Römisch und Deutsch
1845.
Und fühlt Ihr endlich nun des Joches Drücken
Und wollt Ihr rächen nun die lange Schmach?
Seid Ihr es müde, daß auf Deutschlands Rücken
Des Römers Fuß noch immer treten mag?
Das alte Stück aus Deutschlands Kaiserzeit,
Wo, wenn mit Frevelsflüchen Rom gedräut
Die Mächtgen selber ihm zu Füßen fielen?
Und ahnt Ihr endlich, daß die Nacht muß weichen,
Und manchen Wanderer ein trügend Zeichen
Als Irrlicht in die tiefsten Sümpfe führt?
Noch einmal zuckte jene Riesenschlange,
Die zweite Hyder, welche Rom gebar,
Zum Götzendienst mit schnödem Glaubenszwange.
Und überall wuchs ihr ein neues Haupt,
Da mochte wohl die Frage uns gebühren:
Und mag es noch so glänzend sich gebärden,
Nicht fürder wachsen soll die Lügensaat,
Schon ist sie reif und eine Ernte naht,
Wo all ihr Gift uns soll zum Heilkraut werden.
Und lieber deutsch als römisch will es sein,
Kein fremder Zwang soll seinen Glauben knechten,
Ja, seinen Glauben muß es sich befrei’n.
Umsonst schlug Hermann Romas Legionen,
Wenn Rom noch herrscht in später Enkel Zeit,
Deutschland sich beugt wo einst gesiegt Teutonen.
An uns’re Zeit ergeht ein heilig Mahnen,
Ein heilig Mahnen an das Vaterland,
Sei einig, knüpf in Dir ein dauernd Band.
Wir stehen fragend an der Zukunft Pforten,
Wir suchen Rat bei der Vergangenheit,
Noch ist ein Traum ja Deutschlands Einigkeit –:
Wohl auch im Sinn, doch nicht in Sitt und Brauch,
In unsre Heimat streut man fremde Samen,
Durch unsre Thäler weht ein fremder Hauch.
Das fremde Reich brecht ab vom deutschen Baum
Gebt seinem Wachstum Luft und freien Raum –
Dann erst ist’s Zeit, daß Deutschland einig werde!
Du wirst Dich jetzt, mein Vaterland, erheben,
Du willst nicht mehr im römschen Joche leben,
Frei forderst Du den Glauben, den Gedanken.
Heil ihm, der jüngst zuerst das Wort gesprochen,
Das in dem Vaterland ein Losungswort!
Und Rom erschrickt – der Zauber ist gebrochen.
Wir wollen lieben, segnen und vergeben,
Wir wollen Christentum in seiner Reinheit
Und eine neue Kirche wird sich heben,
Wir wollen nicht in blindem Haß entflammen,
Deutschland wird frei, allein und groß bestehn,
Mag wer da will gen Rom noch gläubig sehn –
Es stürzt ja in sich selber doch zusammen.
Der Deutsche darf die lange Schande rächen,
Das römsche Recht vom Richterstuhle treiben,
Denn mündig ist er, selbst sich Recht zu sprechen!
Nur deutsches Flehn, nur deutsches Urteil sprecht
Die Güter heischt der neuen Zeiten Drang:
Die deutsche Kirche und das deutsche Recht.