Neun Linden
Es waren in des Vaters Schloß
Am hellen Rhein,
Von edlem Stamm der blüh’nde Sproß,
Neun Mägdlein zart und fein.
Wer mißt den Preis
Der Freud’ in treuer Mutterbrust,
An solcher Töchter Kreis?
Und wenn sie gingen Hand in Hand,
So unschuldsreich am schönen Strand,
In heitern Spielen frei:
Da pries entzückt der Fluthen Gott
Die Mädchenschaar,
Ihr Auge, wunderklar.
Der Vater einst zum Kampfe ritt,
Gebot noch schwer,
Ja nicht zu ziehn mit flücht’gem Schritt
Sie aber wallten durch die Au’n –
Wie Neugier plagt!
Es trieb sie, dort hinab zu schau’n,
Wo hoch das Berghaupt ragt.
In langem Zug,
Sie trug wohl über Flur und Kluft
Des Auges Adlerflug.
Doch Vater du, ach wärest du
Gesunken, ach! zur ew’gen Ruh’
Entrückt dem Schmerzgefühl!
Sie weilten auf dem Gipfel hehr
Dem Himmel nah,
Ein Zauberwerk geschah.
Der Vater flog den Pfad hinan
Zum Berge fort;
Was fand er auf der Höhe Plan?
Sie scherzten dort im Abendglanz
Die dreimal Drei;
Jetzt duften sie im Blüthenkranz
Als Linden froh und frei.
Von Allerlei,
Ein sanfter West bringt von der Flur
Den Glockenklang herbei.
Doch drohen Blitze, feurig, bang
Da sprechen sie auch ernsten Klang
Zu Dem, der droben wacht.
Sie stehn, ein Bild der Schwestertreu,
Wenn Donner kracht,
Vereint voll starker Macht.
Wer aber malt des Vaters Schmerz?
Und wer die Qual,
Die scharf das treue Mutterherz
Die Lüfte wehn Jahrhundert’ fort
Durch Flur und Kluft,
Noch steh’n, im Sonnenlichte dort
Neun Linden hehr im Duft.
- ↑ Namen der höchsten Spitze des Kaiserstuhles, 1785 Fuß über dem Meere.