Pferd und Esel
Auf eisernen Schienen, so schnell wie der Blitz,
Dampfwagen und Dampfkutschen,
Mit dem schwarzbewimpelten Rauchfangmast,
Prasselnd vorüberrutschen.
Wo über die Hecke guckte
Langhalsig ein Schimmel; neben ihm stand
Ein Esel, der Disteln schluckte.
Mit stierem Blick sah lange das Pferd
An allen Gliedern, und seufzt und spricht:
Der Anblick hat mich erschüttert!
Wahrhaftig, wär’ ich nicht von Natur
Bereits gewesen ein Schimmel,
Jetzt weiß geworden; o Himmel!
Bedroht ist das ganze Pferdegeschlecht
Von schrecklichen Schicksalsschlägen.
Obgleich ein Schimmel, schau’ ich jedoch
Uns Pferde tödtet die Concurrenz
Von diesen Dampfmaschinen –
Zum Reiten, zum Fahren wird sich der Mensch
Des eisernen Viehes bedienen.
Zum Fahren uns entbehren –
Ade der Hafer! Ade das Heu!
Wer wird uns dann ernähren?
Des Menschen Herz ist hart wie Stein;
Umsonst. Man jagt uns aus dem Stall,
Wir werden verhungern müssen.
Wir können nicht borgen und stehlen nicht,
Wie jene Menschenkinder,
Wir sind verfallen dem Schinder.
So klagte das Roß, und seufzte tief.
Der Langohr unterdessen
Hat mit der gemüthlichsten Seelenruh’
Er leckte die Schnauze mit der Zung’,
Und gemüthlich begann er zu sprechen:
Ich will mir wegen der Zukunft nicht
Schon heute den Kopf zerbrechen.
Von einem schrecklichen Morgen.
Für uns bescheid’ne Esel jedoch
Ist keine Gefahr zu besorgen.
So Schimmel wie Rappen, so Schecken wie Fuchs,
Uns Esel jedoch ersetzt Hans Dampf
Mit seinem Schornstein schwerlich.
Wie klug auch die Maschinen sind,
Welche die Menschen schmieden,
Sein sicheres Dasein beschieden.
Der Himmel verläßt seine Esel nicht,
Die ruhig im Pflichtgefühle,
Wie ihre frommen Väter gethan,
Das Mühlrad klappert, der Müller mahlt,
Und schüttet das Mehl in die Säcke;
Das trag’ ich zum Bäcker, der Bäcker backt,
Und der Mensch frißt Bröte und Wecke.
Wird ewig die Welt sich drehen,
Und ewig unwandelbar wie die Natur,
Wird auch der Esel bestehen.
Die Ritterzeit hat aufgehört,
Dem armen Luder, dem Esel, aber
Wird niemals fehlen sein Heu und Haber.