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RE:Alani

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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grosses Nomadenvolk nördlich vom kaspischen Meer, an Stelle der Sarmaten
Band I,1 (1893) S. 1282 (IA)–1285 (IA)
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Alani (Ἀλανοί), ein grosses, in zahlreiche Stämme geteiltes Nomadenvolk, welches die Steppenregion nördlich vom kaspischen Meere und vom Kaukasus bis zum Tanaïs inne hatte und seit Beginn der römischen Kaiserzeit an Stelle der Sarmaten auftritt. Schon Pompeius soll auf seinem Zuge gegen Mithradates duros aeterni Martis Alanos (Lucan. VIII 133) getroffen haben; sicher jedoch hat Kaiser Nero kurz vor seinem Ende eine Expedition gegen dieses Volk geplant. Unter Domitian und den folgenden Flaviern verübten die Alanen Einfälle nach Armenien und Medien, und im Einverständnis mit den Parthern ergriffen die Römer Vorkehrungen zum Schutze der Grenzpässe; noch unter Vespasian stand eine römische Besatzung in Harmozica (Mommsen R. G. V 394ff.). Gegen Ende der Regierung Hadrians fielen die Alanen neuerdings in die südlichen Landschaften ein und bedrohten selbst Kappadokien; damals schrieb Arrian seine ἔκταξις κατ’ Ἀλανῶν. Über diese Raubzüge vgl. Josephus de bello Iud. VII 7, 4; antiquit. XVIII 97. Dio Cass. LXIX 15. Josephus bemerkt: Ἀλανοὶ … εἰσὶ Σκύθαι περὶ τὸν Τάναιν καὶ τὴν Μαιῶτιν λίμνην κατοικοῦντες; und Lucian. Tox. 51 weiss, dass Alanen und Skythen in Sprache, Waffen und Tracht übereinstimmen, nur trügen die Alanen die Haare geschoren, die Skythen lang. Im Kampfe zu Ross bedienten sie sich des Lhasso (pers. kamand); wie dichterische Epitheta bezeugen (z. B. Dionys. per. 305. 308), waren sie vorzügliche Reiter und feurige Kämpen. Der Vorgang der Einigung sarmatischer Stämme z. B. der Siraci und Aorsi unter dem neuen Namen Alanen ist nicht genugsam aufgeklärt, selbst der Name entzieht sich der Deutung (etwa von skr. araṇa ‚fern, abgesondert, in der Steppe lebend‘? doch fehlt die entsprechende Form den iranischen Dialekten). Wenn wir den sinischen Annalen der späteren Han folgen, so war schon zu Ende des 1. Jhdts. die Hauptmasse der Hunnen aus der Gobi in das grosse Flachland des Westens ausgezogen, wo bisher das Volk der Yen-tsai (Aorsi) oder ʾO-lan-na (Alani) seine Sitze gehabt hatte; am Ausgang des 3. Jhdts. soll es den Hunnen gelungen sein, das tapfere Volk der Alanen zu bewältigen – eine Thatsache, welche Ammianus und andere Chronisten erst für das J. 370 verzeichnen; doch vermerkt schon Ptolemaeus Χοῦνοι μέγα ἔθνος in Sarmatia, allerdings zu weit westwärts gegen den Borysthenes; richtiger gehören sie an den Uralfluss, der bei Ptolemaeus den türkischen Namen Δάϊξ (Yayiq ‚der Breite‘) trägt. Ausser den Aorsi dürfen wir noch andere sarmatische Stämme, wie Rymmi, Iastae, Cachagae, Ariacae und Iaxartae, in den Kreis der ‚alanischen‘ Völker ziehen; Ἀλανὰ ὄρη verzeichnet der Pinax an Stelle der heutigen Mugodžaren; selbst im Bereich des südlichen Ural finden wir noch iranisch-sarmatische Stammesnamen; weiter nordwärts hausten aber jedenfalls finnische und ugrische Völker. Die permischen und ugrischen Sprachen bewahren noch jetzt iranische, speciell osetische Lehnwörter, Zeugen für die einstige unmittelbare Berührung mit alanischen Stämmen; dieser Contact fand aber für immer sein Ende mit dem Eindringen der Hunnen und der übrigen türkischen Horden. Die Schilderung, [1283] welche Ammianus XXX 2, 3 (vgl. Jord. Get. 24) von den Alanen entwirft, enthält keinen Zug, der vom Urbilde iranischer Nomaden abwiche; ja die hohe Statur, die mässig blonden Haare, die mildere Lebensart unterscheiden sie nachdrücklich von den innerasiatischen Hunnen; ohne jeden Grund will Zeuss (Die Deutschen 300. 705) die östlichen Alanen als Türken von den westlichen, sarmatischen Alanen scheiden. Auch auf dem westlichen Flügel verzeichnet der ptolemaeische Pinax zahlreiche Stämme, welche den Alanen zugewiesen werden dürfen, z. B. Tanaïtae, Sargatii, Sturni, Nasci, Idrae, dazu Alauni Scythae (s. d.). Einzelne Abteilungen waren fast bis zu den Donaumündungen vorgerückt, von wo aus sie gelegentlich Streifzüge in die südlichen Provinzen unternahmen (vgl. Plin. IV 80. Hist. Aug. M. Antonin. 22, 1; Pius 5, 5; Maximini duo 1, 6. 4, 5; Gordianus III 34, 4. Amm. Marc. XXVI 11, 6. Victor Caes. 47. Pacatius panegyr. 11); wir finden dann Alanen häufig im Bunde mit Goten und Hunnen, z. B. unter Theodosius I. 379, anderseits auch in römischen Kriegsdiensten (Zosim. IV 35. Pacat. panegyr. 32; comites Alani Not. dign. occ. 6 p. 31). Nach dem Sturze der Hunnenmacht übersiedelten alanische Sadages unter Fürst Candac nach Kleinskythien (Jord. Get. 50); wichtiger ist die lange vorher erfolgte Ansiedelung von Alanen in Pannonien an der Seite der Vandalen (Jord. 31); von da aus zogen im J. 406 Vandalen, Sueven und Alanen zum Rhein und nach Gallien; der Alanenfürst Respendial führte seine Scharen gegen die Franken (Frigeridus ap. Gregor. Tur. II 9); noch später besass ihr Häuptling Sambida das Gebiet von Valentia (Prosper Tiro a. 440); ferner Sangibanus rex Alanorum die Stadt Aureliana, die alsbald von Aëtius erobert wurde (Jord. 37); Eochar, ferocissimus Alanorum rex, erhielt von Aëtius Armorica zugewiesen (Acta SS. Iul. VII 216); einen misslungenen Einfall aus Gallien nach Oberitalien unternahm 464 rex Alanorum Beorgus (Jord. 45 u. a.). Schon im J. 406 war die Hauptmasse dieser gallischen Alanen mit den Vandalen und Sueven über die Pyrenäen gezogen; sie besetzten Lusitania und die Provincia Karthaginiensis; im J. 417 bekämpfte der Gotenkönig Walja den Alanenfürsten Addac. Wiederum zog der grösste Teil der Alanen 429 mit den Vandalen weiter nach Africa; 483 nannte sich König Hunerich rex Vandalorum et Alanorum, und noch unter Iustinian König Gelimer Βανδίλων τε καὶ Ἀλανῶν βασιλεύς; vgl. v. Wietersheim Gesch. d. Völkerwanderung II cap. 13 u. a. Während diese Abteilungen fast spurlos verschwanden (an ihr Dasein in Gallien soll der Name Alençon, in Lusitanien jener der Veste Alanguer erinnern; falsch ist jedoch die übliche Herleitung von Catalonia aus Got-alania), erhielt sich die Nation der Alanen in ihren alten Erbsitzen im Steppengebiet zwischen dem Kaukasus, Don und der unteren Wolga, mitten unter den Bulgaren, den Nachkommen der Hunnen; auch in Taurien finden wir ihre Spur in dem Orte Sugdaea (s. d.), und Theodosia (Kafa) hiess um 500 in alanischer Sprache Abdarda (s. d.). Gleich den bulgarischen Utiguren des Bosporus ertrugen auch τὰ Ἀλανικὰ ἔθνη nördlich vom Kaukasus [1284] 595ff. den Ansturm der Awaren, bald darauf den der Türken vom Altai (vgl. Menander Protector) und seit 650 die Obmacht der Chazaren; doch war der ἐξουσιοκράτωρ Ἀλανίας wohl im stande, die 9 Provinzen der Chazaren ernstlich zu gefährden (Const. Porph. de adm. imp. 10. 11). Aus byzantinischer Zeit finden wir überhaupt zahlreiche Nachrichten über diese kaukasischen Alanen (z. B. Procop. b. Got. IV 3. 4. Theophanes a. 709. Maximi opera ed. Migne tom. 129 p. 659ff.; patria Albania Geogr. Rav. II 12. IV 2), ebenso in persischen, arabischen, syrischen, georgischen und armenischen Schriftwerken; die Armenier nennen das Volk (pl.) Alan-kḥ; noch jetzt heisst ein Teil von Suanien Alanéthi. Berühmt waren die alanischen Waffen aus Erz (Chalcocondylas IX p. 467; Rubruk a. 1254 Alani sunt boni artifices armorum), das Feld von Qobân in Osetien hat sich als reiche Fundstätte alter Bronzen erwiesen (nach Chantre und Virchow). Seit dem 9. Jhdt. treten die Alanen häufig unter dem Namen Âs auf (vgl. Asaei), russ. Jasy, georg. Owsi, bei Joh. Schiltperger Afs; noch jetzt heisst das an die Oseten angrenzende Hochgebiet der Balkaren Asi. Durch byzantinische Prediger aus Sebastopolis haben die Alanen das Christentum erhalten; noch jetzt finden sich in Osetien und bei den Balkaren Reste alter Kirchen, obwohl hier gegenwärtig der Islam vorherrscht. Neue Stürme brachen über das Volk herein: die Mongolen unter Cingis, unter Batu, zuletzt unter Timur, bekämpften die Alanen oder Asu; christliche Asu finden wir unter den mongolischen Truppen selbst in Čina (vgl. Yule Cathay 316ff.; bei Bretschneider the mediaeval geography, London 1876, 184–190 werden die Thaten von über 20 alanischen Helden, z. B. Nikolai, Elia, Georg, Dimitri, beschrieben). Andere Haufen nahmen Reissaus und liessen sich entweder in Taurien bei Cherson nieder (vgl. Theodori λόγος Ἀλανικός a. 1230, A. Mai Nova patrum bibl. VI p. 379), oder nahmen Sitze oberhalb der unteren Donau (wo noch jetzt die Stadt Jassy, russ. Jaskyj-torg, an sie erinnert); um 1305 zogen 16 000 christliche Alanen über den Strom und traten zur Bekämpfung der Seldžuken in byzantinische Dienste (Pachym. II p. 30. Niceph. Greg. VI 10); noch 1462 finden wir Alanen in Bessarabien (Ducas 45 p. 345). Im kaukasischen Hochgebirge sitzen die Alanen bis auf die Gegenwart, bekannt unter dem Namen Oseten; selbst nennen sie sich Ir d. i. Airya ‚Arier‘ und ihr Land Irôn d. i. Airyana; die Gleichheit der Oseten mit den alten Alanen hat zuerst Klaproth erwiesen (in einem Paris 1822 erschienenen Mémoire); in der That lassen sich alle alanischen und sarmatischen Eigennamen mit Hülfe der osetischen Sprache aufs beste deuten (vgl. Wsewolod Miller Osetische Studien III, in russ. Spr., Moskau 1887, 79ff.; Latyschew Corpus inscr. Ponticarum, vol. II 1891). Diese Sprache ist ein höchst altertümlicher iranischer Dialekt; nur die Zählmethode ist eine vigesimale. Dieser Umstand erklärt sich aus dem Einflusse der benachbarten kaukasischen Aboriginer; die Alanen oder As haben sich nämlich vom kaukasischen Hochgebirge auch südwärts in das Gebiet der iberischen Dwalen (s. Divali, Vali) verbreitet, [1285] während sie seit der Mongolenzeit das nördliche Terrain (die čerkessische Qabarda) gänzlich verloren. Schliesslich sei bemerkt, dass in den Hss. die Namen Alani, Albani und Alamanni öfter verwechselt werden.