Noch einmal „Frauen und Mädchen als Gärtnerinnen“
[591] Noch einmal „Frauen und Mädchen als Gärtnerinnen“. Zu diesem Thema geht uns vom Vorstand des „Lette-Vereins“ in Berlin folgende Zuschrift zu:
„Der unterzeichnete Vorstand des Lette-Vereins hat mit Dank und lebhaftem Interesse von dem in Nr. 32 der ‚Gartenlaube‘ enthaltenen Aufsatze ‚Frauen und Mädchen als Gärtnerinnen‘ von H. Jäger Kenntniß genommen. Wir hätten zu den darin geäußerten Ansichten des Herrn Verfassers Mancherlei zu bemerken und möchten namentlich darauf hinweisen, daß der von ihm wahrgenommene unvertilgbare Fehler der Frauenarbeit, ‚das Bedürfniß nach Unterhaltung‘, doch wohl nur bei ungebildeten Frauen hervortritt; die Erfahrungen, welche wir an gebildeten Frauen gemacht, führen zu einem anderen Ergebniß. Wir wollen indeß eine Polemik nicht eröffnen, sondern anerkennen mit Dank die freundliche Absicht des rühmlich bekannten Herrn Verfassers und stimmen ihm vollständig bei, wenn er die Kunstgärtnerei als einen für Frauen sehr geeigneten Beruf erklärt.
Auch im Lette-Verein ist diese Ansicht schon seit Jahren vorherrschend, und wiederholt ist bei uns die Ausbildung von ‚Kunstgärtnerinnen‘ als Berathungsgegenstand für unsere Sitzungen auf die Tagesordnung gesetzt worden; wiederholt haben wir mit Autoritäten auf diesem Gebiete über die Frage verhandelt. Der verstorbene Gartendirector Meyer hierselbst, der Kunstgärtner und Baumschulbesitzer Spät und Andere haben uns stets ihrer warmen Theilnahme für die Angelegenheit versichert. Wenn der Lette-Verein noch keine ‚Versuchsanstalt‘ errichtet hat, wie Herr Jäger den Frauenvereinen vorschlägt, so unterblieb dies lediglich aus dem Grunde, weil wir bei den vielen Ansprüchen die an uns gestellt werden, nicht im Stande waren, das für diesen Zweck erforderliche Grundstück in der Nähe der Stadt anzukaufen.
Fände sich ein Gönner und Freund unserer Bestrebungen und insbesondere der Ausbildung der Frauen für den Beruf der Gärtnerin, der uns nur ein Capital von 12,000 bis 15,000 Mark zur Verfügung stellte, so sind wir überzeugt, daß auch die städtischen Behörden uns ihre Unterstützung [592] leihen würden und daß es uns ebenso gelingen würde, eine Gärtnerinnenschule in’s Leben zu rufen und zur Blüthe zu bringen, wie uns dies mit unserer Handelsschule, Zeichenschule, Gewerbeschule, Setzerinnenschule, Kochschule, Wasch- und Plättschule etc. geglückt ist. Ob wir alsdann das praktische Erlernen nicht doch mit theoretischer Geschäftsbildung verbinden würden, darüber möchten wir für den Augenblick keine bindende Erklärung abgeben; zunächst handelte es sich darum, daß wir das Capital zum Anlauf des nöthigen Grund und Bodens für die Anstalt erhielten. Vielleicht erweckt diese Mittheilung in der ‚Gartenlaube‘ uns einen großmüthigen Helfer. Die Mühe und Arbeit, welche die neue Anstalt erforderte, würden wir zu den Sorgen für die alten gern übernehmen.