RE:Asphalt
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Mineralisches Produkt | |||
Band II,2 (1896) S. 1726–1729 | |||
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Asphalt, ἄσφαλτος, bitumen durum, und Erdöl bitumen liquidum, νάφθα. Diese beiden mineralischen Produkte, von denen das erstere aus dem letzteren durch Aufnahme von Sauerstoff entsteht, [1727] und die Gemenge beider waren im Altertum unter verschiedenen Namen bekannt, ohne dass es möglich ist, aus den vorhandenen Beschreibungen die einzelnen Abarten genau zu unterscheiden, so dass eine gemeinsame Behandlung dieser genetisch verwandten, wenn auch in ihren Eigenschaften verschiedenen Stoffe gerechtfertigt sein dürfte. Am häufigsten erwähnt und am höchsten geschätzt wurde im Altertum der A. vom toten Meer, das bitumen Iudaicum ,Judenpech‘. Dieser Salzsee hat hiervon den Namen A. See (lacus asphaltites Plin. n. h. II 226. V 71. VII 65; ἀσφαλτῖτις λίμνη Joseph. bell. Iud. I 657. III 515. Ptol. V 15, 3; ἀσφαλτῖτις θάλασσα Steph. Byz. s. Ζόαρα; λίμνη ἀσφαλτοφόρος Joseph. ant. Iud. XVII 171), und da er an der Stelle der untergegangenen Städte Sodom und Gomorrha entstanden sein sollte, so wurde das Vorkommen des A. auch hierauf zurückgeführt (Steph. Byz. s. Σόδομα). Schon Gen. 14, 3. 10 werden im Thal Siddim, das nun die südliche Bai des toten Meeres ist, viele ,A.-Gruben‘ (Luther übersetzt ,Thon‘) erwähnt. Die Angaben über das Vorkommen (Diod. II 48. XIX 98. Tac. hist. V 6. Strab. XVI 763f. Joseph. bell. Iud. IV 476ff. Plin. n. h. VII 65) enthalten neben manchem Fabelhaften bezüglich der Gewinnung und der Eigenschaften des A. auch manches, was durch neuere Forschungen bestätigt worden ist. Darnach lösen sich die A.-Massen namentlich nach Erdbeben vom Untergrund des Meeres ab (Strab. a. a. O.) und steigen, da ihr specifisches Gewicht (zwischen 1,07 und 1,16) kleiner als das des Salzwassers des toten Meeres (1,19—1,21) ist, an die Oberfläche. Die Massen sind von verschiedener Grösse und Gestalt und gleichen schwimmenden Inseln (Diod. a. a. O.; vgl. Bischof Lehrb. d. Geologie I 788 über die Untersuchungen von Robinson und Smith aus den Reports of the assossiation of american geologists etc., Boston 1843 p. 371 und Lartet bei de Luynes Voyage d’exploration à la mer morte III 300ff. Ritter Erdkunde XV 750ff.). Als weiterer Fundort von A. ist vor allem die Gegend von Babylon zu nennen (Diod. II 12. Strab. XVI 743. Dioskorid. I 99. Plin. XXXV 178), und zwar wird bei Philostrat (vit. Apoll. I 23) genauer die Stadt Kissia, von Herodot (I 179) der Fluss Is, ein Nebenfluss des Euphrat, bei der gleichnamigen Stadt (jetzt Hit, wo nach Ritter Erdkunde XI 749 auch jetzt noch A.-Quellen) angegeben. Vitruv (VIII 3, 8) spricht von einem A.-See bei Babylon und nennt ausserdem noch ähnliche Vorkommen bei Ioppe in Syrien und in Arabien, wo flüssiger A. neben Lagern von festem. A. (lapidicinae bituminis duri) vorkämen. Dioskorides und Plinius (aa. OO.) nennen noch Sidon, doch gehen diese letzteren Angaben wohl alle auf das tote Meer, und seine Umgebung, von wo der A. über Ioppe, Sidon und durch Araber in den Handel gebracht wurde.
Während der A. an diesen Fundorten ganz fest war (terra in Syria) oder schlammartig (limus e Iudaeo lacu Plin. a. a. O.), wurde er an anderen Orten flüssig, d. h. mehr oder weniger mit Erdöl gemischt aus Quellen gewonnen. Je weniger A. dem Steinöl beigemengt ist, desto heller die Farbe, daher dieses Produkt von Babylon im Gegensatz zu dem dort gleichfalls vorkommenden [1728] eigentlichen A. als bitumen liquidum candidum bezeichnet wird (Plin. a. a. O.). Das ganz reine, nur aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen bestehende Erdöl, die Naphtha (ἡ νάφθα und τὸ νάφθα) ist ebenfalls weiss, d. h. farblos (Poseidonios bei Strab. XVI 743), und Dioskorides (I 101) nennt sie ein ἀσφάλτου περιήθημα, d. h. den durch Seihen abtrennbaren flüssigen Bestandteil des A. Naphtha ist ausserordentlich leicht entzündlich und ein Blitz genügt, eine Naphthaquelle in Brand zu setzen und dadurch zu einer besonderen Sehenswürdigkeit zu machen. Die Quellen bei Babylon besuchte deshalb Traian (Cass. Dio LXVIII 27). Naphthaquellen waren in Mesopotamien, wie auch heute noch, an verschiedenen Orten am Tigris (Ammian. XXIII 6, 15) und in Susiana (Plin. VI 99, bei Arderikka, Ritter Erdkunde IX 200. Herodot. VI 119). Auch in Kilikien, Indien, Äthiopien und bei Karthago werden Ölquellen angegeben (Vitruv. VIII 3, 8). Die A.- und Erdölquellen von Zakynthos (Zante), die auch heute noch ergiebig sind, werden mehrfach erwähnt (Herodot. IV 195. Vitruv. a. a. O. Dioskor. I 99. Plin. XXXV 178; bei Scrib. Larg. 208 als bitumm Saguntinum), ebenso das Erdöl von Akragas (Girgenti in Sicilien), das man auch Σικελὸν ἔλαιον nannte (Dioskor. Plin. aa. OO.). Am bekanntesten scheinen die Erdölquellen von Apollonia bei Epidamnos (Dyrrhachion), die ein flüssiges Erdpech lieferten, das auch den Namen πισσάσφαλτος hatte, gewesen zu sein (Dioskor. I 100. Plin. XXIV 41. XXXV 178). Eine hier befindliche immer brennende (ἀθάνατον πῦρ) Erdölquelle, welche Nymphaion hiess (Strab. VII 316. Plin. II 237) wird bei Aristoteles (mirab. auscult. 127) und ganz ähnlich bei Aelian (var. hist. XIII 16) genauer beschrieben.
Der A. fand im Altertum mancherlei Anwendung. Insbesondere wurde er bei Babylon als Mörtel bei den Bauten aus Ziegelsteinen gebraucht (Genes. 11, 3. Vitruv. I 5, 8 u. v. a.), auch wie Pech oder Theer zum Dichtmachen der Schiffe, Exod. 2, 3 καὶ κατέχρισεν αὐτὴν ἀσφαλτοπίσοῃ. Strab. XVI 743. Joseph. bell. Iud. IV 481. Aus Binsen geflochtene Gefässe wurden mit A. zur Aufnahme von Flüssigkeiten tauglich gemacht (Strab. XVI 740), auch wurden Holzteile an Bauten, insbesondere Thüren, damit angestrichen (Strab. a. a. O.). Der grösste Teil des A. vom toten Meer wurde nach Ägypten zum Einbalsamieren der Leichen verkauft (Diod. XIX 98). Auch zum Räuchern in den Tempeln und zum Desinficieren wurde er zusammen mit Schwefel angewandt, Geop. XVIII 2, 4. XIV 11, 4 (Ausräuchern der Vogelkäfige und Nester). XII 8, 1 (gegen die Raupen auf dem Gemüse). Mit Öl gekocht oder verrieben wurde der A. gebraucht zum Verschmieren der durch die Werkzeuge an Reben hervorgebrachten Wunden; auch wurden Klebgürtel davon an Bäumen angelegt, um die Ameisen abzuhalten (Geop. XIII 10, 7). Zu ähnlichem Zweck gebrauchte man, wie Strabon (VII 316) nach Poseidonios berichtet, gegen Rebschädlinge eine von Seleukia in Pieria kommende ἀμπελῖτιν γῆν ἀσφαλτώδη ἄκος τῆς φθειριώσης ἀμπέλου (Plin. XXXIV 194: bitumini simillima est ampelitis) und eine ähnliche von Rhodus, zu der man etwas mehr Öl zusetzen musste. Eine [1729] Mischung von A. mit Schwefel und Ölschaum empfiehlt Plinius (XVII 264) gegen den Traubenwickler (convolvulus). Sehr ausgedehnt scheint der Gebrauch des A. zu medicinischen Zwecken für Menschen und Vieh gewesen zu sein (Joseph. bell. Iud. IV 481. Dioskor. I 101. Plin. Galen. und Cels. a. v. O.) und zwar nicht blos äusserlich, wie z. B. gegen die scabies (Verg. Georg. III 451. Gargil. Martial.), sondern auch innerlich, z. B. gegen Diarrhoe (Geop. XVII 16, 1), während andererseits a.-haltiges Wasser für sehr gesundheitsschädlich galt, weil der A. in den Eingeweiden hängen bleiben sollte (Philostr. vit. Apoll. I 24). Auch eine Art A.-Lack oder A.-Firniss haben die Alten dargestellt und damit eiserne Geräte und namentlich auch bronzene Statuen angestrichen und vor Rost geschützt (Plin. XXXV 182. XXXIV 15). Als vereinzelte Anwendung des A. mag noch die zu Verteidigungszwecken erwähnt werden, welche die Verteidiger von Samosata in Kommagene gegen Lucullus von einer dort vorkommenden Maltha genannten A.-Art machten, indem sie dieselbe brennend auf die Angreifer schleuderten (Plin. II 235, daher der Name einer Art A. bei neueren Mineralogen Hauy Traité mineral. IV 454: Malthe ou poix minérale = bitumen glutineux).
Während der feste A., das bitumen Iudaicum, wie er wohl im Handel allgemein genannt wurde, ausgedehnte Anwendung fand, scheint das Steinöl, das bitumen liquidum oder Apollonium, wie es im Gegensatz zu jenem in den Recepten heisst (Veget. r. vet. VI 14, 1), nur zu medicinischen Zwecken in den Handel gekommen zu sein. Der Gebrauch des flüssigen A. an Stelle von Olivenöl in Lampen wird nur von dem in Akragas vorkommenden Produkt (s. o.) erwähnt, das aber auch nur von den Bewohnern jener Stadt und deren Umgegend gebraucht worden zu sein scheint. Der Gebrauch der übrigen Naphthaarten zu diesem Zweck verbot sich schon durch die Feuergefährlichkeit dieses Produkts, dessen Reinigung von den allzu flüchtigen Bestandteilen man noch nicht verstand. Diese Feuergefährlichkeit wird besonders gut illustriert durch die bei Strabon (XVI 743) und Plutarch (Alex. 35) fast gleichlautend erzählte Geschichte von einem auf Befehl Alexanders d. Gr. im Bad mit Naphtha bestrichenen und angezündeten Knaben, der nur durch Übergiessen des gesamten Badewassers mit Mühe vor dem Verbrennen gerettet werden konnte. Über den Gebrauch, welchen die Alten von Naphtha zu Feuer- und Zauberkünsten machten, berichtet Beckmann Geschichte d. Erfind. IV 67; darnach wäre sowohl das, womit Medea das Kleid der Kreusa benetzte, das in Brand geriet, als diese sich dem Opferfeuer näherte, als auch das Blut des Nessus (Ovid. met. IX 160) Naphtha gewesen. Vgl. Blümner Festschrift zur XXXIX. Versamml. deutscher Philol. und Schulmänner, Zürich 1887, 30ff.