Muckensturm (Otto)
„Die Väter bedrängte greulicher Krieg,
Die Mucken halfen ihnen zum Sieg!“
Alte Inschrift.
Das ist die Murg, zum Fluß geworden,
Die erst als Waldbach dumpf gebraust, –
O drohe nur des Feindes Horden,
Der frech an Deinen Ufern haust!
Badenser kämpfen mit Franzosen,
Und wieder heißt: ein Deutscher sein,
Sich zählen zu den Hilfelosen!
Die Festung Rohrburg ruft in Nöten
Die Feinde drohen, brennen, töten –
Zur Rettung naht kein deutsches Heer!
Schon ist verloren Wall um Wall,
Schon stürmt der Feind an allen Thoren,
In Rohrburg Jammerruf: „Verloren!“
Ein deutscher Bürger schlicht und recht;
Der spricht: „Noch sind wir nicht zu Schanden,
Kein Markgraf will, kein Herzog helfen,
Kein Reichssoldat, kein General –
Sie dienen Waiblingern und Welfen –
Dem deutschen Volke bleibt die Qual!“
Mit ihres Volkes großer Schar;
Die sollen uns den Sieg gewinnen
Und von uns wenden die Gefahr.
Hoch oben auf dem Festungsbau
Kommt, haltet Eure Heeresschau,
Wollt meine Mannschaft kennen lernen!“
Und oben auf den höchsten Schanzen
Des Bürgers Bienenkörbe stehen.
Zum Sturme die Franzosen gehen –
Und schaut! hinab in ihre Reihn
Ein Wurf in weitgeschwungnem Bogen –
Welch Summen, Brausen, Schütteln, Schrein –
Von Bienen in der Feinde Heer;
Da gilt kein Rufen und kein Schonen,
Da hilft nicht Sturm und Gegenwehr!
Versandt mit zornig gift’gem Brummen, –
Und in der Flucht sucht jeder Heil
Vor diesem Stechen, diesem Summen!
Kein Mann hält Stand! die Kämpfer weichen
Ihr Summen ist ihr Siegeszeichen,
Ihr Stachel mehr als Schwerter schlug.
Die Feinde rings in toller Flucht –
Sie werfen von sich Wehr und Waffen,
Sich den Verfolgern zu entraffen.
Gerettet ist die deutsche Veste,
Gerettet durch den deutschen Fleiß.
Ein solcher Lohn, er ist der beste,
In Baden, wo die Veste lag
Die Bienen man als Mucken kennet –
Und Rohrburg ward seit diesem Tag
Zum Danke Muckensturm benennet.