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Aus der Drei-Kaiser-Woche

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Textdaten
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Autor: Georg Horn
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Titel: Aus der Drei-Kaiser-Woche
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 696–698
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Aus der Drei-Kaiser-Woche.


„Immer ’ran, meene Herrschaften – das Dreikaiserblatt – d’ruf zu sehen der österreichische und der russische Kaiser und unser Wilhelm, der is der scheenste von alle Drei. Nur eenen eenzigsten Jroschen und dafür drei Kaiser und dazu noch zu lesen Allens, wat Bismarck mit Jortschakoffen und Andrassyn jesprochen hat, Allens uff’s Jenaueste – immer ’ran, meene Herrschaften – eenen Jroschen und dafür drei Kaiser – so wat hat die Weltjeschichte noch nich erlebt!“

Mit derartigen Ausrufen wurde man in den Tagen vom fünften bis zum elften September in Berlin auf Tritt und Schritt empfangen. Dabei wurde Einem ein Blatt mit der Ueberschrift „Dreikaiserzeitung“ entgegengehalten; auf der ersten Seite konnte man in einem rohen Holzschnitte die drei Kaiser schauen, wie sie sich nach dem Vorbild der heiligen Allianz die Hände reichten, und die drei Gestalten waren von einem Lorbeerkranze eingefaßt. Auf den übrigen drei Seiten war über die Empfangsceremonien Alles zu lesen, was damals in allen Zeitungen stand. Ganz übergehen dürfen wir jedoch auch noch bei diesem späten Rückblick auf jene Tage nicht, daß bei dem Empfang in der Haltung des Volkes doch etwas lag, das sich wie ein mehr oder minder ausgedehntes Bewußtsein dessen anfühlte, was die intime Annäherung des deutschen Reiches an die österreichisch-ungarische Monarchie zu bedeuten hatte. Und wenn auch bei der Einholung Kaiser Wilhelm seinen österreichischen Gast durch die Königsgrätzer Straße führen mußte, so lenkte ja sehr bald der offene vierspännige Wagen, in welchem die beiden Kaiser saßen, in das Brandenburger Thor ein, das sich wie ein Schlußstein neugewonnener Freundschaft und künftiger Einigkeit über den beiden Kaisergestalten erhob. Es donnerte nicht, wie in früheren Zeiten beim Einzug eines so hohen Potentaten, von den Wällen grobes Geschütz, es wurden keine Glocken geläutet – aber ein harmonischer Ton, eine Witterung des Friedens ging durch die Gemüther und begleitete die beiden Kaiser auf ihrem Wege nach dem Schlosse.

Trotz der einflußreichen blinden Partei in der Wiener Hofburg, die in ihrem Preußenhaß fortwüthet, hegten Kaiser Franz Joseph und sein Minister die bessere Einsicht, daß Deutschland und Rußland die beiden Zielpunkte der österreichischen Politik sein müßten, und dies mochte der Schlußgedanke von Erwägungen sein, welche veranlaßten, daß eines schönen Tages, wenn dieser auch ein Wintertag war, Herr Andrassy in Wien unserm dortigen Botschafter Herrn von Schweinitz eine darauf bezügliche Aeußerung machte, worauf letzterer seinen Koffer packen ließ und rasch nach Berlin abreiste. Schweinitz ist hier! Was soll das? schrieben die Berliner Blätter. Er will sich verheirathen – mit der Tochter des amerikanischen Gesandten in Wien und holt sich vom Kaiser seinen Consens, antworteten officiöse Stimmen. Ach so! „Unser Fritz“ scheint doch zu dem neuesten Geschichtscapitel „der Habsburger beim Hohenzoller“ einen sehr namhaften Beitrag gegeben zu haben. Da fuhr während des Winterbesuchs der Herr von Schweinitz mit dem Kronprinzen zur Jagd. Unterwegs mußte der Kutscher absteigen und der frühere Jugendgenosse und nunmehrige militärische Begleiter des Kronprinzen die Zügel ergreifen, damit von unberufenen Ohren nichts vernommen wurde, was da zwischen dem Kronprinzen und dem Botschafter verhandelt wurde. Ob sie beide an jenem Tage auch gute Jagd gemacht haben? Jedenfalls haben sie keinen Bock geschossen.

Wenn die großen aus einer Scheibe bestehenden Fenster der ersten Etage des russischen Botschaftshôtels, die ersten, welche in Berlin existirten, von allen schützenden Läden und Marquisen befreit sind, wenn sie spiegelhell glänzen und die roth und himmelblau damastenen Gardinen sehen lassen, wenn der Balcon mit frischen Blumen garnirt ist und der stattliche Portier in seinem rothen mit Wappenborten chamarrirten Rock und seinem Stock mit dem silbernen Knopf erscheint, „dann ist beim Russen was los“, dann sammelt sich das liebe Berliner Publicum in der Lindenallee vor dem Hause des russischen Kaisers in hellen Haufen. So auch am Nachmittage des sechsten September. Jede Uniform, die ein- und auspassirte, wurde mit einem „Hurrah!“ begrüßt, denn in jeder wurde ein russischer Großfürst oder auch ein deutscher Großherzog oder Herzog vermuthet. Fast jedes Wagenrollen bedeutete eine Hofequipage. Es ging an jenem Nachmittage im Botschaftspalast immer ab und zu. Kaiser Wilhelm war mit dem Kaiser von Oesterreich bereits vorübergefahren dem Schlosse zu, an den Fenstern im Botschaftshôtel ließ sich kein Kaiser, nicht einmal ein Großfürst sehen. Nach einer halben Stunde kam aber eine vierspännige offene Equipage die Linden herab, darin saß der Kaiser von Oesterreich, aber diesmal „in russischer Couleur“. Der Empfang im Schlosse durch die Kaiserin Augusta, die umgeben vom ganzen Hofe im Hause der Hohenzollern dem Habsburger die Hälfte der Treppe entgegengekommen war, und dann die Umkleidung des Kaisers hatten kaum eine halbe Stunde gedauert „und nun ’rin mit Franz Josephen zu Alexandern“, wie ein richtiger Berliner bemerkte, nachdem der Wagen in das Botschaftshôtel eingefahren war.

Neben dem Kaiser von Oesterreich saß ein Officier in preußischer Dragoneruniform, ein angehender Sechsziger, schmächtig, von nicht sehr strammer Haltung, mit einem grau und weiß melirten, etwas struppigen Kinnbarte. Das war der General von Manteuffel, der eigens von Nancy her zum Ehrendienste bei Franz Joseph commandirt war, darum, weil er eine am Wiener Hofe sehr bekannte und beliebte Persönlichkeit ist. Wer weiß, vielleicht war es so eingerichtet worden, daß der Kaiser von Rußland vor dem Kaiser von Oesterreich kommen sollte, da nach der Regel auch der bürgerlichen Höflichkeit der Ankommende immer zuerst seinen Besuch macht. Jedenfalls hatte sich Graf Stillfried viel Kopfzerbrechen darüber gemacht, wer von den beiden Kaisern den Vorrang haben sollte; der ist die Autorität in diesen Dingen, aber die höchste wird wieder Kaiser Wilhelm mit seinem Herzen geübt haben, der dem Kaiser Alexander etwa in dem Sinne geschrieben haben mag: „Du bist mein lieber Neffe, an dem ich stets Wohlgefallen hatte; Du gehörst zum Hause, zur Familie, und Franz Joseph ist der Gast.“ Somit war diese allerdings heikle Frage erledigt, und nun führten beide Kaiser, der österreichische rechts, zusammen die deutsche Kaiserin.

Bis jetzt hatten sich die Monarchen nur immer zu Zwei gesehen, und war bis dato die Dreikaiserzusammenkunft noch keine vollendete Thatsache. Sie ward es erst am sechsten September, Abends sieben Uhr, im sogenannten Pfeilersaale des königlichen Schlosses. Während Franz Joseph den erwähnten Besuch machte, war Kaiser Wilhelm mit der Kaiserin und der ganzen königlichen Familie in den Gemächern des Kaisers von Oesterreich zurückgeblieben und erwartete hier die beiden anderen Träger kaiserlicher Kronen, die denn auch bald eintraten, und so wurde das denkwürdige Ereigniß denn gleich auf die leichteste und angenehmste Art eingeleitet und gefeiert, nämlich mit einem ausgezeichneten Diner.

Dieser Ort der ersten „Entrevue“, wie ein Hofmann für das gar zu simple deutsche Wort „Zusammenkunft“ sagen würde, ist ein prächtiger Saal in der ersten Etage des Schlosses, unmittelbar über dem Portale, vor dem die beiden ehernen Rossebändiger angebracht sind. Die Säulen, welche die reiche Stuccaturdecke tragen, sind von gelbem Marmor, die Wände mit weißem bekleidet; der Fußboden ist mit den seltensten Hölzern eingelegt, und achtet es Unsereiner schon für etwas Werthvolles, auf dem Schreibtische einen kleinen Nippesgegenstand von Malachit zu haben, so kann er hier eine viereckige Schale von diesem kostbaren Steine sehen, so groß wie das Becken eines großen Stadtbrunnens, aus dem die Dienstmädchen ihre Eimer vollschöpfen und sich dabei etwas erzählen. Aber ich komme dabei auf Wesen der untersten menschlichen Rangstufe, und ich wollte doch nur von solchen der höchsten berichten.

Die Gemächer, welche der Kaiser von Oesterreich bewohnte, sind in vielfacher Beziehung von historischer Bedeutung. Hier hatte die Königin Sophie Dorothea gewohnt, und hier war der Schauplatz, wo Friedrich Wilhelm der Erste sein geliebtes „Fiechen“ – Abkürzung von Sophie – und seine Kinder, den Kronprinzen Fritz und die Prinzessin Wilhelmine, später Markgräfin von Baireuth, als ein Hausvater behandelte, d. h. quälte; hier spielten alle die Scenen, die wir aus der bewegten Jugendgeschichte des spätern Heros Friedrich des Großen und aus den Memoiren seiner so klugen Schwester kennen. In dem zu diesen Appartements gehörigen Garde-du-Corps-Saale hatte Friedrich

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Empfang des Grafen Andrassy im blauen Damastzimmer.
Nach einer Skizze des Professor D.

Wilhelm der Zweite den ersten Gesandten der amerikanischen Freistaaten empfangen. Diese Gemächer erinnern auch an die Erniedrigung Preußens: hier hatte Napoleon der Erste nach seinem Einzuge in Berlin seine Wohnung aufgeschlagen, später sein Bruder Jerôme. Man scheint diese Erinnerungen absichtlich nicht gemieden zu haben, denn noch heute stehen die kleineren Büsten derselben auf den Tischen. Und nun ein anderes, erhebenderes Bild – Deutschland in seiner Machtglorie – die drei Kaiser an einem Tische!

Um den Hauptfiguren des diplomatischen Drama’s etwas näher zu rücken, folgen wir der guten Gelegenheit in einen großen Hofkreis. In dem runden weißen Marmorsaale des Palais unter den Linden, auf dem spiegelglatten Parquett, sind sie Alle versammelt, die drei mächtigsten Herrscher, die auf den Thronen Europas sitzen, dazu Deutschlands Fürsten und Fürstinnen, und um sie herum wie eine Wolke die Minister und Generale, die Herren und Damen der nächsten Umgebung der Fürstlichkeiten. In der Mitte des Saales steht der Kaiser von Oesterreich in eifrigem Gespräche mit dem Fürsten Bismarck. Hoch aufgerichtet, wenn immer in allerrespectvollster Haltung, steht dieser vor ihm; der Reichskanzler trägt heute nicht den berühmten weißen Waffenrock, heute ist Gala, heute hat er die große gestickte Generalsuniform angelegt, und dazu ein grün-rothes breites Band, den Cordon des höchsten Ordens, den [698] Oesterreich an Nichtkatholiken verleihen kann, des Stephansordens. Franz Joseph spricht lebhaft, eingehend; ernst sinnend hört der deutsche Reichskanzler ihm zu und auf seinen Mienen liegt es wie eine Beistimmung zu dem, was er hier aus dem Munde des Abkömmlings der einstigen römisch-deutschen Kaiser vernimmt.

Wer ist, fragen wir weiter, die hohe, wie aus Erz gegossene Gestalt in preußischer Uniform, die mehr zur Seite steht und die fast alle Anderen in diesem Kreise durch ihr körperliches Maß überragt? Ein Mann in den ersten Fünfzigern von etwas gelblichem Teint, in den Zügen liegt eine gewisse nervöse Abspannung, aber sonst erregt der edle Schnitt des Gesichtes mit dem schönen dunklen Schnurrbarte, das Beherrschende des Blickes Interesse. Es ist Kaiser Alexander von Rußland, der Neffe unseres Kaisers, und der preußische General mit der goldenen Brille, der an seiner Seite steht, und mit welchem er länger, als sonst so hohe Herren zu thun pflegen, in Unterhaltung begriffen, ist der geniale Führer der preußischen Nordarmee, der Besieger Faidherbe’s, der General von Goeben. Nun tritt eine Dame aus dem Kreise der Fürstinnen in die Mitte des Saales, voll Grazie und Würde, die Kaiserin Augusta. Sie hat in geringer Entfernung von ihr einen älteren kleinen Herrn mit etwas Embonpoint erblickt; derselbe trägt ebenfalls eine goldene Brille, wie General von Goeben, aber während dessen Auge unter derselben hell und klar hervorschaut, blitzt es aus den etwas gekniffenen Blicken des fast behäbigen und bartlosen Gesichtes des alten Herrn scharf, schlau und beobachtend, als wollte er alle Absichten der europäischen Politik durchdringen, in den Gesichtern der Umstehenden die geheimsten Gedanken lesen. Er ist auch kein Geringerer, als der Lenker der russischen auswärtigen Politik, der Reichskanzler Fürst Gortschakoff, mit welchem die deutsche Kaiserin nun eine Unterhaltung anknüpft. Wenn er freundlich blickt, soll dadurch das entgegengesetzte Gesicht seines Innern verhüllt werden; wenn er mißmuthig aussieht, deutet das darauf hin, daß er mit seinen Vorschlägen nicht durchgedrungen ist. Der Kaiserin gegenüber ist er nur Cavalier; er lächelt und verbeugt sich, er verbeugt sich und lächelt wieder. Und aus diesem Sphinxgesichte soll man etwas herauslesen!

Wir haben den Fürsten Bismarck, wir haben nun auch Gortschakoff gesehen – sein anderes Ich, der sogenannte „Macher“, der Geheime Rath v. Hamburger, eine kleine, ausgewachsene Gestalt von krankhaftem Aussehen, aber mit einem geisterleuchteten Gesichte, verhandelt weiter zurück mit einem Herrn im einfachen schwarzen Hofkleide, der aber das große Band des Rothen Adlerordens trägt, also schon eine bedeutende Persönlichkeit sein muß. Wir erkennen den Sectionschef im österreichisch-ungarischen auswärtigen Ministerium von Hofmann, der für Andrassy dasselbe ist, was Hamburger für Gortschakoff.

„Aber wo,“ höre ich meine Leser fragen, „wo ist der Graf Andrassy?“ Suchen wir ihn mit unseren Augen! Im Kreise der Fürsten und Herren ist er nicht. Vielleicht finden wir ihn bei den Damen! Beginnen wir bei den Hofdamen und zwar bei der schönsten Comtesse, dort wird er am ehesten zu finden sein – vergebens! Gehen wir in den Kreis der Prinzessinnen, der Herzoginnen und Großherzoginnen über, winden wir uns mit unseren Blicken durch alle die Atlas-, Tüll- und Spitzenroben und Schleppen – auch hier ist er nicht zu finden. Dort an jener Säule steht eine alte Dame mit schneeweißen Locken und vom Kopfe bis zum Fuße in Weiß gekleidet. Wenn auch ihr Greisenalter der ehrwürdigste Schmuck, so blitzt hier und da von Haupt und Hals und Brust doch noch ein Brillant. Das ist die einzige noch überlebende der Töchter Friedrich Wilhelm’s des Dritten und der Königin Louise, die Großherzogin-Mutter von Mecklenburg-Schwerin. Heiter und leutselig, wie immer, scheint sie sich mit einem Herrn sehr gut zu unterhalten. Die Gestalt desselben steht mit dem Kopfe eigentlich in einem Mißverhältniß, jene ist nicht groß, aber zierlich, schlank, nervig und beweglich, wozu auch vielleicht die Husarenuniform viel thut, der Kopf dagegen ist zwanzig Jahre älter als diese fast noch jugendliche Figur. Die Züge des etwas zusammengedrückten Gesichts sind tief gebräunt und die Runenzeichen eines von Schicksalen und Erfahrungen reichen Lebens sind darin verzeichnet. Der Bart um die Lippen und das Kinn scheint einst vom reinsten Schwarz gewesen zu sein, nun hat sich bereits jenes ominöse Grau darein gemischt, mit welchem leider erst die Erfolge unseres Lebens zu beginnen pflegen. Im Anfange erscheint dieses Gesicht unbedeutend, blickt man jedoch länger in diese Züge, dann drängen sich Einem tiefe geistige Lineamente auf, ein Gemisch von Melancholie und Leidenschaft, von Berechnung und von Kühnheit, von lächelnder Offenheit und lauernder Beobachtung, von leichtem nachgiebigem Wesen und dabei von trotzigem energischem Geiste. Dieser Mann ist der Graf Andrassy, der frühere Führer der ungarischen Landwehrhusaren, der Honveds, deren Uniform er noch mit einer gewissen Ostentation trägt, der begeisterte ungarische Patriot aus der Bewegung des achtundvierziger Jahres, der Geächtete, der Flüchtling – und nun ist er der erste Rathgeber desselben Kaisers, in dessen Namen er vor einigen zwanzig Jahren verfolgt wurde, und als solcher nimmt er seinen Platz inmitten des russischen und deutschen Reichskanzlers gegenüber den drei Kaisern ein, und nun steht er auch als der Lenker der Schicksale der österreichisch-ungarischen Monarchie und Vertreter der Politik derselben vor Kaiser Wilhelm.

Die Audienz, welche auf unserem Bilde dargestellt ist, hatte unmittelbar nach dem geschilderten Hofcirkel im Erdgeschosse des Palais in dem blauen Damastzimmer stattgefunden, in welches ich meine Leser schon früher einmal geführt hatte. Was in derselben zwischen dem deutschen Kaiser und dem ersten Minister des Kaisers Franz Joseph gesprochen und verhandelt wurde – wer kann es uns sagen? Vielleicht die allenthalben ausgebotene „Drei-Kaiser-Zeitung“, deren Ausrufer sie als im Besitze aller Geheimnisse hinstellen? Spaß bei Seite, nur Eine kann uns das bekannt machen – die Zukunft. Aber wünschen wollen wir gleich jetzt, daß diese Audienz, die eine ganze Stunde währte, die letzten Hindernisse und Bedenken, die einem friedlichen Einvernehmen Oesterreichs mit dem deutschen Reiche noch entgegenstehen mochten, recht gründlich hinweggeräumt haben möge.

Georg Horn.