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Meister Camphausen

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Titel: Meister Camphausen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 856–857
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[852]

Friedrich der Große mit seinen Generalen.
Originalzeichnung von Prof. W. Camphausen in Düsseldorf.

[853]

Der große Kurfürst mit General Derfflinger.
Originalzeichnung von Prof. W. Camphausen in Düsseldorf.

[856] Meister Camphausen. Unsere Berliner Leser werden sich noch des großen Aufsehens erinnern, welches im Laufe des vergangenen Jahres zwei für den Kaiser Wilhelm gemalte und im Kolossalmaßstab ausgeführte Reiterbilder des Meisters Camphausen in der Ausstellung erregten. Beide Bilder waren dem Berliner Publicum nicht gleichzeitig, aber doch in rascher Aufeinanderfolge vorgeführt worden, das eine den Großen Kurfürsten, das andere Friedrich den Großen darstellend, also die beiden Gründer der gegenwärtigen Größe des preußischen und – dürfen wir heute sagen – somit des deutschen Staates.

Den Lesern der Gartenlaube ist Camphausen selbst längst aus seinen vortrefflichen Leistungen bekannt, und wir glauben nicht, daß wir sie erst an die meisterhaft ausgeführten Reiterbilder zu erinnern brauchen, welche wir während des jüngsten Krieges gebracht und die so allgemeine Anerkennung gefunden haben wegen der immer originellen und oft genialen Auffassung, wegen der realistisch-flotten, stets den Meister bekundenden Ausführung und wegen der überraschenden Portraittreue, welche der Maler selbst in diesem kleinen Maßstabe seinen Figuren zu geben wußte.

Wenn wir in der heutigen Nummer das wohlgetroffene Portrait Camphausen’s vorlegen, können wir es gewiß nicht besser begleiten als mit der xylographisch meisterhaften Wiedergabe jener beiden, Eingangs dieser Zeilen erwähnten Reiterbilder, welche den glücklichen Realismus, die Frische und, wir möchten sagen, die Volksthümlichkeit der Camphausen eigenthümlichen künstlerischen Kraft so voll bekunden, wie dies nur die besten und berühmtesten seiner Arbeiten (wir erinnern an die viel bewunderten Bilder aus der Friedrichszeit) gethan.

Auf schnaufendem Schecken, den er mit fester Hand hart im Zügel führt, hält der Sieger von Fehrbellin im freien Felde, die Schärpe um den blauen, golden galonnirten Rock, auf das lang niederwallende Haar den breitkrempigen Federhut gestützt, die Beine in schweren, hohen Stiefeln. Die Klinge fährt eben blitzend aus der Scheide, den Soldaten den Weg zum

[857]

Wilhelm Camphausen.
Nach einer Photographie gezeichnet von Adolf Neumann.


Siege zu zeigen, während hinter dem Kurfürsten der tapfere General Derfflinger auf seinem Rappen nach einem Reiterregiment ausschaut, das eben im Sturme vorübersaust und dem der Trompeter sein schmetterndes Signal giebt. Der feste, sichere Blick, das Energische, Selbstbewußte, das in Haltung und Geberde des Kurfürsten so deutlichen Ausdruck findet, charakterisirt meisterhaft den immer auf klare Ziele gerichteten, ehrgeizigen und stets erfolgreich nach Ruhm und Größe strebenden Sinn des großen Kurfürsten. Friedrich Wilhelm war jedoch, wie wir hier beifügen wollen, nicht nur der Gründer der preußischen Militärmacht, er war auch der wirklichen Förderung des allgemeinen Wohlstandes, des Handels, der Künste, der Wissenschaften zugethan, wenngleich andererseits nicht verschwiegen werden soll, daß er vor Allem jenen Waffenstillstand mit Frankreich verschuldete, vermöge dessen der räuberische Ludwig der Vierzehnte in dem Besitze alles Dessen blieb, was er sich bis zum 1. August 1681 angeeignet hatte, das nun wiedergewonnene Straßburg und die Kehler Schanze mit eingeschlossen.

In besserem Sinne hat Friedrich der Große die Interessen Deutschlands gegen Frankreich vertreten. Wir haben keinen Anlaß hier auf die Heldenlaufbahn des genannten Königs zurückzukommen; jeder Schuljunge allüberall in Deutschland weiß von seinen Kriegen und Siegen zu erzählen. Camphausen hat seinen Helden, wie er auf dem galoppirenden Schimmel dahinsprengt, vortrefflich aufgefaßt, in der knappen strammen Haltung, den historischen Krückenstock in der Hand, das blitzende Auge in die Ferne gerichtet. Unmittelbar hinter ihm stürmt der alte Haudegen Ziethen auf unbändigem Rosse daher, während wir auf der andern Seite den tapfern General v. Seydlitz erkennen, den verwegenen und vielleicht besten Reiterführer aller Zeiten.

Wie sämmtliche Bilder Camphausen’s, so zeigen auch diese ihn wieder als einen Meister in der Darstellung des Pferdes, das er mit allen seinen Eigenthümlichkeiten und Schönheiten zum Ersten wohl studirt haben mag, als er nach vorausgegangenen vierjährigen Kunststudien seiner Militärpflicht als Freiwilliger im 8. Husarenregiment genügte. Camphausen ist vornehmlich Schlachtenmaler, pflegte sich aber in der Wahl seiner Stoffe niemals an eine bestimmte Geschichtsperiode zu binden, wenngleich er in seinen Arbeiten, deren einzelne aufzuführen hier unmöglich ist, mit entschiedener Vorliebe die Kampf- und Schlachtscenen des 17. und 18. Jahrhunderts dargestellt hat, Gefechte aus der Zeit Cromwell’s, des dreißigjährigen Krieges und der drei schlesischen Kriege. Costümtreue, Richtigkeit der Zeichnung, ein unmittelbar wirkender und doch künstlerisch durchgebildeter Realismus, geistige Frische und Lebendigkeit charakterisiren seine Schöpfungen, unter denen die schon erwähnten Arbeiten aus der friedericianischen Zeit und den Befreiungskriegen, dann „Blücher’s Rheinübergang bei Caub“ wohl die populärsten geworden sind. Der Künstler, der als Professor an der Akademie seiner Geburtsstadt Düsseldorf lebt, steht erst im Anfang der fünfziger Jahre – es ist also mit Sicherheit anzunehmen, daß wir von seiner Meisterhand noch viel Schönes und Bedeutendes erwarten dürfen.