Osterfeier im Dorfe
[216] Osterfeier im Dorfe. (Abb. S. 213: „Grüne Ostern“.) Auf das Land hinaus müssen wir eilen, wenn das rechte Ostergefühl über uns kommen soll; nur im Freien feiert man mit ganzer Seele das Auferstehungsfest der Natur. Welches Stadtkind, das Verwandte auf dem Lande hatte, denkt nicht selbst noch in späten Tagen gern an die Freuden zurück, die ein Osterfeiertag im Dorfe darbot? Schon die andere, meist derbere Bauernkost überraschte angenehm; es war etwas Ungewohntes, Kräftiges. Dann wandelten die Buben an der Hand des Herrn Vetters, die Mädchen an der der Frau Base zur Kirche. Auch das war anders. Nicht das harte Steinpflaster und die kalten Häuserreihen umgaben die Kirche, wie in der Stadt, sondern sie stand im Gottesacker, um welchen eine Mauer lief, über die ringsum hohe schöne Bäume hereinragten. Die Zweige nickten auch an den hohen Kirchenfenstern; das sah man besonders genau während der Predigt, wo das Kindesauge sich daran erfreute. Und wenn die Kirche endlich aus war, welche Wonne, hinauszutreten in die freie, schöne, lachende Natur! Man besuchte nun erst die Gräber der Verwandten und brachte ihnen gleichsam den Ostergruß. Auch mich führte eine gute alte Base einst an einen versunkenen Hügel, auf welchem eine Schlüsselblume blühte. „Da drunten liegt Dein Großvater,“ sagte sie, „zupf Dir das Blümle ab! Es ist gewiß zum Ostergruß für Dich aus seinem Herzen gewachsen.“ – Endlich wandelt Gruppe um Gruppe der Friedhofpforte zu – und draußen auf der Straße theilen sie sich, hierhin und dorthin, aber immer, auch zum Abschied wieder, mit dem Gruß, den sie am Morgen sich zu den Fenstern hinaus und auf der Straße und auf dem Kirchweg geboten hatten: „Christ ist erstanden“ – „In Ewigkeit, Amen.“ – Das war Osterfeier im Dorfe.