Meinem Erich!
Meinem Erich![1]
Du kamst nach schmerzensbanger Nacht,
Der Tag ob Deiner Wiege graute,
Wie hat das Vaterherz gelacht,
Als den ersehnten Sohn er schaute; –
Und nun nach langer Todesqual,
Nach schlummerloser Nächte Pein
Schlief bei dem ersten Morgenstrahl
Mein liebes Kind für immer ein.
Es war ein kurzer, schöner Tag,
An Freuden reich und süßen Sorgen,
Der wie im Frührothschimmer lag
Hell zwischen jenen beiden Morgen:
Des Lebens Ziel erschien mir klar,
Leicht ward und fröhlich mein Gemüth,
Das Glück der eig’nen Kindheit war
In meinem Kind mir neu erblüht.
Nach schweren Müh’n auf ihn ein Blick,
Und neu belebt war Muth und Hoffen,
Was mir versagte das Geschick,
Für meinen Sohn lag Alles offen;
Und wenn mein müder Arm erschlafft,
Im Alter mir das Haupt ergraut,
Ich hätte seiner frischen Kraft
Mein Werk voll Zuversicht vertraut.
Vorbei – vorbei – der Traum verging,
Er war zu schön, um lang zu währen,
Und wie ich lachend Dich empfing,
Heut’ lass’ ich Dich mit blut’gen Zähren;
Doch Dein verklärtes Antlitz scheint
Ein Bild der sel’gen Himmelsruh’,
Beim Kommen hattest Du geweint,
Im Scheiden lächelst friedlich Du!
Albert Traeger.
- ↑ Den „Dichter der Gartenlaube“ hat vor Kurzem ein großes Herzeleid getroffen, indem ihm unerwartet sein einziger Sohn durch den Tod entrissen wurde. In der Nacht vor dem Begräbnisse dichtete er obiges Lied, das er ursprünglich nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt hatte.D. Red.