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Miserere

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Textdaten
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Autor: Heinrich Heine
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Titel: Miserere
Untertitel:
aus: Deutscher Musenalmanach, Band 7. S. 393–394
Herausgeber: Christian Schad
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Stahel’sche Buchhandlung
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Erscheinungsort: Würzburg
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Quelle: Google und Commons
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[393]
Miserere.


     Die Söhne des Glückes beneid’ ich nicht
Ob ihrem Leben, beneiden
Will ich sie nur ob ihrem Tod,
Dem schmerzlos raschen Verscheiden.

5
     Im Prachtgewand, das Haupt bekränzt

Und Lachen auf der Lippe,
Sitzen sie froh beim Lebensbanquett –
Da trifft sie jählings die Hippe.

     Im Festkleid und mit Rosen geschmückt,

10
Die noch wie lebend blühten,

Gelangen in das Schattenreich
Fortunas Favoriten.

     Nie hatte Siechthum sie entstellt,
Sind Todte von guter Miene,

15
Und huldreich empfängt sie an ihrem Hof

Zarewna Proserpine.

     Wie sehr muß ich beneiden ihr Loos!
Schon sieben Jahr mit herben

[394]

Qualvollen Gebresten wälz’ ich mich

20
Am Boden und kann nicht sterben!


     O Gott, verkürze meine Qual,
Damit man mich bald begrabe;
Du weißt ja, daß ich kein Talent
Zum Martyrthume habe.

25
     Ob deiner Inconsequenz, о Herr,

Erlaube, daß ich staune:
Du schufest den fröhlichsten Dichter und raubst
Ihm jetzt seine gute Laune.

     Der Schmerz verdumpft den heitern Sinn

30
Und macht mich melancholisch,

Nimmt nicht der traurige Spaß ein End’,
So werd’ ich am Ende katholisch.

     Ich heule dir dann die Ohren voll,
Wie andre gute Christen –

35
O Miserere! Verloren geht

Der beste der Humoristen!