er jedoch (mit Lange) den Reitern insgesamt nur 6 C. giebt, im ganzen also 76 C. herausrechnet. Nach Lange (Röm. Altert. II³ 491ff.; in der ersten Auflage bekennt sich Lange zur Hypothese Pantagathus-Savigny) gab es 70 Halbtribus mit 70 Stimmen, deren jede aber 5 C. als Unterabteilungen hatte. Die 350 C. (hätten zuerst jede für sich gestimmt, dann seien bei einer zweiten Renuntiation, durch welche das Endergebnis festgestellt wurde, die je fünf Stimmen der centuriae seniorum und iuniorum einer Tribus zu je einer Gesamtstimme vereinigt worden. Die 18 Rittercenturien hätten, je zu dreien zusammengelegt, die sex suffragia gebildet. Die beiden C. der Handwerker, die beiden der Trompeter, die C. der capite censi und die C. ni quis scivit hätten zusammen eine oder zwei suffragia gehabt. So ergeben sich nach Lange für die Schlussrenuntiation 77 oder 78 Stimmen.
Mommsen hat in den ,Römischen Tribus‘ und in den sieben ersten Auflagen der römischen Geschichte die Hypothese des Pantagathus vertreten; im Staatsrecht (III 274ff.) hat er jedoch eine ganz neue Ansicht aufgestellt. Indem er nämlich jetzt, entgegen seiner früheren Meinung, mit Peter (Epochen d. Verfassungsgesch. d. röm. Republ., Lpzg. 1841, 68) die Bemerkungen, welche Cic. de rep. II 39 über die C.-Verfassung macht, teils auf die alte, teils auf die neue Ordnung bezieht, glaubt er, dass es nach der neuen Ordnung zwar 350 + 18 + 5 Centurien gab, aber wie in der alten Ordnung nur 193 Stimmen. Nur die 70 C. der ersten Klasse hätten eine gleiche Zahl von Stimmen gehabt, dagegen die 280 C. der zweiten bis fünften Klassen zusammen nur 100 Stimmen. Man solle sich dies in der Weise veranschaulichen, dass etwa von den 70 Stimmabteilungen der zweiten und der folgenden Klassen 60 je drei und drei, 10 je zwei und zwei zusammengelegt wurden und also aus ihren Abstimmungen 25 Stimmen hervorgingen. Hiegegen hat sich in sehr sorgfältiger und gründlicher Ausführung Klebs gewendet (Die Stimmenzahl und die Abstimmungsordnung der reformierten servianischen Verfassung, Ztschr. d. Sav. Stiftg. XII 1892, 181–244). Er zeigt, indem er alle denkbaren Combinationen durchgeht, dass der von Mommsen angenommene Abstimmungsmodus (280 C. mit 100 Stimmen) wenn nicht unmöglich, so doch sehr unpraktisch und schwer durchführbar gewesen wäre, und erweist ferner, dass die ciceronische Darstellung (de rep. II 39) sich nur auf die servianische Ordnung bezieht, auf die reformierte Ordnung dagegen nicht mitbezogen werden darf. Wir können uns dem nur unbedingt anschliessen. Kürzlich hat freilich Soltau (Jahrb. f. Philol. CLI 1895, 410ff.), an Mommsen anknüpfend, von neuem versucht, Ciceros Angaben auch für die Reform nutzbar zu machen, indem er im Ganzen zwar 371 C. für die Abstimmung jedoch nur 231, nämlich 70 (I. Kl.) + 35 (II. KL) + 35 (III. Kl.) + 35 (IV. Kl.) + 35 (V. Kl.) + 18 (Ritter) + 2 (Schmiede und Musiker) + 1 (proletarii), herausrechnet; aber er gerät hiebei nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit Cicero in Widerspruch; denn nach Soltaus Ansatz wurde die Majorität [1959] erst erreicht, wenn zu den 89 Stimmen der ersten Klasse, Schmiede und Ritter noch 22 Stimmen der zweiten Klasse hinzukamen, nach Cicero aber genügten dazu schon 8 Stimmen der zweiten Klasse (Cic. de rep. II 39 Nunc rationem videtis esse talem ut equitum ⟨centuriae cum sex⟩ suffragiis et prima classis, addita centuria quae ad summum usum urbis fabris tignariis est data, ⟨LXXX⟩ VIII centurias ⟨habeat: quibus ex cent. quattor centuriis⟩, tot enim reliquae sunt, octo solae si acceserunt, confecta est vis populi universa; die in Klammern eingeschlossenen Worte rühren von der zweiten Hand her, welcher Ritschl Opusc. III 637ff. jede Autorität abgesprochen hat; neuerdings ist nach wiederholter Lesung des vatikanischen Palimpsestes der Beweis erbracht worden, dass die Correcturen der zweiten Hand von grossem Werte sind, vgl. A. Strelitz De antiquo Cic. de rep. librorum emendatore, Gnesen-Breslau 1874. R. Beltz Die hs. Überlieferung von Cic. de rep., Jena 1880. K. Pfaff De diversis manibus quibus Cic. de rep. libri in cod. Vat. correcti sunt, Heidelb. 1883; speciell für die oben angeführte Stelle hat Klebs a. a. O. 202ff. nachgewiesen, dass die Correcturen und Zusätze der zweiten Hand nichts enthalten, was nicht mit der sonstigen Darstellung Ciceros im vollsten Einklange stände). Bei der Dürftigkeit der Nachrichten ist es unmöglich, über die C.-Reform zu völliger Sicherheit zu gelangen. Die Annahme des Pantagathus hat wenigstens den Vorzug der Einfachheit für sich, während alle übrigen Aufstellungen ihr gegenüber gekünstelt erscheinen. Daran ist auf jeden Fall festzuhalten, dass Ciceros Darstellung für die reformierte Ordnung nicht verwertet werden darf. Bestehen bleibt allerdings die eine Schwierigkeit, dass Cicero der ersten Klasse der servianischen Ordnung im Widerspruche mit Livius und Dionysios nur 70 C. giebt; aber es kann dabei nicht einmal mit Sicherheit von einem Irrtum Ciceros gesprochen werden, da der Fehler ebensogut bei der Quelle des Livius und Dionysios liegen kann.
Die Reform trug nach Dionysios einen demokratischen Charakter. Das ist insofern richtig, als den Rittern die Praerogative genommen war, die von nun ab unter sämtlichen Tribuscenturien ausgelost wurde (Cic. Phil. II 82; ad Qu. fr. II 14. 4. Liv. XXIV 7, 12. XXVII 6, 3). Die übrigen stimmten nach der officiell festgesetzten Reihe der Tribus (iure vocatae, Liv. XXVII 6, 3). Was die Reiter betrifft, so glaubt Mommsen (St.-R. III 202), dass die 12 plebeischen C. mit der ersten Klasse, die sex suffragia zwischen der ersten und zweiten Klasse gestimmt hätten (wegen Liv. XLIII 16, 14 und Cic. Phil. II 82). Auch hiegegen erhebt Klebs (a. a. O. 238) Einspruch und bestreitet die Trennung der 18 Reitercenturien, ohne dass es ihm jedoch gelungen wäre in diesem Punkte Mommsens Argumente zu entkräften. Vgl. über den Abstimmungsmodus im übrigen den Artikel Comitia. Sulla stellte im ersten Consulate (666 = 88) die servianische Ordnung wieder her (Appian. b. c. I 59), aber diese Massregel hat keinen Bestand gehabt.
Die C. haben, wenn auch in veränderter Bedeutung bis in die Kaiserzeit gedauert. Wie noch im J. 356 Iulian von ἑκατοντάρχοι spricht (or. III [1960] p. 129 C), so finden wir auch inschriftlich die C. noch hie und da bezeugt (acht C. der trib. Sucus. iun. CIL VI 200; tribui Sucusanae corpori seniorum centuriae primae Bull. com. 1885, 161; cui populus eius corporis immunitatem sex centuriarum decrevit CIL VI 198). Doch hatten sie jegliche politische Bedeutung verloren und dienten nur noch der Organisation der Getreideverteilung. Genaueres darüber s. unter Tribus. Die Spielleute bestehen gleichfalls in der Kaiserzeit in Verbänden fort, die aber nun collegia heissen. S. darüber den Art. Collegium.