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Mondnacht im Hafen

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Mondnacht im Hafen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 709, 712
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[709]

Mondnacht im Hafen.
Auf Holz gezeichnet von Signor Carlo.

[712] Mondnacht im Hafen. (Zu dem Bilde auf S. 709.) Die Natur ist ein unerschöpflicher Born von Schönheit zu allen Tages- und Jahreszeiten. Aber den eindrucksvollsten Zauber gießt sie in der Farbenwirkung des Mondes aus, und die „mondbeglänzten Zaubernächte“, dieser Inbegriff von Geheimnißvollem, halb Verhülltem und halb wieder Blendendem, zugleich Aufregendem und Beruhigendem, werden durch alle Zeiten fortfahren, namentlich jugendliche Künstler – und leider Gottes! auch Nichtkünstler zu Gemälden, Gedichten und musikalischen Stimmungsbildern zu begeistern. Wenn die Pracht der Mondnacht zu vollster Wirkung kommen soll, so gehört Wasser dazu. Was Wunders, daß ein Stück Hafen, wo der himmlische Goldglanz, weithin gespiegelt, wie flüssig von Welle zu Welle springt und die dunklen, massigen Silhouetten der Schiffe das blendende Spiel belebend unterbrechen – wenn solch ein Stück Hafen einer Künstlerhand wirkungsvolle Bilder gleich dem in der heutigen Nummer enthaltenen abzwingt!

Ein respectabler Künstler ist Signor Carlo jedenfalls, wenn auch als solcher im Publicum weniger bekannt, wie als Virtuose der Malerei, eine Virtuosenspecies, welche in Signor Carlo wohl zum ersten Male auf „Kunstreisen“ sich vor der Oeffentlichkeit präsentirt. Eine Anzahl größerer deutscher Städte hat bisher Gelegenheit gehabt, das Seltsame zu beobachten, wie der noch junge Künstler – er ist 1848 zu Mailand aus armer Familie geboren, die 1850 nach Ungarn übersiedelte, und hat seine künstlerische Bildung in Wien genossen – vermöge einer geradezu wunderbaren technischen Sicherheit in noch nicht 50 Minuten eine große leere Leinwand mit einem wirksamen Landschaftsbilde, und in noch nicht 20 Minuten einen noch größeren Carton mit einer stimmungsvollen Kohlenzeichnung bedeckt. Daß es sich hierbei nicht um durchgebildete Kunstwerke handelt, um monumentale Schöpfungen, das liegt klar auf der Hand, ebenso wie das Andere: daß von solchen Bildern nicht eines wie das andere gelingt. Immerhin ist die Geistesgegenwart und Schlagfertigkeit, mit welcher Signor Carlo arbeitet, als solche phänomenal, wenn auch das Ehrenvollste für den Künstler jedenfalls der Umstand bleibt: daß er, wie beispielsweise unser Bild zeigt, auch noch Besseres leisten kann, als blos Concert- und Schnellmalen!