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Notiz über eine sonderbare Folgerung aus den Gesetzen der Lichtreflexion

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Textdaten
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Autor: Joseph Antoine Ferdinand Plateau
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Titel: Notiz über eine sonderbare Folgerung aus den Gesetzen der Lichtreflexion
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Bulletin de l’acadamie royal de Bruxelles. Tome IX, No. VII.
Quelle: Scans auf Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[578]
XIII. Notiz über eine sonderbare Folgerung aus den Gesetzen der Lichtreflexion;
von Hrn. Plateau in Gent.

(Mitgetheilt vom Hrn. Verf. aus dem Bullet. de l’acad. roy. de Bruxelles. T. IX, No. VII. – Es ist dieß die Notiz, derentwegen Hr. Colladon glaubte einen Prioritäts-Anspruch erheben zu müssen. S. Annalen, Bd. LVIII S. 131.)


Die Gesetze der Lichtreflexion führen zu einer merkwürdigen Folgerung, welche der Achtsamkeit der Physiker entgangen zu seyn scheint. Gesetzt ein Lichtstrahl falle schief auf eine polirte, gegen ihn concave Curve. Nach einer ersten Reflexion wird dieser Strahl abermals die Curve treffen, ein zweites, drittes etc. Mal reflectirt werden, und so eine geknickte Linie bilden, die sich in allen ihren Scheiteln gegen die reflectirende Curve stützt. Für eine gegebene Curve sind nun die Stücke dieser geknickten Linie offenbar desto kleiner und desto zahlreicher, je beträchtlicher der Einfallswinkel des ersten Strahles ist. Ist endlich dieser Winkel ein rechter, d. h. fällt [579] der erste Strahl tangentiell von Innen auf die Curve, so werden die Stücke der gebrochenen Lichtlinie unendlich klein und unendlich zahlreich, oder, mit andern Worten, die gebrochene Linie selbst wird eine Curve, welche mit der polirten Curve zusammenfällt. In diesem Falle gleitet also der Lichtstrahl auf der polirten Curve entlang und folgt deren Gang, so lange die Krümmung derselben das Zeichen nicht wechselt.

Wir sind also zu dem sonderbaren Resultat geführt, daß das Licht, dessen geradlinige Fortpflanzung fast Axiom ist, und das sich nur bei der atmosphärischen Strahlenbrechung auf eine merkliche Weise von diesem Gang entfernt, nach unserem Belieben gezwungen werden kann, in krummen Linien zu wandern und sogar eine gegebene Curve zu beschreiben.

Um zu sehen, bis wie weit die Erfahrung diese Schlüsse bestätige, brauchte ich folgenden Apparat. Auf ein wohl abgehobeltes und mit weißem Papier beklebtes Brett zog ich einen Halbkreis von 20 Centimeter Durchmesser, höhlte nach dieser Curve eine sehr schmale Fuge von etwa 1 Centimet. Tiefe aus, und ließ in diese eine vollkommen polirte Uhrfeder ein, die etwa 2 Centimeter breit und so lang wie der Halbkreis war.

Hierauf wurde ein Bündel Sonnenlicht horizontal in eine dunkle Kammer geleitet und in einiger Entfernung mit einem schwarzen Schirm aufgefangen, der einen etwa 1 Millimet. breiten horizontalen Schlitz besaß, um eine dünne Lichtschicht durchzulassen. Dann wurde das Brett mit der kreisrunden polirten Stahlfeder unmittelbar hinter dem durchbohrten Schirm aufgestellt, und zwar so, daß die Lichtschicht auf das eine Ende der Feder fiel, in einer mit der Innenseite dieser Feder nahe tangentiellen Richtung und die Papierfläche des Brettes streifend.

Alsdann sah ich wirklich einen Lichtfaden das Papier längs der Feder beleuchten, in abnehmender Intensität von dem Ende, wo das Licht einfiel, bis zu dem [580] anderen Ende; dort verließ der Lichtfaden die Feder, und setzte in Richtung der Tangente des letzten Elements der Curve seinen Gang auf dem Papier fort.

Man kann auch bei diesem Versuch den Lichtfaden verfolgen, indem man von einem Ende der polirten Feder zur anderen ein Stückchen weißes Papier so hinführt, daß es die diesen Faden bildenden Strahlen senkrecht auffängt.

Mittelst ähnlicher Apparate, wie der vorstehende, habe ich solchergestalt das Licht ein Stück einer Parabel und einer archimedischen Spirale durchlaufen lassen. Diese letzte machte drei Umgänge, und maaß, abgewickelt, 80 Centimet.; deßungeachtet folgte ihr der Lichtfaden von einem Ende bis zum andern. Besonders bei dieser Curve bietet der Versuch ein sehr sonderbares Schauspiel dar.

Wollte man eine Curve anwenden, deren Krümmung das Zeichen wechselte, so brauchte man offenbar die Lamelle nur aus zwei, längs ihrer ganzen Concavität polirten und am Inflexionspunkt getrennten Theilen zusammenzusetzen, und zwar so, daß der Lichtfaden, im Augenblick, wo er den ersten verläßt, tangentiell vom ersten Element der Concavität der zweiten aufgefangen wird. Oder man könnte zwei parallele Lamellen nehmen, sie längs der ganzen Curve in sehr kleinem Abstände einander parallel halten, und somit einen sehr engen, inwendig polirten Kanal bilden.

Die in diesen Kanal, nach Richtung seines ersten Elements eindringende Lichtschicht wird offenbar gezwungen sich mit ihm in jedem Sinn zu beugen, und also alle seine Krümmungen zu durchlaufen.

In allen diesen Fällen ist es freilich nur eine unendlich dünne Lichtschicht, welche sich wirklich in krummer Linie bewegt, und alle übrigen Strahlen der Gesammtschicht beschreiben, ohne Zweifel gebrochene Linien von sehr vielen Elementen; allein da diese verschiedenen [581] Elemente nicht gleiche Länge haben für alle diese Strahlen, und da die verschiedenen, aus ihnen zusammengesetzten gebrochenen Linien nicht von Punkten in gleicher Entfernung vom Ende des Kanals ausgehen, so entsprechen diese Linien einander nicht, und ihre Gesammtheit bildet einen krummlinigen Lichtstreifen, der überall eine gleiche Breite zu haben scheint. Mithin ist der Erfolg derselbe, wie wenn alle diese Strahlen wahrhafte Curven beschrieben, und parallel liefen mit denen, die in Wirklichkeit auf der Lamelle entlang gleiten.

Wie bekannt, wird das Licht durch mehrfache Reflexionen, unter gewissem Winkel, an einer Metallfläche zuletzt vollständig polarisirt. An Stahl z. B. hat Dr. Brewster gefunden, daß nach acht Reflexionen unter dem Einfallswinkel von 75° eine vollständige Polarisation des Kerzenlichts erfolgt. Ich war demnach begierig zu erfahren, ob das Licht, welches in obigen Versuchen längs der polirten Stahlcurve fortgeglitten, mehr oder weniger polarisirt sey. Zu dem Ende fing ich mit dem Auge durch ein Nicol’sches Prisma den von der halbkreisförmigen Curve abtretenden Lichtfaden auf, und fand ihn vollständig in der Reflexionsebene polarisirt. Es ist hier zu bemerken, daß das Licht Sonnenlicht war, und folglich eine ganz andere Intensität besaß als das einer Kerze, dessen sich Sir Brewster bediente, und zweitens, daß der Einfallswinkel nicht ganz dem Polarisationsmaximum am Stahl entsprach, weil der einfallende Strahl tangentiell zur Fläche war.