Prolog (Laßwitz: Seifenblasen)
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Wenn Frauen jedes Vorwort überschlagen
Und Männer alles, was an Verse streift,
So darf man, hoff’ ich, von dem unsern sagen,
Daß es zum höchsten Ziel der Kunst gereift.
Weil jeder gleich zu Text und Prosa greift;
Der Autor liest es ganz allein von allen —
So wird es sicher „allgemein“ gefallen.
Doch ein Programm, auch wenn es niemand hört,
Das schickt sich so! Und wer nicht willig schwört
Zu unsrer Fahne — nun, der mag verzichten.
Er gilt uns selbstverständlich als bethört,
Begreift uns nicht und braucht uns nicht zu richten —
Denn loben darf auch, wer uns nicht verstand.
Wir werden also erstlich deduzieren,
Warum die Seife wohlgefallen muß;
Wir werden dann die Kugel demonstrieren
Und sollten wir trotzdem nicht reüssieren,
So bleibt uns keine Rettung zum Beschluß
Als aus den Grenzen wachsamer Doktrin
Ins Reich der Dichtung ohne Paß zu flieh’n.
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Studiert zuvor ein Lehrbuch der Chemie;
Denn Seifenblasen kann man erst entsenden,
Wenn Fett gebunden sich an Alkali.
Und weil sich Kunst wird anders nie vollenden
So übt nur brav die Seifensiederei —
Dann will ich lehren, was das Schöne sei.
Ihr denkt vielleicht, schön sei der lichte Thau
Im Morgenschein am grünen Bergeshange?
Die sanfte Glut, gehaucht auf ihre Wange?
Verzeiht! Was schön ist, wissen wir genau
Und wir behaupten’s mit der Wahrheit Zwange:
Schön ist, was von Interesse frei sich hält,
Und durftet ihr so leicht, was schön ist, lernen,
(Ich hoffe doch, daß jeder es kapiert,)
Gebt acht, ob wir auch nirgend uns entfernen
Von der Erklärung, die wir acceptiert.
Der nicht als Künstler theoretisiert
Und schnell für sein ästhetisches Interesse
Sich ein Organ begründet in der Presse.
Nun denn — Wer zweifelte, daß Seifenwasser
Brummt dort vielleicht ein dunkler Menschenhasser,
Wenn man das Haus durchscheuert, kehrt und fegt?
Mit Unrecht schilt der zürnende Verfasser,
Wird ihm dabei ein Manuskript verlegt, —
Ist schließlich doch der Dinge Los auf Erden.
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Doch halt! Ist nicht Begriff die Seife nur,
Wenn zum Objekt des Denkens wir sie machten,
Statistisch als den Maßstab der Kultur
Um frei zu wandeln auf der Schönheit Spur
Gilt’s ohne Zweck die Seife zu betrachten,
Nicht weil sie reinigt, sondern in der Reinheit
Der bloßen Form zwecklos bezweckter Einheit!
Wer wagt es, dieses Dunkel aufzuhellen?
Wohlan! Die Lösung haben wir entdeckt,
Seit uns gelungen, das Problem zu stellen.
Es wird der Stoff geläutert und gestreckt,
Geschlossen zur vollkomm’nen Spannung runden,
Hat Formenzweck den Stoffzweck überwunden!
So sei als Seifen-Idealgestaltung
Die Form der Kugeln einzig uns gepriesen!
Und alle Einheit rundet sich in diesen.
Und da wir so mit philosoph’scher Haltung
Das Recht der Seifenblasenkunst erwiesen,
Laßt endlich der Ästhetik uns entsagen
Um heut’gen Tags phantastisch uns zu zeigen
Verschmähen wir den unmodernen Tand,
Das Flügelroß der Musen zu besteigen
Zum Ritt in der Romantik altes Land.
Bei der Aëronautik hohem Stand:
Ein Wink, und auf der Schaum-Montgolfière
Frei schwimmen wir im Glanz der Atmosphäre.
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Ein Strohhalm und ein wenig Luft genügt —
Worüber stets des Dichters Kopf verfügt —
Das trübe Naß zur lichten Form zu zwingen.
Ein leichter Ball, der tausend Farben lügt,
Hebt aus der Körper schwerem Stoff die Schwingen
Ein Spiel und doch ein Rätsel voller Siegel.
Im Spiele darf das Wunder sich begeben,
Denn nur die Wirklichkeit ist rauh und scharf.
So spielen wir! Und was im ernsten Leben
Die freie Laune wagt’s emporzuheben,
Weil sie der eignen Thaten spotten darf.
Ein Kind der Stunde, lächelnd aufgestiegen,
Läßt sie die Seifenbälle sorglos fliegen.
Ein rauher Griff, die Farbenhülle bricht
Und in der Hand bleibt nur ein Tröpfchen Lauge —
Vielleicht geriet die ganze Mischung nicht.
Doch grüßt euch liebevoll ein Freundesauge,
Und bleibt es nur ein Weilchen euch gewogen,
So seid ihr nicht umsonst hinausgeflogen.